E-Book, Deutsch, 313 Seiten
Reihe: World of Warcraft
Golden World of Warcraft: Vor dem Sturm
Neuauflage 2018
ISBN: 978-3-7367-9975-2
Verlag: Panini
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Vorgeschichte zu Battle of Azeroth
E-Book, Deutsch, 313 Seiten
Reihe: World of Warcraft
ISBN: 978-3-7367-9975-2
Verlag: Panini
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der brandneue offizielle Prequel-Roman zur nächsten WoW-Erweiterung Battle for Azeroth. Während Allianz und Horde verzweifelt versuchen sich von dem verheerenden Krieg gegen die dämonische Brennende Legion zu erholen, droht eine schreckliche Entdeckung, den brüchigen Waffenstillstand zwischen den beiden Fraktionen scheitern zu lassen und die Welt Azeroth in ihren Grundfesten zu erschüttern.
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1. KAPITEL Sturmwind Es regnete, während die trauernde Menge zur Löwenrast schritt, ganz so, als würde der Himmel selbst um jene weinen, die ihr Leben gegeben hatten, um die Brennende Legion zu besiegen. Anduin Wrynn, der König von Sturmwind, stand ein paar Schritte von dem Podium entfernt, von dem aus er schon bald zu den Trauernden aller Allianzvölker sprechen würde. Schweigend beobachtete er, wie sie eintrafen, und er wünschte, er müsste keine Rede vor ihnen halten. Er war ziemlich sicher, dass diese Andacht zu Ehren der Gefallenen das Schwerste sein würde, was er in seinem relativ kurzen Leben erlebt hatte – und schwer nicht nur für die Trauernden, sondern auch für ihn selbst, schließlich fand dieses Ereignis im Schatten der leeren Gruft seines Vaters statt. Anduin hatte schon an viel zu vielen Zeremonien teilgenommen, bei denen der Opfer des Krieges gedacht wurde. Und jedes Mal hoffte und betete er – so, wie es jeder gute Anführer tat, da war er sich sicher –, dass es das letzte Mal sein würde. Doch das war es nie. Irgendwoher kam immer wieder ein neuer Feind. Manchmal war er neu: eine Gruppe, die wie aus dem Nichts auf der Bildfläche erschien; oder etwas Uraltes, seit ewigen Zeiten gefangen oder begraben, dem Anschein nach unschädlich gemacht, das sich nach Äonen wieder erhob, um Schrecken und Zerstörung über die Unschuldigen zu bringen. Dann wieder war der Feind auf schmerzhafte Weise vertraut, aber so gut man ihn auch kannte, stellte er doch immer eine große Bedrohung dar. Wie hatte sein Vater es nur geschafft, diesen Herausforderungen wieder und wieder zu trotzen, fragte sich Anduin. Oder sein Großvater? Sie befanden sich gerade in einer Phase relativer Ruhe, aber der nächste Feind, die nächste Herausforderung, würde zweifelsohne schon bald am Horizont heraufziehen. Der Tod Varian Wrynns lag noch nicht allzu lange zurück, aber für den Sohn des großen Mannes fühlte es sich an, als sei seitdem ein ganzes Menschenalter vergangen. Varian war beim ersten echten Vorstoß in diesem jüngsten Krieg gegen die Legion gefallen, und die Verantwortung für seinen Tod lag angeblich nicht nur bei den monströsen, von Teufelsenergie erfüllten Kreaturen, die der Wirbelnde Nether ausgespien hatte, sondern auch bei seiner vermeintlichen Verbündeten, Sylvanas Windläufer, die ihn verraten hatte. Diese Version der Geschichte wurde jedoch durch die Schilderungen einer Person infrage gestellt, der Anduin vertraute; sie wollte wissen, dass Sylvanas keine andere Wahl gehabt hatte. Anduin war nicht sicher, was er glauben sollte. Der Gedanke an die gerissene, hinterhältige Anführerin der Horde machte ihn wütend, wie immer. Und wie immer rief er das Heilige Licht an, um Ruhe zu finden. Es brachte nichts, in seinem Herzen Hass gären zu lassen, nicht einmal, wenn dieser Hass auf einen Feind gerichtet war, der ihn derart verdiente. Stattdessen suchte Anduin Trost in dem Wissen, dass der legendäre Krieger im Kampf gestorben war, und dass sein Opfer vielen anderen das Leben gerettet hatte. Und im selben Sekundenbruchteil war Prinz Anduin Wrynn König geworden. Auf vielerlei Weise hatte Anduin sich sein ganzes Leben lang auf dieses Amt vorbereitet. Aber auf andere, sehr bedeutsame Weise war er nicht wirklich bereit dafür gewesen, wie er selbst nur zu gut wusste. Und vielleicht war er es noch immer nicht. Sein Vater war nicht nur in den Augen seines jugendlichen Sohnes überlebensgroß gewesen, sondern auch in denen seines Volkes – ja, und sogar in denen seiner Feinde. Man hatte Varian wegen seiner Wildheit in der Schlacht Lo’Gosh genannt, den „Geisterwolf“, aber er war weit mehr gewesen als nur ein mächtiger Krieger mit überragenden Kampffertigkeiten. Nein, er war auch ein außergewöhnlicher Anführer gewesen. In den ersten Wochen nach dem erschütternden Tod seines Vaters hatte Anduin sein Bestes getan, um der trauernden, fassungslosen Bevölkerung Trost zu spenden, während die Menschen unter diesem Verlust litten, aber er hatte sich dabei nie wirklich selbst Gelegenheit zur Trauer gegeben. Sie trauerten um den Wolf. Anduin hingegen trauerte um den Menschen. Und wenn er nachts wach lag und nicht schlafen konnte, fragte er sich, wie viele Dämonen letzten Endes wohl nötig gewesen waren, um König Varian Wrynn zu ermorden. Einmal hatte er Genn Graumähne von diesen Gedanken erzählt – dem König des gefallenen Reiches Gilneas, der es auf sich genommen hatte, den frischgebackenen Monarchen zu beraten. Der alte Mann hatte gelächelt, auch wenn seine Augen voller Trauer waren. „Alles, was ich Euch dazu sagen kann, Junge, ist dies: Bevor sie ihn überwältigten, rettete Euer Vater ein Luftschiff voller flüchtender Soldaten, indem er eigenhändig den größten Teufelshäscher erschlug, den ich je gesehen habe. Varian Wrynn hat der Legion sein Leben teuer verkauft, da bin ich ganz sicher.“ Anduin zweifelte nicht daran. Es war nicht genug, aber es musste reichen. Etliche Wachen hatten sich an diesem Tag in voller Rüstung eingefunden, um der Toten zu gedenken, aber Anduin hatte keine Rüstung angelegt; er war in ein weißes Seidenhemd, Handschuhe aus Lammleder, dunkelblaue Hosen und einen schweren, förmlichen Mantel mit goldenen Zierstreifen gewandet. Und seine einzige Waffe war ebenso ein Werkzeug des Friedens wie des Krieges: der Streitkolben Furchtbrecher, den er an seiner Seite trug. Als der ehemalige Zwergenkönig Magni Bronzebart dem jungen Prinzen die Waffe geschenkt hatte, hatte er erklärt, dass Furchtbrecher in manchen Händen Blut vergossen und in anderen Blutvergießen verhindert hatte. Anduin wollte mit möglichst vielen der Trauernden sprechen und ihnen danken. Er wünschte, er könnte ihnen allen Mut spenden, aber die kalte, harte Wahrheit war: Es ging nicht. Dennoch fand er Trost in der Überzeugung, dass das Licht auf jeden Einzelnen herabschien … sogar auf einen müden jungen König. Wissend, dass hinter den Wolken die Sonne wartete, hob er den Kopf und ließ die sanften Regentropfen wie eine Weihe auf sich niederfallen. Er erinnerte sich daran, dass es auch vor ein paar Jahren geregnet hatte, als bei einer ganz ähnlichen Zeremonie jene geehrt worden waren, die im Feldzug gegen den mächtigen Lichkönig das größte aller Opfer gebracht hatten. Zwei geliebte Personen, die sich damals unter den Anwesenden befunden hatten, waren heute nicht hier. Eine war natürlich sein Vater. Die andere war eine Frau, die Anduin liebevoll Tante Jaina genannt hatte: Lady Jaina Prachtmeer. Einst waren die Lady von Theramore und der Prinz von Sturmwind vereint gewesen in ihrem Wunsch nach Frieden zwischen der Allianz und der Horde. Als es noch ein Theramore gegeben hatte. Doch die Horde hatte Jainas Stadt auf die grauenhafteste Weise zerstört, die man sich nur vorstellen konnte, und die erschütterte Lady hatte den Schmerz jenes schrecklichen Augenblicks nie wirklich verwunden. Anduin hatte mitangesehen, wie sie es mehrmals versuchte, aber jedes Mal hatte weiteres Leid ihr geschundenes Herz von Neuem aufgerissen. Schließlich war es ihr absolut unerträglich geworden, mit der Horde zusammenzuarbeiten, selbst gegen einen so tödlichen Feind wie die dämonische Legion, und so hatte Jaina allen den Rücken gekehrt: den Kirin Tor, die sie angeführt hatte; dem blauen Drachen Kalecgos, den sie geliebt hatte; und Anduin, dem sie sein ganzes Leben lang ein Vorbild gewesen war. „Darf ich?“ Die Stimme war warm und gütig, ebenso wie die Frau, die die Frage stellte. Anduin lächelte auf die Hohepriesterin Laurena hinab. Sie wollte wissen, ob er ihren Segen wünschte. Er nickte, und als er den Kopf beugte, spürte er, wie die Anspannung aus seiner Brust wich und seine Seele sich beruhigte. Während sie zur Menge sprach, trat er respektvoll zur Seite und wartete darauf, dass er an die Reihe kam. Bei der Gedenkzeremonie für seinen Vater war er nicht in der Verfassung gewesen, eine Rede zu halten. Die Trauer war noch zu frisch, zu überwältigend gewesen. Im Laufe der Zeit hatte sich ihre Form in seinem Herzen gewandelt; sie war nach wie vor gewaltig, aber nicht mehr so unmittelbar, daher hatte er sich bereit erklärt, heute ein paar Worte zu sagen. Anduin trat neben die Gruft seines Vaters. Sie war leer; was die Legion Varian angetan hatte, hatte es unmöglich gemacht, seine sterblichen Überreste zu bergen. Anduin betrachtete das steinerne Antlitz auf der Gruft; ein würdiges Abbild, dessen Anblick ihm Trost spendete. Aber nicht einmal der beste Steinmetz konnte Varians Feuer einfangen – wie schnell er sich reizen ließ, wie leicht man ihn zum Lachen bringen konnte … diese ständige innere Bewegung. Auf gewisse Weise war Anduin froh, dass die Gruft leer war; in seinem Herzen würde er Varian stets lebendig und voller Energie sehen. Seine Gedanken kehrten zu dem Tag zurück, als er das erste Mal den Ort besucht hatte, an dem sein Vater gefallen war. Wo Shalamayne gelegen hatte – ein Geschenk der Lady Jaina an Anduins Vater –, schlummernd fernab der Finger Varians, in Erwartung eines anderen, auf dessen Berührung die Klinge reagieren würde. Die Berührung des Sohnes jenes großen Kriegers. Als er die Waffe in die Hand genommen hatte, hatte er beinahe Varians Gegenwart gespürt. In jenem Augenblick, da Anduin die Pflichten eines Königs wahrlich akzeptiert hatte, war das Licht in dem Schwert von Neuem erwacht – doch nicht das Orangerot des Kriegers, sondern das warme, goldene Glühen des Priesters. Und in diesem Moment hatten Anduins Wunden begonnen, zu...