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Dimova | Nächte einer Hexe | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 448 Seiten

Reihe: Das Hexenkompendium der Monster

Dimova Nächte einer Hexe

Das Hexenkompendium der Monster
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-608-12491-0
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Das Hexenkompendium der Monster

E-Book, Deutsch, Band 2, 448 Seiten

Reihe: Das Hexenkompendium der Monster

ISBN: 978-3-608-12491-0
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Kosaras Kampf mit zwölf Hexenschatten - die mitreißende Fortsetzung von Tage einer Hexe Wenn im Hochsommer Schnee fällt und eine Hexe mit zwei Schatten tot aufgefunden wird, dann stimmt etwas nicht. Der Feuerhexe Kosara wird schlagartig klar, dass die Grenze zwischen dem Reich der Menschen und dem der Monster durchlässig geworden ist ...  Kosara hat ihre Magie zurückgewonnen, eigentlich sollte ihr Leben eigentlich wieder ganz normal sein  - doch so einfach ist es leider nicht. Sie ist nun zwar im Besitz von zwölf Hexenschatten und das sollte ihr ungeahnte Macht verleihen. Dafür müssten die Hexenschatten aber erstmal auf sie hören. Und dann geschieht auch noch ein neuer Hexenmord. Auf der anderen Seite der Mauer, in Belograd, verfolgt Inspektor Asen Bacharow eine einzige Spur, die zu dem Schmugglerboss Konstantin Karaiwanow führt und direkt zurück nach Chernograd. Dort geschehen unheimliche Dinge und es werden Monster, die eigentlich nur in den Tagen nach Neujahr auftauchen dürften, gesichtet. Und Kosara ist sich sicher, dass sie Schuld an der sich anbahnenden Katastrophe trägt. Ein neues Abenteuer beginnt ... »Ein mitreißender Abschluss [...] Fans von Dimovas Debüt werden von der Fortsetzung begeistert sein.« Booklist 

Genoveva Dimova wurde in Bulgarien geboren und lebt heute als Archäologin und Fantasy-Autorin in Schottland. Ihr Erzählen ist verwurzelt in der slawischen Mythologie und ihre Figuren zeigen, wie man aus reiner Sturheit in unglaubliche Schlamassel geraten kann.
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1

Kosara


Es war kurz nach Mitternacht. In den verwaisten Straßen hallten die Schläge der Turmuhr noch nach. Kosara eilte durch eine dunkle Gasse. Es roch nach Kohlenfeuer und aufziehendem Schnee, und wenn sie nicht gewusst hätte, dass Frühling war, hätte sie geglaubt, es wäre Dezember. Ihre Ohren brannten vor Kälte.

Schließlich erreichte sie ihr Ziel, das Haus mit dem eindrucksvollen Salon in der Hauptstraße. Für gewöhnlich leuchtete es einladend aus den großen Fenstern. Zurückgezogene Samtvorhänge gaben den Blick auf die behaglichen Räumlichkeiten frei. An diesem Abend jedoch war alles stockdunkel. Über der Tür baumelte an quietschenden Ketten ein Schild: ZUR RUHENDEN HEXE.

Der Name des Salons bezog sich nicht auf seine Kundschaft. Hexen, die etwas auf sich hielten, kamen nicht hierher. Stattdessen war er nach seiner Besitzerin Sofiya Karajova benannt. Sofiyas Kunst bestand darin, leidgeprüfte Geister aus dem Totenreich zu locken, damit ihnen dämliche Verwandte aufdringliche Fragen stellen konnten.

Kosara war der festen Überzeugung, dass das eigene Ableben eine unschlagbare Ausrede war, Familienzusammenkünften fernzubleiben, das Geschäftsmodell Sofiyas aber missfiel ihr noch aus einem ganz anderen Grund. Während der Schmutzigen Tage, wenn sich die Reiche der Toten und der Lebenden am nächsten waren, häufte Sofiya ein Vermögen an. Wo die meisten anderen Hexen alle Hände voll zu tun hatten, die Stadt vor den Monstern zu schützen, war Sofiya ganz auf ihre Gewinne fixiert.

Kosara klopfte an. Als sich die Tür zum Salon öffnete, stand, wenig überraschend, Vila vor ihr. Es war die alte Hexenmeisterin gewesen, die Kosara mitten in der Nacht hierhergerufen hatte.

Überraschend allerdings war, wie müde Vila wirkte. Ihrer Haut fehlte der übliche Glanz. Ihre Augen waren blutunterlaufen.

»Komm rein«, sagte Vila. »Schnell. Ich habe keine guten Nachrichten.«

Kosara folgte ihr durch den Flur. Der dicke Teppich dämpfte ihre Schritte. Weihrauch lag in der Luft, doch Kosara stieg noch ein anderer, übler Geruch in die Nase. Blut.

»Was geht hier vor?« Sie flüsterte, ohne recht zu wissen, warum. Vielleicht, weil es im Salon so still war, dass es unpassend schien, die Stimme zu heben. »Du hast gesagt, es wäre dring…«

»Das ist es. Wenn die Polizei erst spitzkriegt, dass hier etwas nicht stimmt, rücken sie gleich mit ihren Tütchen, Pinzetten und Fläschchen an und schrubben alles sauber. Ich will, dass du es vorher siehst.«

»Dass ich was sehe?«

Vila drehte sich so abrupt um, dass Kosara beinahe in sie hineingelaufen wäre. Im Licht des Kristalllüsters wirkten ihre Tränensäcke noch größer als zuvor. »Sofiya ist tot. Ermordet.«

Kosara stand bloß da, blinzelnd und mit halb offenem Mund. Es brauchte einen Moment, bis sie begriff, was Vila da gesagt hatte.

»Ermordet?«

»Enthauptet.«

Kosara zuckte, doch Vilas Stimme blieb ungerührt. »Ihre Schatten sind weg.«

»Alle beide?«

»Alle beide.«

Unwillkürlich griff Kosara nach der Kette um ihren Hals. Sie hatte versucht, die Hexenschatten zu Hause zu lassen, doch ganz gleich, wie viele Bannkreise sie auch gezogen hatte, allein hatten sich die Schatten nicht sicher gefühlt. So viel hatten sie ihr preisgegeben.

Die beiden Schatten Sofiyas waren nicht wie Kosaras zwölf Schatten. Kontrollieren konnte Kosara einzig ihren eigenen, die anderen hatten ihren eigenen Willen. Und das war auch kein Wunder – schließlich hatten ihre ursprünglichen Besitzerinnen die Schatten nicht freiwillig hergegeben. Zwar hatten die elf ihr geholfen, den Zmey zu besiegen. Ihr Eigentum waren sie deshalb noch lange nicht.

Sofiya hingegen hatte die volle Kontrolle über ihre Schatten gehabt. Umso unheimlicher, dass sie jemand ermordet hatte.

»Verstehst du jetzt, warum ich dich gerufen habe?«, sagte Vila. »Jemand macht Jagd auf Hexenschatten. Mal wieder.«

»Wie kann das sein?«, fragte Kosara. »Wenn sie weg sind, heißt das, dass Sofiya sie freiwillig rausgerückt haben muss. Und dann …«

»Und dann hat man sie wie einen dahergelaufenen Upir einen Kopf kürzer gemacht.«

»Aber warum sie enthaupten? Aus Angst, sie könnte wiederauferstehen?«

Selbst dann hätte ein Paar Silbermünzen auf ihren Augen gereicht. Oder ein Espenpfahl in ihrem Herzen. Oder, zur Hölle, ein Sack Reis in ihrem Grab, damit sie über dem Zählen der Körner das Rauskriechen vergessen würde.

Sie zu enthaupten, wirkte wie ein Overkill.

Kosara biss sich auf die Lippen. Sie waren rissig und wund von der Kälte.

»Zeig’s mir.«

Vila holte tief Luft, bevor sie die Tür aufstieß. Einen Augenblick später verstand Kosara auch, warum. Ein süßlich-fauliger Gestank schlug ihr entgegen.

Im Raum war es warm. Im Kamin brannte ein helles Feuer, das die Wände in Gelb- und Orangetöne tauchte und sich in den stockenden Blutlachen auf dem Parkettboden spiegelte. Die Leiche war in einem schlimmen Zustand und nackt – abgesehen von dem Fläschchen zwischen den Brüsten, in dem Sofiya ihren zweiten Schatten aufbewahrt hatte. Darüber, blutig und verschmiert, der Stumpf ihres Halses.

Kosara drehte sich der Magen um. Vila starrte sie ungeduldig an, aber eigentlich wollte Kosara bloß nach draußen rennen und Luft holen, die nicht nach Tod schmeckte.

»Was willst du von mir?«, blaffte sie.

»Du hast Erfahrungen in solchen Dingen. Sieh dich nach Hinweisen um.«

Kosara schnaubte verächtlich. Damals in Belograd hatte sie in ihrer Verzweiflung das Zimmer Irnik Ivanovs durchsucht, aber das ließ sich wohl kaum als »Erfahrung« verbuchen. Über Asens jahrelange Übung verfügte sie nicht. Sie gab trotzdem ihr Bestes, kniete sich neben die Leiche, begutachtete sie und würgte die aufsteigende Galle runter.

Einen verzweifelten Moment lang hoffte sie, die tote Frau könnte doch nicht Sofiya sein. Im Zwielicht des Salons wirkte die Haut der Toten etwas zu dunkel.

Doch das war ein dummer Gedanke. Sofiya war reich und konnte sich einen exotischen Trip in die Sonne leisten. Alles wies darauf hin, dass Kosara ihre tote Kollegin vor sich hatte – vom typischen feuerroten Nagellack bis zu dem kleinen Tattoo am Handgelenk: drei Spiralen, die sich in einem komplizierten Muster kreuzten.

Kosara fing an, den Raum zu durchsuchen. Der Mörder hatte darauf geachtet, keine Fingerabdrücke zu hinterlassen.

Abgesehen von Blut fanden sich keine Spuren auf dem Boden, keine Fußabdrücke und auch kein verlorenes Haar. Kosara warf einen Blick in den Aschenbecher, der vor dünnen Zigarettenfiltern überquoll, alle mit Sofiyas rotem Lippenstift beschmiert. Auf dem Bord stand ein einsames Weinglas, an seinem Rand dasselbe Rot.

Alles deutete darauf hin, dass Sofiya den Abend allein verbracht hatte. Andererseits musste die Person, die ihre Schatten genommen hatte, ein Bekannter gewesen sein. Man konnte einen Hexenschatten nicht stehlen – er musste freiwillig hergegeben werden.

Aber warum sie umbringen, wenn man doch schon hatte, was man wollte? Welches Motiv gab es für diesen sinnlosen Tod?

Kosara atmete tief ein, um ihr rasendes Herz zu beruhigen, und bereute es sofort. Der Gestank von Tod setzte sich gleich in ihrer Nase fest.

»Irgendwas?«, fragte Vila.

»Nichts. Außer …« Kosaras Blick fiel wieder auf Sofiyas Brust. Unter dem zerbrochenen Fläschchen befand sich ein altes, längst verblasstes graues Mal. Die beiden gekreuzten Ks von Karaiwanow.

»Das ist mir auch aufgefallen«, sagte Vila. »Er gibt einen ziemlich überzeugenden Verdächtigen ab, was?«

»Anzunehmen.«

Dies war nicht der erste Mord in Chernograd in den vergangenen Monaten. Kosara hatte an zahlreichen Nachtwachen für kürzlich Verstorbene teilgenommen. Bei einem Mordopfer war die Wahrscheinlichkeit, dass es sich in einen Upir oder, noch schlimmer, in eine Kikimora verwandelte, doppelt hoch. Es galt, viele Vorsichtsmaßnahmen zu treffen: Sämtliche Spiegel mussten verhängt werden, die Kerzen durften nicht verlöschen, und man musste die Hauskatzen fernhalten, damit sie nicht über den Leichnam sprangen.

Kosara vermutete, der dramatische Anstieg der Morde hing damit zusammen, dass sie mit ihrem Zauber die Mauer geschwächt hatte. Die zurückgebliebenen Angehörigen waren nicht gerade gesprächig gewesen, doch auf mehreren der Opfer hatte sie das Symbol Karaiwanows entdeckt.

Sie weigerte sich, die Schuld dafür bei sich zu suchen – wer sich bereit erklärte, für Karaiwanow zu arbeiten, wusste, worauf er sich einließ. Sie alle hatten das Risiko gekannt.

Und doch, manchmal, mitten in der Nacht, wenn sie über den kalten, toten Körper eines weiteren jungen Menschen wachte, konnte sie nicht anders und fragte sich, ob sie vielleicht einen Fehler gemacht hatte. Was, wenn Malamir recht gehabt hatte und es einzig die Mauer gewesen war, die Chernograds fragile Ordnung aufrechterhalten hatte?

Kosara seufzte und betrachtete erneut das Symbol auf Sofiyas Brust. »Ich wusste gar nicht, dass sie für ihn gearbeitet hat.«

»Ich auch nicht«, sagte Vila. »Um ehrlich zu sein, es überrascht mich.«

»Warum? Sofiya war immer nur allzu bereit, einen guten Preis über ihre Moral zu stellen.«

»Du bist zu hart in deinem Urteil.«

»Ich weiß, ich weiß, man spricht nicht schlecht über die Toten.«

»Das ist es nicht. Ich habe Sofiya seit Jahren gekannt. Es ist wahr, sie hatte keine Skrupel, reichen Narren das Geld aus der Tasche zu ziehen, aber dass sie sich mit Schmugglern abgibt, hätte ich nicht gedacht. Sie hatte Stil.«

Kosara schnaufte, dann bekam sie ein schlechtes Gewissen. Die Frau war tot. Sich über sie lustig zu machen, war nicht richtig. Nicht jetzt und...


Freund, Wieland
Wieland Freund wurde für seine fantastischen Romane, darunter Krakonos und Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts, mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Zuletzt erschien in der Hobbit Presse sein Roman Dreizehnfurcht, der auf der Shortlist des Wetzlarer Phantastikpreises stand.

Dimova, Genoveva
Genoveva Dimova wurde in Bulgarien geboren und lebt heute als Archäologin und Fantasy-Autorin in Schottland. Ihr Erzählen ist verwurzelt in der slawischen Mythologie und ihre Figuren zeigen, wie man aus reiner Sturheit in unglaubliche Schlamassel geraten kann.

Wandel, Andrea
Andrea Wandel ist gelernte Übersetzerin und Dolmetscherin. Für die Hobbit Presse hat sie gemeinsam mit Wieland Freund u. a. Willkommen in Night Vale und Gork übersetzt. Bei Klett-Cotta erschien ihre Übertragung von Rachel Carsons Magie des Staunens.

Genoveva Dimova wurde in Bulgarien geboren und lebt heute als Archäologin und Fantasy-Autorin in Schottland. Ihr Erzählen ist verwurzelt in der slawischen Mythologie und ihre Figuren zeigen, wie man aus reiner Sturheit in unglaubliche Schlamassel geraten kann.

Wieland Freund wurde für seine fantastischen Romane, darunter Krakonos und Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts, mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Zuletzt erschien in der Hobbit Presse sein Roman Dreizehnfurcht, der auf der Shortlist des Wetzlarer Phantastikpreises stand.

Andrea Wandel ist gelernte Übersetzerin und Dolmetscherin. Für die Hobbit Presse hat sie gemeinsam mit Wieland Freund u. a. Willkommen in Night Vale und Gork übersetzt. Bei Klett-Cotta erschien ihre Übertragung von Rachel Carsons Magie des Staunens.

Genoveva Dimova wurde in Bulgarien geboren und lebt heute als Archäologin und Fantasy-Autorin in Schottland. Ihr Erzählen ist verwurzelt in der slawischen Mythologie und ihre Figuren zeigen, wie man aus reiner Sturheit in unglaubliche Schlamassel geraten kann.
Wieland Freund wurde für seine fantastischen Romane, darunter Krakonos und Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts, mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Zuletzt erschien in der Hobbit Presse sein Roman Dreizehnfurcht, der auf der Shortlist des Wetzlarer Phantastikpreises stand.
Andrea Wandel ist gelernte Übersetzerin und Dolmetscherin. Für die Hobbit Presse hat sie gemeinsam mit Wieland Freund u. a. Willkommen in Night Vale und Gork übersetzt. Bei Klett-Cotta erschien ihre Übertragung von Rachel Carsons Magie des Staunens.



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