E-Book, Deutsch, Band 379, 264 Seiten
Reihe: Historical Gold
Gracie Gefährliche Küsse für Lady Rose
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7515-1104-9
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 379, 264 Seiten
Reihe: Historical Gold
ISBN: 978-3-7515-1104-9
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Es sollte die Hochzeit der Saison werden! Doch gerade als Lady Rose Rutherford die Vernunftehe mit einem Duke eingehen will, stürmt ein muskulöser Fremder in die Kirche und behauptet, sie sei bereits verheiratet - mit ihm! Schockiert erkennt Rose ihre große Liebe Thomas Beresford. Angeblich starb der Marineoffizier vor vier Jahren kurz nach ihrer heimlichen Hochzeit. Was ist ihm zugestoßen? Ist er wirklich aus Liebe zu ihr zurückgekehrt - oder will er nur an ihr beträchtliches Vermögen gelangen? Obwohl Rose immer stärker spürt, dass ihr fast mittelloser Ehemann ein dunkles Geheimnis hat, kann sie seinen verlangenden Küssen nicht widerstehen ...
Schon als junges Mädchen begeisterte sich Anne Gracie für die Romane von Georgette Heyer - für sie die perfekte Mischung aus Geschichte, Romantik und Humor. Geschichte generell, aber auch die Geschichte ihrer eigenen Familie ist Inspirationsquelle für Anne, deren erster Roman für den RITA Award in der Kategorie beste Erstveröffentlichung nominiert war. Ihr Urgroßvater, ein Seemann, ging Ende des 19. Jahrhunderts in Australien an Land und blieb dann für immer weil er sich dort in ein Mädchen verliebt hatte, das er später heiratete. Anne selbst lebt in Melbourne in einem kleinen Holzhaus und widmet sich in ihrer Freizeit der Imkerei. Zudem unterrichtet sie an einem College Englisch um so ihre Liebe zur englischen Literatur weiterzugeben und in einem Programm zur Bekämpfung des Analphabetentums erteilt sie Erwachsenen Unterricht. Das Faszinierendste am Schreiben ist für Anne die Entstehung der Charaktere und die Entwicklung ihrer Leben. Oft wacht sie mitten in der Nacht auf und hat eine bestimmte Szene im Kopf, die dann häufig der Beginn des nächsten Romans ist.
Weitere Infos & Material
1. KAPITEL
Eheglück ist reiner Zufall.
Jane Austen, Stolz und Vorurteil
Lady Rose Rutherford war keine junge Dame, die zum Zaudern neigte. Hatte sie sich einmal entschieden, hielt sie gemeinhin an ihrem Entschluss fest. Es war, befand sie, höchste Zeit, in die Zukunft zu blicken.
Auch war sie im Allgemeinen nicht abergläubisch. Doch nachdem sie zwölf Heiratsanträge abgelehnt hatte, erschien ihr der dreizehnte … nun, der gab einem Mädchen zwangsläufig zu denken. Vor allem, da er von einem Duke kam.
Selbst wenn es sich um den beiläufigsten, leidenschaftslosesten Heiratsantrag handelte, den ein Mädchen erhalten konnte. „Oh, und übrigens, falls Sie diesem Firlefanz ein Ende bereiten wollen …“
Das wollte sie tatsächlich.
Dies nun war der Abend vor ihrer Hochzeit. Rose hatte ihn gemütlich zu Hause verbringen wollen, nur mit ihrer Schwester und ihrer Nichte – die im Grunde wie eine Schwester war. Sie hatten auf ihrem Zimmer essen und im Kamin Brot und Crumpets, kleine pfannkuchenartige Hefeküchlein, rösten wollen. Aber statt einer ruhigen, beschaulich trauten Feier unter Schwestern drohte das Ganze in einen Streit auszuarten.
„Es ist ein schickliches Arrangement“, sagte Rose.
„Nein, es ist ein Fehler“, beharrte ihre Schwester Lily.
„Mir ist schleierhaft, wie irgendwer den Wunsch verspüren kann, ihn zu heiraten“, warf Roses Nichte Lady Georgiana Rutherford ein. „Er ist ungehobelt, er ist arrogant, und er schert sich keinen Pfifferling um irgendwen. Wieso glaubst du, er könnte dich glücklich machen?“ Sie beäugte den leicht angebrannten Crumpet auf ihrer langen Röstgabel und entschied offenbar, dass er genießbar war, denn sie griff nach der Butterschale. Der riesige Wolfshund hinter ihr beobachtete sie traurig und gab eine überzeugende Vorstellung als Hund, der wochenlang nicht gefüttert worden ist, zum Besten.
Rose spießte Brot auf ihre Röstgabel. „Niemand kann einen anderen Menschen glücklich machen, George. Das Geheimnis des Glücks liegt in uns selbst und ist eine individuelle Angelegenheit.“ Wenn sie sich dies oft genug vor Augen hielt, glaubte sie es vielleicht irgendwann.
George schnaubte. „Mag sein, aber Menschen können andere Menschen unglücklich machen – und das wird er, davon bin ich überzeugt.“ Was die Ehe anbelangte, war und blieb sie zynisch. George war von jedem Mann in ihrem Leben hintergangen worden, bis ihr Onkel Cal, Roses Bruder, sie gefunden und in den Schoß der Familie geholt hatte – der Familie, von deren Existenz George nichts geahnt hatte.
Lily legte Rose eine Hand auf den Arm. „Bist du dir sicher, Rose? Noch ist es nicht zu spät, es sich anders zu überlegen.“
Roses Miene wurde weich. Ihre Schwester war ein Engel, aber Tatsache war, dass es an diesem Punkt kein Zurück mehr gab. „Nein, Lily, mein Schatz, ich werde keinen Rückzieher machen. Der Ehevertrag ist unterzeichnet, das Aufgebot ist verkündet, die Kirche ist reserviert, mein Kleid ist fertig, und die Gäste sind eingeladen. Ende der Diskussion.“
„Aber du kennst ihn kaum.“
„Und du hast Ned Galbraith kaum gekannt, als du ihn geheiratet hast, und sieh dir an, wie glücklich du bist – wobei ich nicht vorhabe, mich zu verlieben“, entgegnete sie. „Derlei Dinge überlasse ich dir, kleine Schwester.“
„Aber …“
„Die Sache ist die: Irgendwen muss ich heiraten, und der Duke ist eine mehr als passable Partie – die Leute reden von der Partie des Jahres.“ Sie musste heiraten und die Warterei, die endlose, vergebliche Warterei, hinter sich lassen. Anfangen zu leben, anstatt zu … träumen.
„Weshalb musst du überhaupt heiraten? In fünf Jahren kannst du uneingeschränkt über dein Vermögen verfügen und tun, was du willst.“ So sah Georges Plan aus, wie sie alle wussten.
„Sie wünscht sich Kinder“, rief Lily ihr ins Gedächtnis. Sie bestrich ihr geröstetes Brot mit Erdbeermarmelade, schnitt es sorgsam in vier Dreiecke und versah ein jedes davon mit einem Klecks Sahne.
Rose nickte. „Das stimmt, doch es geht um mehr. Fünf weitere Jahre warten, George? Das würde mich um den Verstand bringen. Ich ertrage dieses Dasein nicht länger, in dem nie etwas Interessantes passiert und alles, was ich tue, protokolliert und verfolgt und beurteilt wird. Als junge, ledige Dame bin ich, oh …“, sie warf die Arme hoch, „… ’beengt, beschnitten, eingepfercht’. Als fesche junge Matrone hingegen werde ich meine eigene Herrin sein.“
George schüttelte den Kopf und tat so, als würde sie etwas mit dem Daumen zerquetschen. Unter der Fuchtel.
„Ja, aber warum der Duke, Rose?“, bohrte Lily nach. „Du liebst ihn nicht, und er liebt dich nicht. Ich weiß, dass du zwanzig geworden bist, doch du hast immer noch jede Menge Zeit, den richtigen Mann zu finden und dich zu verlieb …“
„Nur will ich mich gar nicht verlieben, Lily, mein Schatz“, fiel Rose ihr behutsam ins Wort. „Weder er noch ich haben ein Interesse an einer solchen Ehe.“ Aus ebendiesem Grund hatte sie seinen Antrag angenommen.
„Ersparen Sie mir Gefühlsausbrüche“, so hatte er es formuliert. Und war das nicht beruhigend, nachdem ihr all die anderen Anwärter ewige Liebe und Hingabe geschworen – und dasselbe von ihr erwartet – hatten? Das zumindest hatten sie gesagt.
Wie furchtbar es wäre, einen Mann, der sie liebte, in dem Wissen zu ehelichen, dass sie seine Gefühle beim besten Willen nicht würde erwidern können. Sie war nie eine gute Lügnerin gewesen. Vermutlich hätte sie einem solchen Mann letztlich wehgetan, und sie wollte niemandem wehtun.
Der Duke indes hatte deutlich gemacht – ja, immer wieder betont –, dass er sie nicht liebe und auch keine Liebe erwarte, ganz im Gegenteil. Was er wolle, so hatte er ihr beschieden, sei ein zivilisiertes, nüchternes, vernünftiges Arrangement. Und Kinder. Insbesondere einen Erben.
Rose war zu dem Schluss gelangt, dass sie damit leben konnte, und hatte daher akzeptiert.
Sollte der Rest der Welt sie ruhig für berechnend, kaltblütig und ehrgeizig halten. Sie wusste, wer sie war. Eine Ehe wurde zwischen zwei Menschen geschlossen, und wenn sie und der Duke sich mit einem lauwarmen bodenständigen Abkommen zufriedengaben – ein solches gar bevorzugten –, ging das niemanden etwas an.
„Aber du weißt ja nicht, was dir entgeht“, begann Lily. „Liebe ist …“
„Nichts für mich“, unterbrach Rose sie entschieden. Sie wusste genau, was ihr entging. Und war dankbar dafür.
„Aber du hast dich noch nie verliebt, also woher willst du …?“
„Hör auf, Lily“, fiel George ihr ins Wort. „Wenn sie sich nicht verlieben möchte, dann möchte sie es nicht. Mir setzt du auch nicht immerfort mit der Liebe zu. Wieso bedrängst du Rose damit?“
„Ich bedränge sie nicht“, wandte Lily empört ein. „Außerdem seid ihr zwei grundverschieden.“
„Ich weiß – du würdest mich nicht dabei erwischen, dass ich mein Vermögen und meine Zukunft einem Mann übereigne, den ich weder kenne noch mag. Oder überhaupt einem Mann.“
„Im Gegenteil, ich werde nahezu unabhängig sein. Cal hat den Ehevertrag aufgesetzt, und die Vereinbarung ist sehr großzügig. Und Tante Agatha ist außer sich vor Freude.“
George schnaubte. „Spricht das etwa dafür? Tante Agatha würde dich kalt lächelnd mit einem … einem Kannibalen verheiraten, wenn dieser nur reich und adelig wäre.“
Rose lachte unwillkürlich. Das traf mehr oder weniger ins Schwarze. „Unsinn. Ein Kannibale würde niemals Tante Agathas hochtrabenden Ansprüchen an sein Benehmen gerecht werden. Allein schon seine Tischmanieren würde sie bemängeln.“
„Solange er nur einen Titel und eine fette Geldbörse besäße, würde sie ihm seine absonderlichen Essgewohnheiten nachsehen“, bemerkte George düster.
„Ich bedränge Rose nicht“, wiederholte Lily. „Als Schulmädchen haben sie und ich davon geträumt, uns zu verlieben – wir haben ständig darüber geredet, weißt du noch, Rose?“
Das war typisch für ihre kleine Schwester. Lily mochte keine Bücher lesen können, doch sie war in der Lage, Menschen zu lesen, vor allem Rose.
Aber Lily wusste nicht alles.
„Ja, tja, das ist lange her. Seitdem hat sich vieles geändert. Ich bin nicht sanftmütig und liebreizend wie du. Mir liegt nichts an Herzchen und Blümchen. Ich möchte schlicht heiraten und endlich leben.“
„Er wird dir nicht treu sein, weißt du“, sagte George in die Stille hinein.
Rose wischte sich Krümel von den Fingern.
„Ist dir das egal?“, fragte Lily fassungslos.
„Das ist der Preis der Freiheit.“
„Freiheit?“, echote George. „Unter der Knute eines Mannes zu stehen?“
„Ich werde nicht unter seiner Knute stehen“, entgegnete Rose. „Wir haben eine Übereinkunft. Ich werde ihm einen Erben schenken, und er wird mir die Freiheit zugestehen zu tun, was ich will, solange ich diskret vorgehe.“ Wobei sie keineswegs die Absicht hatte, ihr Ehegelübde zu brechen. Sie nahm dieses Gelübde ernst.
„Das ist schrecklich“, meinte Lily entsetzt. „Ich kann nicht glauben, dass du so … so zynisch bist, Rose.“
„Kaltblütig“, fügte George hinzu.
„Pragmatisch“, berichtigte...




