E-Book, Deutsch, 60 Seiten
Reihe: Elemental Assassin
Estep Spinnenzauber
16001. Auflage 2016
ISBN: 978-3-492-97420-2
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine Novelle zur "Elemental Assassin"-Reihe
E-Book, Deutsch, 60 Seiten
Reihe: Elemental Assassin
ISBN: 978-3-492-97420-2
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Jennifer Estep ist SPIEGEL- und internationale Bestsellerautorin und immer auf der Suche nach ihrer nächsten Fantasy-Romanidee. In ihrer Freizeit trifft sie sich gerne mit Freunden und Familie, macht Yoga und liest Fantasy- und Liebesromane. Außerdem sieht sie viel zu viel fern und liebt alles, was mit Superhelden zu tun hat. Sie hat bereits mehr als vierzig Bücher sowie zahlreiche Novellen und Kurzgeschichten veröffentlicht. Bei Piper erscheinen ihre Young-Adult-Serien um die »Mythos Academy«, »Mythos Academy Colorado«, »Black Blade«, »Die Splitterkrone« und »Gargoyle Queen« sowie die Urban-Fantasy-Reihen »Elemental Assassin«, »Bigtime« und »Section 47«.
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Gin Blanco
Ich konnte einfach nicht glauben, dass das Miststück tot war. Mab Monroe, die Feuermagierin, die jahrelang die Unterwelt von Ashland beherrscht hatte – die Frau, die meine Mutter und meine ältere Schwester ermordet hatte – war endlich tot.
Und ich war diejenige, die dafür gesorgt hatte.
Ich. Gin Blanco. Die Profikillerin, die unter dem Namen »Die Spinne« bekannt war.
Natürlich war es nichts Neues, dass ich als Spinne Leute umbrachte. Ich hatte über die Jahre mehr als nur ein paar Gestalten dabei geholfen, das Atmen dauerhaft einzustellen, sei es nun für Geld, um meinen Freunden zu helfen, oder einfach des Überlebens willen. Aber Mab war etwas anderes gewesen – ihre Ermordung war ein sehr persönliches Anliegen.
Die Feuermagierin hatte sich nicht kampflos ergeben und es war der härteste Kampf unser beider Leben gewesen. Es ist keineswegs so, dass ich von Mab etwas anderes erwartet hätte. Nicht nur war sie Gerüchten zufolge der mächtigste Elementar gewesen, der in den letzten fünfhundert Jahren das Licht der Welt erblickt hatte, sie war auch gerissen und clever – und so grausam, wie man nur sein konnte. Man wurde nicht zum Oberhaupt der Unterwelt von Ashland und hielt sich so lange in dieser Position, wie sie es getan hatte, ohne absolut skrupellos zu sein. O nein. Mab zu erledigen war alles andere als einfach gewesen. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass sie tot war – und nicht ich.
Aber ihr Tod hatte ein Opfer gefordert. Wir hatten uns in einem elementaren Duell bekämpft, meine Eis- und Steinmagie gegen ihre Feuermacht. Laut ein paar Leuten, die dabei gewesen waren, hatte man die Flammen unserer jeweiligen Magie noch einen Kilometer entfernt sehen können. Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich das glauben sollte. Aber Mab hatte kurz davor gestanden, mich in Flammen aufgehen zu lassen, als ich es endlich geschafft hatte, dem Miststück eines meiner Steinsilber-Messer ins Herz zu rammen. Und selbst dann hatte ihr Feuer noch meinen Körper verschlungen und mich bis auf den Knochen verbrannt. Fast wäre ich mit ihr gestorben. Erst jetzt, nach Wochen heilender Luftmagie und intensiver Physiotherapie, war ich wieder ganz die Alte – mehr oder weniger zumindest.
Ich spähte in den Spiegel in meinem Schlafzimmer und musterte mich kritisch. Es würde mehr oder minder das erste Mal sein, dass ich nach Mabs Tod in der Öffentlichkeit erschien. Ich wollte sicher sein, dass ich fit aussah, so wie die alte Gin – selbst wenn ich längst nicht wieder so weit war.
Mein schokoladenbraunes Haar war zu einem glatten Pferdeschwanz gebunden, während schwarzer Lidschatten, Mascara und Eyeliner meine Augen betonten, um ihre kalte graue Farbe besser zur Geltung zu bringen. Erdbeerfarbener Lipgloss glänzte auf meinen Lippen und milderte das dunkle Augen-Make-up ab, während ein bronzefarbenes Rouge meinen Wangen die dringend nötige Farbe verliehen. Trotz des kupfernen Glänzens wirkte meine Haut stellenweise totenbleich und erinnerte mich daran, wie wenig gefehlt hatte, um zusammen mit Mab zu sterben.
Ich schob mir eine lose Strähne hinter das Ohr und pickte einen Fussel von meinem rechten Ärmel. Ich hatte die übliche Jeans mit langärmligem Shirt gegen einen Hosenanzug getauscht. Schwarz und schlicht, passend zum Anlass. Meine Füße steckten in festen Stiefeln ohne Absatz, die üblichen fünf Messer waren an meinem Körper versteckt. Eines in jedem Ärmel, eines an meinem hinteren Hosenbund und zwei in meinen Stiefeln.
Nur weil Mab tot war, konnte ich noch lange nicht nachlässig werden und meine Waffen ablegen. Ganz im Gegenteil. Es gab immer noch massenweise gefährliche Leute in Ashland; Leute, die einen genauso schnell erschossen, wie sie einen ansahen – und das waren noch die netteren. Das war auch einer der Gründe dafür, dass ich heute ausging und mir solche Mühe mit meinem Aussehen gegeben hatte. Ich wollte mit eigenen Augen sehen, wie sehr die Unterwelt der Stadt nach dem Tod der Feuermagierin in Aufruhr geraten war. Und noch wichtiger: Ich wollte herausfinden, was das für mich als Spinne bedeuten konnte – und als Gin Blanco.
Im Flur erklangen Schritte, deren gleichmäßigen Rhythmus ich erkannte. Einen Augenblick später klopfte es leise an der Tür.
»Komm rein«, rief ich. »Ich bin fertig.«
Die Tür schwang auf, und mein Geliebter, Owen Grayson, betrat das Schlafzimmer. Er trug einen schwarzen Anzug, der meinem ähnelte, über einem rauchgrauen Hemd mit passender Krawatte. Der maßgeschneiderte Stoff umschmeichelte seinen Körper und spannte über den harten, definierten Muskeln der Brust und Arme. Die dunklen Farben machten Owen nur noch attraktiver, besonders in Kombination mit seinen blauschwarzen Haaren und der leicht schief stehenden Nase.
Owen sah mich an und ich erkannte Besorgnis in seinen violetten Augen. »Bist du sicher, dass du das machen willst?«, fragte er. »Du musst nicht, das weißt du. Du musst niemandem irgendetwas beweisen. Nicht mir, nicht den anderen und besonders nicht dir selbst.«
Genau in diesem Punkt irrte er sich. Ich musste mir selbst eine Menge Dinge beweisen – besonders, dass ich dieselbe Gin, dieselbe Spinne, sein konnte wie vorher. Körperlich war ich immer noch angeschlagen von meinem Kampf mit Mab. Ich bewegte mich immer noch steif und ungeschickt, war mit Armen und Beinen geschlagen, die viel zu früh an Kraft verloren. Mir fehlten nach wie vor die Schnelligkeit, Ausdauer und Stärke, die ich vorher besessen hatte. Ich wusste, dass all das irgendwann zurückkehren würde, aber ich strengte mich wirklich an, um so bald wie möglich wieder auf der Höhe zu sein. Etwas anderes konnte ich mir nicht leisten.
Aber heute ging es nicht um körperliche Einschränkungen. Nein, heute … heute ging es um meine Psyche. Darum, einen der Schritte zu unternehmen, die notwendig waren, um die mentale Stärke zurückzugewinnen, die mir über die Jahre so gute Dienste geleistet hatte. Sobald ich sie zurückerlangt hatte, würde alles andere von allein kommen. Deswegen war ich entschlossen, diesen speziellen Ausflug durchzuziehen. Ich wollte mein altes Selbst zurückgewinnen – und zwar sofort.
Diese Gedanken teilte ich Owen allerdings nicht mit. Er hatte schon viel zu viel Zeit damit verbracht, sich viel zu viele Sorgen um mich zu machen. Dasselbe galt für die anderen. Sie hatten die letzten Wochen damit verbracht, sich um mich zu kümmern, mich zu heilen, mir bei meiner Reha zu helfen – sogar für mich zu kochen. Ich wusste ihre Sorgen und Mühen zu schätzen, aber es war mir sehr schwergefallen, alles langsam anzugehen; mir selbst Ruhe, Entspannung und die Zeit zum Heilen zu gönnen. Jetzt, nach mehreren Wochen der Genesung, fand ich, dass es an der Zeit war, mich wieder um mich selbst zu kümmern.
Ich ging zu Owen und schlang meine Arme um seinen Hals. Er legte die Hände auf meine Hüften und zog mich enger an sich. Die Wärme seiner Finger und die Hitze seines Körpers vertrieben die leise, quälende Kälte, die ich in mir spürte, seitdem ich Mab getötet hatte.
»Ich bin mir sicher«, erklärte ich fest. »Wir wissen beide, dass ich das tun muss. Ich muss da hingehen und sie sehen. Aus den verschiedensten Gründen.«
»Ich weiß«, murmelte Owen, seine Stimme voller Sorge und Mitgefühl. »Aber der Gedanke gefällt mir nicht. Du bist immer noch nicht ganz fit. Was, wenn jemand das bemerkt? Was, wenn etwas passiert?«
Ich grinste ihn an. »Umso besser, dass du, Finn und alle anderen da sein werden, um auf mich aufzupassen. Mach dir keine Sorgen. Es wird nichts passieren.«
Nicht heute.
Ich sprach die Worte nicht aus, aber ich merkte, dass Owen dasselbe dachte. Wir betraten vollkommenes Neuland und keiner von uns wusste wirklich, wie er damit umgehen sollte. Ich vermutete, dass niemand in der gesamten Stadt eine klare Vorstellung davon hatte, wie es jetzt weitergehen würde. Und ich stellte mir vor, dass all die anderen Leute, die heute anwesend sein würden, abwarten wollten, was passieren würde und aus welcher Richtung der Wind jetzt wehte, genau wie Owen und ich es tun würden.
Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn, ließ meine Zungenspitze sanft über seine Lippen gleiten. Owen öffnete den Mund und seine Zunge fand meine. Hitze stieg in mir auf und vertrieb die letzten Reste der Kälte aus meinem Körper. Während wir uns küssten, ließ ich meine Hände durch sein Haar gleiten, über sein kantiges Gesicht, um die Wärme seiner Haut zu fühlen, seinen Mund auf meinem. Egal, wo ich ihn auch berührte, ich staunte immer wieder über die Stärke von Owens Körper und das Verlangen, das er in mir entzünden konnte. Es erfüllte mich wie ein wunderschönes Lied und flüsterte leise...