Hallier / Letzel / Nowak | Medizinische und berufliche Rehabilitation | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 464 Seiten

Reihe: Schwerpunktthema Jahrestagung DGAUM

Hallier / Letzel / Nowak Medizinische und berufliche Rehabilitation

Orientierungshilfe für Betrieb, Praxis und Klinik

E-Book, Deutsch, 464 Seiten

Reihe: Schwerpunktthema Jahrestagung DGAUM

ISBN: 978-3-609-10019-7
Verlag: ecomed
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Der Inhalt:

Das Ziel ist klar: Arbeitnehmer nach einer Krankheit oder einem Unfall bestmöglich wieder auf die Beine und zurück in den Job bringen. Doch kein Betroffener ist wie der andere, keine Erkrankung oder Behinderung wie die andere, kein Arbeitsplatz wie der andere – individuelle Lösungen sind gefragt! Wie stoßen Sie diese an?
Erfahrene Arbeitsmediziner und Kostenträger-Experten verschaffen Ihnen einen guten Überblick über die Möglichkeiten in der „Reha-und-Kostenträger-Landschaft“. Ihre Texte und Tipps helfen Ihnen, die verfügbaren Ressourcen gezielt zu nutzen und zu bündeln, Schnittstellen-Probleme zu meistern und so eine medizinisch wie beruflich optimale Rehabilitation und Wiedereingliederung zu realisieren.

Aus dem Inhalt:

- Instrumente, Kostenträger, Akteure
- Spezifische berufsbezogene medizinische Rehabilitation
- Beurteilung von Leistungsfähigkeit und Arbeitsunfähigkeit
- Berufliche Wiedereingliederung: „Best Practice“-Beispiele als Anregung
Hallier / Letzel / Nowak Medizinische und berufliche Rehabilitation jetzt bestellen!

Zielgruppe


Betriebsärzte, Rehabilitationsmediziner, Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und Krankenversicherung, Betriebsleitung, Personalverwaltung, Betriebsräte, Kliniker und niedergelassene Ärzte, Behörden, Berufsförderungswerke, Fachkräfte für Arbeitssicherheit

Weitere Infos & Material


1. Allgemeines 1.1 Arbeitsmedizinische Aspekte der demografischen Entwicklung E. Hallier Zusammenfassung Wie in allen Industrieländern der OECD ist die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland in den letzten 100 Jahren um etwa die Hälfte gestiegen. Der in der Wissenschaft, der Politik, und in den öffentlichen Medien thematisierte „demografische Wandel“, der sich in einem rasch wachsenden Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung manifestiert, beruht jedoch in erster Linie auf einem starken Abfall der Geburtenrate seit ca. 1970. Während sich heute die zahlenmäßig stärkste Altersgruppe, die „Babyboom-Generation“, im produktivsten Arbeitsalter von 40 bis 55 Jahren befindet, wird in wenigen Jahrzehnten ein kleinerer Bevölkerungsanteil von beruflich Beschäftigten eine große Anzahl von Rentnern versorgen müssen. Eine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters wird nicht genügen, um diese Herausforderung an das deutsche Sozialsystem zu bewältigen. Vielmehr wird es auch besonderer Anstrengungen in der Rehabilitation bedürfen, um die Integration derjenigen Menschen in das Arbeitsleben zu fördern, die bereits vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter krankheits- oder unfallbedingte Leistungseinbußen erleiden. Der zunehmende Bevölkerungsanteil älterer Menschen in den OECD-Industrieländern, insbesondere in Deutschland, ist augenfällig. Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) prognostiziert für 2060 einen Anteil der über 65-Jährigen an der Bevölkerung in Deutschland von ca. 34 %; der Anteil der über 80-Jährigen wird immerhin bei ca. 14 % liegen und etwa so groß sein wie der Anteil der Menschen unter 20 Jahren (Abb. 1). Die Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen dementsprechend einen rasanten Anstieg des Durchschnittsalters in Deutschland in nur einem Jahrhundert von 27 Jahren für Männer und 28 Jahren für Frauen in 1910 auf 42 bzw. 45 Jahre in 2010 (Abb. 2). Diese Entwicklung wird meistens mit der im Laufe des 20. Jahrhunderts stark gestiegenen Lebenserwartung erklärt. Ein im Jahr 1910 geborener Junge hatte eine durchschnittliche Lebenserwartung von 47 Jahren, ein Mädchen von 51 Jahren vor sich (Statistisches Bundesamt 2011). Mit diesen Zahlen ist landläufig die Vorstellung verbunden, es sei vor 100 Jahren kaum ein Erwachsener älter als 50 Jahre geworden. Diese Sichtweise ist jedoch falsch. Der Anstieg der Lebenserwartung im 20. Jahrhundert beruhte zum größten Teil auf eine verbesserte Prävention (Impfung, Desinfektion/Antisepsis) und Behandlung (Sulfonamide, Antibiotika) von Infektionskrankheiten sowie einer Verbesserung der Ernährungs- und Sanitärverhältnisse. Die zuvor bestehende hohe Säuglings- und Kindersterblichkeit, also ein sehr frühes Sterben eines großen Anteils der Bevölkerung, führte zum statistischen Effekt einer erheblichen Vorverlagerung (Linksverschiebung) der durchschnittlichen Lebenserwartung eines Neugeborenen. Wer allerdings vor 100 Jahren die Kindheit und die damit verbundenen Infekte (z. B. Diphtherie) überlebte und das 10. Lebensjahr erreichte, hatte gute Chancen, über 70 Jahre alt zu werden. Todesfälle im jungen Erwachsenenalter, z. B. durch Tuberkulose, betrafen nur einen kleineren Bevölkerungsanteil. Insofern war das gesetzliche Renteneintrittsalter der Invalidenversicherung (heutige Rentenversicherung) von 70 Jahren zur Zeit Bismarcks kein zynisches „Scheinangebot“, sondern für erwerbstätige Arbeiter eine tatsächlich realisierbare Aussicht. Besonders deutlich wird die Relevanz der Infektionsbekämpfung anhand der Abbildung 3. Im Zeitraum von 1871 bis vor dem Zweiten Weltkrieg, also in der Ära zunehmender Impfprophylaxe und Desinfektion, aber noch vor der Entdeckung von Penicillin und anderen Antibiotika, stieg der mediane Zeitpunkt des Todeseintritts in Deutschland (Todesalter) von ca. 40 Jahre auf über 70 Jahre. Erstaunlicherweise ist das Medianalter der Gestorbenen in den ca. 50 Jahren zwischen 1957 und 2010 um weniger als weitere 10 Jahre gestiegen. Dies ist scheinbar diskrepant zur Abbildung 1, wonach sich im selben Zeitraum der Anteil der über 65-Jährigen bzw. der über 80-Jährigen an der Bevölkerung in Deutschland verdoppelt hat, und dieser Trend auch für die kommenden Jahrzehnte prognostiziert wird. Der viel diskutierte „demografische Wandel“ ist nämlich nicht so sehr eine Folge der „Alterung“ der Bevölkerung, sondern des drastischen Geburtenrückgangs seit Mitte der 1960er Jahre. Dieser wirkt sich auf die Demografie im Gegensatz zum Anstieg des Sterbealters mehrfach aus, da die fehlenden Nachkommen ihrerseits keinen Nachwuchs haben. Der „Bevölkerungsbaum“ zum Stichtag Ende 2010 (Abb. 4) verdeutlicht dies. Vor 100 Jahren ergab diese grafische Darstellung eine „Bevölkerungspyramide“. Erkennbar ist auch ein Sonderphänomen Deutschlands. Nach kriegsbedingten Einschnitten stieg die Geburtenrate in den Jahren des Wirtschaftswachstums, des zunehmenden Wohlstands und einer optimistischen Grundstimmung, verstärkt durch einen „Nachholbedarf“, auf ein Maximum, welches retrospektiv als „Babyboom“ bezeichnet wird. Heute befindet sich die „Babyboom-Generation“ in einem Alter zwischen 40 und 55 Jahren, also im Alter der größten Arbeitsproduktivität. Die Zukunftsprojektion (Abb. 5) zeigt jedoch, dass bei anhaltender Geburtenschwäche die „Babyboom-Generation“ in 2060 ein großes Kollektiv von Hochbetagten darstellen wird, welches von einem schwindenden Anteil jüngerer Erwerbstätiger versorgt werden muss. In den letzten Jahren mehren sich die Überlegungen, den Herausforderungen des demografischen Wandels durch eine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters über 65 Jahre hinaus zu begegnen. Dies wird sicherlich nicht genügen, um den Geburtenrückgang zu kompensieren, wie die Abbildung 5 deutlich macht, soll aber zumindest die Rentenbezugsdauer verkürzen und die Dauer der Beitragszahlung verlängern. Normalerweise müssten die Jahrgänge der 65- und 66-Jährigen, die von der Rentenreform betroffen sind, wegen der altersbedingten Zunahme des Sterberisikos stärker besetzt sein als ältere Jahrgänge. Ihre Beitragszahlungen und ihr Verzicht auf Renteneinkünfte müssten die demografisch bedingten Zusatzkosten kompensieren, damit die Rechnung einigermaßen aufgehen würde. Das besondere Phänomen der „Babyboom“- und „Pillenknick“-Generationen bewirkt jedoch, dass die „jungen Alten“ im Jahr 2060 keineswegs die Jahrgänge über 70 zahlenmäßig übertreffen werden. Die Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre oder höher ist jedoch nur eine der möglichen Maßnahmen, um die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die sozialen Sicherungssysteme abzumildern. Eine weitere Möglichkeit ist die Verringerung der Differenz zwischen dem gesetzlichen und dem tatsächlichen Renteneintrittsalter. Die Abbildung 6 zeigt, dass der Anteil der Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung in den Altersgruppen zwischen 30 und 55 konstant über 80 % beträgt und bis zum 60. Lebensjahr nur leicht sinkt. Anschließend ist jedoch ein abrupter Abfall der Beschäftigungsquote zu konstatieren, so dass nur 42 % der 60- bis 65-Jährigen noch berufstätig sind. Dieser plötzliche und drastische Abfall lässt sich nicht biologisch erklären. Alterungsprozesse verlaufen in der Regel kontinuierlich und allmählich, wie auch die Zunahme der Häufigkeit schwerer Erkrankungen. Das Phänomen lässt sich auch nicht mit einer Abnahme der beruflichen Leistungsfähigkeit und einer dadurch bedingten Diskrepanz zwischen Anforderungen und Arbeitsergebnis erklären. Zwar nimmt die körperliche Leistungsfähigkeit im Alterszeitraum von 45 bis 65 Jahren um durchschnittlich 20–25 % ab; dieser Abfall lässt sich aber durch Training ausgleichen (Myers et al. 2002). Die Geschwindigkeit der Informationsaufnahme und die Merkfähigkeit nehmen mit zunehmendem Alter auch ab, jedoch vor dem 70.–80. Lebensjahr in weit geringerem Maße. Die Fähigkeit zur Informationsverarbeitung bleibt weitgehend erhalten; geringere Einbußen werden durch bessere Merkstrategien kompensiert. Einige kognitive Funktionen, etwa die Kontrolle des Gebrauchs der Sprache oder die Bearbeitung komplexer Probleme unter unsicheren Randbedingungen, verbessern sich sogar mit zunehmendem Alter (Ilmarinen 2001). Ein häufiges Argument im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel ist der zu erwartende Fachkräftemangel infolge der geringeren Anzahl jüngerer Menschen, die flexibel genug sind, neue Technologien zu erlernen. Die Zurückhaltung älterer Menschen, sich mit Neuerungen, etwa im EDV-Bereich, auseinanderzusetzen ist jedoch nicht biologisch bedingt, und lässt sich mit zielgruppenorientierten Schulungsmaßnahmen kompensieren. Entscheidender als die biologischen Prozesse sind also offensichtlich arbeitsorganisatorische und gesellschaftliche bzw. politische Einflussfaktoren. Bis Mitte der 1990er Jahre waren Programme zum Vorruhestand sowohl in gewerblichen als auch in staatseigenen Unternehmen politisch erwünscht. Vor allem größere Betriebe trugen einen europaweiten Trend mit: den der Externalisierung Älterwerdender mittels Frühverrentungsprogrammen, die im Konsens von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Politik eingesetzt wurden (Maintz 2003). Der Trend zum frühen Ausstieg aus dem Erwerbsleben spielte sich aber nicht nur in einem geordneten Kontext von Vorruhestandsprogrammen ab. Mitunter wurden...


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