E-Book, Deutsch, Band 1, 474 Seiten
Reihe: ICHCIRCE
Circe Ich, Circe | Theologischer Band 1
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-6951-4689-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Talente, Verwundungen, Transformationen - Biografische Aspekte im Spiegel von Leitbildern, Werten und transdisziplinären Perspektiven.
E-Book, Deutsch, Band 1, 474 Seiten
Reihe: ICHCIRCE
ISBN: 978-3-6951-4689-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Homers Erzählung aus der griechischen Mythologie über den Helden Odysseus und die faszinierende Göttin, Heldin und Zauberin Circe zählt zu den klassischen Stoffen, die in der Schule immer wieder aus theologischer, philosophischer, soziologischer, psychologischer sowie historischer Perspektive interpretiert werden. Der vorliegende Band bietet neue Perspektiven und umfassendere Sichtweisen als bisherige Betrachtungen und verbindet erstmals die zentrale Figur Circe sowie die ihr zugeordneten Leitbilder, Gebote und Werte mit aktuellen Perspektiven aus Sicht der Künstlichen Intelligenz. Philosophie und Theologie werden durch die facettenreiche Persönlichkeit und biographischen Aspekte Circes bereichert: Themen wie symbolisches Denken in der Theologie zur Versöhnung mit dem Bösen, spirituelle Reifung in Einsamkeit, Heil und Heilung durch die Integration von Licht- und Schattenarbeit, Anwendung eines Wachstums-Frameworks trotz der Erkenntnis von Begrenztheit sowie religiöse Ethik der Gastfreundschaft werden neu beleuchtet. Weiterhin werden theologische Prinzipien reflektiert: u.a. das Prinzip Ordinatio fructifera, oder das Hantel-Prinzip der Theologie, die "Brillante Idee" der Theologie, die Makro-Metanoia sowie Metanoia Caelibatus, das theologische Prinzip Gratia evanescens, sowie die Analyse eines Barmherzigkeitsindexes. Auch eine Heranführung an den weiblichen Archetyp der Großen Mutter und Sophia findet besondere Würdigung - neben der Liebe als Schmiede unseres inneren Kosmos. In transdisziplinären Einzelkapiteln werden Potenziale, Talente, Verwundungen und Prozesse der Transformation tiefgehend reflektiert und dabei grundlegende theologische Konzepte mit psychologischen, soziologischen und sozialpsychologischen Perspektiven auf allen Ebenen menschlicher Erfahrung verbunden: von der Mikro-Ebene individueller Identität und Existenzfragen, über die Meso-Ebene sozialer Dynamiken und Gemeinschaftserfahrung, bis hin zur Makro-Ebene globaler gesellschaftlicher Strukturen und Institutionen wie der katholischen Kirche. Ein inspirierendes Werk, das Odysseus und Circe wie auch den Archetyp des verwundeten Heilers aus der Tiefe der Mythologie mitten hinein in die zentralen existenziellen und gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit führt und dabei einerseits die Werte und Gebote der Theologie reflektiert - andererseits aber auch jeden einzelnen Menschen als Talent stärkt und Wege zu Wachstum trotz persönlicher Wunden und Verletzungen aufzeigt.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Einleitung & Vorwort:
Unsere Licht- & Schattenarbeit
Jeder Mensch trägt zugleich Talente und Verwundungen in sich – helles Licht und tiefen Schatten. Oft liegen unsere größten Gaben direkt neben unseren tiefsten Wunden, in paradoxer Ambivalenz. Dieses vorliegende Buch setzt genau hier an: Dieses Leitmotiv drückt aus, dass Heilung und Ganzheit nur gelingen, wenn wir Licht und Schatten bewusst miteinander verbinden. Durch die bewusste Integration unserer inneren Gegensätze können wir wahrhaft wachsen und Erfüllung finden. Schon der alte Rumi wusste: . Dieser Dschalal ad-Din Muhammad Rumi – kurz Rumi genannt – war ein persischer Dichter, Theologe und Sufi-Meister des 13. Jahrhunderts. Er gehört zu den bekanntesten spirituellen Dichtern der Weltliteratur.
Das, was er auf den Punkt bringt, dafür steht die gesamte mythische Erzählung um Circe:
Sie steht für eine weibliche Heldin, Göttin und Zauberin – als archetypische Figur der Selbstfindung und der schöpferischen Reifung inspiriert von inspiriert von Leitbildern, Werten und transdisziplinären Perspektiven. Verwundet, verbannt und doch schöpferisch verwandelt sie Ohnmacht in Gestaltungskraft. Durch Wissen, Heilung und eine magisch-spirituelle Transformation findet sie zu neuer Stärke. Circes Motive treten erstmals in Homers „Odyssee“ auf, die vermutlich im 8. Jahrhundert v. Chr. niedergeschrieben wurde.
Mit anderen Worten: Schon seither lernen wir: Im Schmerz öffnet sich oft ein Spalt, durch den neues Bewusstsein und tiefes Lernen in unser Leben treten können.
Dieses Werk unternimmt in den 17 Kapiteln eine Reise durch spirituelle, psychologische, philosophische und gesellschaftliche Aspekte dieser Thematiken. Es spannt den Bogen von persönlicher Wandlung und menschlicher Würde über Fragen nach Macht und Identität bis hin zu Gastfreundschaft, Barmherzigkeit und der Möglichkeit zur Selbsttranszendenz.
All diese Facetten verbindet die zentrale Frage:
Die folgenden Kapitel befassen sich somit mit unseren Talenten und der Frage, wie wir sie entfalten können. Sie sprechen unsere Wunden an – und zeigen Wege auf, wie Heilung möglich wird. Ebenso geht es darum, wie sich Transformationen selbst unter schwierigen Bedingungen gestalten lassen.
Diese Leitbilder des Menschseins und der Menschwerdung lassen sich zugleich auf einer transdisziplinären theologischen Ebene integrieren und spiegeln – und auch konkret anwenden auf die institutionelle Ebene der Katholischen Kirche und ihre notwendigen Wandlungsprozesse.
Was kann die transdisziplinäre Theologie – und mit ihr andere Fachdisziplinen – von Circe lernen? Muss sie vielleicht sogar als eine der frühen Theologinnen oder Philosophinnen verstanden werden? Und was kann jede:r Einzelne von ihrer Geschichte, ihrer Wandlung und ihrem Wissen für sich selbst mitnehmen? Welche existenziellen Lernprozesse eröffnet sie dem Einzelnen und der Theologie?
Licht und Schatten
– die Innenseite der Transformation
Die Psychologie lehrt uns, dass zur menschlichen Transformation zunächst ein Blick nach innen gehört. Carl Gustav Jung prägte den Begriff des „Schatten“ für all jene Persönlichkeitsanteile, die wir verbergen oder verdrängen, weil sie nicht zu unserem bewussten Selbstbild passen. In diesem Schatten verbergen sich nicht nur vermeintliche Schwächen oder negative Impulse, sondern oft auch ungelebte Potenziale – Fähigkeiten und Wünsche, die wir uns nicht zugestehen. Jung warnte eindringlich vor der Verdrängung solcher Anteile: Alles, was wir in uns leugnen, kehrt in Form innerer Konflikte oder schmerzlicher Projektionen zurück. Was wir nicht anerkennen, begegnet uns von außen wieder und belastet unser Leben. Die Aufforderung lautet also, hinzuschauen - statt wegzusehen. Tiefenpsychologie und Therapie haben erkannt, dass Integration statt Verleugnung der Weg zur Ganzheit ist: Verborgene Seiten müssen ans Licht des Bewusstseins gehoben werden. Studien zeigen, dass das Bewusstwerden und Annehmen der verdrängten Seiten zu mehr Authentizität und innerer Ganzheit führt. Anders gesagt: Wer zugleich seinen Schatten sein Licht wahrnimmt, sieht sich von zwei Seiten – und kommt damit zur Mitte, wie Jung treffend bemerkte.
In der Praxis umfasst diese Schattenarbeit die Auseinandersetzung mit den eigenen Ängsten, Schuldgefühlen oder Aggressionen, etwa durch Traumdeutung, imaginative Innenschau oder das Führen eines Reflexionstagebuchs. Ziel ist, die unbewussten, „unliebsamen“ Anteile nicht länger zu verdrängen, sondern sie anzunehmen und zu verwandeln. Doch zur inneren Wandlung gehört nicht allein das Beleuchten des Dunklen, sondern auch die Stärkung des Positiven – eine Art Lichtarbeit als Gegenpol. Während die Schattenarbeit verborgene Defizite aufdeckt, holt die Lichtarbeit verborgene Stärken ins Bewusstsein. Das kann bedeuten, sich gezielt der eigenen guten Eigenschaften, Talente und Erfolge zu vergewissern, z.B. durch tägliches Notieren von Fortschritten, durch Würdigung innerer Ressourcen oder indem wir unsere Lebensgeschichte bewusst einmal aus einer wohlwollenden Perspektive neu erzählen. Methoden wie das in der Psychologie – also das positive Umdeuten scheinbar hinderlicher Anteile – helfen, die „verborgenen lichten Impulse“ hinter unseren Problemen aufzuspüren. Letztlich ergänzen sich Schatten- und Lichtarbeit: Indem wir mit Einfühlung auf unsere wunden Punkte schauen, enthüllt sich oft die verborgene Gabe hinter ihnen. Wer etwa seine Wut nicht länger blind ausagiert, mag dahinter die Kraft entdecken, für Gerechtigkeit einzustehen; wer eine alte Trauer umarmt, findet dahinter vielleicht eine besondere Tiefe und Empathie.
Die Gabe in der Wunde – Stärke durch Verwundung
Viele Weisheitstraditionen betonen, dass in unseren Wunden auch Wachstumskräfte liegen. Was uns zunächst schwach erscheinen lässt, birgt die Möglichkeit neuer Stärke – ein verkanntes Potenzial, das darauf wartet, zum Vorschein zu kommen. Schon Aristoteles’ Konzept der lehrt, dass selbst im Unvollkommenen eine Anlage zur Vollendung steckt. Ein äußerlich unansehnlicher Stein kann zum tragenden Eckstein werden – was Psalm 118,22 mit dem Bild ausdrückt. So ähnlich können Teile von uns, die wir gering schätzen oder die von anderen verachtet wurden, sich als Fundament für persönliches Wachstum erweisen. Friedrich Nietzsche formulierte in seinem Konzept der Amor fati – der Liebe zum eigenen Schicksal – die Herausforderung, auch das Schwere im Leben anzunehmen und zu bejahen. Für ihn bedeutet echtes -Sagen zu sich selbst, an der eigenen Existenz zu umarmen, sogar den Schmerz, ja ihn womöglich noch einmal erleben zu wollen. Berühmt ist sein Diktum: In der Tat sah Nietzsche im Leid eine Quelle der Selbstermächtigung – allerdings war er zugleich skeptisch gegenüber Mitleid. Er warnte davor, aus Mitleid Schwäche zu züchten, und brandmarkte das eingeforderte Erbarmen der Schwachen als Teil einer „Sklavenmoral“, die die Starken herabziehen wolle. Diese pointierte Sicht zwingt uns zur kritischen Reflexion: Wie kann Mitgefühl, wie es etwa in christlicher oder buddhistischer geübt wird, zur echten Stärke werden, ohne in Bevormundung oder Selbstaufgabe umzuschlagen? Hier lohnt der Blick auf andere Denker: Simone Weil, die sich tief mit dem menschlichen Leid auseinandersetzte, sah in wahrer Mit-Leidenschaft eine Form der Aufmerksamkeit und Liebe, die das Ego transzendiert. Simone Weil (1909–1943) war eine französische Philosophin, politische Aktivistin und Sozialkritikerin, die posthum zu einer der einflussreichsten Denkerinnen des 20. Jahrhunderts wurde. Sie ist bekannt für ihre radikale Wahrheitsliebe, ihre gelebte Solidarität mit den Unterdrückten und ihre tiefgründigen spirituellen...




