Frank Shadowdwellers - Magnus
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8025-8934-8
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 02, 448 Seiten
Reihe: Shadowdwellers
ISBN: 978-3-8025-8934-8
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Magnus ist ein Mann voller Widersprüche - ein Priester im Leib eines Kriegers. Eines Tages hat er eine Vision, in der ihm eine junge Frau erscheint, die von ihrer Familie als Sklavin gehalten wird. Magnus befreit die schöne Daenaira und macht sie zur Dienerin in seinem Tempel. Doch unter den Reihen seiner Anhänger lauert Verrat. Ein unbekannter Feind will die Shadowdweller ins Verderben stürzen, und Magnus und Daenaira sind die Einzigen, die das noch verhindern können.
Jacquelyn Frank wurde in New York geboren und lebt heute in North Carolina. Zu ihren Lieblingsautorinnen gehören Christine Feehan, J. R. Ward, Kresley Cole und Sherrilyn Kenyon.
Weitere Infos & Material
Prolog
Magnus verstand die Natur des Bösen manchmal ein wenig zu gut. Es gab Zeiten wie diese, in denen er sich fühlte, als wäre er zu einem Spiegel dafür geworden, und seine Seele war nur noch ein entferntes Bild, weil andere Dinge sie verdrängten. Es war ein intensives und unwillkommenes Gefühl, fast so, wie den Glauben zu verlieren. Zumindest war es eine hoffnungslose Perspektive, was in seiner Position nicht hilfreich war.
Der Priester holte tief Atem und konzentrierte sich stattdessen auf die schwere Aufgabe, die ihm bevorstand.
Magnus zog das Schwert in seiner vernarbten und schwieligen Hand über die sorgfältig zusammengefügten Granitfünfecke, die den Platz schmückte. Funken stoben von dessen abgewinkelter Spitze, während er einen herausfordernden Bogen beschrieb. Alle Schwertschmiede weit und breit wären zusammengezuckt angesichts dieses groben Missbrauchs einer mühsam von Hand gefertigten Klinge, doch das Böse bedurfte manchmal einer besonderen Einladung. Magnus stach sie in den Granit vor sich.
»Anthran«, rief er, und seine tiefe Stimme hallte von den Brunnen und Nischen in den steinernen Wänden der Gebäude wider, die mit dem Klang spielten. Die karge, verlassene Stimmung des Platzes war in seinen Augen seltsam passend. »Wo, glaubst du, kannst du hingehen, wo ich nicht hinkann, außer ins Licht?«
Und selbst dorthin würde ich dir folgen. Ich würde selbst in dieser Hölle schmoren, wenn es nötig wäre, um sicherzugehen, dass du vernichtet bist und niemals wieder einem lebenden Wesen Leid zufügen kannst.
Magnus’ Stimme wurde lauter, und ihr Donnern löste ein starkes, einschüchterndes Echo aus. »Was versprichst du dir davon, dass du dich versteckst, wo du doch weißt, dass es vorbei ist?«
»Zeit, vielleicht«, erwiderte eine geisterhafte, jedoch vertraute Stimme. »Folge mir, solange du willst, Priester, doch ich bestimme den Weg. Nichts kann mir mehr Befehle erteilen.«
»Außer mir«, erwiderte Magnus mit einem wilden Glanz in den goldenen Augen, während er die gewaltige Leere nach einem Schatten, einem Zeichen absuchte …
»Ja, immer bist du es. Ein zäher kleiner Soldat der rechtschaffenen kleinen Armee der Dunkelheit.« Hinter ihm war ein dramatischer Seufzer zu hören, doch Magnus war nicht so dumm, sich umzudrehen. Stattdessen blickte er kurz hinab auf die Klinge und sah in deren reflektierender Oberfläche, dass sie wie erwartet leer war. Er konnte den enttäuschten Unterton in Anthrans Stimme hören, als sein Gegner feststellte, dass seine miesen Tricks nicht funktionieren würden. »Du machst dich selbst fertig, indem du hinter mir her jagst, Priester, und du stellst es die ganze Zeit infrage. Wie fühlt sich das an, ein hirnloser kleiner Schoßhund für einen Gott zu sein, dem du noch nie begegnet bist?«
»Ich muss meinen Göttern nicht begegnen, um zu wissen, dass sie mir beistehen«, brachte er dem Sünder in Erinnerung.
»Dunkelheit besteht nur aus Schatten, du Dummkopf! Licht ist nur Licht! Es ist nicht Himmel oder Hölle, und da sind auch keine Götter, die Gesetze erlassen, die ich dann breche. Ich bin genau wie du, Magnus, ein Schattenbewohner, ein Wesen mit besonderen Fähigkeiten, die ich meinen Genen verdanke; Fähigkeiten, die ich voll ausschöpfen sollte!«
»Du bedauernswertes Geschöpf, du bist ganz und gar nicht wie ich«, erwiderte Magnus. »Dieses Gespräch ist sinnlos. Komm heraus und zeig dich mir. Wenn du mich zwingst, dich zu jagen, wirst du es bereuen, das verspreche ich dir. Mit Vergnügen werde ich Buße tun dafür, dass ich dich leiden lasse, so wie auch deine Opfer gelitten haben.«
»Dieses Gespräch nützt dir, Magnus, nicht mir. Es gibt keine Opfer, Priester. Ich bin nur ein Traum. Was auch immer ich in diesem Reich tue, ist eine Fantasie und schnell wieder vergessen. Ich bin nur Äther und Dunst.«
»Wenn das wahr wäre, hättest du keinen Grund, mich zu fürchten. Meine Klinge würde dich nie berühren. Doch du weißt, dass das gelogen ist, Anthran. Du bist verbotenerweise ins Traumreich gewechselt. Du hast dich in die Träume Unschuldiger eingeschlichen und bist zu ihrem schlimmsten Albtraum geworden. Du hast deine Begabungen als Schattenbewohner missbraucht und bist zum schlimmsten Sünder geworden. Das wirst du mir büßen.«
»Blinder Glaube ist noch immer blind, Magnus. Ich glaube nicht an deinen Glauben und an deine Gesetze. Du denkst, du darfst im Schattenreich, im Traumreich und in allen anderen Reichen Recht sprechen? Du ernennst dich selbst und deinen religiösen Tempel zur kämpfenden Schutztruppe? Warum? Wegen einer heiligen Schrift? Überkommenes Geschreibsel unserer Vorväter, die vielleicht krank waren oder wahnsinnig? Oder tust du das für unsere Zwillingspüppchen, die du so nett als unseren König und unsere Königin hochhältst? Ha! Du Dummkopf!«, stieß Anthran verächtlich hervor. »Ist es das, wofür du die geistigen und körperlichen Freuden opferst? Es ist unnatürlich, wie du und deine Eunuchen und diese frigiden Weiber leben. Wenn du ein paar wollüstige Frauen hättest, die auf deinem Schwanz reiten, würdest du vielleicht nicht so schnell die Bedürfnisse eines richtigen Mannes verurteilen. Ich habe nicht das Bedürfnis, mit dir zu kämpfen, M’jan, ich will dich nur vor den Irrtümern deiner fanatischen Überzeugungen abbringen.«
»Ah, aber ich will mit dir kämpfen«, bemerkte der Priester finster, um seinen Feind zu provozieren. »Komm, Sünder, komm. Ich werde deiner Lektion so lange zuhören, wie du sie mir mit dem Schwert in der Hand und mit Schweiß auf der Stirn erteilst.«
»Abgemacht!«
Anthran tauchte aus dem Nichts auf und gab Magnus kaum die Chance, den surrenden Hieb seines viel schwereren zweihändigen Schwerts zu parieren. Der Priester biss die Zähne aufeinander, als der Zusammenprall seine Knochen vibrieren ließ und er dann mit einem Reiben von Metall auf Metall das Gewicht seines Gegners fortstieß. Sobald sie voneinander getrennt waren, begannen sie, einander zu umtänzeln.
»Nicht schlecht«, murmelte Magnus, »aber nicht gut genug.«
»Ich habe mich mit der Umgebung vertraut gemacht«, warnte Anthran mit einem arroganten Kräuseln der Lippen. »Ich bin besser, als du denkst.«
»Danke für die Warnung. Trotzdem bist du ein hilfloses Lämmchen. Ich kenne die Wege des Traumreichs seit Jahrhunderten. Glaub bloß nicht, dass du mir mit meiner Erfahrung überlegen bist.« Magnus führte mehrere schnelle Hiebe mit seinem Schwert aus, was seinen Gegner zwang, in Lichtgeschwindigkeit zu parieren. Sobald er den anderen dazu gebracht hatte, seine Deckung aufzugeben, trat er ihn heftig in die Rippen. Anthran stolperte rückwärts, hielt nur mit Mühe das Gleichgewicht und konnte gerade noch verhindern, dass er auf den Granit stürzte, wo er völlig schutzlos gewesen wäre. Er hustete, warf seine schwarzen Haare zurück und grinste, als der Priester auf ihn zukam.
»Stiefel mit Stahlkappen«, bemerkte er und nahm sich einen Moment Zeit, um seine verletzte Seite zu dehnen. »Glaubst du, dass solche kleinen schlauen Tricks den Kampf zu deinen Gunsten wenden? Das ist bloß Taktik. Lichtreich-Denken. In dieser Welt geht es um Macht und Magie und darum, wie weit die Vorstellungskraft reicht!«
Magnus nutzte seinen Vorteil und ließ nicht zu, dass Anthran sich während seines Geplauders erholte. Seine leichtere Klinge bewegte sich so rasch wie ein tückisches Rasiermesser, doch es war nicht dazu geeignet, eine viel schwerere Klinge zu parieren. Es war eine ungeheure Kraftanstrengung für ihn, den Feind abzuwehren.
»Vielleicht kannst du gegen jemanden kämpfen, der dir vollkommen gleicht, M’jan Magnus!«
»Glauben, Anthran! Du fragst mich, warum ich so rechtschaffen kämpfe ohne einen Gottesbeweis? Man nennt es Glauben! Ich glaube aus ganzem Herzen …«, er sprang vor, Klingen klirrten aufeinander, und er tänzelte mit einer Schnelligkeit, die man bei seinem beeindruckenden Körperbau nicht erwartet hätte, erneut außerhalb von Anthrans Reichweite, »… aus tiefster Seele, dass kein Universum einem lasterhaften, gemeinen Stück Dreck wie dir diese Art von Macht und die Freiheit gewähren würde, dich auf Kosten anderer an Sünde und Frevel zu ergötzen. Nicht ohne die Möglichkeit, für einen Ausgleich zu sorgen. Ich bin der Ausgleich. Ich bin die Versicherung.«
»Versicherung!«, spie Anthran verächtlich aus, während er seine Waffe wild über dem Kopf schwang. »Du bist ein Dummkopf, der eine Gehirnwäsche verpasst bekommen hat, Magnus! Dein Glaube versklavt dich, und du besingst ihn auch noch! Er unterdrückt dich, und du preist ihn! Der Tod ist der einzige Weg, wie du mir diese Fähigkeit wieder entreißen kannst!«
»So soll es sein«, stieß Magnus hervor. Er schwang seine Waffe hoch über dem Kopf, um die ganze Aufmerksamkeit seines Gegners auf sich zu ziehen, und griff rasch nach den Bolos in dem festen Lederbeutel, der an seiner linken Hüfte am Gürtel hing. Eine Silberkugel schmiegte sich in seine Handfläche, während die andere bereits losflog und den Stacheldraht zwischen ihnen spannte. Kugel und Draht trafen Anthran, wickelten sich um seinen Bizeps wie eine Boa constrictor, die ihre Beute umschlingt, und Magnus zog kräftig und unbarmherzig daran, um die Waffe festzuzurren.
Anthran brüllte vor Schmerz, als die Metallhaken sich in sein Fleisch bohrten und es hörbar aufrissen. Anthrans schwere Waffe flog davon, unbrauchbar jetzt, nachdem ein Arm bewegungsunfähig war. Der Priester warf die Kugel, die er noch immer in der Hand hielt, und das lose Ende schlang...




