E-Book, Deutsch, 280 Seiten, Format (B × H): 140 mm x 210 mm
Heard Lifeline
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-903559-09-7
Verlag: Velvet Books OG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 280 Seiten, Format (B × H): 140 mm x 210 mm
ISBN: 978-3-903559-09-7
Verlag: Velvet Books OG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Michelle Heard ist eine USA Today-, Wall Street Journal- und Amazon-Bestsellerautorin. Sie schreibt emotionale Geschichten mit starken Charakteren, einer gehörigen Portion Spannung und unerwarteten Wendungen. Ein Happy End und ein zufriedenes Grinsen des Lesers sind garantiert. Um mehr Zeit für das Schreiben zu haben, gab Michelle ihre Karriere im Bankwesen auf. Gemeinsam mit ihrem Sohn Sheldon, der ihre rechte Hand bei Verlagsangelegenheiten ist, und ihre Schwiegertochter Tayla, ihrer besten Freundin, lebt sie in Südafrika.
Weitere Infos & Material
1
JJ
Mit meinen dreiundzwanzig Jahren und damit noch grün hinter den Ohren, bin ich vor meinem ersten richtigen Einsatz mehr als nervös.
Du warst die Beste in deiner Klasse.
Du wirst dem Team beweisen, was du draufhast.
Du kannst das.
Mir blieb keine Zeit, mich einzugewöhnen und mich mit meinem Team bekannt zu machen. Denn ich befinde mich bereits mit einer kugelsicheren Weste und einer geladenen Glock im Holster auf dem Rücksitz eines Einsatzfahrzeugs.
Vor mir sitzt Briggs, eine brünette Frau Anfang dreißig, die mich unter ihre Fittiche genommen hat. Genau genommen ist sie Special Agent Jennifer Briggs und meine Vorgängerin als Verhaltensanalytikerin. Der Mann neben ihr am Steuer ist Senior Supervisory Special Agent Carl Archer, der Leiter unserer Einheit und somit mein Chief. Er ist Anfang fünfzig, und seinem Gesicht ist die harte Arbeit als FBI-Agent deutlich anzusehen. Er ist es auch, den ich von meinen Qualitäten überzeugen muss, wenn ich Karriere machen will.
Chief Archer steuert den Wagen mit hohem Tempo um eine Kurve. Ich spanne die Muskeln an, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Briggs grinst mich über ihre Schulter an. »So hast du dir deinen ersten Tag nicht vorgestellt, oder?«
»Besser, als gar nichts zu tun zu haben«, erwidere ich grinsend.
Chief Archer sieht mich mit seinen schwarzen Augen durch den Rückspiegel an, ohne meine Antwort zu kommentieren. Stattdessen gibt er uns letzte Informationen. »Laut O’Brien ist unsere Zielperson mit drei Männern unterwegs. Wir wissen allerdings nicht, ob Kelmendi auftaucht und wie viele Männer ihn begleiten. Sobald der Waffendeal zustande gekommen ist, gebe ich das Signal zum Zugriff.«
O’Brien ist Mitte dreißig, aber schon Experte für organisiertes Verbrechen. Ihm geht der Ruf voraus, auch ein verdammt guter verdeckter Ermittler zu sein. Er ist einer der Agenten, von denen ich möglichst viel lernen will. Und von Agent Rossi, einer Spezialistin, wenn es um Sexualdelikte geht. Die beiden sind bereits mit Agent Finch vor Ort, der mit uns per Funk verbunden ist.
Der Geländewagen kommt quietschend zum Stehen, und wir verlassen eilig das Fahrzeug. Das Morgenlicht ist so hell, dass ich blinzeln muss, bevor ich die anderen Mitglieder des SWAT-Teams deutlich erkennen kann, die aus ihren Transportern steigen.
Auf Befehl von Chief Archer gehen die Scharfschützen in Position. Alle anderen halten sich bereit, um auf sein Kommando von hinten und vorn in das observierte Gebäude einzudringen.
Ich folge dem Chief und Briggs in einen Container, der mit diversen Hightech-Gerätschaften zur Überwachung des Lagerhauses ausgestattet ist. Auf einem der Monitore sehe ich eine schwarze Limousine vorfahren. Kurz darauf steigen vier Männer aus.
Die Tür des Containers öffnet sich, und ein Agent gesellt sich zu uns. Ich bin mir nicht sicher, nehme aber an, dass es sich bei der Frau um Agent Rossi handelt. »Bisher nur die vier, Chief.«
»Irgendein Zeichen von Kelmendi?«, will Chief Archer wissen.
Ismail Kelmendi ist der Kopf eines albanischen Syndikats, das halb New York in seiner Gewalt hat. Soweit ich weiß, arbeitet die Einheit seit über drei Jahren an dem Fall Kelmendi. Bei diesem Einsatz soll er verhaftet werden. Die erste Festnahme überhaupt im Zuge der Ermittlungen.
»Noch nicht.« Rossi prüft die Zeit auf ihrer Armbanduhr. »Fünfzehn Minuten bis zur vereinbarten Zeit.«
»Jefferson«, spricht mich Chief Archer an, den Blick starr auf die Überwachung des Lagerhauses gerichtet.
»Ja, Sir?« Ich trete näher.
»Sie bleiben die ganze Zeit bei Briggs. Und versuchen Sie nicht, die Heldin zu spielen.«
»Ja, Sir.«
»Rossi? Sie und Finch gehen von hinten rein«, gibt Chief Archer weitere Anweisungen. Sofort setzen sich die beiden in Bewegung, um ihre Positionen einzunehmen.
Der Mann vor den Monitoren lächelt mich an. Er scheint Ende zwanzig zu sein und wirkt sehr sympathisch. »Eric Brewster. Technischer Analyst«, stellt er sich vor.
Ich reiche ihm die Hand. »Julie Jefferson. Aber meine Freunde nennen mich JJ.«
Die Minuten ziehen sich endlos in die Länge, und es wird immer heißer im Container. In meinem Magen macht sich die Anspannung bemerkbar, und ich wünschte, ich hätte noch eine zweite Tasse Kaffee getrunken, bevor ich das Haus verließ.
Ich überprüfe den Sitz des kleinen Empfängers in meinem Ohr und schalte ihn ein, bevor ich mich zum hundertsten Mal versichere, dass auch meine Waffe einsatzbereit ist.
»Dein Vater war bei der DEA?«, fragt mich Briggs.
Ich nicke und atme tief ein.
»Warum wolltest du dann lieber zum FBI?«, hakt sie nach. Der Chief löst für einen Moment seinen Blick von den Monitoren, um mich anzusehen.
»Ich will keine Sonderbehandlung«, antworte ich ehrlich.
Briggs nickt, und einen Moment später ertönt die Stimme eines der Scharfschützen aus meinem Kopfhörer. »Bewegung. Drei Wagen im Anmarsch.«
Chief Archer wirft mir einen strengen Blick zu. »Bleiben Sie bei Briggs.« Er überprüft die Bildschirme, auf denen eine Limousine und zwei Geländewagen zu sehen sind. Sobald sie anhalten und die Männer aus den Fahrzeugen steigen, beginnt Eric mit der Gesichtserkennung.
Ich betrachte einen Mann nach dem anderen und versuche herauszufinden, wer von ihnen Agent O’Brien ist. Bisher kenne ich ihn nur von einem Foto, das vor mehr als zehn Jahren aufgenommen wurde, als er zum FBI kam. Zwei Männer tragen Hoodies, deren Kapuzen sie sich über den Kopf gezogen haben, sodass ich ihre Gesichter nicht gut erkennen kann.
»Wir haben eine Bestätigung, Sir«, sagt Eric und deutet auf einen der Männer. »Das ist Ismail Kelmendi.«
»Bringen wir es hinter uns«, murmelt Chief Archer. Er zieht seine Waffe und nickt Briggs und mir auffordernd zu. Nachdem auch wir einsatzbereit sind, öffnet er die Tür des Containers und tritt ins Freie. Mit heftig klopfendem Herzen folge ich Briggs.
Alles ist ruhig, und keine Menschenseele ist zu sehen. Nicht einmal einen der Scharfschützen kann ich auf den umliegenden Dächern erkennen. Das Lagerhaus, in dem der Deal stattfinden soll, befindet sich in einem heruntergekommenen Teil der Stadt. Die Wände sind mit Graffiti besprüht. Die Regenrinnen hängen schief, und überall liegt Müll. Als wir uns dem Tor der Halle nähern, stößt ein SWAT-Team zu uns. Wir bleiben weiter in Deckung, bevor Chief Archer den Befehl gibt, das große Tor zu öffnen, und der Einsatz in die entscheidende Phase geht.
Mit der Waffe im Anschlag atme ich mehrmals tief durch.
Gott. Lass mich nicht gleich am ersten Tag jemanden erschießen.
»FBI«, brüllt Chief Archer, sobald das Tor so weit geöffnet ist, dass wir die Halle stürmen können. Im nächsten Moment eröffnet die eine Hälfte der Albaner das Feuer auf uns, während die andere nach hinten flüchtet.
Kein noch so gutes Training hätte mich auf den Ausbruch dieser Hölle vorbereiten können. Schwitzend und mit rasendem Puls bleibe ich hinter Briggs und folge ihr in ein Labyrinth aus gestapelten Kisten, die uns Deckung geben. Das Knallen der Schüsse vermischt sich mit dem Geräusch meiner unregelmäßigen Atemzüge.
Heilige Scheiße. Das passiert wirklich.
Zwei Männer eröffnen das Feuer auf uns. Ich versuche, mit einem Kistenstapel zu verschmelzen. Meine Haut kribbelt, und ich bin mir mit jeder Faser bewusst, dass mich eine der Kugeln jederzeit treffen kann.
Briggs feuert einen Schuss ab und trifft einen Albaner am Bein. Sie stürzt sich auf ihn, tritt ihm die Waffe aus der Hand und löst ein Paar Handschellen von ihrem Gürtel.
»JJ, kümmere dich um den anderen!«, ruft sie mir zu. Ohne nachzudenken, setze ich mich in Bewegung.
Tief durchatmen. Du kannst das.
Mit erhobener Waffe gehe ich einige Schritte vorwärts. Mein Herz dröhnt in meiner Brust, und meine Lippen werden trocken, weil ich so schnell atme. Alle meine Sinne sind in höchster Alarmbereitschaft.
Gott. Ich hab das trainiert.
Wo zum Teufel ist der Albaner hin?
Vorsichtig werfe ich einen Blick um die Ecke, um mich sofort wieder in die Deckung zurückzuziehen. Ich vergewissere mich, dass meine Waffe entsichert ist, und sprinte zum nächsten Stapel Kisten, während ich die Lage sondiere.
Eine Treppe führt zu einer zweiten Ebene. Mehr Kisten. Ein Büro. Zwei Türen.
Bevor ich mich wieder in Sicherheit bringen kann, sehe ich direkt vor mir einen Mann. Ich richte meine Waffe auf ihn, doch mein Finger erstarrt am Abzug. Eine Sekunde später wirft er mich um und nimmt mir die Luft zum Atmen. Schüsse fallen, und ich lande unsanft auf dem harten Betonboden. Kugeln zerfetzen die Kisten um uns herum, deren Holzsplitter nach allen Seiten wegfliegen.
Mein Herz ist knapp davor, mir aus der Brust zu springen. Adrenalin peitscht durch meine Adern. Dann setzt mein Instinkt ein, und ich hebe meine Waffe, um das Feuer zu erwidern. Doch der Mann über mir drückt meinen Arm zu Boden und verlagert sein gesamtes Gewicht auf mich.
»Verfluchte Scheiße«, sagt er und klingt sehr wütend. Er legt einen Arm schützend um meinen Kopf, sodass ich seinen Bart an meinem Hals spüre. »Bleib verdammt noch mal unten, wenn du nicht sterben willst«, raunt er mir tief und bedrohlich ins Ohr.
Weitere Schüsse fallen. Sie dröhnen so laut, dass ich meinen eigenen Atem nicht mehr hören kann. Plötzlich wird mir klar, dass der Mann auf mir schießt, um mich zu beschützen.
Er beschützt mich?
Kurz darauf macht sich eine unheilvolle Stille im Lagerhaus breit. Ich spüre den Nachhall der...




