Green / Gülzow / Jepsen | Kirche in der werdenden Grossstadt | Buch | 978-3-88309-051-1 | sack.de

Buch, Deutsch, 287 Seiten, PB, Format (B × H): 150 mm x 225 mm

Reihe: Arbeiten zur Kirchengeschichte Hamburgs

Green / Gülzow / Jepsen

Kirche in der werdenden Grossstadt

Landeskirche und Stadtmission in Hamburg zwischen 1848 und 1914
Erscheinungsjahr 1994
ISBN: 978-3-88309-051-1
Verlag: Traugott Bautz

Landeskirche und Stadtmission in Hamburg zwischen 1848 und 1914

Buch, Deutsch, 287 Seiten, PB, Format (B × H): 150 mm x 225 mm

Reihe: Arbeiten zur Kirchengeschichte Hamburgs

ISBN: 978-3-88309-051-1
Verlag: Traugott Bautz


Die vorliegende Arbeit befaßt sich zunächst mit ausgewählten Auswirkungen der Urbanisierung zwischen 1848 und 1914 auf die evangelisch-lutherische Landeskirche. Daran anknüpfend geht es um die Frage, wie die Kirche auf diese Herausforderungen reagiert und sich langfristig auf die Großstadt als Kontext für kirchliches Handeln eingestellt hat. Dabei stehen weniger die Bearbeitung der vielfältigen theologischen Anfragen dieser Zeit, sondern vielmehr die strukturellen Reaktionen der Kirche im Vordergrund. Wie hat sich die Landeskirche der Tatsache einer mehr verordneten als erwünschten rechtlichen und finanziellen Trennung vom Staat gestellt? Wie ist sie mit der Tatsache der an Anzahl und Umfang nahezu explosionsartig anwachsenden Parochien umgegangen? Welche konzeptionellen Antworten fand sie auf die religiöse Pluralisierung der Stadtbevölkerung und deren Ausdifferenzierung in eine Vielzahl sozialer Lebenslagen? Welche institutionelle Gestalt hat sich die Kirche zur Wahrnehmung ihres Verkündigungsauftrages unter den veränderten Bedingungen der modernen Großstadt gegeben?
Wichtige Impulse zu einer notwendigen Strukturreform hat die Landeskirche nicht nur aus sich selbst heraus, sondern auch von anderen Gruppierungen aufgenommen und weiterentwickelt. Deshalb zielt eine weitere Blickrichtung dieser Untersuchung auf den 1848 gegründeten Hamburger Verein für Innere Mission und auf die Stadtmission als dessen dominierenden Schwerpunkt. An dieser Initiative soll exemplarisch untersucht werden, welche wegweisenden Impulse für die kirchliche Strukturreform angesichts der modernen Urbanisierung aus dem Bereich der institutionell unabhängigen Vereine der Inneren Mission hervorgegangen sind. Allerdings bedarf es zum besseren Verständnis der Stadtmission, ihrer Herkunft und Thematik eines kleinen thematischen Umweges zu Johann Hinrich Wichern, der dominierenden Gründergestalt sowohl der Inneren Mission in Deutschland als auch des Hamburger Regionalvereins für Innere Mission. Der theologische und gesellschaftspolitische Ort der Hamburger Stadtmission und deren Einbettung in die Gesamtstruktur der Inneren Mission wird anhand einiger Schriften Wicherns skizziert. Wichern kommt das Verdienst zu, im kirchlichen Raum als einer der ersten die historisch vollkommen neue Dimension der modernen Großstädte entdeckt und sie auf die Tagesordnung der Kirchen gesetzt zu haben. In einer Phase abnehmender traditioneller Kirchlichkeit und eines kirchlichen Bedeutungsverlustes in der städtischen Öffentlichkeit entdeckten Wichern und die Innere Mission vor ihrem theologischen Hintergrund der Erweckungsbewegung wieder den Einzelnen und den Laien in seiner Bedeutung für die christliche Gemeinde. Hierin nahm die Innere Mission einen Trend der zeitgenössischen politischen Entwicklung auf, wie er sich bspw. in der Frankfurter Paulskirchenversammlung artikuliert hatte und auf größere politische Partizipation des Individuums drängte. Auch den Verein als typische Sozialform beginnender bürgerlicher Öffentlichkeit hatte die Innere Mission mit den Forderungen der Revolution von 1848 gemeinsam. Andererseits jedoch verkehrte Wichern mit seiner organologischen und ordnungstheologischen Orientierung den ursprünglich emanzipatorischen Impetus des Vereinsgedankens in sein direktes Gegenteil, indem er ihn als Instrument zur Restitution einer hierarchischen, obrigkeitlichen Gesellschaftsordnung zu nutzen suchte. In dieser Spannung zwischen struktureller Modernität und politisch-theologischem Konservativismus entfalteten die Innere Mission und die Hamburger Stadtmission ihre Arbeit.

Nach Darstellung der lokalhistorischen Wurzeln des christlichen Vereinswesens in Hamburg und der Struktur und Arbeitsweise der Hamburger Stadtmission werden konkrete innovative Impulse für die Landeskirche untersucht. Festzuhalten ist dabei, daß die Anregungen nicht nur aus der Stadtmission in Richtung auf die Landeskirche verliefen, sondern daß umgekehrt auch die Landeskirche spezifische Voraussetzungen für die großstädtische Arbeit mitbrachte, die der Stadtmission selbst fehlten und die ihr schließlich auch zugute kamen. Denn die Stadtmission fand zwar hervorragende Entfaltungsbedingungen im Milieu der explosionsartigen Stadterweiterungsphase bis 1914, aber langfristig hatte sie in ihrer Unabhängigkeit keinen Bestand, sondern mußte in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts nahezu vollständig mit der Landeskirche fusionieren. Neben den im Horizont der Weltwirtschaftskrise liegenden ökonomischen Gründen ist in einem abschließenden und auswertenden Kapitel auch nach Gründen innerhalb von Selbstverständnis und Theologie der Stadtmission für diese rapide institutionelle Schrumpfung zu fragen.

Insgesamt will diese Arbeit am Beispiel Hamburgs Einblick geben in die Herausforderung, die die Urbanisierung für die kirchliche Strukturbildung darstellt. Speziell geht es dabei um wegweisende Impulse aus der Arbeit der Hamburger Stadtmission für kirchliches Handeln in einer weltanschaulich, kulturell und religiös sich öffnenden und fortlaufend sich ausdifferenzierenden Stadtgesellschaft.

Stader Jahrbuch Band 85, 1995, Seite 254-255
Jahrbuch der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte, Hannover 93/1995, S. 337-338

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Weitere Infos & Material


Inhaltsverzeichnung

1. Stadtentwicklung Hamburgs zwischen 1848 und 1914
1.1. Die Begriffe ,Stadt' und ,Verstädterung'
1.2. Stadtentwicklung Hamburgs bis 1871
1.2.1. Politische und wirtschaftliche Verhältnisse
1.2.2. Quantitatives Stadtwachstum
1.2.3. Innere Verstädterung
1.3. Stadtentwicklung Hamburgs 1871-1914
1.3.1. Politische und wirtschaftliche Verhältnisse
1.3.2. Quantitatives Stadtwachstum
1.3.3. Innere Verstädterung
2. Die Ev.-Luth. Landeskirche in der Urbanisierung
2.1. Die Entfiechtung von Staat und Kirche
2.2. Kultusgemeinde und Pastorenbild
2.3. Urbanisierung und Landeskirche - statistische Einblicke
2.3.1. Vorbemerkungen
2.3.2. Gemeindegliederzahlen
2.3.3. Amtshandlungen und pastorale Versorgung
2.3.4. Kirchlichkeit
2.4. Strategien der Landeskirche in der Urbanisierung
2.4.1. Regionale Reorganisation und institutionelle Zentralisierung
2.4.2. Finanzen
2.4.3. Parochialstruktur und Parochialzwang
2.4.4. Gemeindegründungen und Kirchbauten
3. J. H. Wichern und sein Programm der Inneren Mission
3.1. Biographisches zu J. H. Wichern
3.2. Zur Theologie J. H. Wicherns
3.2.1. Das Geschichtsverständnis
3.2.2. Die Organismen von Familie, Staat und Kirche
3.3. Die Innere Mission als Antwort auf die ,soziale Frage'
3.4. Die Innere Mission
3.4.1. Innere Mission und Kirche
3.4.2. Institutionelle Struktur
3.4.2.1. Mitgliedschaft
3.4.2.2. Freier Verein
3.4.2.3. Gemeindeverein
3.4.2.4. Konföderierter Verein
3.4.2.5. Centralausschuß
3.5. Kirchenkritik und Kirchenreform
3.6. Zwischenbilanz: Innere Mission und gesellschaftliche Pluralisierung
Exkurs: Stadtwahrnehmung und Stadtkritik bei Wichern
4. Der Hamburger Verein für Innere Mission
4.1. Vereinswesen und innere Mission in Hamburg vor 1848
4.2. Das Vorbild der ,London City Mission'
4.3. Gründung und Mitgliedschaft des Hamburger Vereins für Innere Mission
4.4. Vereinsform und Partizipation
4.5. Von der thematischen zur regionalen Struktur
4.6. Institutionalisierung und Professionalisierung
4.7. Initiativen des Vereins für Innere Mission und die Stadtmission als dessen Schwerpunkt
5. Die Stadtmission 157
5.1. Institutionelle Ausdehnung
5.1.1. Distrikte und Personal
5.1.2. Distrikt und Parochle
5.1.3. Finanzen
5.1.4. Vereinshäuser
5.2. Die Stadtmissionare
5.2.1. Herkunft und Frömmigkeit
5.2.2. Ausbildung
5.2.3. Persönliche Situation
5.2.4. Arbeitsfelder
5.2.5. Das Verhältnis von Mission, Bildung, Diakonie
6. Landeskirche und Stadtmission
6.1. Das theologisch-konfessionelle Verhältnis
6.1.1. Der Fall Craig, 1849
6.1.2. C.W. Gleiß und die Auswanderergottesdienste, 1871
6.1.3. Gemeinschaftsbewegung und Evangelisation
6.1.4. Die Spannungen zwischen ,Positiven und Liberalen"
6.2. Strukturelle Impulse und Fusionen
6.2.1. Neue Konzepte kirchlicher Gemeindearbeit
6.2.1.1. Vom Stadtmissionar zum Gemeindehelfer
6.2.1.2. Vom Vereinshaus zum Gemeindehaus
6.2.1.3. Entwicklungen des pastoralen Berufsbildes
7. Zum Abschluß: die Ambivalenz der Stadtrnission
Anhang
1. Vorläufige Nachricht über den Verein für innere Mission in Hamburg, 1849
2. Institutionelle Ausdehnung der Hamburger Stadtmission
3. Ein Tag mit einem Stadtmissionar
4. Instruktionen für die Stadtmissionare
5. Richtlinien für Gemeindehelfer
6. Abkürzungen
7. Archivquellen
7.1. Quellen im Kirchenarchiv Hamburg der Nordelbischen Ev.-luth. Kirche
7.2. Quellen im Archiv des Diakonischen Werkes der EKD e.V., Berliner Stelle
7.3. Quellen im Staatsarchiv der Freien und Hansestadt Hamburg
8. Literaturverzeichnis



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