Guillou | Der Kreuzritter - Das Erbe | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 4, 592 Seiten

Reihe: Der Kreuzritter

Guillou Der Kreuzritter - Das Erbe

Roman
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-641-04652-1
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, Band 4, 592 Seiten

Reihe: Der Kreuzritter

ISBN: 978-3-641-04652-1
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der Abschluss der sagenhaften Kreuzrittersaga

In der siegreichen Schlacht gegen die Dänen bei Gestilren verlor Arn Magnusson sein Leben, doch sein Enkel Birger führt dessen Erbe fort und steigt zu einem der mächtigsten Männer des Landes auf. Jan Guillou schickt seinen Helden auf eine Reise durch das finstere Mittelalter, an dessen Ende die Gründung Schwedens steht.

Jan Guillou wurde 1944 im schwedischen Södertälje geboren und ist einer der prominentesten Autoren seines Landes. Seine preisgekrönten Kriminalromane um den Helden Coq Rouge erreichten Millionenauflagen. Auch mit seiner historischen Romansaga um den Kreuzritter Arn gelang ihm ein Millionenseller, die Verfilmungen zählen in Schweden zu den erfolgreichsten aller Zeiten. Heute lebt Jan Guillou in Stockholm.
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Der Anfang vom Ende
DER TOD FUNKELTE IN DER ABENDSONNE auf der anderen Seite des Säveån. So sah es Bischof Kol, ebenso deutlich wie in einem seiner vielen, von Gottes Geist eingegebenen Träume, als er keuchend die wacklige Holzleiter zum höchsten Wehrgang hinaufkletterte. Auf der anderen Seite des Flusses stand der Feind in großer Zahl, lärmte mit den Waffen und schrie fürchterliche Gotteslästerungen.
Der Jarl hatte dieser Darbietung des Feindes jedoch verächtlich den Rücken zugekehrt und beugte sich nachdenklich über eine Kiste mit Sand, die er immer im Feld mitführte. Neben ihm standen seine Getreuen Sture Bengtsson und Knut Torgilsson. Im Sand vor ihnen war ein Gewirr aus Linien und Tannenzapfen, auf das sich kein Gottesmann einen Reim machen konnte. Überall um sie herum waren Axthiebe und Hammerschläge zu hören. Bis ins Letzte wurden die Verteidigungsanlagen vor dem nächsten Tag verbessert.
Der Jarl ließ sich von der Ankunft seines Bischofs nicht stören, aber sah zumindest einen Augenblick hoch, nickte, weder freundlich noch unfreundlich, und deutete auf die königlichen Köche aus Näs, die gerade damit beschäftigt waren, das Abendessen aufzutischen. Bischof Kol setzte sich an den Tisch nahe der Palisadenbrüstung, um einen guten Ausblick über den Fluss und die zerstörte Brücke von Hervad zu haben.
Er konnte nicht umhin, erneut auf die lärmenden Feinde auf der anderen Seite zu schauen. Obwohl er Geistlicher und kein Soldat war, glaubte er, genug über den Krieg gelesen zu haben, um erkennen zu können, dass sich der Feind in Reichweite der Bogen befand. Unten im Heerlager hinter den Außenwällen am Fluss standen mehr als tausend Bogenschützen, die unter Androhung der Köpfung strengstens ermahnt worden waren, sich nicht so nahe an die Wälle zu begeben, dass sie der Feind sehen konnte. Wenn sich nun alle dort unten im Lager in Stellung begäben, ohne vom Gegner gesehen zu werden, und jeder einen oder zwei Pfeile abfeuerte, so würde der Gegner große Verluste erleiden. Wenn so viele Pfeile gleichzeitig abgeschossen wurden, verdunkelte sich der Himmel.
Aber der Jarl schien keinen Gedanken an einen Überraschungsangriff zu verschwenden, und es wäre für einen Bischof unklug gewesen, sich in diesen Dingen einzumischen. Der Jarl war kein Anfänger im Kriegsgeschäft. Seit er den Oberbefehl über alle Truppen des Reichs innehatte, war keine einzige Schlacht verloren worden.
Trotzdem waren die Aussichten dieses Mal düster, das verstand selbst ein Bischof. Der Jarl verfügte unbegreiflicherweise über keinerlei Reiterei, die sonst seine stärkste Waffe und die der Folkunger darstellte. Jetzt standen stattdessen Reiterschwadronen auf der anderen Seite und paradierten in der letzten untergehenden Sonne, um zu zeigen, wie viele und wie unüberwindbar sie dadurch waren. Nach den Farben ihrer Wappen zu urteilen, waren recht viele von ihnen Folkunger, die besten berittenen Krieger im Norden. Der Jarl würde entweder in der Morgendämmerung von den seinen besiegt werden oder er würde über seine eigenen Leute siegen, was mindestens genauso schlimm war. Ein Krieg zwischen Verwandten war der schlimmste aller Kriege.
Jetzt schienen der Jarl und seine beiden Getreuen fertig zu sein. Sie nickten grimmig, hoben die Fäuste und schlugen sie leicht aneinander. Der Jarl machte einen Scherz, und die beiden anderen lachten kurz. Dann begaben sie sich zur Tafel, ohne die Spiele des Feindes auf der anderen Seite des Flusses auch nur eines Blickes zu würdigen.
»Also, mein guter Bischof!«, sagte der Jarl und rieb sich die Hände, als müsse er sie wärmen, während er mit den anderen beiden Platz nahm. »Ihr habt die Vesper gehalten, versteht sich? Und Ihr habt doch wohl auch fleißig für unseren morgigen Sieg gebetet!«
»Ja, ich habe gebetet«, erwiderte der Bischof leise. »Ich habe für ein Wunder gebetet, denn mir scheint, weder mehr noch weniger ist für einen Sieg morgen erforderlich.«
»Ach?«, sagte der Jarl mit einem ebenso plötzlichen wie überraschenden Funkeln in seinem sonst so strengen Blick. »Ihr meint also, wir hier oben auf der Anhöhe seien nicht wehrhaft genug? Ihr habt die vielen Reiter dort drüben gesehen und findet es übel, dass sie nicht auf unserer Seite kämpfen? Ihr denkt, der Fluss sei seicht und die teuflischen Söldner könnten rasch herüberwaten?«
Der Jarl blinzelte Sture Bengtsson und Knut Torgilsson zu, und diese lächelten beide voller Zuversicht. Der verlegene Bischof wusste nicht recht, was er antworten sollte. Schließlich hatte der Jarl ihre Lage wohl zutreffend beschrieben. Derart mächtige Truppen wie jene auf der gegenüberliegenden Seite konnten diesen seichten Fluss wirklich rasch durchwaten.
»Ich finde, Ihr solltet einen guten Teil der Nacht in stillem Gebet verbringen, Birger. Das wisst Ihr sehr wohl«, antwortete er vorsichtig.
»Und Ihr wisst, was ich von solchen Dingen halte!«, entgegnete der Jarl barsch. »Haben nicht etwa jene dort drüben auch ihre Gottesleute dabei? Haben nicht etwa Knut Magnusson, der sich dreist König nennt, Knut Folkesson, der sich ebenso dreist Jarl nennt, Filip Larsson und sein Halbbruder Filip Knutsson, diese Schlange, und die anderen Aufständischen mindestens einen Bischof in ihrem Gefolge? Und beten die Gottesleute dort drüben nicht auch ihrer Gewohnheit gemäß die halbe Nacht für den Sieg? Und gegen diese soll ich Euch aufstellen, als wäre das Gebet zu Gott ein Zweikampf! Ich dächte, der Herr würde sich in diesem Falle voller Abscheu von uns abwenden. Nun, all das wisst Ihr ja, Bischof.«
»Ihr schlagt nach Eurem Großvater Arn«, sagte der Bischof leise, brach ein Stück Brot und sprach das Tischgebet. Am Tisch wurde es ganz still, und die drei anderen senkten zumindest des Scheines halber einen Moment lang die Köpfe wie zum Gebet.
»Ja, das stimmt«, erwiderte der Jarl, als mit dem Essen begonnen werden durfte. »Und wagt nicht zu behaupten, Arn Magnusson sei etwas anderes gewesen als ein Krieger Gottes und überdies ein Heiliger. Und gerade er fand es vermessen, vor einer Schlacht für den Sieg zu beten. Wisst Ihr, worum er in solchen Stunden bat? Dass er selbst nicht vermessen handle, dass er, wenn er sein Schwert zöge – eben jenes Schwert, das ich nun trage -, nicht daran denken möge, wen er töten, sondern wen er verschonen solle! Darüber sollte man einmal nachdenken. Und doch war er viel mehr ein Heiliger als dieser Erik Jedvardsson.«
»Dies ist vielleicht nicht die günstigste Stunde für Gotteslästerung«, antwortete der Bischof ausweichend.
»Gotteslästerung!«, schnaubte der Jarl. »Gotteslästerung, nur weil ich unumwunden meine Zweifel daran ausspreche, dass Erik Jedvardsson, der Heilige Sankt Erik, meiner Treu, ein sonderlich heiliger Mann gewesen sein soll. Er wurde einen Kopf kürzer gemacht, weil er sich überraschen ließ, und er starb so rasch, weil er zu betrunken war, um sich zu verteidigen. Übrigens hat sich keiner der drei letzten Päpste dazu überreden lassen, diesen Trunkenbold heiligzusprechen. Wenn ich also lästere, so habe ich doch drei Päpste auf meiner Seite und befinde mich in guter Gesellschaft.«
»Ich verstehe nicht, dass Ihr Euch an einem Abend wie diesem, der Euer letzter hier auf Erden sein kann, solchen Übermutes erdreisten könnt«, antwortete der Bischof wütend.
»Das wäre nicht das Schlimmste«, antwortete der Jarl leise und plötzlich nachdenklich. »Für die meisten hier im Lager kann dies tatsächlich die letzte Nacht bedeuten. In einem Krieg kann man nie wissen, wie es kommt. Selbst bei gründlichster Planung kann sich etwas Unvorhergesehenes ereignen. So ist es nun einmal. Aber ich fürchte nicht den Tod, falls Ihr das glauben solltet. Schlimmer wäre eine Niederlage. Denn sollten wir unterliegen, so wären die meisten von uns morgen zur Mittagsstunde tot. Aber nicht Ihr und im schlimmsten Falle auch nicht ich. Ihr behaltet Euer Leben, weil Ihr Bischof seid, und ich, weil ich als Gefangener gefesselt zu Pferde nach Norden gebracht und gegen die Königskrone meines Sohnes Valdemar getauscht werden soll. Das wäre schlimmer als der Tod.«
Der Jarl nahm ein Stück Fleisch und führte es wütend zum Mund. Alle vier saßen für eine Weile schweigend da und aßen, während sich die Dunkelheit auf sie herabsenkte. Einige königliche Pagen aus Näs trugen Teerlichter herbei und stellten sie in Eisenhaltern um sie herum auf. Sie nahmen ihre Umhänge hervor und hüllten sich darin ein. Es war die Zeit nach dem Michaelistag. Der Herbst war ungewöhnlich kalt, und es hatte bereits einige Frostnächte gegeben.
Es war ein kurzes Mahl, da sowohl Knut Torgilsson, der die Verteidigung der östlichen Wälle befehligte, als auch Sture Bengtsson, der die westlichen Stellungen halten sollte, eine lange Nacht mit viel Arbeit vor sich hatten. Sie empfahlen sich höfisch, und Bischof Kol segnete beide, bevor sie sich mit großen Schritten in verschiedene Richtungen begaben.
Nachdenklich und schweigend saß der Jarl da und strich mit dem Finger über den Bierkrug.
»Es sind beides gute Männer«, sagte er nach einer Weile. »Ihre Väter waren von Kindheit an, seit unserer Lehrzeit auf Forsvik, meine Freunde. Und im Gegensatz zu manch anderen Freunden haben mir sowohl sie als auch ihre Väter stets die Treue gehalten. Sture und Knut waren während der ganzen Zeit in Tavastland bei mir. Viele unserer Siege sind ihnen zu verdanken.«
»Wenn Ihr Euch von manch einem Freund im Stich gelassen fühlt, so habt Ihr umso größeren Anlass, Euer Vertrauen in Gott zu setzen«, sprach der Bischof mit einer Miene, als habe er soeben etwas sehr Weises gesagt. Der Jarl schien...


Guillou, Jan
Jan Guillou wurde 1944 im schwedischen Södertälje geboren und ist einer der prominentesten Autoren seines Landes. Seine preisgekrönten Kriminalromane um den Helden Coq Rouge erreichten Millionenauflagen. Auch mit seiner historischen Romansaga um den Kreuzritter Arn gelang ihm ein Millionenseller, die Verfilmungen zählen in Schweden zu den erfolgreichsten aller Zeiten. Heute lebt Jan Guillou in Stockholm.

Krüger, Knut
Knut Krüger, geboren 1966, arbeitete nach seinem Germanistik-Studium im Buchhandel und Verlagswesen. Er ist heute freier Autor, Lektor und Übersetzer für englische und skandinavische Literatur. Lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in München.



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