Durrell | Die aberwitzige Reise eines betrunkenen Elefanten | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Durrell Die aberwitzige Reise eines betrunkenen Elefanten

Eine fast wahre Geschichte
21001. Auflage 2021
ISBN: 978-3-8437-2488-3
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Eine fast wahre Geschichte

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-8437-2488-3
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Hier kommt Rosy ... Adrian Rockwhistle langweilt sich fürchterlich. Wenn er von seinem unspektakulären Angestellten-Job nach Hause kommt, wartet dort nur seine exzentrische Vermieterin auf ihn. Das ändert sich schlagartig, als überraschend die Erbschaft eines verstorbenen Onkels vor seiner Tür abgeladen wird: Rosy, eine liebenswerte Elefantendame mit unstillbarem Durst nach allem Hochprozentigen. Adrian ist sprachlos. Unmöglich, dass er Rosy behält! Nein, das graue Ungetüm muss weg. Während Rosy jede Flasche leert, die ihr unter den Rüssel kommt, hat Adrian einen Geistesblitz: Er könnte sie an einen Zirkus verschenken, weit weg an der Küste. Also bricht er mit Rosy im Schlepptau auf. Gemeinsam schlagen sie eine Schneise der Verwüstung durch das sonst so friedliche Südengland. Erst als die Elefantendame in Gefahr gerät, merkt Adrian, dass sie ihm weit mehr ans Herz gewachsen ist, als er für möglich gehalten hätte ... 'Ein großer Spaß!' New York Times

Gerald Durrell wurde 1925 in Indien geboren. Als Kind zog er mit seiner Familie auf die griechische Insel Korfu, wo er sein  Interesse an der Tierwelt entwickelte. Später leitete er internationale Expeditionen zur Erforschung seltener Arten und engagierte sich im Tierschutz. 1959 gründete er einen eigenen Zoo auf Jersey, um bedrohte Tierarten vor dem Aussterben zu bewahren. Zudem hat Durrell mehr als 30 Bücher über Tiere und Zoologie geschrieben und wurde für seine Arbeit mehrfach ausgezeichnet. Er starb im Jahr 1995 im Alter von 70 Jahren.
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2 Das endlose Warten


Adrian kam es vor, als wäre seine Welt auf einen Schlag dunkel und unheimlich geworden. Rinnsale eiskalten Wassers liefen ihm den Rücken auf und ab, den Gesetzen der Schwerkraft trotzend. Durch das dumpfe Brummen in seinen Ohren vernahm er Mrs Dredges Stimme.

»Nun?«, fragte sie. »Worum geht es?«

Gütiger Himmel, dachte Adrian. Ich kann es ihr unmöglich erzählen.

»Es ist … es ist ein Brief … ähm … von … ähm … einem Freund meines Vaters«, wand er sich nervös heraus. »Er hat bloß gedacht, ich würde gern erfahren, wie es im Dorf geht.«

»Nach zehn Jahren?« Mrs Dredge schnaubte verächtlich. »Der hat sich aber Zeit gelassen, was?«

»Ja … ja, es ist lange her«, sagte Adrian, faltete den Brief zusammen und steckte ihn in seine Tasche.

Mrs Dredge war jedoch keine Frau, die sich mit einer kurzen Zusammenfassung abspeisen ließ. Ihre eigene Beschreibung von Mr Dredges Dahinscheiden nahm gewöhnlich anderthalb Stunden in Anspruch; entsprechend war diese lapidare Erklärung zum Briefinhalt kaum befriedigend für sie.

»Na, und wie geht es allen?«, erkundigte sie sich.

»Oh«, sagte Adrian, »sie erfreuen sich anscheinend bester Gesundheit.«

Mrs Dredge wartete und starrte ihn unnachgiebig an.

»Mehrere Leute, die ich gekannt habe, haben geheiratet«, fuhr Adrian verzweifelt fort. »Und … und … mehrere von ihnen haben Kinder bekommen.«

»Sie meinen«, hakte Mrs Dredge mit einem hoffnungsfrohen Blitzen in ihren Augen nach, »Sie meinen, die, die geheiratet haben, haben Kinder bekommen, oder die anderen?«

»Beide«, antwortete Adrian, ohne nachzudenken. »Nein, nein, natürlich meine ich die, die geheiratet haben. Wie auch immer, sie alle sind bester … ähm … bester Dinge, und ich muss … ähm … ich muss schreiben und ihnen gratulieren.«

»Denen gratulieren, die geheiratet haben?«, fragte Mrs Dredge, die sehr für Klarheit war.

»Ja, und denen, die Kinder bekommen haben, selbstverständlich.«

Mrs Dredge seufzte. Dies entsprach so gar nicht ihrer Vorstellung von einer gut erzählten Geschichte. Wäre es Brief gewesen, sie hätte den Inhalt mit äußerster Sorgfalt studiert und Adrian mindestens eine Woche lang mit Informationen und Mutmaßungen versorgt.

»Nun«, sagte sie philosophisch und erhob sich, »da werden Sie die nächsten Abende etwas zu tun haben, denke ich.«

So schnell er konnte und immer noch unter Schock, schaufelte Adrian sich den restlichen ungenießbaren Black Pudding in den Mund, spülte ihn mit etwas Tee hinunter und richtete sich auf.

»Gehen Sie schon?«, fragte Mrs Dredge überrascht.

»Ja. Ich dachte, ich schaue auf dem Weg zur Arbeit bei Mr Pucklehammer vorbei.«

»Verbringen Sie ja nicht zu viel Zeit mit «, sagte Mrs Dredge streng. »Der Mann kann schlechten Einfluss auf einen aufrechten, ehrlichen jungen Mann wie Sie haben.«

»Ja, vermutlich haben Sie recht«, antwortete Adrian brav. Er zählte Mr Pucklehammer zu seinen engsten Freunden, doch darüber wollte er jetzt nicht streiten.

»Und kommen Sie nicht zu spät zum Abendessen«, sagte Mrs Dredge. »Ich habe ein schönes Stück Schellfisch.«

Als Verlockung zur Pünktlichkeit ließ dies, wie Adrian fand, einiges zu wünschen übrig.

»Nein, ich werde nicht zu spät sein«, versprach er und floh, ehe Mrs Dredge ein neues Gesprächsthema einfiel, um ihn festzuhalten.

Mr Pucklehammer war von Beruf Schreiner und Sargtischler, der seine eigene große Werkstatt eine Viertelmeile entfernt von Mrs Dredges Haus betrieb. Vor einigen Jahren war Adrian in der Tischlerei gewesen, um geringfügige Reparaturen an seiner großen Holztruhe ausführen zu lassen. Mr Pucklehammer und er hatten sich auf Anhieb verstanden und waren seither gute Freunde. Seine Schüchternheit machte es Adrian nicht leicht, Freunde zu finden, und so kam es, dass Mr Pucklehammer für ihn zu einem väterlichen Ratgeber wurde. Aus diesem Grund wollte er schnellstmöglich zur Tischlerei und den Brief, der seine ruhige, geordnete Welt in ihren Grundfesten zu erschüttern drohte, mit seinem Freund besprechen. Gewiss würde Mr Pucklehammer wissen, was zu tun war.

Als Adrian die Straße entlangeilte, begann er, seinem Vater in dessen Einschätzung von Onkel Amos’ Charakter zuzustimmen. Wie konnte jemand tun? Ungeachtet des vermachten Geldes (das, wie Adrian zugab, sehr großzügig war), wie konnte jemand einem unschuldigen Neffen aus heiterem Himmel eine Dame unbekannten Alters aufbürden, die obendrein einen Hang zur Flasche hatte? Es war fraglos eine unmenschliche Tat. In diesem Moment kam ihm ein anderer furchtbarer Gedanke, und er blieb so abrupt stehen, dass ihm die Melone vom Kopf fiel. Vage erinnerte er sich an die Worte seines Vaters, sein Onkel Amos hätte im Zirkus und auf Jahrmärkten gearbeitet. Was, wenn diese Rosy sich als Akrobatin entpuppte oder – schlimmer noch – als eine dieser Frauen, die in glitzernden Strumpfhosen freihändig auf dem Rücken schnell trabender Pferde standen? Mir nichts, dir nichts eine Akrobatin aufgebürdet zu bekommen war schon schlimm genug, aber eine Akrobatin war nun wirklich mehr, als irgendjemand zu ertragen vermochte. Wie konnte sein Onkel ihm das antun? Adrian hob seine Melone auf und rannte den Rest des Weges zu Mr Pucklehammers Werkstatt.

Mr Pucklehammer hockte auf einem frisch getischlerten Sarg und beendete sein Frühstück, welches aus einem Pint Bier und einem Käsesandwich gigantischen Ausmaßes bestand. Er war ein kleiner, untersetzter Mann mit einem Gesicht wie eine liebenswerte Bulldogge. In jungen Jahren war er – unter anderem – preisgekrönter Ringer und Gewichtheber gewesen. Die Exzesse jener Laufbahn hatten ihm reichlich Muskeln beschert, aus denen die Sehnen und Adern hervortraten. Leider bedeuteten sie auch, dass er sich heute nur noch mit erheblichen Schwierigkeiten bewegen konnte.

»Guten Morgen, Junge«, begrüßte er Adrian und winkte ihm freundlich mit seinem Sandwich zu. »Möchten Sie Frühstück? Einen Schluck Bier vielleicht?«

»Nein danke«, antwortete Adrian atemlos und blass vor Schock. »Ich brauche Ihren Rat.«

»Aha?« Mr Pucklehammer zog seine buschigen Augenbrauen hoch. »Was ist los? Sie sehen aus, als wären Sie einem Geist begegnet.«

»Schlimmer, viel schlimmer«, sagte Adrian. »Ich bin ruiniert … Lesen Sie dies hier.«

Er hielt Mr Pucklehammer den Brief hin, und der betrachtete ihn interessiert.

»Ich kann nicht lesen«, entgegnete Mr Pucklehammer schlicht. »Hab nie Zeit gehabt, es zu lernen, weil immer was anderes war. Lesen Sie ihn mir vor, Junge.«

Mit bebender Stimme las Adrian ihm Onkel Amos’ Brief vor. Als er endete, trat Stille ein, denn Mr Pucklehammer biss einen großen Happen von seinem Käsesandwich ab und kaute meditativ.

»Und?«, fragte Adrian schließlich. »Was soll ich tun?«

»Tun?«, wiederholte Mr Pucklehammer und schluckte erstaunt einen noch nicht ganz zerkauten Brocken herunter. »Na, Sie tun genau das, was Ihr Onkel möchte.«

Adrian blickte den Freund entgeistert an und fragte sich, ob Mr Pucklehammer entweder den Brief falsch verstanden oder seinen Verstand verloren hatte.

»Aber wie ich das?« Vor Entsetzen wurde Adrian lauter. »Wie kann ich eine fremde Frau aufnehmen … eine fremde Frau? Mrs Dredge würde sie niemals ins Haus lassen. Und vergessen wir nicht meine Stellung. Guter Gott, wenn sie in der Firma davon erfahren, werden sie mich feuern! Und angenommen, sie ist eine von diesen Akrobatinnen, was mache ich dann?«

»Ich weiß nicht, was dagegenspricht«, sagte Mr Pucklehammer mit Überzeugung in der Stimme. »So eine habe ich selber mal gesehen. Und sie war auch noch nett gebaut. Hatte überall Pailletten. Hübsches Püppchen.«

»Oh mein Gott«, stöhnte Adrian. »Ich hoffe, sie kommt hier nicht paillettenbedeckt an!«

»Es lässt sich jedenfalls nicht leugnen«, sagte Mr Pucklehammer nachdenklich, »dass fünfhundert Pfund eine großzügige Summe sind, ja, sehr großzügig. Mit so viel Geld könnten Sie Ihre Stelle aufgeben … Und wie oft haben Sie schon gesagt, dass Sie das wollen!«

»Und was ist mit dieser trinkenden Frau?«, fragte Adrian trotzig.

»Na, Sie beide könnten sehr auskömmlich von einhundertzwanzig Pfund im Jahr leben, und in vier Jahren könnten Sie ein kleines Geschäft gründen«, erklärte Mr Pucklehammer. »Wenn sie eine von den Jahrmarktsleuten ist, müssten Sie so was wie Puppentheater machen. Ich habe ein hübsches da, das ich Ihnen billig überlassen könnte.«

»Ich habe nicht die Absicht, die nächsten vier Jahren mit einer fülligen, in Pailletten gehüllten Trinkerin Puppentheater...


Durrell, Gerald
Gerald Durrell wurde 1925 in Indien geboren. Als Kind zog er mit seiner Familie auf die griechische Insel Korfu, wo er sein  Interesse an der Tierwelt entwickelte. Später leitete er internationale Expeditionen zur Erforschung seltener Arten und engagierte sich im Tierschutz. 1959 gründete er einen eigenen Zoo auf Jersey, um bedrohte Tierarten vor dem Aussterben zu bewahren. Zudem hat Durrell mehr als 30 Bücher über Tiere und Zoologie geschrieben und wurde für seine Arbeit mehrfach ausgezeichnet. Er starb im Jahr 1995 im Alter von 70 Jahren.



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