E-Book, Deutsch, Band 1, 192 Seiten
Reihe: Wolf-Club
Ehrhardt Das Geheimnis des goldenen Reiters
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-417-22719-2
Verlag: R. Brockhaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Krimi zum Mitraten
E-Book, Deutsch, Band 1, 192 Seiten
Reihe: Wolf-Club
ISBN: 978-3-417-22719-2
Verlag: R. Brockhaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Simone Ehrhardt wurde 1967 in Mannheim geboren und lebt mit ihrem Mann im Rhein-Pfalz-Kreis. 2006 veröffentlichte sie ihren ersten Kriminalroman bei SCM R. Brockhaus. Außer Krimis schreibt sie Weihnachtsbücher, Liebesromane, Theaterstücke und manch anderes. www.simone-ehrhardt.de
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Kapitel 2
Eingeschlossen im Museum
Olaf blieb ein Stück hinter den anderen zurück, als diese zum Ausgang gingen, um sich den goldenen Todesreiter in Ruhe aus der Nähe anschauen zu können. Die Figur zeigte einen Mann in mongolischer Ausrüstung auf einem Pony, in der rechten Hand hielt er einen Speer, in der linken eine Art Flamme, sein langes Haar war zu mehreren Zöpfen geflochten. Von den Hufen des Ponys bis zum Kopf des Reiters maß die Skulptur etwa 30 cm, schätzte Olaf. Und das alles aus massivem Gold. Der Todesreiter musste ein ordentliches Gewicht haben und sehr wertvoll sein. Kein Wunder, dass sich immer wieder Menschen versucht sahen, ihn zu besitzen. Olaf fragte sich, ob er wohl dem berühmten Dschingis Khan nachempfunden war.
Er wandte sich um, damit er den anderen folgen konnte. Sein Blick fiel dabei auf einen Mann und blieb dort hängen. Olaf wusste erst nicht, warum er den Fremden beobachtete. Es gab schließlich viele Besucher in der Ausstellung, nicht nur die Schüler der Humboldt-Schule. Etwas an dem Mann kam ihm verdächtig vor. War es seine Jacke? Sie schien ihm zu groß und wirkte schmuddelig und abgetragen. Oder lag es an seiner Körperhaltung? Er stand mit eingezogenem Kopf und hängenden Schultern da. Sogar seine Knie schienen leicht angewinkelt, doch das konnte auch an der ausgebeulten Hose liegen. Vorsichtig sah der Mann sich um und begann, sich dem goldenen Todesreiter anzunähern. Herr Trommler rief Olaf zur Gruppe. Der Mann erschrak, blieb stehen und drehte sich um. Schnell setzte er seinen Weg in eine andere Richtung fort. Olaf verlor ihn aus den Augen.
Als er sich den anderen wieder anschloss und zum Treppenhaus ging, sah er Wuschel, die noch immer ihren Kopf drehte und wendete, um nach ihrer Ratte Ausschau zu halten. Doch auch jetzt konnte sie nicht richtig nach Freddy suchen, denn Herr Trommler blieb in ihrer Nähe und scheuchte die Nachzügler vorwärts, damit keiner im Museum vergessen wurde. Er rief Olaf zu, er solle sich beeilen, und Olaf beschleunigte seine Schritte.
Im Erdgeschoss befand sich die Garderobe, wo sie ihre Jacken und Taschen verstaut hatten. Olaf kämpfte sich durch die laute Schülermasse zu seinem Spind. Er hatte gerade seine Sachen herausgeholt, als plötzlich ein lauter Sirenenton erklang, der in den Ohren wehtat. Die Schüler und Lehrer sahen sich erschrocken an, einige pressten sich die Hände an die Ohrmuscheln. Es heulte und heulte. Und es kam noch schlimmer! Vor den Fenstern und den Ausgängen gingen Gitter nieder und verriegelten das Museum vollständig. Sie saßen fest!
Katharina kam zu ihm gelaufen. »Was hat das zu bedeuten? Ist irgendetwas kaputt?«
Olaf schüttelte den Kopf. »Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, das ist das Sicherheitssystem. Jemand hat den Alarm ausgelöst und deswegen sind alle Wege nach draußen versperrt worden.« Er musste schreien, um sich verständlich zu machen.
Katharina wurde bleich. »Meinst du, das ist wegen Freddy?«
»Kann ich mir nicht vorstellen. Er ist doch nur ein kleines Nagetier. Und ich schätze, es gibt hier noch mehr davon. Nichts für ungut«, fügte er hinzu, als er sah, dass Wuschel energisch widersprechen wollte. »Natürlich keine so edlen wie Freddy.«
»Mensch, der Lärm ist ja kaum auszuhalten«, brüllte Latif, als er neben ihnen auftauchte.
»Das wird bestimmt gleich abgestellt«, entgegnete Olaf. Und tatsächlich, einige Sekunden später wurde es schlagartig leise. Nur in seinen Ohren klang noch immer ein langsam abnehmendes Schrillen nach. Die Lautsprecher, die im ganzen Museum verteilt waren, fingen an zu knacken und zu rauschen.
»Sehr geehrte Besucher«, ertönte eine männliche Stimme. »Wir bitten, die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen. Der Sicherheitsalarm wurde ausgelöst und die Polizei ist auf dem Weg hierher. Wir bitten Sie um etwas Geduld. Die Ausgänge können erst wieder entriegelt werden, wenn die Ursachen dafür geklärt sind. Es wird nicht lange dauern. Vielen Dank für Ihr Verständnis.« Mit erneutem Knacken und einem Zischen wurde die Durchsage beendet.
»Das war bestimmt Freddy.« Wuschel klang zittrig. »Ich bin sicher, er hat etwas angenagt und dadurch wurde der Alarm ausgelöst.«
»Das wäre durchaus möglich«, überlegte Latif und brachte Katharina damit endgültig zum Weinen.
»Was werden sie mit Freddy tun?«, jammerte sie.
»Erst mal ruhig bleiben«, schlug Olaf vor. »Wir wissen doch noch gar nicht, was passiert ist. Es ist viel zu früh, um sich schon aufzuregen.«
Jede Menge Polizisten strömten plötzlich ins Erdgeschoss. Sie kamen die Treppe vom Keller hoch. Dort unten musste es einen Hintereingang geben, überlegte Olaf. Der Haupteingang war nach wie vor vergittert, genau wie alle Fenster. Einige Polizisten verteilten sich auf dem Stockwerk, die anderen stürmten über die Treppe weiter nach oben. Nun standen sie auch noch unter Polizeibeobachtung. Olaf schluckte aufgeregt. Was für ein Tag! Der war mehr als eine Entschädigung für den eher traurigen Start ins neue Schuljahr. Latif schien genauso zu denken, denn er gab ihm einen kumpelhaften Hieb auf die Schulter und zeigte fröhlich seine Zähne. Nur Wuschel saß wie ein Häufchen Elend neben ihnen.
»Sehr geehrte Besucher«, knisterte die Stimme eine halbe Stunde später erneut über die Lautsprecher, »wir bitten nochmals um Entschuldigung für die Verzögerung und danken für Ihre Geduld. Der Ausgang wird nun wieder geöffnet. Jedoch müssen wir als Vorsichtsmaßnahme leider darauf bestehen, dass jeder vor Verlassen des Gebäudes durchsucht wird. Wir bitten Sie um Ihr Verständnis und Ihre Zusammenarbeit. Herzlichen Dank.«
»Wir werden gefilzt?«, wunderte sich Katharina. »Aber wieso denn das?«
»Ich glaube, das ist ein gutes Zeichen«, vermutete Olaf. »Das bedeutet ziemlich sicher, dass Freddy nicht schuld an dem Schlamassel ist.«
Latif nickte. »Ja, das klingt eher nach einem richtigen Verbrechen. Jemand hat bestimmt etwas geklaut.«
Wuschel lehnte sich erleichtert zurück. »Puh, was für ein Glück! Dann ist Freddy vielleicht immer noch unentdeckt.«
»Was wurde wohl gestohlen?«, überlegte Olaf. »Hier im Museum gibt es so viele wertvolle Gegenstände. Und noch dazu am helllichten Tag! Das ist echt dreist!«
»Das bedeutet aber auch, dass viele Besucher da sind«, warf Latif ein. »Für jeden Dieb ist das eine perfekte Tarnung. Er kann leicht in der Masse untertauchen. Denkt nur an Taschendiebe, die schlagen am liebsten dort zu, wo viel los ist. Auf Weihnachtsmärkten und Messen zum Beispiel.«
»Du klingst wie ein Polizist«, erwiderte Wuschel.
»Ich lese viele Detektivgeschichten«, erklärte Latif.
»Ich auch«, sagte Katharina.
»Und ich erst«, fügte Olaf hinzu. Die drei lächelten sich kurz an. Da waren sie ja Gleichgesinnte! Olaf freute es. Zum ersten Mal seit dem Schulwechsel hatte er das Gefühl, Freunde gefunden zu haben.
»Ich würde zu gern wissen, wo die Diebe zugeschlagen haben.« Latif legte die Stirn in Falten. »Die Polizei wird uns bestimmt nichts sagen. Und die Leute vom Museum auch nicht.«
»Vielleicht steht schon etwas im Internet«, schlug Olaf vor und zückte sein Handy. Es war ein schickes kleines Smartphone mit Internetflatrate und einer spitzen Übertragungsrate. Ein Geburtstagsgeschenk seiner Tante. Seine Mutter wollte zuerst, dass er das Telefon ablehnte, weil es viel zu teuer sei, doch seine Tante überzeugte sie, dass Kinder die bestmögliche Verbindung zu den Eltern brauchten, um sie im Notfall erreichen zu können. Als seine Mutter seufzend zustimmte, zwinkerte seine Tante ihm verschwörerisch zu. Sie war Flugbegleiterin und schenkte ihm oft tolle Dinge, meistens entgegen dem Wunsch seiner Mutter, die wollte, dass er bescheiden blieb.
»Wow«, entfuhr es Wuschel. »So gut ist meins nicht.«
Olaf tippte auf dem Touchscreen herum und öffnete die Twitter-App. Er suchte eine Weile nach Schlagworten und wurde endlich fündig.
»Hier!« Er zeigte aufgeregt auf den kleinen Bildschirm. »Jemand hat gerade gepostet, dass der goldene Todesreiter verschwunden ist.«
»Ob das stimmt?«, zweifelte Latif.
»Ich glaube schon. Das muss jemand vom Museum sein.« Olaf zog die Nase kraus. »Ich glaube eigentlich nicht, dass die das der Öffentlichkeit mitteilen dürfen. Jedenfalls nicht jetzt schon. Zuerst muss doch die Polizei ermitteln und Spuren sichern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die damit schon fertig sind.«
»Wisst ihr, was das bedeutet?«, fragte Latif mit großen Augen. »Der goldene Reiter wurde gestohlen, als wir gerade dort fertig waren. Gleich danach ging ja der Alarm los. Wir waren praktisch die Letzten, die ihn in der Vitrine gesehen haben!«
»Wenn wirklich jemand von den Besuchern den goldenen Todesreiter in der Tasche hätte, würde er schwer daran zu schleppen haben«, meinte Wuschel. Latif und Olaf nickten.
»Daran habe ich auch schon gedacht. Gold ist sehr schwer.« Latif sah sich um. »Wir sollten die Augen aufhalten, ob uns jemand mit einer besonders schweren Tasche auffällt.«
»Ja, das machen wir«, stimmte Olaf zu.
Damit verbrachten sie die Wartezeit, bis sie das Museum wieder verlassen durften. Als sie an der Reihe waren, vor dem Rausgehen durchsucht zu werden, hatten sie niemanden gefunden, der sich mit einem auffälligen Gewicht abzuplagen schien. Alle Besucher trugen nur normale Hand- oder Schultaschen und Rucksäcke mit sich. Keiner ging gebeugt oder geneigt, wie man es mit etwas Schwerem auf der Schulter oder dem Rücken tun würde. Olaf trat enttäuscht ins Freie, nachdem seine Tasche geöffnet, durchwühlt und ihm wieder...