Buch, Deutsch, 132 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 210 mm, Gewicht: 290 g
Reihe: Edition Scientifique
Buch, Deutsch, 132 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 210 mm, Gewicht: 290 g
Reihe: Edition Scientifique
ISBN: 978-3-8359-7233-9
Verlag: VVB Laufersweiler Verlag
Experimentelle Studien im Tiermodell haben gezeigt, dass ein herzfernes ischämisches Konditionierungsverfahren (Remote ischemic preconditioning (RIPC)) das Herz vor einem Ischämie-/Reperfusionsschaden schützen kann. In klinischen Studien in der Humanmedizin konnte dieser schützende Effekt jedoch bislang nicht mit vergleichbaren Ergebnissen reproduziert werden. Eine Ursache für den Verlust der kardioprotektiven Wirkung des RIPC-Verfahrens könnte im Zusammenhang mit den Komorbiditäten der Patientinnen und Patienten stehen. Diskutiert werden hierbei unter anderem die Diabetes mellitus (DM)-Erkrankung und die damit einhergehende Hyperglykämie (HG). Diese Komorbiditäten können negativ auf die Vermittlung des kardioprotektiven Effektes von RIPC einwirken, wobei auch der Mechanismus der Inhibition bisher nicht bekannt ist. Die Suche nach den Ursachen für das Ausbleiben einer kardioprotektiven Wirkung des RIPC-Verfahrens ist daher von großer Bedeutung. Aus diesem Grund wurde in der folgenden Arbeit untersucht, ob ein Diabetes mellitus Typ 1 (DM1) und/oder eine HG Einfluss auf einen RIPC-induzierten kardioprotektiven Effekt haben, indem sie die (1) Ausschüttung kardioprotektiver humoraler Faktoren oder (2) eine kardioprotektive Signaltransduktion am Herzmuskel selbst beeinflussen. Für die Untersuchungen wurde Plasma von unbehandelten und von DM1 bzw. HG betroffenen, männlichen Wistar-Ratten gewonnen und, je nach Teilversuch, auf isoliert perfundierte Herzen naiver oder behandelter, männlicher Wistar-Ratten übertragen. Die Ratten wurden dazu in die verschiedenen Gruppen randomisiert.
Im ersten Teilversuch wurden zur Plasmagewinnung Tiere mit Normoglykämie (NG) mit einem Streptozotocin (STZ)-induzierten DM1 oder mit einer, durch eine Glukoseinfusion hervorgerufene, isolierten HG verwendet. Vor der Plasmagewinnung wurden die Tiere entweder einem SHAM-Manöver („Scheinmaßnahme“) als Kontrolle oder einem RIPC-Manöver unterzogen, wobei das RIPC-Manöver aus vier Zyklen mit jeweils fünf Minuten Ischämie und Reperfusion an den Hintergliedmaßen bestand. Entsprechend wurden die Gruppen mit NG Kontrolle (NG Con) und NG RIPC, DM1 Kontrolle (DM1 Con) und DM1 RIPC sowie HG Kontrolle (HG Con) und HG RIPC benannt. Das gewonnene Plasma wurde im Anschluss in einem in vitro-Versuch während einer Dauer von zehn Minuten auf isoliert perfundierte, gesunde Rattenherzen übertragen. Unmittelbar danach wurden die Herzen einer 33-minütigen globalen Ischämie und einer 60-minütigen Reperfusionsphase unterzogen.
Der zweite Versuchsteil wurde analog durchgeführt und das Plasma gesunder, normoglykämischer Tiere auf Herzen von erkrankten bzw. hyperglykämischen Ratten übertragen. Die Größe der entstandenen Infarkte wurde für die Teilversuche 1 und 2 mit einer Triphenyltetrazoliumchlorid (TTC) Färbung ermittelt und die Ergebnisse der Verfahren wurden untereinander verglichen.
Im dritten Versuchsteil zur Überprüfung von möglichen Effekten durch DM1 oder HG auf den für die Kardioprotektion relevanten PI3K/AKT-Signalweg wurden Herzen wie für die Teilversuche 1 und 2 mit dem zuvor gewonnenen Plasma behandelt. Es wurde jedoch auf die Reperfusionsphase nach der Ischämieperiode verzichtet. Aus den Herzen wurden Proteinextrakte gewonnen und mittels Western Blot Analyse der Phosphorylierungsstatus der Proteinkinasen Proteinkinase B (Akt) und Glykogensynthase-Kinase 3 beta (GSK3ß) untersucht.
Zusätzlich zu den bereits beschriebenen Versuchen wurde in einem vierten Teilversuch das in vivo gewonnene Plasma auf seinen Gehalt an Nitrit untersucht, um auf die Menge an Stickstoffmonoxid (NO) rückschließen zu können, da dieses als ein mögliches Kardioprotektion-vermittelndes Signal angesehen wird.
Im Teilversuch 1 zeigte sich, dass die Übertragung des RIPC-Plasmas von gesunden Ratten (NG Con 49 ± 8 % vs. NG RIPC 29 ± 6 %; p < 0,05) und Ratten mit DM1 (DM1 Con 47 ± 7 % vs. DM1 RIPC 38 ± 7 %; p < 0,05) auf gesunde, normoglykämische Herzen die Infarktgröße im Vergleich zum jeweiligen Kontrollplasma reduzieren konnte. Herzen, die mit dem Plasma von hyperglykämen Ratten behandelt wurden, wiesen geringere Infarktgrößen im Vergleich zu normoglykämischen Plasma auf, wobei dies sogar unabhängig von der Durchführung eines RIPC-Manövers war (HG Con 34 ± 9 % vs. HG RIPC 35 ± 9 %; n. s.). Dem gegenüber zeigte sich in Teilversuch 2 keine Reduktion der Infarktgröße durch die Übertragung des RIPC-Plasmas gesunder Ratten auf die Herzen von an DM1 (DM1 Con 54 ± 13 % vs. DM1 RIPC 53 ± 10 %; n. s.) erkrankten oder hyperglykämischen Tieren (HG Con 60 ± 16 % vs. HG RIPC 53 ± 14 %; n. s.). Zusammengefasst legen die gewonnenen Ergebnisse nahe, dass die Freisetzung humoraler Faktoren zur Kardioprotektion durch RIPC unter NG, HG und auch unter dem Einfluss von DM1 möglich ist. Zudem scheint das Plasma von Tieren mit einer isolierten HG selbst kardioprotektive Eigenschaften zu besitzen (Teilversuch 1). Im Gegensatz dazu hatte Plasma von gesunden Tieren nach einem RIPC-Manöver keine kardioprotektiven Eigenschaften im Myokard von DM1 und HG betroffenen Tieren (Teilversuch 2).
In Teilversuch 3 konnten zwischen den Versuchsgruppen und den gesunden Tieren keine Unterschiede bei den Leveln der Phosphorylierung der Proteinkinasen Akt und GSK3ß festgestellt werden.
Im Teilversuch 4 konnte im in vivo gewonnen Plasma der gesunden RIPC-Tiere ein annähernd doppelt so hoher Nitritgehalt im Vergleich zu den untersuchten Kontrolltieren gemessen werden (NG Con 230 ± 26 nmol/L vs. NG RIPC 473 ± 204 nmol/L; p = 0,02). NO scheint also bei normoglykämen Tieren in Folge eines RIPC-Manövers vermehrt ausgeschüttet zu werden. Im Gegensatz dazu konnte bei DM1 Tieren im RIPC-Plasma ein niedrigerer Nitritwert im Vergleich zur Kontrollgruppe gemessen werden (DM1 Con 180 ± 45 nmol/L vs. DM1 RIPC 112 ± 45 nmol/L; p = 0,025). In den Gruppen der HG Tiere befanden sich die Nitritwerte im Plasma der Behandlungsgruppen auf einem ähnlichen Niveau (HG Con 208 ± 77 nmol/L vs. HG RIPC 190 ± 40 nmol/L; n. s.). Das gewonnene Plasma eben jener Kontrolltiere hatte dennoch einen kardioprotektiven Effekt (Teilversuch 1) und lässt den Schluss zu, dass NO nicht als alleiniger Vermittler der Kardioprotektion fungieren kann.
Insgesamt konnte die vorliegende Arbeit zeigen, dass sowohl bei NG als auch bei Vorliegen eines DM1 durch ein RIPC-Manöver humorale Faktoren ausgeschüttet werden, die bei einer Übertragung auf gesunde Herzen eine Kardioprotektion vermitteln können. Darüber hinaus ist in einem von HG oder DM1 betroffenen Myokard der protektive Effekt von RIPC aufgehoben. Überraschend zeigte sich weiterhin, dass Plasma, das unter isoliert induzierter HG gewonnen wurde, vermutlich unabhängig von einer RIPC kardioprotektive Eigenschaften besitzt. Auch zeigte sich, dass im Myokardgewebe, unmittelbar nach einer globalen Ischämie, keine Unterschiede zwischen den konditionierten und den SHAM-Tieren auftraten. Insgesamt konnten nur sehr geringe Mengen oder gar kein Signal phosphorylierter Formen von Akt und GSK3ß bestimmt werden. Festgestellt wurde außerdem, dass Nitrit nach einem RIPC-Manöver in höheren Konzentrationen im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle im Plasma vorhanden ist und DM1 die Ausschüttung von NO unter RIPC signifikant verringert.