Domke | Allerweltsdinge | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 376 Seiten

Reihe: Zwischenschritte

Domke Allerweltsdinge

und ihre psychologischen Geheimnisse
2. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7597-6243-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

und ihre psychologischen Geheimnisse

E-Book, Deutsch, Band 2, 376 Seiten

Reihe: Zwischenschritte

ISBN: 978-3-7597-6243-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dieses Buch handelt von Kramschubladen, Sonderangeboten, Rückspiegeln, Wochentagen, Schlagern, Motorradreisen, Radioprogrammen, Frauenkleidern, Druckbuchstaben, Lattenzäunen, Türen und anderem mehr. Lauter Sachen also, die durch ihre alltägliche Geläufigkeit kaum noch der Rede wert erscheinen. Unter psychologischem Blick zeigt sich aber: In Allerweltsdingen ist gestaltend und verwandelnd etwas am Werk, das unsere Seelenwelt doch mehr und anders bewegt als uns normalerweise bewusst wird.

Nach dem Abitur schlug Wolfram Domke verschiedene Studienrichtungen ein, bis er schließlich in der Psychologie - zur eigenen Überraschung - seine Profession fand und das Diplom machte. Später wurde er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Psychologischen Institut II der Universität zu Köln Er absolvierte eine Ausbildung in Analytischer Intensivbehandlung und promovierte1993 bei Wilhelm Salber zum Thema "Psychologie von Leserbriefen".

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Eingesperrte Entwicklungsmöglichkeiten (1991)
Ein ‚krimineller‘ Aspekt des Verhältnisses von Behandlung, Alltag und Kultur I. Das Nicht-Gelingen einer psychologischen Behandlung kann zum Anlass für eine kritische Überprüfung des angewandten Behandlungskonzepts gemacht werden. Es kann aber auch die Stimmigkeit des Behandlungskonzeptes bestätigen, wenn sich nämlich zeigt, dass es genau da scheitert, wo es gemäß seiner eigenen Prinzipien nicht wirksam werden kann. Ein solcher Fall soll nachfolgend beschrieben werden. Er illustriert die Bedeutung einer Behandlungsvoraussetzung, die in der Regel so selbstverständlich gegeben ist, dass sie bei der Einschätzung kaum noch eigens überprüft wird: Das Maß an Alltagsbezug, das eine gestörte Selbstbehandlung (noch) aufweist. Dass die Psychoanalyse ihr Behandlungsziel als Wiederherstellung von ‚Arbeits- und Genussfähigkeit‘ definierte, wurde gerne als pragmatische Selbstbescheidung interpretiert: So als sei es schon viel, würde wenigstens das erreicht. Diese Definition lässt sich jedoch auch als Formulierung des hohen Veränderungsanspru-ches verstehen, eine verbesserte Bewerkstelligung des Alltages bewirken zu können. Eine solche Absicht käme in die Nähe der morphologischen Auffassung, wonach es das Leiden am und im Alltag ist, was das Seelische behandlungsbedürftig, aber auch behandlungsfähig macht. Die Untersuchung der sogenannten Kummerbriefe in Illustrierten eröffnet Einblicke in diesen Prozess. Es zeigt sich, dass es vor allem das Kreiseln oder Stillstehen bestimmter Alltagstätigkeiten ist, das die Selbstbehandlung des Seelischen an ihre Grenzen bringt. Wo man im Alltag Gewolltes nicht tun und Ungewolltes nicht lassen kann, da wird die Zirkulationsstörung des Ganzen offenbar schmerzlicher spürbar als in irgendwelchen Ausnahmezuständen, wo tief verdrängte Komplexe plötzlich aufbrechen. Deren Realität soll hier nicht bezweifelt werden, doch muss sich die ‚Psychopathologie‘ im banalen Alltagsleben auf breiter Front zeigen, will die Annahme unbewusster Wirksamkeiten nicht bloße Spekulation bleiben. Das gilt genauso für die psychologische Behandlung. Wie der Traum auf Tagesreste angewiesen ist, so braucht auch sie den Umsatz mit Alltag, um die Grundprobleme des Seelischen in den Blick zu rücken und bearbeiten zu können. Die Behandlung hinge ohne ständige Materialzufuhr aus dem Alltag gleichsam in der Luft, käme selbst ins Kreiseln oder zum Stillstand. II. Dass sich Alltag und Behandlung gegenseitig bedingen, lässt sich -wie bereits angekündigt – auch an einem ‚Negativbeispiel‘ nachweisen. Dazu dient die nun folgende typisierende Beschreibung der lebensge-schichtlichen Entwicklung einer Variante der männlichen Delinquenz. Ausgangspunkt der Entwicklung ist ein familiäres Gebilde, das sich selbst bereits am Rande dessen bewegt, was die Kultur noch tolerieren kann, oder was sie mit der Etikettierung ‚asozial‘ bereits deutlich von sich ausgrenzt. Diese Zuschreibung wird von einer Reihe ‚klassischer‘ Komponenten begünstigt: viele Kinder, verrufene Wohngegend, Arbeitslosigkeit, Verschuldung, Alkohol, lautstarker Streit, Handgreiflichkeiten, fremdgehende Eltern, unbeaufsichtigte Kinder u.a.m.. Was sich hier als Alltag ausbildet, ist einerseits gekennzeichnet durch eine allseits lauernde Explosibilität, die die drangvolle Enge der Lebensverhältnisse immer wieder mit Gewalt zu sprengen versucht. Der ‚große Knall‘ ist gewissermaßen an der Tagesordnung, ändert aber nichts Grundlegendes. Was sich demgegenüber ständig wandelt, ist die Ordnung des Tages. Unregelmäßigkeiten beherrschen in vielerlei Hinsicht das Bild: Wohnungen, Arbeitsstellen, Schulen, Bezugspersonen, Rhythmen des Schlafens und Aufstehens, des Essens, Arbeitens und Spielens, Normen des Erlaubten und Verbotenen werden häufig gewechselt. Für die Kinder bedeutet das, mal können sie tun und lassen, was sie wollen, mal werden sie mit Gewalt dirigiert und eingeschränkt. In einem unberechenbaren Auf und Ab von Liebe und Hass und zwischen extremen Schwankungen des Bewegungsspielraumes (Verwahr-Losung) entwickeln die Kinder verschiedene Lösungsformen. Eine davon macht aus der Not der häuslichen Verhältnisse die (Un)-Tugend, frühzeitig selbständig zu werden. Ausreißen von Zuhause, Schulschwänzen, Umher-streunen mit Cliquen, Gelegenheitsarbeiten auf Jahrmärkten, Baustellen und Schiffen sind die typischen Bewegungen einer vagabundierenden Gestalt, die auf der Suche nach dem eigenen Weg langsam auf die soge-nannten Abwege der Kriminalität gerät. Das ist ein mutiger Ausgriff auf die Welt der Großen und ihre verheißungsvollen Gestaltungsmöglichkeiten wie auch eine ängstliche Flucht vor einer kontinuierlichen Ausbildung elementarer Grundlagen des Lebens in der Kultur. In einer Art Sub-kultivierung ‚auf der Straße‘ erlangt das Seelische hier eine erstaunliche Frühreife und bleibt zugleich seltsam unterentwickelt. Spätestens wenn die Polizei öfters nach Hause kommt, wenn Anzeigen erstattet werden und Gerichtsverhandlungen drohen, wird der Lauf der Dinge der Familie wie auch der Kultur nicht geheuer. Beide versuchen eine Rückkehr in die alte, ‚behütende‘ Einheit zu erzwingen, doch restriktive Hausarreste oder gutgemeinte Appelle an Vernunft und Einsicht fruchten wenig. Die angelaufene Entwicklung will sich weder einsperren noch belehren lassen, zumal sie auch schon – nicht zuletzt durch die staatliche Verfolgung – einen gewissen Stolz auf ihre kriminellen Produktionskünste gewonnen hat. So kommt es zu einer zornigen Ausgliederung dessen, was in seiner Schwererziehbarkeit immer mehr zum ‚schwarzen Schaf‘ der Familie wird. Die nun zuständigen Jugendanstalten verstehen schon, wo die Nacherziehung anzusetzen hat, indem sie sich bemühen, über eine rigide Tagesorganisation für Struktur und Halt zu sorgen. Das misslingt zumeist, da die strenge Hausordnung mit ihrem festen Rhythmus von Schlafen, Essen, Lernen und Freizeit kaum mehr als eine fromme Kulisse für die Umtriebigkeit ist, die dahinter brodelt. Die Macht des gemeinsamen Schicksals schafft zudem unter den Zöglingen starke Untergrund-Einheiten, die sich gegen sozialpädagogische Einwirkungsversuche resistent zu machen wissen. Es ist jedoch nicht so, dass der Entwurf eines ‚ordentlichen Lebens‘ hier gar keine Attraktivität besäße. So gibt es immer wieder Anläufe in diese Richtung wie die Wiederaufnahme des Schulbesuchs, den Beginn einer Lehre, die Pflichtzeit bei der Bundeswehr oder das Heiraten und Gründen einer Familie. Früher oder später scheitern solche Ansätze meist daran, dass der Alltag dieser Lebensformen als unvertraut und überfordernd, aber auch als zu unbewegt und fade erlebt wird. Die Sehnsucht nach einem ganz anderen Alltag mit abenteuerlichen Experimenten, reichen Gestaltungsmitteln und exzessiven sinnlichen Erfahrungen breitet sich zunehmend aus. Rebellionen gegen Autoritätspersonen und Auflösungen von Liebesbeziehungen sorgen in der Folge dafür, dass sich Seelische immer weiter von konventionell richtungsgebenden und bindenden Einheiten entfernt. Langsam beginnt die eigentliche ‚Knastkarriere‘. Die Delikte häufen sich und mit etwas zeitlicher Verzögerung häufen sich auch die Haftstrafen. Sie werden mit jedem neuen Delikt länger, da die Gerichte hier zunehmend etwas ‚Unverbesserliches‘ am Werk sehen, dem sie eine Entwicklung ‚auf Bewährung‘ immer weniger zubilligen wollen. Nicht selten haben 25-Jährige bereits 5 Jahre hinter Gittern verbracht, stehen vor einem rieseigen Schuldenberg aus Regressforderungen Geschädigter oder Vernachlässigter und träumen von einem Schlussstrich und Neuanfang. Im Zuge von Resozialisierungsmaßnahmen werden wiederholte Versuche unternommen, Entziehungskuren zu machen, die gravierenden schulischen Mängel zu beheben, Berufsausbildungen in Gang zu bringen, Arbeitsstellen zu finden, familiäre Bindungen wieder aufzubauen. Von Ausnahmen abgesehen, sind diese Bemühungen nur so lange halbwegs erfolgreich, wie sie im Gefängnis stattfinden. Mit der Entlassung schwindet der Sinn für solch solide Unternehmungen sehr rasch, während ein anderer, ‚freierer‘ Sinn der Tagesgestaltung sich zusehends wieder durchsetzt. Im rauschartigen Nachholen des im Gefängnis Vermissten und Verpassten gehen alle guten Vorsätze und alles zuvor Erarbeitete nicht selten schon in einer durchzechten Nacht unter. Straftäter mittleren Alters haben in der Regel eine solch tiefgreifende Lebensuntüchtigkeit entwickelt – zumindest in Bezug auf die offiziellen Anforderungen der Kultur -, dass sie entweder massive finanzielle und betreuerische Lebenshilfe von staatlichen und karitativen Einrichtungen in Anspruch nehmen oder ‚untertauchen‘ müssen. Das ist dann eine Rückkehr in jene kriminellen Kreise, die wie eine Familie schon auf den verlorenen Sohn warten. Schutz, Versorgung und Einbindung gibt es aber auch hier nur auf Zeit und nur auf Kredit. Der Druck, gut ‚arbeiten‘ zu müssen, ist da genauso...



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