Buch, Deutsch, Band 3, 91 Seiten, GB, Format (B × H): 145 mm x 230 mm, Gewicht: 231 g
Geschichten aus einem anderen Land
Buch, Deutsch, Band 3, 91 Seiten, GB, Format (B × H): 145 mm x 230 mm, Gewicht: 231 g
Reihe: Siebenbürgische Kinder- und Jugendbücher
ISBN: 978-3-941271-53-1
Verlag: Schiller Verlag
Der Großvater ist ein erfahrener und listiger Kämpfer gegen die Widrigkeiten des Alltags, in dem wenig wirklich funktioniert, ein Überlebenskünstler. Dennoch erlebt er einmal einen ganzen Sommer lang nur Niederlagen. Dabei ist sein Plan nicht schlecht: Zehn junge Hähne will er großziehen, weil es im staatlichen Lebensmittelhandel nichts vergleichbar Leckeres zu kaufen gibt. Er hat nur eines nicht bedacht: dass er von vielen anderen Überlebenskünstlern umgeben ist. Und auch denen steht der Sinn nach gebratenem Geflügel.
Zielgruppe
Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene, die sich für das Leben der Siebenbürger Sachsen im kommunistischen Rumänien vor 1989 interessieren
Weitere Infos & Material
Vor zehn Jahren kam ich mit einem Koffer voll Kleider und Wäsche aus Rumänien nach Deutschland. Ich ahnte nicht, wie viel unsichtbares Gepäck ich außerdem mitschleppte, wie viele Erinnerungen und Geschichten.
Diese Geschichten erzähle ich seitdem den Menschen hier, weil ich weiß, wie wenig sie vom Leben in den Ländern wissen, die man bis vor einigen Jahren die 'Ostblockländer' nannte. Übrigens wusste auch ich, als ich noch in Rumänien lebte, wenig vom Leben hier.
Wir müssen uns Geschichten erzählen, damit wir mehr voneinander erfahren.
Die Hauptpersonen dieses Buches sind Rumäniendeutsche, Menschen deutscher Sprache und Abstammung, die rumänische Staatsbürger sind. Vor 850 Jahren sind ihre Vorfahren als Siedler nach Siebenbürgen gekommen. Sie rodeten Wälder, legten Felder an und gründeten Dörfer und Städte. In ihren Siedlungen waren sie eine Mehrheit, in Rumänien insgesamt eine Minderheit. Nach dem Zweiten Weltkrieg begannen sie auszuwandern. Sie kamen und kommen immer noch nach Deutschland, wo man sie 'Aussiedler' nennt. Ich selber bin eine solche Aussiedlerin.
Der Großvater, von dem ich erzähle, will diesen Weg nicht gehen; er fühlt sich dafür schon zu alt. Also versucht er sich zu arrangieren: mit dem Leben in einem Land, das von einem größenwahnsinnigen Diktator regiert wird und in dem eine allgegenwärtige Polizei die Menschen drangsaliert, in dem es an vielem fehlt und nichts wirklich funktioniert, außer vielleicht, es geht um das persönliche Wohl des Diktators.
Dieser Großvater ist kein Widerstandskämpfer, aber er macht sich mit den Unterdrückern auch nicht gemein – und hofft im Stillen, es möge alles anders und besser werden. Wie er haben viele Menschen während der Diktatur in Rumänien gelebt. Seine Kinder und Enkel werden so schon nicht mehr leben wollen. Sie werden nach Deutschland auswandern und eines Tages spüren:
Sie haben ihr Land verlassen, aber das Land verlässt sie nicht. Es wird ihnen vielleicht wie mir ergehen.
Karin Gündisch, im Jahre 1994




