Higgins Clark | Und deine Zeit verrinnt | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Higgins Clark Und deine Zeit verrinnt

Thriller
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-641-20119-7
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Thriller

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

ISBN: 978-3-641-20119-7
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Seit Jahren schon ist die TV-Journalistin Delaney Wright auf der verzweifelten Suche nach ihrer Mutter, die sie nie kennengelernt hat. Immerhin beruflich läuft alles perfekt. Täglich berichtet sie im Fernsehen über einen spektakulären Mordfall: Betsy Grant soll ihren alten, kranken - und sehr reichen Ehemann kaltblütig getötet haben. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse: Der Prozess nimmt eine schockierende Wendung, die Suche nach ihrer Mutter führt zu einem dunklen Geheimnis - und plötzlich schwebt Delaney selbst in höchster Gefahr.

Mary Higgins Clark (1927-2020), geboren in New York, lebte und arbeitete in Saddle River, New Jersey. Sie zählt zu den erfolgreichsten Thrillerautoren weltweit. Ihre große Stärke waren ausgefeilte und raffinierte Plots und die stimmige Psychologie ihrer Heldinnen. Mit ihren Büchern führte Mary Higgins Clark regelmäßig die internationalen Bestsellerlisten an. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den begehrten Edgar Award. Zuletzt bei Heyne erschienen: 'Denn du gehörst mir'.
Higgins Clark Und deine Zeit verrinnt jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


9

Die Auswahl der Geschworenen dauerte fünf Tage. Viele Kandidaten kamen nicht infrage, weil sie die drei bis fünf Wochen Zeit nicht erübrigen konnten, auf die der Prozess angesetzt worden war. Andere räumten gegenüber dem Richter ein, dass sie sich bereits eine Meinung über Betsy und ihre Schuld oder Unschuld gebildet hatten. Die meisten schlossen sich dabei dem Tenor der ausführlichen Medienberichterstattung an und hielten sie für schuldig. Schließlich blieben vierzehn Geschworene übrig, sieben Männer und sieben Frauen, die glaubwürdig erklärten, über den Fall zwar gelesen, sich aber keine Meinung gebildet zu haben und beiden Seiten unvoreingenommen gegenüberzustehen. Der Richter hatte ihnen erklärt, dass vierzehn Geschworene ausgewählt und am Ende des Verfahrens, unmittelbar vor der Beratung, zwei Namen ausgelost würden, die als Ersatz fungierten, falls jemand von den anderen zwölf kurzfristig ausfallen sollte.

Es war Dienstag, 8.50 Uhr, die Verhandlung sollte jeden Moment beginnen. Achtzehn Monate waren seit Edward Grants Tod vergangen. Delaney saß mit anderen Reportern in der ersten, für die Presse reservierten Reihe. Die Gerichtsstenografin hatte bereits ihren Platz eingenommen.

Die Tür ging auf, und die Angeklagte Betsy Grant betrat mit erhobenem Kopf und in Begleitung ihrer drei Anwälte den Gerichtssaal. Der oberste Anklagevertreter Elliot Holmes, Vorsitzender der Ermittlungsstelle und seit über zwanzig Jahren bei der Staatsanwaltschaft, hatte bereits am Tisch der Anklage Platz genommen.

Delaney kannte Fernsehmitschnitte und Internetfotos von Betsy Grant, war aber trotzdem überrascht, wie jung die dreiundvierzigjährige Angeklagte aussah.

Betsy trug ein marineblaues Kostüm, dazu eine schmale Perlenkette und dazu passende Ohrringe. Delaney hatte gehört, dass Robert Maynard ihr geraten habe, sich konservativ zu kleiden, ausdrücklich habe er sie davor gewarnt, nicht den vierzigtausend Dollar teuren Diamantring zu tragen, den sie zur Verlobung bekommen hatte. Angemessen sei es stattdessen, den breiten goldenen Hochzeitsring anzulegen, um der Jury deutlich zu machen, wie sehr sie ihren Mann geliebt habe und jetzt um ihn trauere.

Delaneys Blick ging zu Robert Maynard. Seine fünfundsiebzig Jahre sah man ihm kaum an, dachte sie. Er hatte silbernes Haar und hielt sich kerzengerade, auch im Sitzen. Seine beiden Begleiter schienen etwa Anfang dreißig zu sein.

Die Besucherreihen waren bereits gefüllt, was aufgrund des allgemeinen Medienwirbels um den Fall nicht überraschen konnte. Zwei Polizeibeamte standen zu beiden Seiten des Gerichtssaals.

Punkt neun Uhr verkündete der Gerichtsdiener: »Bitte erheben Sie sich.« Richter Glen Roth kam aus seinem Amtszimmer und trat an die Richterbank.

»Guten Morgen. Wir verhandeln in der Sache Bundesstaat New Jersey gegen Betsy Grant. Ich eröffne das Verfahren. Sind Sie bereit für Ihr Eröffnungsplädoyer?«

»Ja, Euer Ehren«, antwortete sowohl der Staatsanwalt als auch der Verteidiger.

Der Richter wandte sich an den Polizeibeamten an der Tür zum Zimmer der Jury. »Bitte holen Sie die Geschworenen herein.«

Die vierzehn Personen ließen sich daraufhin der Reihe nach auf der Geschworenenbank nieder. Richter Roth begrüßte sie und teilte ihnen mit, dass die Anwälte als Erstes ihr Eröffnungsplädoyer halten würden. Ausdrücklich wies er darauf hin, dass dabei keinerlei Beweise vorgelegt, sondern lediglich Argumente präsentiert würden. Da in einem Strafrechtsverfahren die Beweislast aufseiten der Staatsanwaltschaft liege, würde sie mit dem Plädoyer beginnen. Dann sah er zum Ankläger. »Sie können beginnen.«

»Danke, Eurer Ehren«, erwiderte Elliot Holmes, erhob sich und trat vor die Geschworenenbank.

»Guten Morgen, meine Damen und Herren. Ich bin Elliot Holmes, Stellvertretender Staatsanwalt im Büro der Staatsanwaltschaft des Bergen County. In Lauf der nächsten zwei Wochen werde ich Ihnen im Verfahren Bundesstaat New Jersey gegen Betsy Grant Zeugenaussagen und andere Beweise präsentieren. Der Richter hat Sie über die Anklagepunkte bereits in Kenntnis gesetzt, allerdings erscheint es uns durchaus angemessen, dass die Staatsanwaltschaft im Eröffnungsplädoyer den Geschworenen die formelle Anklageschrift vorträgt.«

Delaney lauschte, während Elliot Holmes die Anklage verlas. Am oder um den 22. März, achtzehn Monate zuvor, habe Betsy Grant vorsätzlich und wissentlich den Tod ihres Ehemanns Dr. Edward Grant herbeigeführt. »Meine Damen und Herren, es geht hier um eine Mordanklage.«

In lockerem Ton legte er den Geschworenen dar, dass Betsy Grant fast siebzehn Jahre zuvor den Witwer Edward Grant geheiratet habe. »Es steht außer Frage, dass die beiden sehr lange eine glückliche Ehe führten. Dr. Grant war ein erfolgreicher Orthopäde, und das Paar pflegte in seinem Haus in Alpine einen wohlhabenden Lebensstil. Sie werden erfahren, dass sich die Angeklagte, eine Highschool-Lehrerin, etwa zwei Jahre vor Dr. Grants Tod von ihrer Schule beurlauben ließ.

Vor etwa acht Jahren zeigte Edward Grant erste Symptome von Vergesslichkeit und Reizbarkeit, was mit seinem sonstigen Verhalten und Auftreten in Widerspruch stand. Neurologische Untersuchungen erbrachten die verheerende Diagnose: einen frühen Ausbruch von Alzheimer.

Die Krankheit war für Dr. Grant auch insofern verheerend, weil sie rasch fortschritt. Schon nach kurzer Zeit konnte er nicht mehr seiner Arbeit als Chirurg nachgehen. Im Lauf der folgenden Jahre verlor er jede Eigenständigkeit. Er wohnte mit Betsy Grant in ihrem Haus in Alpine, eine Pflegekraft kümmerte sich um ihn und musste ihn in den letzten Jahren waschen, kleiden und füttern.

Die Diagnose und der gesundheitliche Verfall waren natürlich auch für Betsy Grant eine schwere Belastung. Es sei noch einmal gesagt, die Staatsanwaltschaft bezweifelt keineswegs, dass die Ehe jahrelang sehr glücklich gewesen ist. Aber wir werden Beweise vorlegen, die zeigen, dass die tragische Diagnose und der stete körperliche und geistige Verfall von Edward Grant bei Betsy Grant den Wunsch weckten, es möge mit ihm zu Ende gehen. Denn wenn dieses Ende eintrat, würde ihr die Hälfte des nicht unbeträchtlichen Vermögens des Verschiedenen zufallen. Der zweite Nutznießer wäre Alan Grant, Edward Grants fünfunddreißigjähriger Sohn aus erster Ehe. Damit wäre sie wieder in der Lage, ihr Leben zu führen, das sich mit der Krankheit des Ehepartners gravierend geändert hatte. Sie werden hören, meine Damen und Herren, dass sich die Angeklagte in den letzten zwei Jahren vor Edward Grants Tod heimlich und regelmäßig mit einem anderen Mann getroffen hat.

Unsere Beweise werden weiterhin zeigen, dass Betsy Grant am Abend vor Edward Grants Tod Edwards Sohn sowie zwei Ärzte, die mit ihm früher eine gemeinsame Praxis betrieben haben, mitsamt ihren Ehefrauen zu einem Abendessen einlud. Sie werden von diesen Augenzeugen erfahren, dass Edward Grant an diesem Abend äußerst aufgebracht und nicht mehr in der Lage war, seine ehemaligen Kollegen zu erkennen. Sie werden erfahren, dass Edward Grant am Esstisch plötzlich und ohne äußeren Anlass über den Tisch auf die Essensgäste losging und seiner Frau, die ihn zurückzuhalten versuchte, einen Schlag ins Gesicht verpasste. Sie werden erfahren, dass Edward Grant von seiner Pflegerin und einem der Ärzte zu Bett gebracht wurde. Sein Schlafzimmer lag im Erdgeschoss des Hauses, gleich daneben befand sich das Zimmer der Pflegerin. Während der letzten Monate, in denen sich seine Verfassung rapide verschlechterte, hatte auch Betsy Grant ihr Schlafzimmer ins Erdgeschoss verlegt. Sie werden sehen, dass sie ihn zu beschwichtigen versuchten und ihm anschließend ein Beruhigungsmittel gaben. Seine Pflegerin bereitete ihn für die Nacht vor, kurz darauf schlief er ein.

Weiterhin werden Sie erfahren, dass Betsy Grant, gekränkt und erschüttert von dem tätlichen Angriff, am Tisch geblieben war und dabei schluchzte: ›Ich ertrage es nicht mehr. Ich ertrage es einfach nicht mehr.‹

Sie werden erfahren, dass sich die Ärzte sowie deren Frauen und Edward Grants Sohn kurze Zeit später verabschiedeten. Die Krankenpflegerin wird bezeugen, dass sie normalerweise im Zimmer neben dem von Edward Grant übernachtete, aufgrund einer plötzlichen Übelkeit aber gegen 21 Uhr ebenfalls aufbrach. Sie wird Ihnen erzählen, dass Betsy Grant ihr versicherte, sie würde sich um ihren Mann kümmern, falls das erforderlich sein sollte.

Meine Damen und Herren, die Krankenpflegerin wird Ihnen berichten, dass am nächsten Morgen, als es ihr wieder besser ging und sie ins Haus zurückkehrte, die Alarmanlage angeschaltet war. Sie wird Ihnen erzählen, dass sie sofort nach Edward Grant sah und ihn in seinem Bett vorfand, so, als würde er schlafen. Aber er war kalt und leblos. Daraufhin rief sie sofort die Polizei und eilte in Betsy Grants Schlafzimmer.«

Elliot Holmes hielt kurz inne. »Meine Damen und Herren, im Zuge der Ereignisse an jenem Morgen und an den beiden Folgetagen wurde offenbar, dass Edward Grant nicht eines natürlichen Todes gestorben ist. Sie werden von dem Polizeibeamten, der damals vor Ort war, hören, dass Edward Grant keine offensichtlichen Verletzungen aufwies; weiterhin, dass ihm sowohl von Betsy Grant als auch von der Krankenpflegerin versichert wurde, dass sich die körperliche und geistige Verfassung des Toten in der Zeit davor massiv verschlechtert habe. Der Beamte kontaktierte dazu Dr. Grants Arzt, der diese Information bestätigte.

Sie werden hören, dass Edward Grants Leichnam von Paul Hecker, dem Leiter des gleichnamigen Bestattungsinstituts, abtransportiert wurde. Mr. Hecker wird Ihnen...


Higgins Clark, Mary
Mary Higgins Clark (1927–2020), geboren in New York, lebte und arbeitete in Saddle River, New Jersey. Sie zählt zu den erfolgreichsten Thrillerautoren weltweit. Ihre große Stärke waren ausgefeilte und raffinierte Plots und die stimmige Psychologie ihrer Heldinnen. Mit ihren Büchern führte Mary Higgins Clark regelmäßig die internationalen Bestsellerlisten an. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den begehrten Edgar Award. Zuletzt bei Heyne erschienen: »Denn du gehörst mir«.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.