Dusil / Ieronim / Pop | Beleuchtete Busse in denen keiner saß / Si trec autobuze goale. | Buch | 978-3-86356-339-4 | sack.de

Buch, Deutsch, Romanian, Band 164, 124 Seiten, Format (B × H): 140 mm x 200 mm

Reihe: Lyrik

Dusil / Ieronim / Pop

Beleuchtete Busse in denen keiner saß / Si trec autobuze goale.

Gedichte. (Dt./Rum.)
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-86356-339-4
Verlag: Pop, Traian

Gedichte. (Dt./Rum.)

Buch, Deutsch, Romanian, Band 164, 124 Seiten, Format (B × H): 140 mm x 200 mm

Reihe: Lyrik

ISBN: 978-3-86356-339-4
Verlag: Pop, Traian


Für die rumänische Übersetzung der Gedichte Dagmar Dusils zeichnet Ioana Ieronim, deren Gedichte aus dem Rumänischen von Dagmar Dusil ins Deutsch übertragen wurden. Der Ferndialog, der während der Zeit der Pandemie zwischen Bamberg und Washington D.C. stattgefunden hat, beinhaltete nicht nur den Austausch der Gedichte sondern auch eine intensive und fruchtbare Zusammenarbeit während der Übersetzungsphase.
Versiunea româneasca a poemelor de Dagmar Dusil a fost realizata de Ioana Ieronim, ale carei poeme române?ti au fost traduse în limba germana de Dagmar Dusil. Dialogul de la distan?a – între Bamberg ?i Washington DC, la vreme de COVID 19 – a implicat nu numai schimbul de poeme, dar ?i colaborarea în demersul traducerii.

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Das Geheimnis gespeicherter Zeit

Dies ist in tieferem Sinn nicht bloß ein zweisprachiger Gedichtband. Zwei Dichterinnen, Dagmar Dusil und Ioana Ieronim und dann von neuem Ioana Ieronim und Dagmar Dusil, wechseln, einander ergänzend, mit ihrer menschlichen und poetischen Sprache ab, rebellieren gemeinsam und jede für sich in ihrem eigenen linguistischen und metaphorischen Original, aber auch in dessen Spiegelbild in der Übersetzung, in einem Tandem kräftiger und verblüffender Zärtlichkeit, Melancholie, Wut. Ihre Poesie stellt sich dem Tod, der diesmal, wie in einem Gedicht von Dagmar Dusil, eine Krone trägt.
Ioana Ieronim lebt in Rumänien, aber auch in den USA. Sie ist die starke und sensible Autorin zahlreicher Gedichtbände schon aus jener Zeit, als Dichtung, nach den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, ein existenzieller Schild geworden war. Dieser Schild verteidigt die Fragilität des Wesens, das den mit einem schadhaften Thermostat ausgestatteten Beiläufigkeiten des diktatorischen Eindringens in die Welt des Individuums ausgesetzt ist. Ioana Ieronims Karriere ist der Aufriss des Sieges kulturell gefestigter Empfindsamkeit durch scheue Selbsterkenntnis, durch souverän einwandfreie Übersetzungen aus Werken zahlreicher deutscher und US-amerikanischer Dichter und insbesondere durch alle möglichen Versuche des denkenden Schilfrohres, durch Lektüre den Zufall zu übertrumpfen, durch den sorgsamen Umgang mit der Sprache und den Leiden des anderen, im Namen der jeweils siegreichen Poesie. Wir treffen Ioana Ieronim jetzt unter dem kalten, unverwechselbaren Neonlicht im Wartesaal der Intensivstation in dem von Covid 19 gebeutelten Amerika, in dem zerdrückenden Resonanzkasten der Stille ,,zögernder tektonischer Platten“. Wenn Blaga vor Zeiten die Ewigkeit in der Stille des Dorfes zu hören meinte, so vernimmt die Dichterin heute bloß die Stadt in der Schwebe und die gestoppte Zeit, unbeweglich vor dem eingefrorenen Monitor. „Schalt’ aus / Start’ neu.“
Obwohl weder Orte noch Lebewesen beim Namen genannt werden oder mit anderen Identifikationsbezeichnungen versehen sind, stellt uns die Dichterin in das Zentrum einer paradoxerweise kräftigen und verletzlichen Welt – das ist, nicht wahr, das eigene Universum des Dichters.
Doch in diesem Fall steht die emsige Wachsamkeit einem bedrohlichen, aber auch ausweichenden Feind gegenüber. Es ist nicht die Pest, die in Florenz wütet und Boccaccios Erzähler zwingt, ein rettendes Refugium zu wählen, um den Tod in Schach zu halten. Es ist auch nicht der Krieg, dessen Vorahnung, dessen Erleben oder dessen unmittelbare Folgen, die zum Tagebuch bei Erich Kästner oder Ernst Jünger führen, auch nicht die beschimpfte Genialität des metaphysischen Verbrechens in der „Todesfuge“ mit direkten, unerträglichen Beschreibungen, wo die Metapher, sei sie auch erdrückend, vor der aggressiven Realität verstummt.
Jetzt ist die Zeit unserer Welt, bekannt und unbekannt, unmittelbar und distanziert, wild, aber auch gezähmt, eine Welt, die stets auf namenlose Katastrophen wartet, die wir sowohl vorbereitet als auch wiederholt haben, unter uns das Sicherheitsnetz.
Jetzt schickt Corona seinen Schatten über zwei Lebewesen, die es nicht vertreiben können, aber ihm mit ihren Worten die Stirn bieten. Sie umkreisen es, sie krönen es ihrerseits mit der Metapher der belagerten Einsamkeit, die seit eh und je stark und ohnmächtig ist.
Dagmar Dusil ist eine unverwechselbare Schriftstellerin. Geboren in Hermannstadt, ist sie Deutsche und in Rumänien aufgewachsen, wo sie ihre poetische Sensibilität kultiviert hat. Bei der Umsiedlung nach Deutschland ging sie in die eigene Topografie der deutschen Kultur und Sprache über. Sie kehrt immer wieder aus Bamberg nach und zu Hermannstadt zurück durch Bücher poetischer Erinnerungen, ganz gleich, ob sie über Straßen, Plätze, Fenster oder städtische Geselligkeit schreibt: Restaurants, Aromen, Düfte, frühere und aktuelle Namen der Straßen. Zum Unterschied von Ioana, deren Wohnort, da sie in rumänischer Sprache schreibt, eher in Amerika oder Skandinavien vermutet werden kann, scheint Dagmar ihr ganzes Wesen gleichzeitig in der deutschen Sprache und Kultur sowie hier in Rumänien, in Hermannstadt zu vervollständigen.
Dagmar Dusils Poesie kündigt die Gefahr an, poetisch deklamativ, sie benennt die neue Abfolge der Szenen genauer. Ioana Ieronim scheint die von Dagmar Dusil vorgegebenen Notenlinien auszufüllen mit dem Helldunkel einer Melancholie, für die es kein Gegengift gibt.
Wirklich außerordentlich finde ich folgende Sachlage, die schwer, wenn nicht geradezu unmöglich zu verstehen oder zu beschreiben ist. Jede dieser bewundernswerten Dichterinnen, fest gefügt in ihrer eigenen Sprache und Kultur, kommt von irgendwoher und gelangt glücklicherweise anderswohin. Sie wechseln gekonnt und mit höchster Kompetenz Kulturen, Sprachen, Länder. Sie begegneten sich jetzt, jede ausgehend von ihrem Herkunftsort, Vater-, Mutterland oder Wahlheimat, bedeckt von dem gleichen Trauerflor einer unverdienten Corona. Ihre Poeme der Anrufung und der Ablehnung schreiben sie in ihrer eigenen Sprache, um sie dann in die Sprache der anderen, die jede von ihnen gut kennt, zu übertragen: mit derselben Leuchtkraft – aber mit dem Mehrwert eminenter Übersetzungen, bestimmt von Expressivität und geschöpflicher Durchschlagskraft.
Desgleichen haben sie beide und jede für sich, wie wir alle, das unmittelbare vorpandemische, vorformende Universum verloren, in dem sie noch ohne ein tödliches Risiko träumten, dachten und schrieben.
Dafür lassen sich die Verse Dagmar Dusils anführen, die auch für Ioana Ieronim diese erzwungene und abstoßende Dialektik beschreiben, die jedoch nicht umgangen werden kann, nachdem sie „die Heimat auf der Zunge gespürt / mit Sarmale und Spargel, Radieschen und Holunder“ und „die Lieder der Heimat gehört / an dem Ufer der Adern / als das Herz im Trommeltakt schlug“… „Ich hab das Zimmer zur Heimat gemacht / und die Einsamkeit zu meinem Gefährten.“
Ioana ihrerseits wechselt hinter den Spiegel, wenn sie von Maria aus Oregon Birnen erhält – eine vor mehr als einem Jahrhundert aus Frankreich eingeführten Sorte – und deren „kühle Schale“ berührt: „Ich halte die reife Frucht in meiner Hand / berühre die goldenen Narben des Überlebens, / die Frucht, gepflückt von Marias abgearbeiteten, wissenden
Händen /… und das Gebet, solange das Jahr noch jung ist.“
Dichter leben stets im Umfeld des Todes, des Leidens und der Liebe, implizit oder bedroht, erahnen ihre Bedeutungen, die Nähe oder die Ferne, schon in der biologischen Jugendzeit, wenn, wie ich gerade irgendwo gelesen habe, das Ende, nicht nur der Anfang mental, seelisch, aber auch somatisch am nächsten liegt.
Hier präsentieren sich zwei befreundete Dichterinnen, lyrisch und kulturell blutsverwandt, kongenial in der sorgfältig geteilten Empathie durch die Übersetzung der anderen sowie in einer Art metaphorischer Panik, die gut beherrscht und fast würdig daherkommt inmitten einer bedrohlichen und vergebenden Welt. Noch. Zumindest bis jedenfalls und zum Glück dieser wunderbare Gedichtband erschienen ist.
Hinzu gesellen sich die Schwarz-Weiß-Zeichnungen von Gerhild Wächter, die an die Kriegsgrafik von Picasso erinnern. Präzise ausgeführt, setzen sie sich eher selbst als den sie umgebenden Gedichten einen robusten und notwendigen Kontrapunkt.
Meine älteren oder neueren Freundinnen, denen ich mal näher stand, mal von ihnen mitleidlos getrennt war durch Jahre, Orte, unsere Bücher und Bücher anderer, kehren jetzt gemeinsam zurück und umarmen unsere Erinnerungen, das frühere, aber auch das neue, unbekannte Leid. Ein sicherer und Wunder wirkender Impfstoff.



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