Buch, Deutsch, 268 Seiten, Format (B × H): 128 mm x 214 mm
Roman
Buch, Deutsch, 268 Seiten, Format (B × H): 128 mm x 214 mm
ISBN: 978-3-96054-468-5
Verlag: Edition Nautilus
Zuerst sind da die Räume. Der Garten der Großmutter, die hellgrün gestrichene Nervenklinik, in der die Mutter arbeitet, ein Dorf im Norden Finnlands. Ein Reihenhaus, ein Schlafzimmer, ein Badezimmer. Ein Keller. Ein Haus auf einer Insel. Die Erzählerin muss an diese Orte zurückgehen, um sich zu erinnern. Warum ihre Kindheit abrupt endete, als sie zwölf Jahre alt war. Ein Verbrechen war geschehen, aber niemand verständigte die Polizei. Beweise wurden nicht gesammelt, Verdächtige oder Zeugen nicht verhört. War überhaupt etwas passiert?
Nun, Jahre später, wird sie zur Ermittlerin in eigener Sache, ihr Körper zum Archiv, er erinnert sich, auch wenn die Verletzungen nicht mehr sichtbar sind. Die Räume leben in ihrem Körper fort. Ihre Spurensuche wird keine Heilung bringen, aber einen selbstbestimmten Umgang mit der eigenen Vergangenheit.
Susanna Hast betritt mit diesem Buch ein spezifisch weibliches Herz der Finsternis. Schritt für Schritt umkreist sie ihre eigenen traumatischen Erlebnisse ebenso wie die vielfältigen Dimensionen sexueller Gewalt an Frauen im Allgemeinen. Sie reflektiert über Schuld und Unschuld, Scham und Würde, über Sexualität und Mutterschaft. Dabei schlägt sie auch einen Bogen zu Autorinnen wie Hélène Cixous oder Maggie Nelson, die sich ebenfalls mit Gewalt und Weiblichkeit befasst haben. Susanna Hasts bewegender Text ist ein feministischer Genrehybrid zwischen Roman, Memoir und Essay.
Weitere Infos & Material
Mein Blick fällt auf ein Foto, auf dem ich kerzengerade im Garten stehe. Ich trage weiße Shorts und ein gelbes T-Shirt. Um meinen Hals hängt ein kleiner goldener Anhänger. Meine lockigen blonden Haare reichen mir bis zu den noch nicht vorhandenen Bru¨sten.
Ich versuche, darauf Anzeichen von Gewalt zu erkennen, doch ich sehe nur ein lächelndes Mädchen. Ich wirke nicht so, als sei etwas nicht in Ordnung. Ich stelle das Bild auf das Regal u¨ber meinem Schreibtisch, damit ich es später noch einmal versuchen kann.
Das Foto bleibt wochenlang an seinem Platz, bis ich es eines Tages wieder zur Hand nehme. Ich beru¨hre das Mädchen auf dem Bild mit den Fingerspitzen, bevor ich das Foto umdrehe und mir die Jahreszahl auf der Ru¨ckseite ansehe. Mir wird klar, dass hier etwas nicht stimmt.