Harbort | Begegnung mit dem Serienmörder | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 336 Seiten

Harbort Begegnung mit dem Serienmörder

Jetzt sprechen die Opfer
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7700-4132-9
Verlag: Droste Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Jetzt sprechen die Opfer

E-Book, Deutsch, 336 Seiten

ISBN: 978-3-7700-4132-9
Verlag: Droste Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Serienmörder sind mittlerweile zum Stoff von Mythen und Legenden geworden. Sie schaffen es sogar bis in die Tagesschau. Über die Täter weiß man viel, über die Opfer wenig. Doch gerade mit Blick auf die Opfer drängen sich Fragen auf: Wer wird Opfer eines Serienmörders? Wo und wie passiert die Tat? Gibt es ein typisches Opferprofil? Oder ist jeder von uns gefährdet? Stephan Harbort hat die erste deutsche Studie zu Serienmord-Opfern durchgeführt und geht diesen Fragen auf den Grund. Er sprach mit den Opfern über die Täter - und mit den Tätern über die Opfer. Erstmals werden solche Aussagen zu lesen sein. Nach mehr als sechzehnjähriger Forschungsarbeit ist es Harbort gelungen, das Verhältnis von Opfern und Tätern zu entschlüsseln. Und er beantwortet Fragen, die uns alle angehen: Wie kann ich mich generell vor diesen Tätern schützen? Und was kann ich tun, wenn ich einem Serienmörder tatsächlich gegenüberstehe? Die Berichte werden durch umfangreiches statistisches Tabellenmaterial ergänzt, das in dieser Zusammenstellung bisher einzigartig ist.

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KAPITEL 1  
Im Auge des Sturms „Tja, ich war den ganzen Tag über rumgefahren, bin dann an diesem Parkplatz unten an der Commonwealth Avenue, und da hab ich dann meinen Wagen stehen gelassen und bin zu Fuß zur Hausnummer 1940 gegangen. Es war fürchterlich heiß, und ich spürte den Schweiß auf meiner Haut, konnte ihn auch riechen, und das gefällt mir gar nicht, weil ich darauf achte, immer einen sauberen Körper zu haben. Ich sehe mir die Namen auf den Briefkästen und an den Klingeln im Haus Nummer 1940 an, suche mir die Namen von Frauen raus und drücke auf die erste Klingel. Ich stehe da und warte, spüre, wie sich das Bild aufbaut und denke nicht darüber nach, was ich zu ihr sagen werde, denn ich weiß, dass mir wie immer schon etwas einfallen wird. Nichts passiert. Ich probiere die zweite Türklingel, und eine Minute später drückt sie mir auf, zweimal, und ich betrete den Hausflur. Die Treppe führt um einen Aufzug rum, ich gehe rauf, hab es nicht eilig oder so, einfach immer nur Stufe um Stufe. Ist schon komisch, oder?, dass die erste Frau nicht auf mein Klingeln reagiert hat oder nicht zu Hause war oder so, nur ein ganz kleiner Zufall, verstehen Sie, was ich meine?“ Sebastian Junger, Tod in Belmont Serienmörder und ihre Opfer sind zum Zeitpunkt der Tat keineswegs autark, sondern durch die Brücke der Gewalttätigkeit untrennbar miteinander verbunden – erst ihr Verhältnis zueinander und ihr Verhalten untereinander formen das Verbrechen. Es passt einfach alles zusammen: Endlich Wochenende, die Sonne scheint vom nahezu wolkenlosen Himmel herab, angenehme 26 Grad, der Frühsommer hat nun auch Hamburg erreicht. Bianca Möbus und Bernd Hartung schlendern eng umschlungen durch den Öjendorfer Park, ein weitläufiges Waldgebiet zwischen den Außenbezirken Jenfeld und Öjendorf. Die frisch Verliebten sind auf der Suche nach einer abgelegenen Stelle, sie wollen allein sein und möglichst nicht gesehen werden. Bianca, gerade 24 Jahre alt geworden, wohnt noch bei ihren Eltern. Die bildhübsche, aufgeschlossene, unternehmungslustige junge Frau studiert Architektur und jobbt nebenher als Fotomodell. Ihr vier Jahre älterer Freund kommt gebürtig aus Köln und lebt seit zwei Jahren in Hamburg, wo er als Informatiker arbeitet. Zu dieser Zeit kann das Pärchen nicht ahnen, dass es sich mit jedem Schritt einem Jagdgebiet nähert. Dieses Revier kennt und nutzt indes nur jener Mann, der sich dort regelmäßig aufhält, vornehmlich an Wochenenden, wenn Ausflugswetter junge Spaziergängerinnen, Joggerinnen oder Radfahrerinnen in den Wald lockt. Der Mann stellt diesen Frauen dort nach – um sie zu überfallen, zu foltern und zu vergewaltigen, falls erforderlich, auch zu töten. Bianca und Bernd sind jetzt vielleicht noch zwei Kilometer von jenem Ort entfernt, den Ralf Hollerbach als Ausgangspunkt für seine Jagdausflüge nutzt. Der Lagerplatz liegt abseits von Wald- und Wanderwegen, wird von Bäumen, Ästen und dichtem Gestrüpp umgeben und ist auch aus geringer Entfernung kaum auszumachen – ein idealer Unterschlupf. Gerade ist der 36-jährige Bürokaufmann damit beschäftigt, seine braune Einkaufstasche zu leeren. Zum Vorschein kommen eine schmuddelige Decke, ein blauer Jeans-Anzug, Turnschuhe; und schließlich sein Handwerkszeug: Gasrevolver, Machete, Schere, Schnüre, Heftpflaster. Er zieht seine Alltagsklamotten aus und die Jagdbekleidung an. Den Gasrevolver steckt er in den Hosenbund, die Machete befestigt er am Gürtel. Dann beginnt er seinen Beutezug. Hollerbach läuft kreuz und quer durch den Wald, streift am Ufer des Öjendorfer Sees umher. Ihm begegnen auch einige Frauen, mal allein, mal mit Hund, mal in Begleitung. Doch er ist wählerisch, er hat exakte Vorstellungen von seiner Beute. Würde er sich eine Frau greifen, die nicht nach seinem Geschmack ist, er hätte keinen echten Genuss dabei. Es muss „Klick“ machen, sein perverses Verlangen will ansprechend bedient werden. In all den Jahren hat er zudem gelernt, auf seine Chance zu warten – gespannt und gewaltbereit, vor allem aber geduldig. Es ist gegen 18.30 Uhr, als Bianca und Bernd sich auf den Rückweg machen. Ein wunderbarer und erfüllter Tag neigt sich dem Ende entgegen. Als die beiden Hand in Hand Richtung Parkplatz marschieren, kommt ihnen Hollerbach entgegen. Er ist immer noch auf der Jagd. Er bemerkt das Paar, mustert es. Dann kleben seine Augen nur noch an Bianca. Sie sieht genauso aus, wie sie aussehen soll: dunkelblondes Haar, schulterlang, in der Mitte gescheitelt, hellblaue Augen, schlank, feminin. Genau diese Frau hat er im Kopf, wenn er fantasiert, wie sie sich gegen ihn verzweifelt wehrt, wie er sie auf dem Rücken eines Pferdes festbindet, wie er immer wieder mit einem Stock auf ihren nackten Po schlägt und wie er sie schließlich brutal missbraucht. Er will sie haben. Er muss sie haben. Jetzt! Während Bianca und Bernd sich angeregt unterhalten und Hollerbach kaum wahrnehmen, schmiedet der einen Plan: das Pärchen erst vorbeilaufen lassen, dann sofort kehrtmachen, es von hinten ansprechen, mit dem Gasrevolver bedrohen, beide zum Lagerplatz verschleppen, den Mann fesseln – und dann sie! Einige Augenblicke später. Hollerbach ist jetzt nur noch etwa fünf Meter hinter seinen Opfern. „Hey! Umdrehen!“, zischt er. Bianca und Bernd drehen sich tatsächlich um. Hollerbach richtet den Gasrevolver auf das Pärchen: „Keinen Mucks! Mitkommen!“ Bianca und Bernd schauen sich verdutzt an. Bernd versucht, die Situation zu entschärfen: „Mach doch keinen Blödsinn.“ „Schnauze! Ich sag’s nicht noch mal! Mitkommen!“ Hollerbach kommt einen Schritt näher. „Lass doch den Quatsch.“ Bernd hebt beschwichtigend die Hände. „Wir machen es so: Du haust einfach ab, und wir vergessen das Ganze. Okay?“ Hollerbach schweigt. Er steht einfach nur da. Ihm ist anzusehen, dass er nicht recht weiß, was er weiter tun soll. Bernd erkennt die Unschlüssigkeit und die Unsicherheit des Unbekannten, der auch bewaffnet keine ernst zu nehmende Bedrohung zu sein scheint. Er macht einen Schritt auf Hollerbach zu und wird energischer: „Es reicht jetzt! Mach bloß, dass du wegkommst!“ Plötzlich krachen drei Schüsse, kurz hintereinander. Hollerbach hat auf Bernd geschossen, der aber bleibt unverletzt und unbeeindruckt. Er versucht, nach Hollerbach zu treten. Der weicht einige Meter zurück und zieht wild entschlossen seine Machete: 58 Zentimeter lang, sieben Zentimeter breit, etwa 700 Gramm schwer. Bianca schreit einmal laut auf. Dann versagt ihr die Stimme. Hollerbach will nicht nachgeben, nicht aufgeben, nicht jetzt, nicht so kurz vor dem Ziel. Nein! Er glotzt noch einmal kurz zu Bianca hinüber, sein Gesicht gerät zu einer grotesken Grimasse. Schließlich stürmt er unvermittelt und blitzschnell auf Bernd los und spaltet ihm mit einem wuchtigen Hieb den Schädel. Bernd stöhnt leise, hält eine Hand auf die stark blutende Wunde, versucht noch zu flüchten; Hollerbach aber setzt nach und stößt immer wieder zu, blindwütig, erbarmungslos. Auch als Bernd schon am Boden liegt und keine Gefahr mehr darstellt, Hollerbachs perversen Plänen nicht mehr im Wege stehen kann, hört er nicht auf. Er schlägt auf den Sterbenden ein, als würde er Holz hacken. Schon Sekunden darauf ist Bernd tot. Der Gerichtsmediziner wird später mindestens 20 erhebliche Hiebwunden im Bereich des Kopfes feststellen. Hollerbach steht neben dem Toten und betrachtet ihn eine Weile. Wieder ist er unschlüssig, was nun geschehen soll. Die sexuelle Spannung ist während dieses Gewaltexzesses in sich zusammengefallen. In seinem Kopfkino ist das nicht vorgesehen. Hollerbach kann sich nicht mehr stimulieren. Es ist vorbei. Er wendet sich Bianca zu. Sie steht da wie versteinert, unfähig, etwas zu sagen oder etwas zu tun. Sie will weglaufen, aber sie kann nicht. Sie will schreien, aber sie bringt keinen Laut heraus. Sie starrt nur ungläubig auf Bernds grässlich zugerichteten Leichnam. Eben noch ist Hollerbach sogar bereit gewesen, für Bianca zu morden. Er hat sie besitzen wollen. Das ist nun anders. Wut und Hass brechen sich ihre Bahn. Je länger er die vollkommen verängstigte Frau anstarrt, desto stärker wird der Wunsch, auch sie zu bestrafen. Und ihm wird klar, dass Bianca alles mitangesehen hat. Er kann sie jetzt nicht einfach gehen lassen. Er muss nicht lange überlegen, was nun zu tun ist. Die Machete hocherhoben, stürzt er sich wortlos auf Bianca, die kurz darauf zusammensackt, nach unzähligen Hieben gegen Kopf und Hals tödlich verwundet. Hollerbach läuft zurück zu seinem Lagerplatz, zieht sich um, versteckt Gasrevolver und Machete unter einem Baumstamm. Danach kehrt er an den Tatort zurück, zieht die Leichen bergabwärts in dichtes Gebüsch und Unterholz. Die großen Blutlachen auf dem Weg deckt er mit Sand ab. Dann macht er sich auf den Heimweg. Samstag, 20. August 1993, gegen 13 Uhr – etwa zweieinhalb Jahre später. Das freundliche Sommerwetter treibt viele Menschen hinaus in die Natur. Auch Anja Bassewitz radelt von ihrem Appartement im Hamburger Stadtteil Wandsbek aus los, ihr Ziel ist der Öjendorfer Park, etwa sechs Kilometer Luftlinie entfernt. Die 19-jährige Studentin, die erst seit einem dreiviertel Jahr in Hamburg wohnt, weiß nicht, dass dort ein mysteriöser Doppelmord verübt worden ist, der bisher nicht aufgeklärt werden konnte, dessen Motiv rätselhaft geblieben ist. (Anja) „Ich fuhr...


Stephan Harbort, 1964 in Düsseldorf geboren und dort lebend, Dipl. Verwaltungswirt, Kriminal-Hauptkommissar, langjähriger Lehrbeauftragter an der FH-Düsseldorf, anerkannter Serienmord-Experte. Berater von TV-Dokumentationen und Krimi-Serien.



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