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Frederick | A Place to Stay | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 368 Seiten

Reihe: Die Heart-and-Seoul-Reihe

Frederick A Place to Stay

Roman
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-641-26045-3
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, Band 2, 368 Seiten

Reihe: Die Heart-and-Seoul-Reihe

ISBN: 978-3-641-26045-3
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wohin das Schicksal uns führt

Haras Reise nach Seoul war erfolgreich: Nach 25 Jahren hat sie ihre leibliche Mutter gefunden und freut sich darauf, sie näher kennenzulernen. Doch eine neue Familie, ein Job in einem fremden Land und eine andere Sprache – das alles überfordert sie immer mehr. Ihre Beziehung zu Yujun hat Hara schweren Herzens beendet, denn ihre Liebe darf nicht sein. Nur mühsam kann Hara ihre Sehnsucht nach dem Mann mit den breiten Schultern, dem umwerfenden Lächeln und der aufrichtigen Art unterdrücken. Er hat ihr das Gefühl gegeben, endlich einen Platz in der Welt, ein Zuhause, gefunden zu haben. Doch wie kann das richtig sein, wenn ihre Liebe verboten ist?

Jen Frederick hat koreanische Wurzeln, wurde als Kind adoptiert und lebt heute mit ihrem Mann, ihrer Tochter und ihrem oft ungestümen Hund im Mittleren Westen der USA. Als Co-Autorin unter dem Pseudonym Erin Watt hat Frederick die NEW-YORK-TIMES- sowie die SPIEGEL-Bestsellerliste gestürmt.
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KAPITEL EINS


»Mittag!«, verkündet – mein Chef – und klatscht dabei in die Hände. »Wenn Sie zu viel arbeiten, sind Sie heute Nachmittag nicht produktiv. Na los, na los.« Mit einer Geste fordert er uns auf, uns zu bewegen.

ist nicht sein Name. Der lautet Park Hyunwoo, aber jeder nennt ihn nur . Die Bezeichnung weist auf seine Führungsrolle hin. Bei Koreanern stehen Schicht, Rang und Alter über allem.

Wir drei – die einzigen Frauen in internationalem Marketing-Team – starren ihn einen langen Moment schweigend an. Als ich in seiner Abteilung anfing, war ich erleichtert, dass bereits zwei Frauen dort arbeiteten; augenblicklich malte ich mir aus, was für großartige Freundinnen Chaeyoung, Soyou und ich werden würden. Eierstock-Solidarität oder so was Ähnliches. Ich sollte unrecht behalten. Chaeyoung ist abweisend und Soyou offen feindselig.

In diesem Moment wirft mir Soyou einen Blick zu, als hätte ich persönlich das Konzept einer Mittagspause entworfen, nur um sie zu ärgern, während Chaeyoung an einer der drei dünnen Ketten herumspielt, die sie um den Hals trägt; die diamantbesetzten, ineinandergreifenden Cs fangen das Licht der hellen Leuchtstoffröhren über unseren Köpfen ein.

Die Männer aus unserem Team sind schon vor einer Stunde zum Mittagessen gegangen, und es wird noch mindestens eine Stunde dauern, bis sie wiederkommen. Chaeyoung und Soyou gehen normalerweise nicht essen. Ich bin mir nicht sicher, ob es daran liegt, dass sie eine Diät machen, oder ob sie einfach zu viel zu tun haben. Jeder hier scheint ständig irgendeine Diät zu machen, wahrscheinlich weil sich so ziemlich jede soziale Aktivität ums Essen dreht.

Als ich vor sechs Wochen in dieser Abteilung anfing, entschied ich mich, auch ohne Mittagspause durchzuarbeiten. Ich wollte allen beweisen, dass ich kein nutzloses Beiwerk bin, keine, der man nur einen Job gibt, weil ihre Mutter CEO des Unternehmens ist. Ich meine … ja, meine Mutter ist die CEO, aber ich weiß, wie man arbeitet. Zu Hause in Iowa hat sich nie jemand über mein Arbeitspensum oder meine Einstellung beschwert. Hier in Korea, bei der IF Group, im siebten Stock – ist es anders. Und niemand ist sich meiner Position als Tochter der CEO bewusster als die ehrgeizige Soyou.

Als das Schweigen langsam von seltsam zu unangenehm übergeht, setzt Soyou ein höfliches Lächeln auf und erhebt sich. Nach einer angedeuteten Verbeugung in Richtung holt sie ihre Handtasche aus der untersten Schublade ihres Schreibtischs, verpasst Chaeyoungs Stuhl einen verstohlenen Tritt und wendet sich ab, um zu den Aufzügen zu gehen. Mit mir mittagessen zu gehen, steht auf der Liste mit Dingen, die sie gerne tut, sicherlich ganz unten, aber sie ist schlau und ausgebufft genug, was bedeutet, dass sie eine Lunch-Pause einlegt, wenn ihr Boss ihr sagt, dass sie eine Lunch-Pause einlegen soll. Selbst wenn das bedeutet, sie muss mit dem Teufel essen.

»Na los, Chaeyoung-ie«, ruft sie und fügt nach einer kurzen Pause hinzu, »und Choi Hara-nim.«

Ich glaube nicht, dass ich bei Soyou auf einer Ebene mit dem Teufel rangiere, aber wer weiß?

Ruhig nehme ich meine Handtasche und folge den beiden zu den Fahrstühlen. Ich hätte ablehnen können. Ich kann hier alles tun, was ich will. würde mir die Schuhe polieren, wenn ich ihn darum bitten würde, was exakt der Grund dafür ist, warum mich Soyou hasst, und darum kann ich nicht wütend sein. Ich darf verletzt sein und frustriert und verärgert, aber nicht wütend. Ich verdiene weder diesen Job noch den Respekt, den mir entgegenbringt, oder die Energydrinks, die der örtliche Arschkriecher – Yoo Minkyu – alle paar Tage neben meinem Bildschirm platziert.

Ich sollte ablehnen, weil ein Mittagessen zu dritt gar nicht anders als mindestens so schrecklich werden kann wie das von drei Frauen, die sich treffen, nachdem sie rausgefunden haben, dass sie alle denselben Mann daten. Wahrscheinlich unterscheiden sich die beiden Situationen tatsächlich nicht wesentlich voneinander. Wir lechzen alle nach der Anerkennung von Choi Wansu, und die anderen beiden nehmen es mir übel, dass ich dadurch, dass sie nun mal meine Mutter ist, im Vorteil bin.

Wenn ich die Dämonin bin, dann ist Choi Wansu mein Gegenstück. Für die meisten Frauen in diesem Unternehmen ist sie eine Erlöserin. Die IF Group ist eine Anomalie unter koreanischen Firmen. Hier werden nicht nur Absolventinnen und Absolventen der drei größten Universitäten, die als SKY bekannt sind – Seoul, Korea University, Yonsei –, eingestellt. Manche Leute haben sogar überhaupt keinen College-Abschluss. Alles, wofür sich die IF Group interessiert, sind Ergebnisse. Bist du in der Lage, den Job zu machen, für den du eingestellt wurdest? Wenn ja, hier ist dein Firmenausweis und dein Schreibtisch. Fang an zu arbeiten.

In diesem auf Anstrengung und Leistung basierenden Unternehmensumfeld falle ich auf hässliche Weise auf, weil ich meinen Job nur wegen meiner Verbindungen bekommen habe, ganz ohne angemessene Qualifikationen, Ausbildung oder Erfahrung.

Im Aufzug beginnt Soyou eine Unterhaltung über ein Thema, das ich nur zur Hälfte verstehe, weil sie Koreanisch spricht und das sehr schnell. Chaeyoung schiebt die doppelten Cs bis zu ihrem Mund hinauf und hört aufmerksam zu.

Ich schnappe ein paar Worte über Trinken, einen Mann und einen Bastard auf. Die kleinere Frau nickt beipflichtend. Die beiden sind gute Freundinnen, deren Stärken und Schwächen sich überschneiden. Chaeyoung tut sich in ihrem Job manchmal schwer. Sie ist klug und geistreich, aber häufig vergesslich. Soyou hält sie auf Spur, indem sie ihr Haftnotizen auf dem Schreibtisch hinterlässt oder ihr Handy mitnimmt, wenn Chaeyoung es in den Waschräumen oder auf dem Konferenztisch liegen lassen hat.

Chaeyoung revanchiert sich, indem sie Lunch und Snacks besorgt, die Taxirechnung bezahlt und ihr kleine Geschenke wie Designer-Schmuckstücke mitbringt, und das auf eine so unbekümmerte Weise, als wollte sie vermeiden, dass sich ihre Freundin dadurch klein fühlt. Soyou könnte sich nicht einmal eine von Chaeyoungs Ketten leisten.

Ihre vertraute Nähe ist das, was mich anzieht, aber sie sind abweisend, halten so viel Distanz wie möglich zu mir. Soyou nutzt häufig ihre Größe, um die kleinere Chaeyoung abzuschirmen, als wäre es etwas Unanständiges, wenn ich sie nur ansehe. Selbst in diesem Moment steht Soyou zwischen uns, während die beiden ihre Wochenendpläne diskutieren. Dann senkt sie die Stimme und ich höre, wie sie mich erwähnt – oder zumindest Choi Wansus Tochter. Ich bin ihre einzige.

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Chaeyoung zuckt mit den Schultern, als ob dieses eine Wort – das für jemanden steht, der das Produkt von Vetternwirtschaft ist – alles erklärt.

Ich verkneife mir ein Seufzen und lehne mich mit dem Rücken gegen die Aufzugwand. Sie hat recht. Es erklärt tatsächlich alles. Ich starre auf die Rückseite von Soyous abgetragenen schwarzen Pumps, an denen die abgeschabten Stellen mit schwarzem Marker übermalt wurden, und trete in meinen Acht-Zentimeter-Designer-Heels, die mir Choi Wansu gekauft hat, unruhig auf der Stelle. Würde ich ihre billigen Abklatsch-Schuhe tragen, wäre ich auch sauer.

Die Türen öffnen sich, und Soyou marschiert mit langen Schritten Richtung Ausgang, wodurch Chaeyoung quasi in Laufschritt verfallen muss, um mitzuhalten. Statt stehen zu bleiben und ein Taxi ranzuwinken, steuert Soyou den kleinen Supermarkt auf der anderen Straßenseite an. Die beiden werden sich einen abgepackten Salat und irgendwas zu trinken kaufen. Soyou mag am liebsten Iced Americano, Chaeyoung Chilsung Cider mit Limetten-Zitronen-Geschmack. Während sie den trockenen Salat auf einer Bank im nahe gelegenen Yongsan Park essen, zusammen mit all den Hausfrauen mit Kindern, Erzieherinnen und Nannys, werden sie sich so schnell auf Koreanisch unterhalten, dass ich kaum etwas verstehe.

Mein Magen knurrt. Ich habe weder Lust auf Kopfsalat noch darauf, wie eine Geächtete neben zwei Kolleginnen zu sitzen, welche mich die nächste halbe Stunde mit Nichtachtung strafen werden, so wie sie es schon die vergangenen sechs Wochen getan haben.

Ich ziehe mein Handy aus der Tasche und schicke eine Nachricht in den Gruppen-Chat.

ICH: Ich hole mir zum Lunch was beim Food Truck mit den frittierten Schweinefleischbällchen. Falls ihr Hunger habt, sehen wir uns dort.

»Ich hole mir was beim Food Truck«, rufe ich den anderen beiden nach. Chaeyoung bleibt stehen, und für den Bruchteil einer Sekunde denke ich, dass sie mir antworten wird. »Dort gibt es gleich nebenan auch einen CU. Die verkaufen den Salat, den ihr so gerne mögt«, füge ich hinzu, weil ich dumm bin und gemocht werden will.

Chaeyoung dreht sich halb zu mir um, aber Soyou packt sie am Arm. Die Ampel springt auf Grün, und sie überqueren die Straße, ohne mich noch eines Blickes zu würdigen.

Mir wird vor Verlegenheit heiß. Auf einmal bin ich wieder in der zweiten Klasse, wo ich mir die Schulhofsticheleien irgendeines bescheuerten Jungen anhören muss, der mich fragt, warum mein Gesicht flach ist und ob ich mit meinen zusammengekniffenen Augen überhaupt was sehen kann. Ich drücke die...


Frederick, Jen
Jen Frederick hat koreanische Wurzeln, wurde als Kind adoptiert und lebt heute mit ihrem Mann, ihrer Tochter und ihrem oft ungestümen Hund im Mittleren Westen der USA. Als Co-Autorin unter dem Pseudonym Erin Watt hat Frederick die NEW-YORK-TIMES- sowie die SPIEGEL-Bestsellerliste gestürmt.

Karamustafa, Melike
Melike Karamustafa übersetzt seit vielen Jahren zeitgenössische Literatur aus dem Englischen und ist darüber hinaus als freischaffende Lektorin tätig. Sie lebt und arbeitet in München.



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