E-Book, Deutsch, Band 168, 64 Seiten
Reihe: Mythor
Haensel Mythor 168: Eine Stätte des Lichts
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8453-9920-1
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 168, 64 Seiten
Reihe: Mythor
ISBN: 978-3-8453-9920-1
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Als Mythor in der durch ALLUMEDDON veränderten Welt zu sich kommt, ist er sich seines Auftrags nicht bewusst, denn man hat ihn seiner Erinnerungen beraubt. Erst bei der Begegnung in der Drachengruft wird Mythor dieses klar, und schließlich sorgt das Duell mit Mythors anderem Ich dafür, dass unser Held in seiner Ganzheit wieder ersteht. Damit beginnt Mythor in bekannter Manier zu handeln. Inseln des Lichts zu gründen und die Welt vor einer erneuten Invasion durch die Horden Xatans zu schützen ist sein erklärtes Ziel. Und sein kluges Vorgehen führt denn auch zu einem Zusammenschluss der Clans des Drachenlands und zu einem Sieg über die Invasionsstreitkräfte Xatans. Kurz darauf macht sich Mythor auf die Suche nach Coerl O'Marn, dem alten Freund und Mitkämpfer. Er folgt dabei der Spur der Albträume, erreicht eine fremde Welt, verlässt diese Welt wieder nach vielen gefährlichen Episoden - und wird schließlich ein Opfer des Traumparasiten. Amazonen von Vanga, die Gorgan erkunden, retten unseren Helden und geben ihm die Gelegenheit, das Land Ameristan zu erreichen. Auch wenn diese Mission in einem Debakel endet, so ist die Lage für Mythor und seine Gefährten nicht ganz hoffnungslos - denn in Ameristan gibt es EINE STÄTTE DES LICHTS ...
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1.
Kraftvoll stieß Ruethan von der Roten See den Beidhänder von oben herab. Mythor schrie auf. Die verzweifelte Anstrengung, unter dem gestürzten Lamor hervorzukommen, ließ die Adern auf seinen Schläfen schwellen. Gleich würde er die tödliche Klinge spüren.
Doch Ruethans Klinge verharrte über ihm. Der Albtraumritter hatte Mühe, sich im Sattel zu halten; sein Schimmelhengst stieg wiehernd auf der Hinterhand hoch und schlug mit den Vorderhufen nach einer angreifenden Schlange. Das nächste Aufbäumen ließ Ruethan den Halt verlieren und seitlich aus dem Sattel stürzen.
Die Schlange kam auf Mythor zu, der seine Waffe fester packte. Ihre schwarzen Augen schienen ihn bannen zu wollen. Im nächsten Moment stieß sie zu. Aber Mythor war nicht minder schnell, sein Schwert zuckte hoch, trennte den Schädel des Reptils vom Rumpf und schleuderte ihn etliche Schritt weit davon.
Aus den Augenwinkeln heraus gewahrte Mythor Ilfa und Ronda. Lange konnten sie sich gegen die Übermacht der Heroen wohl nicht mehr halten. Die fünf Talaijamer waren bereits gefallen.
Endlich kam Mythor frei. Sein linkes Bein war wie taub, schien aber zum Glück nicht gebrochen zu sein.
Ruethan von der Roten See griff erneut mit Ungestüm an. Mythor wich vor ihm zurück, ließ ihn mehrmals ins Leere laufen. Selbst jetzt fiel es ihm schwer, in dem Albtraumritter einen wirklichen Gegner zu sehen. Sie waren Freunde gewesen, hatten für dieselbe Sache gekämpft und taten dies wahrscheinlich noch immer, wenngleich die Umstände andere geworden waren. Klirrend prallte der Stahl ihrer Schwerter aufeinander. Ruethans stürmisch vorgetragene Ausfälle verrieten seinen Zorn nur zu deutlich. Mythor wich zurück, brachte schließlich einen abgestorbenen Baum zwischen sich und den Angreifer. »Warum willst du mich töten?«, ächzte er.
Ruethan blieb stumm. Seine heftigen Schwerthiebe schälten nur vertrocknete Rinde vom Stamm ab. Mythor warf sich herum und lief auf eine von wuchtigen Granitblöcken gebildete Erhebung zu.
Ruethan folgte ihm schnaubend. »Komm und stell dich!«, brüllte er.
»Warum sollte ich?«, rief Mythor zurück. Er stieß das Schwert in die Scheide und begann zu klettern. Ein schmales Felsband zog sich steil nach oben; es war gerade breit genug, dass er mit den Füßen hinlänglich Halt fand.
Pfeile zersplitterten unmittelbar neben ihm. Unwillkürlich hielt er inne und blickte zurück.
»Hört auf zu schießen, ihr Narren!«, schrie Ruethan den beiden Rittern zu, die ihre Bogen erneut spannten. »Er gehört mir.«
»Bist du dir dessen sicher?«, spottete Mythor.
Plötzlich brach loses Gestein unter seinen Füßen aus; faustgroße Brocken polterten gut zehn Schritt in die Tiefe. Vorübergehend krallte er sich nur noch mit den Fingerspitzen fest. Triumphierend kam Ruethan näher, aber dann fand Mythor einen breiten Riss in der Wand und zog sich daran hoch. Auf einem kaum fünf Schritt durchmessenden Plateau wartete er auf Ruethan. »Ich will mit dir reden«, sagte er. »Hör mir wenigstens zu.«
Der Albtraumritter stieß von unten her mit dem Beidhänder zu. Vergeblich versuchte Mythor, ihm die Klinge aus der Hand zu treten.
»Warum weichst du einem ehrlichen Zweikampf aus?«, fragte Ruethan.
Mythor lachte heiser. »Erzähle mir nicht, dass du ihn suchst.«
»Wir könnten noch immer Freunde sein.«
»Beweise mir, dass du es ehrlich meinst.«
»Bei Gorgans Zorn«, stieß Ruethan dröhnend hervor, »dann trenne dich endlich von den Frauen.« Mit einem blitzschnellen Satz schwang er sich empor. Mythor zögerte einen Augenblick zu lange, ihn daran zu hindern.
Sofort griff Ruethan wieder an. Der Schwerterwirbel wurde hektischer, die beiden Kämpen umkreisten sich lauernd, jeder auf eine Blöße des anderen wartend. Für überraschende Ausfälle blieb ihnen nicht genügend Platz, ein einziger Fehltritt würde den Kampf rasch entscheiden.
Die inzwischen tief stehende Sonne blendete. Ruethan verstand es geschickt, Mythor allmählich in eine schwächere Position zu bringen, ohne dass dieser es verhindern konnte. Als die Parierstangen sich verhakten, kamen sie einander so nahe wie nie zuvor. Ein zähes, verbissenes Ringen folgte, bis Ruethan unvermittelt zutrat und zur Seite wich. Mit hellem Klirren lösten die Schwerter sich voneinander. Mythor taumelte, ein seitlicher Hieb von Ruethan mit dem Knauf traf seine Schulter und den Nacken und brachte ihn endgültig zu Fall. Obwohl er hart auf den rauen Fels aufschlug, wälzte er sich sofort herum und riss abwehrend seine Klinge hoch.
Breitbeinig stand der Albtraumritter vor ihm, den Beidhänder zum Schlag erhoben. Im nächsten Moment ließ er die Waffe sinken, ein überraschter Ausdruck trat in seine Augen. »Ich kann es nicht«, stieß er abgehackt hervor. »Ich kann dich nicht töten, ohne an die alten Zeiten zu denken. Diesmal hattest du noch Glück, aber sollten wir uns jemals wieder begegnen, vertraue lieber nicht darauf.«
Abrupt wandte er sich um und machte sich an den Abstieg. Ein heiser gebrüllter Befehl ließ die gegen Ronda und Ilfa kämpfenden Albtraumritter innehalten.
Mythors Hände verkrampften sich. Schier unwiderstehlich wurde in ihm der Wunsch, aufzuspringen und Ruethan von hinten niederzustrecken.
Sein Blick brannte sich auf Ruethans Rücken fest. Er zitterte, aber er stand auf und hob das Schwert. Der Albtraumritter schien nicht zu ahnen, wie nahe ihm der Tod war.
Zögernd machte Mythor einen Schritt vorwärts, dann noch einen. Schweiß brach ihm aus allen Poren.
»Nein!«, stieß er hervor und schleuderte mit einem Fluch auf den Lippen die Klinge von sich. Klirrend fiel das Schwert auf die Felsen. Das Geräusch ließ Ruethan herumfahren; erst jetzt schien der Ritter zu begreifen. Stumm begegneten sich beider Blicke – Mythor erkannte die Bestürzung in den Augen des anderen.
Waren sie in dem Moment zu Todfeinden geworden? Die Zukunft würde es zeigen.
Er starrte Ruethan hinterher, bis dieser das Pferd bestieg und zusammen mit seinen Kriegern davonritt. Die Gewissheit, dass sie einander wieder begegnen würden, wuchs. Vielleicht lag der Zeitpunkt gar nicht fern. Mythor war überzeugt davon, dass sie beide nach ein und demselben strebten: nach dem BUCH DER ALBTRÄUME. Aber nur einer konnte es in Besitz nehmen.
Mythor hob sein Schwert auf und stieß es in die Scheide zurück. Dann machte er sich an den Abstieg.
Ronda und Ilfa hatten bereits einige der versprengten Lamore eingefangen und angepflockt. Gemeinsam trugen sie schließlich die gefallenen Talaijamer zusammen und errichteten einen Steinhaufen über ihnen.
»Sie mussten sterben, weil sie uns begleiteten«, sagte Ilfa tonlos. »Wenigstens sollen keine wilden Tiere ihre Körper zerreißen.«
»Die Männer der Nordwelt sind so anders als in Vanga«, murmelte Ronda. »Hast du den hasserfüllten Blick gesehen, den Ruethan mir zuwarf? Nie würde ein Mann in Vanga es wagen, eine Amazone so anzusehen.«
»Sag bloß, du bewunderst ihn deswegen?«, machte Ilfa überrascht.
Ronda zuckte mit den Schultern. »Ich sollte ihn verachten, aber auch das kann ich nur halbherzig. In Vanga gibt es lediglich verweichlichte Männer; sie sind zumeist Bauern und Sklaven, und wenn es hochkommt, bestreiten sie ihr Leben als Zauberlehrlinge oder Minnesänger.«
»Dafür haben die meisten Frauen auf der Nordwelt nicht sonderlich viele Rechte«, gab Ilfa zu bedenken. »Sie haben für die Kinder da zu sein und müssen im Übrigen die treusorgende Gattin spielen. Wehe, eine beklagt sich, wenn ihr Mann auf seinen Feldzügen mit anderen ...«
»Du machst auf mich nicht gerade den Eindruck, als würdest du dich mit solch tristem Schicksal zufriedengeben.« Lachend schlug Ronda auf ihre Schwerter. »Wer sollte uns daran hindern, das zu tun, wozu wir Lust verspüren?«
Mythor schwieg zu alldem. Er dachte an Coerl O'Marn und das BUCH DER ALBTRÄUME – und daran, dass Ruethan von der Roten See ihm wohl einen Großteil seines Wissens verschwiegen hatte.
*
Die Nacht holte die drei einsamen Reiter auf ihren Lamoren ziemlich bald ein. Vor ihnen erstreckten sich die Ausläufer des Shantau-Gebirges, ein verwüstetes, unwegsames Land. Das Chaos zu ALLUMEDDON hatte deutliche Spuren hinterlassen. Manche Berghänge waren vom Feuer geschwärzt; immer öfter ragten verkohlte Bäume wie stumme Wächter auf. Der Hauch des Todes lag über dieser Region. Sogar die Lamore schienen das Unheimliche zu spüren, denn sie verfielen von selbst in eine schnellere Gangart.
Die untergehende Sonne wuchs zu beängstigender Größe an. Ihr roter Schein umfloss zerstörte Palisaden auf einem der verbrannten Hügel. Sie mochten einmal ein kleines Dorf umgeben haben, jetzt lag kaum mehr ein Stein auf dem anderen.
»Hier ist nichts zu holen«, sagte Ronda. Verkohlte Balken ragten vor ihr auf. Vom Sattel aus stieß sie den untersten zur Seite, die anderen fielen krachend in sich zusammen. Als der aufgewirbelte Staub und Ruß sich verzogen hatten, lagen da zwei bleiche Skelette. Die Rüstungen neben ihnen mochten einmal kostbare Verzierungen getragen haben – wie anders waren die jeweils fingernagelgroßen Öffnungen zu erklären, deren Ränder deutliche Kratzspuren aufwiesen?
»Plünderer«, stellte die Amazone fest. »Wann mögen sie das Dorf überfallen haben?«
Mythor sah sich aufmerksam nach allen Seiten um. »Ich weiß nicht«, sagte er zögernd. »Auf jeden Fall ist es länger als nur einige Monde her.«
»Kein angenehmer Ort, um hier zu lagern«, stellte Ilfa fest. Der Wind war heftiger geworden und fuhr schneidend über den Hügel hinweg. Sie fröstelte.
Mythor warf einen prüfenden Blick...




