E-Book, Deutsch, Band 171, 64 Seiten
Reihe: Mythor
Giesa Mythor 171: Geburt einer Legende
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8453-9923-2
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 171, 64 Seiten
Reihe: Mythor
ISBN: 978-3-8453-9923-2
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Als Mythor in der durch ALLUMEDDON veränderten Welt zu sich kommt, ist er sich seines Auftrags nicht bewusst, denn man hat ihn seiner Erinnerungen beraubt. Erst bei der Begegnung in der Drachengruft wird Mythor dieses klar, und schließlich sorgt das Duell mit Mythors anderem Ich dafür, dass unser Held in seiner Ganzheit wieder ersteht. Damit beginnt Mythor in bekannter Manier zu handeln. Inseln des Lichts zu gründen und die Welt vor einer erneuten Invasion durch die Horden Xatans zu schützen ist sein erklärtes Ziel. Und sein kluges Vorgehen führt denn auch zu einem Zusammenschluss der Clans des Drachenlands und zu einem Sieg über die Invasionsstreitkräfte Xatans. Kurz darauf macht sich Mythor auf die Suche nach Coerl O'Marn, dem alten Freund und Mitkämpfer. Er folgt dabei der Spur der Albträume. Amazonen von Vanga, die Gorgan erkunden, retten unseren Helden aus höchster Not und geben ihm Gelegenheit, das Land Ameristan zu erreichen, wo Licht und Finsternis ebenfalls im Widerstreit liegen. Der Kampf mit dem 'Hüter des magischen Schatzes' führt schließlich dazu, dass Mythor den Helm der Gerechten wieder in seinen Besitz bringen kann - und als Träger dieses Helms erlebt der Gorganer die GEBURT EINER LEGENDE ...
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1.
Einst Ich zuckte zusammen. »Kodor«, wiederholte Esander meinen Namen. »Was ist mit dir? Träumst du? Am hellen Tag?« Und er grinste verschmitzt; heller Tag war es längst nicht mehr. Die Talgkerze war nahezu niedergebrannt. Ihr flackernder Schein warf bei jeder Bewegung andere Schattenmuster an die glitzernden Wände. »Geträumt«, wiederholte ich leise und zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Wie komme ich hierher, Esander? Ich war doch weg, so weit weg ...« »Welches Tier war es diesmal?«, fragte Esander; in seiner Stimme klang milder Spott. »Der weiße Falke«, erwiderte ich grimmig. Nun ja, es war für ihn nicht schwer, meine Träume zu erraten. Hin und wieder sprach ich von ihnen. Meine Träume von den drei Fabeltieren, die ich nie gesehen hatte. Auch kein anderer hier am nördlichsten Fleck der Welt, denn sonst hätte bestimmt einer der Königstrolle darüber gesprochen, ihnen begegnet zu sein. Geheim geblieben wäre es bestimmt nicht, denn weitaus die meisten von ihnen waren Prahler und Plauderer. Aber das Einhorn, der Schneefalke und der Bitterwolf kamen niemals zum Nordstern ... »Jugendliche Phantasie«, nannte Esander es. »Du beschäftigst dich viel zu sehr damit, auch in deinen Träumen, und so bleibt es nicht aus, dass du dich in Dinge hineinsteigerst, die unmöglich sind.« »Aber woher kenne ich dann ...«, fuhr ich auf, verstummte aber sofort wieder. Es hatte keinen Sinn. Zu oft hatten wir uns schon darüber unterhalten. Esander beharrte auf seinem Standpunkt, und ich auf dem meinen. Esander war ein Königstroll. Was anderes hätte er auch sein sollen? Der Nordstern, dieses phantastische Gebilde mit den zwölf leuchtenden Zacken, beherbergte nur Königstrolle. Die einzige Ausnahme war ich: Kodor, der Mensch. Niemand hatte mir jemals genau erzählt, wie ich hierher gekommen war, aber seit ich denken konnte, lebte ich unter den Königstrollen. Sie hatten den Auftrag, mich aufzuziehen und mir Wissen zu vermitteln. Warum? Ich bekam auf meine Fragen keine Antwort. In diesem Punkt waren Esander und seine Artgenossen stur. »Geh«, bat ich. »Ich muss jetzt ein wenig allein sein.« Er nickte verständnisvoll, erhob sich und verließ meine Kammer. Ich sah ihm nach, bis der Wollvorhang, den ich in vielen Jahren kunstvoll bestickt hatte, sich hinter ihm schloss. Ich ließ mich auf das Felllager zurücksinken, verschränkte die Arme unter dem Hinterkopf und schloss die Augen. Aber diesmal sah ich die Fabeltiere nicht wieder. Ich sah den Nordstern vor meinem geistigen Auge, gigantisch und prächtig. Lichtinsel nannten die Königstrolle diesen Fleck auch. Geschaffen vom Lichtboten selbst, als er vor zwei Menschenaltern zur Erde kam ... Esander hatte mir davon erzählt. Er nannte es Unterricht in der Geschichte der Welt. Des Öfteren sprach er auch davon, dass diese Geschichte der Welt, und noch viel mehr Geheimnisse, über die er aber Stillschweigen bewahrte, in der Runenbotschaft der Königstrolle niedergeschrieben und auf immer festgehalten sei. Ich hatte diese »Runenbotschaft« nie zu Gesicht bekommen, aber ich wusste, dass Esander einer der Hauptverantwortlichen für sie war. Damals, als der Streit des Kriegers Gorgan wider die Hexe Vanga immer heftiger wurde und immer mehr Blutzoll verlangte, entschieden die Lichtgötter, diesen Streit durch Unparteiische schlichten zu lassen. Sie riefen die Eytas an, ein Volk von Halbgöttern, die weder auf der Seite des Lichtes noch auf der der Dunkelheit standen. Die Lichtgötter boten ihnen die Unsterblichkeit, wenn sie im Streit Schiedsrichter sein wollten und ihn auch schlichten könnten. Die Eytas reizte der hohe Preis, und sie sagten zu. Zweihundert mal hundert von ihnen, so steht es geschrieben, kamen nach Vangor, um zu schauen und zu entscheiden. Doch alsbald mussten sie erkennen, dass Vanga wie Gorgan sich ihnen unempfänglich zeigten und nicht auf ihre Beschlüsse hörten. Die Eytas spürten Angst, zu versagen. Zu sehr schon hatten sie sich an den Gedanken gewöhnt, bald die Unsterblichkeit zu erhalten, als dass sie sich ein Versagen hätten eingestehen wollen. Und so nahmen sie in ihrer Angst, zu versagen, die Hilfe Dritter an. Dies aber waren die Dunkelmächte. Die Eytas waren blind in ihrem Eifer und verfielen den Einflüsterungen derer, deren Hilfe sie erbaten. Doch schlimmer als je zuvor ward es, denn die Ratschläge der Dunklen waren falsch: furchtbarer nur entbrannte der Streit zwischen Vanga und Gorgan. Daraufhin erzürnten die Lichtgötter und fällten selbst das Urteil. Die Hexe Vanga und den Krieger Gorgan riefen sie ins Exil, zwangen sie, ihre Welt so lange zu verlassen, bis sie sich versöhnt hätten. Doch dies ist bis zur Stunde nicht geschehen. Die wahren Schuldigen für Streit und Hader indes, die Eytas, konnten ungehindert weiter mit den Dunkelmächten paktieren, denn die Lichtgötter waren arglos; nicht wähnten sie in den Eytas die Hetzer. Doch einige unter jenen blieben aufrecht. Sie erkannten die Gefahr und warnten die Lichtgötter. Doch zu spät! Schon war Vangor in eine Wolke der Düsternis gehüllt. Und nun sahen die Lichtgötter keinen anderen Ausweg mehr, als den Lichtboten zu rufen. Und der Lichtbote kam. Er vertrieb die den Dunklen hörigen Eytas mitsamt der Düsternis in einen Reif, der sich um die Welt spannt und sie in zwei Hälften teilt. Nichts anderes konnte der Lichtbote tun, denn zu bald schon wurde er abberufen, auf anderen Welten wider die Düsternis zu streiten. Doch mit dem goldenen Schweif seines Kometentiers schuf er Lichtinseln auf der Welt. Dort, wo die Welt am nördlichsten ist, entstand als Stätte des Lichts der Nordstern, und die Trolle, einst treue Diener der Eytas, wurden Hüter und Verwalter. Besonders begnadete Frauen unter den Menschen erhob er zu Kometenfeen, und er streute seine Saat über die Welt, der die Bäume des Lebens entsprangen. Am Nordstern jedoch hinterließ er zusätzlich einige Waffen für jenen, der sich dereinst Sohn des Kometen nennen sollte. Dies sprach Esander. So war die Welt entstanden, wie sie sich den Augen der Sterblichen jetzt zeigte, aber was vorher war, als Vanga und Gorgan noch leibhaftig auf der Erde wandelten, davon sprach er nie. Auch andere Rätsel blieben offen, und bestimmt nicht nur, weil ich nichts davon erfahren sollte; von manchen Dingen wussten auch die Trolle nichts. So darüber, weshalb der Nordstern zwölf Zacken besitzt, obgleich die Zwölf die Zahl der Frau ist, und die des Mannes die Sieben. In der Nordwelt aber herrscht doch der Geist des Kriegers! Viele Gerüchte raunten die Trolle sich darüber zu, und vielleicht kam jenes der Wahrheit am nächsten, dass der Lichtbote in der Eile nicht die Zeit fand, Männliches und Weibliches durch die Form des Sterns voneinander zu trennen. Und darum sollte er auch vergessen haben, die Trolle in zwei Geschlechter zu scheiden, wie es unter Menschen der Fall ist. Stattdessen sind die Trolle Mann und Frau in einem und damit Vater und Mutter ihrer Nachkommen zugleich. Aber kein Troll kann mehr als einen Erben haben, und auch diesen setzt er erst in die Welt, wenn er die Zeit seines Todes nahen spürt. Und so lebt er dann in seinem Nachkommen weiter. Manche munkelten, dass eine Zeit kommen werde, in der das Volk der Trolle ausgestorben sei – die letzten getötet von Raubtieren oder bösen Feinden. Doch das machte mir weniger Kopfzerbrechen, hieß es doch, dass Trolle recht alt werden könnten – zehn- bis zwanzigmal älter als Menschen. Nun, das würde ich niemals nachprüfen können. Zumal es auch nur eine Annahme war, denn erst vor hundert Wintern geschah es, dass der Lichtbote die Welt in zwei Hälften schied, die Düsternis zusammendrängte und als Schattenzone formte. In diese, wie Esander schon sagte, verbannte er die Eytas. Aber statt dass diese in dem giftigen Brodem untergingen, passten sie sich mit Hilfe der Finstergötter an und wurden zu schrecklichen Dämonen. Nur die wenigen Aufrechten blieben von diesem Gottesurteil und seinen Folgen verschont und nahmen den Kampf gegen die Dämonen auf. Meine Gedanken bewegten sich im Kreis. Warum fand ich heute keine Ruhe? Warum kehrten meine Überlegungen immer wieder zur Entstehung der Welt und zur Schattenzone zurück? War es eine Vorahnung kommender Ereignisse? Ich versuchte, wieder an die Waffen des Lichtboten zu denken und an die drei Fabeltiere. Die Waffen sah ich des Öfteren. Sie schimmerten und blitzten, und ich träumte oft davon, wie ich die Welt retten könnte, wären sie mein. Einmal hatte ich versucht, sie anzulegen. Esander war hinzugekommen, und ich hatte die jämmerlichsten Prügel meines bis dahin sieben Winter langen Lebens bezogen. Inzwischen war ich achtzehn Jahreswechsel alt, aber an jene Prügel dachte ich bisweilen immer noch. Von den Tieren zu träumen, konnte mir aber keiner verbieten, wenn auch Esander sie mir stets auszureden versuchte. »Es ist nicht möglich, dass du von ihnen träumst, denn sie erscheinen nur dem Sohn des Kometen. Deshalb kommen sie auch nie zum Nordstern«, behauptete er. Trotzdem ... ich hatte von ihnen geträumt, noch ehe man mir von ihnen erzählte. Ich wusste ihre Namen, obgleich kein Troll sie jemals ausgesprochen hatte. Horus, der Schneefalke! Hark, der Bitterwolf! Pandor, das schwarze Einhorn! Konnte das alles Einbildung sein? Ich erhob mich wieder. Die Unruhe trieb mich hinaus. Ich schritt durch die endlosen Gänge, unberührt von dem geschäftigen Treiben der Königstrolle. Ich erreichte eines der Portale nach draußen. Es war unbewacht. Wer sollte es auch hüten? Fremde, die kamen, waren in der weiten Schnee-Ebene schon früh zu erkennen, lange schon, bevor sie eine der zwölf...