E-Book, Deutsch, 288 Seiten
Herrmann Der Fluch von Rennes-le-Château
2. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7407-9367-8
Verlag: TWENTYSIX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Verhängnisvolle Entdeckung
E-Book, Deutsch, 288 Seiten
ISBN: 978-3-7407-9367-8
Verlag: TWENTYSIX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wer hat nicht einmal davon geträumt, als Zeitreisender in der Vergangenheit unterwegs zu sein. Für Jacques Berger, einem Touristen, wird dies unfreiwillig zum Albtraum. Es verschlägt ihn ins 19. Jahrhundert in ein verschlafenes Dorf namens Rennes-le-Château. Dort lernt er Abbé Bérenger Sauniére kennen, der gerade dabei ist, mit zwei Amtskollegen geheimnisvolle Dokumente zu entschlüsseln. Kurz danach ist nichts mehr wie vorher und das Unheil nimmt seinen Lauf.
Helmut Herrman, geb.1956, lebt in Nürnberg und schreibt Kurzgeschichten und Romane. Mit der Dilogie "Der Fluch von Rennes-le-Château" stellt er sein erstes Werk vor. Vor allem hat es ihm dabei der Mythos um Abbè Bèrenger Saunière angetan.
Autoren/Hrsg.
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RENNES-LE-CHÂTEAU 1897
Nach einiger Zeit öffnete ich wieder die Augen und helles Tageslicht blendete mich. Zuerst nahm ich noch alles verschwommen wahr, wurde dann aber wieder klarer im Kopf. Dann sah ich absolut Seltsames: An den Häusern fehlten die Briefkästen, es existierten nur noch altmodische Straßenlaternen und die Dorfstraße war nicht mehr geteert. Was hatte das zu bedeuten? Ich saß auf dem Boden an einem Gartenzaun angelehnt. Ein Hund stand vor mir, irgendwie sah er mich komisch an, so als wollte er fragen, ob es mir besser geht. Als er dann aber bemerkte, dass ich wieder zu mir gekommen war, wedelte er erfreut mit dem Schwanz. Dann fuchtelte mir jemand mit der Hand vor meinen Augen. Ich versuchte, aufzustehen, aber ein furchtbarer Schmerz im Genick hinderte mich daran. Augenblicklich wusste ich, dass es sich nur um einen früheren Bandscheibenvorfall handeln konnte, der mir jetzt erneut wieder zusetzte. Neben mir ertönte eine Männerstimme mit leicht okzitanischem Akzent: „Geht es Ihnen wieder gut, Monsieur?“ Zum Glück kamen mir in diesem Moment meine ausreichenden Französischkenntnisse zugute. Trotzdem antwortete ich zunächst mit einem noch sehr unsicheren „Oui“. Ganz vorsichtig und langsam hob ich jetzt den Kopf und erblickte einen freundlich lächelnden Mann, der unmittelbar neben mir stand. „Können Sie aufstehen? Wenn nicht, ist es auch kein Problem. Ich werde meiner Frau auf jeden Fall sagen, dass sie den Doktor holen soll. Er stammt zwar aus Couiza, aber Sie haben Glück, dass er gerade Hausbesuche hier macht. Ach, entschuldigen Sie, ich habe mich Ihnen noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Lucien Dubois und mir gehört sozusagen der Gartenzaun samt dem sich dahinter befindlichen Anwesen, vor dem Sie sitzen“. Ich konnte dies alles noch immer nicht begreifen. Ich wusste nur, dass es mir schwarz vor den Augen geworden war und ich offensichtlich ohnmächtig wurde. Und vor allem: Wo war Claudia abgeblieben? Sie war doch noch vorher da und jetzt auf einmal verschwunden. Ich sah Monsieur Dubois an: „Haben Sie vielleicht meine Frau gesehen? Holt sie Hilfe?“ „Hier war keine Frau. Mein Hund Toto hat sie gefunden. Sie haben mutterseelenallein hier gelegen und waren bewusstlos“. Es war für mich alles unbegreiflich. Claudia musste doch irgendwo sein. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie mich alleine hier in Rennes-le-Château zurückließ. War ich überhaupt noch in diesem Dorf? „Eine Frage hätte ich noch: Wie spät ist es eigentlich?“ „Es ist ziemlich genau zwölf Uhr“, er blickte dabei auf eine Taschenuhr, die er herausgezogen hatte. „Jetzt hätte ich aber auch noch eine Frage an Sie: Mit wem haben Toto und ich eigentlich das Vergnügen?“ Immerhin fiel mir zumindest mein Name gleich wieder ein: „Ich heiße Berger, Jacques Berger.“ „Der Name Berger klingt aber nicht gerade französisch und Ihrem Akzent nach darf ich wohl annehmen, dass Sie eventuell aus einem anderen Land kommen könnten. Habe ich recht?“ Gut kombiniert, dachte ich mir. „Das stimmt. Ich bin Deutscher und meine momentan nicht vorhandene Ehefrau und ich sind als Touristen hierher gefahren, um uns Ihr Dorf anzuschauen. Ich habe schon viel über Rennes-le-Château gelesen, speziell über Abbé Saunière und seine Haushälterin.“ „Über unseren Pfarrer? Wie kann es sowas geben, dass man im Ausland über ihn Bescheid weiß?“ Ich war einigermaßen verblüfft angesichts dieser Äußerung. Unsere Unterhaltung wurde aber abrupt unterbrochen, als eine Frau und ein Mann mit einem kleinen schwarzen Köfferchen, wahrscheinlich die Ehefrau von Monsieur Dubois und der Arzt, in flottem Schritt um die Ecke kamen und vor mir zum Stehen kamen. Was mir dabei an allen drei Personen auffiel war, dass alle fremdartig gekleidet waren, sozusagen ziemlich altmodisch. Der Doktor stellte seine Tasche auf den Boden. „Ich bin Doktor Thibaut. Haben Sie Schmerzen? Können Sie aufstehen?“ Ich schilderte ihm, wo es mir wehtat. Dann tastete er mein Genick ab und konstatierte, dass es ziemlich verhärtet sei. Vorsichtig begann er damit, mich für ein paar Minuten an dieser Stelle zu massieren und der Schmerz ließ tatsächlich schon nach kurzer Zeit nach. Als es mir dann wieder besser ging, griff er in seine Tasche und zog ein Stethoskop daraus hervor, mit welchem er mich abhörte. „Sie können jetzt versuchen, langsam aufzustehen, aber machen Sie mit dem Kopf noch keine schnellen Drehbewegungen. Wenn sie dabei bemerken sollten, dass ihnen wieder schwindlig werden sollte, dann setzen Sie sich augenblicklich wieder hin.“ Ich bedankte mich bei ihm und fragte ihn nach seinem Honorar. Er winkte aber nur ab und erwähnte, dass es schon in Ordnung gehe mit seiner Hilfe. Daraufhin wiederholte ich meinen Dank. Dann wünschte uns der Doktor noch einen schönen Tag und verabschiedete sich. Monsieur Dubois und seine Frau Henriette griffen mir jetzt beherzt unter die Arme und hievten mich behutsam auf die Beine. Das Stehen war mir ganz gut möglich. Zwar hielt ich mich noch am Zaun fest, aber ich wurde mit jedem Moment sicherer auf den Beinen. Dann probierte ich, ob es mit dem Laufen auch wieder ginge und es klappte tatsächlich. Meine beiden Helfer freuten sich mit mir darüber und fragten mich, ob sie noch etwas für mich tun könnten. Ich erkundigte mich nach der Hauptstraße, da ich mich ja auf die Suche nach meiner Frau machen wollte. Dann nahmen wir endgültig voneinander Abschied. Ich bedankte mich erneut für ihre ausgiebige Hilfe. Vorsichtigen und langsamen Schrittes machte ich mich nun auf den Weg und Toto begleitete mich noch ein paar Meter dabei, als wolle er verhindern, dass mir noch einmal etwas passierte. Dann verlor er das Interesse und ich war wieder ganz allein auf mich gestellt. Mir begegneten weitere Leute, aber seltsamerweise waren diese ebenfalls irgendwie merkwürdig gekleidet. Irgendetwas stimmte hier nicht, denn auch sie sahen mich nun etwas befremdet an und ich vermutete, dass es auch wegen meiner Kleidung war. Von weitem sah ich nun wieder die Villa Bethania und die angrenzende Dorfkirche. Auch hier roch es immer noch nach Lavendel und anderen aromatischen Kräutern. Aus dem Augenwinkel heraus sah ich von beiden Seiten neugierige Menschen aus ihren Häusern schauen. Vermutlich war ich durch meinen Unfall Tagesgespräch. Da gab ich mich keiner Illusion hin. Was sie darüber dachten, war mir in diesem Moment aber trotzdem reichlich egal, denn ich hatte nur den einzigen Gedanken, wie ich meine Ehefrau finden könnte. Vielleicht suchte sie ja jetzt ebenfalls nach mir und wir würden uns irgendwo in der Mitte des Dorfes wieder treffen. Hinterher würde ich ihr aber dennoch sofort vorschlagen, den Ort ziemlich schnell wieder zu verlassen. Wir konnten auch auf der Rückfahrt noch irgendwo anhalten, um etwas Essbares zu uns zu nehmen. Dies war mir alles zu unheimlich geworden und ich wollte deshalb nur noch die Flucht antreten. Die grellen Farben der weiß und ocker gestrichenen Häuser blendeten mich in der Mittagssonne und verliehen dem Dorf insgesamt ein unwirkliches Aussehen. Ich ging weiter den Berg wieder hinauf in Richtung Dorfplatz. Unterwegs kam mir die Idee, das Rathaus aufzusuchen. Vielleicht könnte man mir ja dort weiterhelfen. In der Mitte der Ortsstraße, nicht mehr weit von der Kirche entfernt, kam ich an einem alten Ziehbrunnen vorbei, bei welchem Kinder spielten. Als sie mich erblickten, schienen sie sich über mein Aussehen lustig zu machen. Merkwürdig, dachte ich mir, ich war vor einer halben Stunde hier schon einmal vorbeigelaufen, konnte mich aber beim besten Willen nicht an einen Brunnen erinnern. Der Hund, den ich vorher gesehen hatte, war ebenfalls nicht mehr da, vielleicht hatte er sich aber auch jetzt in den kühlenden Schatten eines Baumes zurückgezogen. Langsam stieg eine unangenehme Wärme in mir auf und kalter Schweiß lief an meinem Körper herunter. Ich merkte, wie meine Kräfte langsam wieder schwanden und es bildeten sich Schleier vor meinen Augen. Ein dumpfes Hämmern durchdrang meinen Kopf. „Tack, tack!“ und wieder „Tack, tack!“ Ich taumelte nur noch vor mich hin, da hörte ich eine Stimme. „Heda aufgepasst! Aus dem Weg, Mann!“ Plötzlich streifte mich ein großer, unförmiger und zugleich eilig an mir vorüberziehender Schatten. Ich stürzte zur Seite, bekam aber im letzten Moment noch die Latte eines Gartenzauns zu fassen. Dabei konnte ich nicht verhindern, dass ich mir einen Holzspieß einriss. Der Schatten kam jetzt jäh zum Stehen und ich vernahm ein lautes „Brrr!“ Eine schwarze Gestalt stürzte in Windeseile auf mich zu. Inzwischen wurde ich wieder klarer im Kopf, nicht zuletzt auch aufgrund des Schmerzes, der mich in die Realität zurückgeholt hatte und in meiner rechten Hand wie verrückt pochte. In meinem Genick spürte ich einen dumpfen Druck. Ich versuchte, meinen Kopf zu der vor mir stehenden Gestalt zu drehen, musste aber auf halber Strecke vor dem erneuten Schmerz, welcher dadurch ausgelöst...