Büchle | Tage wie Buchstabensuppe | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 304 Seiten

Büchle Tage wie Buchstabensuppe

Roman
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-96122-695-5
Verlag: Gerth Medien
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 304 Seiten

ISBN: 978-3-96122-695-5
Verlag: Gerth Medien
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Goldschmiedin Kayla wagt den Schritt, ihr altes Leben hinter sich zu lassen und in der idyllischen Landschaft des Ostallgäus neu anzufangen. In einer lebhaften Wohngemeinschaft findet sie schnell ein Zuhause. Dort begegnet sie Josch, dem es gelingt, nach und nach die Mauer um Kaylas Herz zu durchbrechen. Aber die Schatten ihrer Vergangenheit lassen sie nicht los. Als Lio, eine obdachlose ältere Frau mit beginnender Alzheimererkrankung, in Kaylas Leben tritt, wird deren Alltag gehörig auf den Kopf gestellt. Mit ihrer Weisheit und Lebenserfahrung richtet Lio den Blick der Bewohner auf das, worauf es im Leben wirklich ankommt ... Ein tiefsinniger Roman über den Wert des Lebens, die Bedeutung von Beziehungen und die Suche nach der eigenen Identität.

Elisabeth Büchle hat zahlreiche Bücher veröffentlicht und wurde für ihre Arbeit schon mehrfach ausgezeichnet. Ihr Markenzeichen ist die Mischung aus gründlich recherchiertem historischen Hintergrund, abwechslungsreicher Handlung und einem guten Schuss Romantik. Sie ist verheiratet, Mutter von fünf Kindern und lebt im süddeutschen Raum. www.elisabeth-buechle.de
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Zwei


Ein Hahnenschrei weckte Kayla, gleich darauf schlich sich der hölzern klingende Ruf eines Kuckucks durch die einen Spaltbreit geöffnete Balkontür. Genauso sanft, aber dennoch um Aufmerksamkeit heischend, drängte das Morgenrot herein.

Kayla drehte sich auf den Rücken und blickte zur frisch gestrichenen Zimmerdecke hinauf. Diese war makellos weiß; nicht der kleinste Riss, kein Loch oder Fleck waren zu sehen. Eigentlich sollte sie das fröhlich stimmen, denn genauso unbelastet wollte sie in ihr neues Leben starten, allerdings kamen ihr die Tränen – weil sie zwar viel gewonnen, aber zugleich auch eine Menge verloren hatte. In ihrem alten Leben war ihr die Liebe zur Belastung geworden, und allein daran zu denken, riss ihr Herz in Fetzen.

Sie stand auf; fühlte sich matt, ja, nahezu erschlagen. Dabei war sie zu jung, um sich so alt zu fühlen. So verbraucht. Und irgendwie … missbraucht.

Das Gebälk knackte, im Haus fiel eine Tür zu, Kinderlachen perlte herbei. Die ungewohnte Geräuschkulisse fügte die Fetzen ihres Herzens wieder zusammen, da sie Kayla an ihren Neuanfang erinnerte, den sie sich sehnlichst herbeigewünscht hatte. Die Naht schmerzte zwar, aber das, so hoffte Kayla, würde bald vergehen. Sie würde weiterkämpfen, in dem Wissen, dass sie rechtzeitig die Flucht ergriffen hatte, ehe ihre Seele tieferen Schaden hatte nehmen können. Alles andere konnte jetzt heilen.

Energischer, als sie sich fühlte, trat sie hinaus auf den Balkon. Noch bildete die Glyzinie ein wirres Geflecht aus knorrigen Ranken, die sich an die Brüstung klammerten – oder diese zusammenhielten. Aber bald schon würde erstes Grün sprießen, und schließlich würden sich die Blüten in einem tiefblauen Wasserfall über das Holz ergießen. Genauso stellte Kayla sich ihr neues Leben vor.

Mit einem Blick auf die Berge, die wegen der aufgehenden Sonne in ein Mosaik aus Licht und Schatten getaucht waren, wobei die Schneefelder sich strahlend weiß vom Gestein abhoben, breitete Kayla die Arme aus. Mit ihnen umfasste sie den See, den Fluss, die Hügel und Wälder und die Weite des Himmels. Dies hier oben könnte definitiv ihr Lieblingsplatz werden.

Im Stillen flehte sie Gott an, ihr die Kraft für den neuen Tag zu schenken, denn sie wusste: Sie konnte nur einen nach dem anderen angehen, füllen und leben.

Es war kurz nach acht Uhr morgens, als Kayla die Eingangstür ihres neuen Zuhauses ins Schloss zog. Sie linste an den beiden Holzkisten in ihren Armen vorbei, während sie den Weg zu ihrem Miettransporter in Angriff nahm. Dort angekommen, schob sie die Kisten auf die ansonsten leere Ladefläche.

„Servus. Du bist die Neue in der Alpenblick-WG, nicht wahr?“

Kayla wirbelte um die eigene Achse. Wie oft man sie hier wohl noch völlig unvermittelt ansprechen würde? Und wieder wurde sie einfach geduzt. Sie sah sich einer Frau Mitte dreißig mit blondem Kurzhaarschnitt und einer übergroßen Brille gegenüber.

„Ich bin Linda. Mit meinem Mann Peter und unseren drei Kids wohne ich gleich nebenan, in dem Haus mit dem durchgehenden Balkon.“

„Kayla, hallo – oder vielmehr servus. Und ja, ich bin gestern hier eingezogen.“

„In das Zimmer von Chaos-Bibi?“

Kayla nickte etwas überfordert. Offenbar kannte hier jeder jeden, zumindest in dieser Straße. Obwohl auch ihr vorheriger Wohnort keine Großstadt gewesen war, hatte sie die wenigsten Nachbarn beim Namen gekannt. Mehr als drei Worte, wenn man sich begegnete, wurden dort selten gewechselt.

„Ich muss los“, brachte sich Linda in Erinnerung. „Die Kids in den Kindergarten und zur Schule bringen und dann weiter zur Arbeit. Falls du mal was brauchst, frag einfach.“

„Das ist sehr nett, vielen Dank.“

Die Nachbarin winkte Kayla im Davoneilen zu und stieg in das Auto, in dem bereits die Kinder auf sie warteten.

Beim Blick auf ihre Armbanduhr stellte Kayla fest, dass sie den Leihwagen mit Verspätung abgeben würde. Wenn es schlecht für sie lief, musste sie nun für einen ganzen Tag mehr bezahlen.

Sie fuhr die rund zweiundzwanzig Kilometer durch eine wildromantische Landschaft hinüber nach Schwangau, tankte und parkte den Transporter neben ihrem alten Toyota auf dem Parkplatz des Mietwagenverleihs. Als sie sich bei dem Mann hinter dem Tresen für ihr Zuspätkommen entschuldigte, winkte der nur ab. „Das kommt schon mal vor, wenn man mitten im Umzug steckt. Du hast vollgetankt?“

„Ja, hab ich.“

„Dann ist doch alles bestens. Pfiat di!“ Damit war sie entlassen.

Erleichtert lud Kayla die beiden Kisten in den Kofferraum ihres roten Kleinwagens und fuhr ins Füssener Stadtzentrum. Zweimal verfuhr sie sich, da die Fußgängerzonen und verwinkelten Gassen wie ein Labyrinth auf sie wirkten, ehe sie rückwärts vor die Eingangstür ihres Ladengeschäfts rangierte.

Sie stellte den Motor ab, beugte sich über den Beifahrersitz und begutachtete die Glastür und das Schaufenster, das sie schon mit weißen Backsteinen und dunkelblauen Samttüchern dekoriert hatte. In großen goldenen Lettern stand dort „KAYLAden“ auf der Scheibe. Der Anfangsbuchstabe war gespiegelt und mit dunkelblauer Farbe zu einem Schmetterling ergänzt. Die orangefarbene Fassade des gegenüberliegenden Ladengeschäfts und das zurückhaltendere Gelb eines Gasthauses mit Apéro-Bar spiegelten sich im Glas.

Kayla stieg aus und atmete tief durch. Dabei drängte sich ihr einmal mehr der Eindruck auf, dass sie in den vergangenen Jahren eigentlich durchgängig die Luft angehalten hatte. Es roch nach einem Neuanfang inmitten von Häuserfronten, die an diesem Morgen eine kühle Feuchtigkeit ausstrahlten.

In der Wohnung über dem KAYLAden war ein Fenster geöffnet, von dort war ein Klappern zu vernehmen, gleichzeitig umtanzte Kayla der Duft von frisch aufgebrühtem Kaffee. Prompt knurrte ihr Magen, da sie kein Frühstück zu sich genommen hatte. Entsprechend hastig schloss sie die Ladentür auf.

Das Läuten eines Klangspiels über der Tür, das noch vom Vormieter stammte, begrüßte sie. Im Verkaufsraum roch es immer noch nach dem Scheuermittel, mit dem Kayla die blauen und weißen Bodenfliesen geschrubbt hatte, obwohl das schon zwei Wochen her war. Also ließ sie die Tür offen und wuchtete die Kisten auf die Holztheke, deren Tresen sie ebenfalls dunkelblau gestrichen hatte.

Bis auf das vorbereitete Schaufenster und die ausladende Theke war der Ausstellungsraum leer. Die beiden Holzkisten, gefüllt mit den Schmuckstücken, die Kayla noch vor dem Umzug angefertigt hatte, waren die ersten Möbel, die sie aufstellen wollte, um ihre Werke zu präsentieren.

Sie ging an dem angrenzenden winzigen Büroraum vorbei und öffnete die Hintertür. Diese führte in einen Innenhof, der auf allen Seiten von roten Backsteinfassaden mit weißen Sprossenfenstern begrenzt war.

Kayla trat hinaus auf das feuchte Kopfsteinpflaster und richtete den Blick hinauf zu dem quadratischen Fleckchen Himmel, das sich ihr hier zum Betrachten bot. In einer der Wohnungen, die an den Hinterhof angrenzten, hörte jemand Radio. Der Sprecher verkündete gerade, dass der Himmel bald zuziehen würde und der Tag neblig und grau zu werden drohte.

Die nächste Stunde verbrachte Kayla damit, die mit blauem Samt ausgelegten Präsentationsflächen im Schaufenster mit ihren Schmuckstücken zu versehen. Dabei ging sie mehrmals hinaus auf die Gasse, um die Wirkung der Auslagen zu prüfen.

Als ihr Magen sie erneut lautstark darauf aufmerksam machte, dass sie ihm viel zu lange keine Beachtung geschenkt hatte, beschloss sie, eine der hiesigen Bäckereien aufzusuchen und sich dort ein Frühstück zu gönnen.

Sie ging am vorbei und betrachtete die farbenfrohen Auslagen der benachbarten Geschäfte, ehe ihr knurrender Magen ihr riet, etwas mehr Eile an den Tag zu legen. Sie brauchte nicht weit zu gehen, bis ihr der verheißungsvolle Duft von frischem Brot in der Nase kitzelte. Allerdings musste sie beim Betreten des Ladens jemandem ausweichen, der links neben der Eingangstür saß. Er hatte verfilztes graues Haar und hüllte sich in einen langen Mantel, der an der Schulter einen Riss aufwies und nicht eben sauber war. Darunter schauten eine braune Hose mit ausgefranstem Saum und ein Paar robuste schwarze Stahlkappenschuhe hervor.

Betroffen fragte sich Kayla, ob der Mann trotz der nächtlichen Kälte hier geschlafen hatte. Jedenfalls atmete er noch, soweit sie das beurteilen konnte.

Sie betrat die Bäckerei und wurde von warmer Luft und einer Duftfülle willkommen geheißen, die ein seltsam heimeliges Gefühl in ihr wachrief. Sie ging zur Theke, wo eine ältere Dame ihr kurz darauf ein Frühstück zubereitete und es an den kleinen Tisch brachte, an dem Kayla sich mittlerweile niedergelassen hatte.

Mit geschlossenen Augen genoss sie den ersten Schluck ihres Cappuccinos – und erschrak umso mehr, als die Frau hinter der Theke mit lauter Stimme rief: „Verschwinde von hier! Du schreckst mir die Kunden ab.“

Kayla riss die Augen auf und sah zu, wie der Obdachlose sich mühsam hochrappelte. Er wirkte schmächtig und taumelte, als er der Aufforderung nachkam. Allerdings schleppte er sich nur über die Straße und setzte sich an die gegenüberliegende Hauswand.

Bestürzt aufgrund von so viel Leid, war es Kayla mit einem Mal unmöglich, ihr süßes Stückchen und den Kaffee zu genießen. Sie bezahlte an der Theke und nahm noch zwei belegte Brötchen und eine Flasche Wasser mit. So beladen querte sie die Straße und ging in einigem Abstand, da sie die Reaktion des Obdachlosen nicht einschätzen konnte,...


Büchle, Elisabeth
Elisabeth Büchle hat zahlreiche Bücher veröffentlicht und wurde für ihre Arbeit schon mehrfach ausgezeichnet. Ihr Markenzeichen ist die Mischung aus gründlich recherchiertem historischen Hintergrund, abwechslungsreicher Handlung und einem guten Schuss Romantik. Sie ist verheiratet, Mutter von fünf Kindern und lebt im süddeutschen Raum. www.elisabeth-buechle.de

Elisabeth Büchle hat zahlreiche Bücher veröffentlicht und wurde für ihre Arbeit schon mehrfach ausgezeichnet. Ihr Markenzeichen ist die Mischung aus gründlich recherchiertem historischen Hintergrund, abwechslungsreicher Handlung und einem guten Schuss Romantik. Sie ist verheiratet, Mutter von fünf Kindern und lebt im süddeutschen Raum. www.elisabeth-buechle.de



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