E-Book, Deutsch, Band 101, 64 Seiten
Reihe: Mythor
Hoffmann Mythor 101: Die Horden der Schattenzone
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8453-9853-2
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 101, 64 Seiten
Reihe: Mythor
ISBN: 978-3-8453-9853-2
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Mythor, der Sohn des Kometen, begann seinen Kampf gegen die Mächte des Dunkels und des Bösen in Gorgan, der nördlichen Hälfte der Welt. Dann, nach einer relativ kurzen Zeit des Wirkens, in der er dennoch Großes vollbrachte, wurde der junge Held nach Vanga verschlagen, der von den Frauen beherrschten Südhälfte der Lichtwelt. Und obwohl in Vanga ein Mann nichts gilt, verstand Mythor es nichtsdestoweniger, sich bei den Amazonen einen geachteten Namen zu machen. Nun aber, da Mythor zum Hexenstern gelangt ist, dem Ort, an dem die Zaubermütter Fronja, die Tochter des Kometen, in Gefangenschaft halten, weil sie von einem Deddeth besessen ist, scheint sich das Schicksal unseres jungen Helden zum Schlechten zu wenden. Mythor, der für seine geliebte Fronja selbst das höchste Opfer zu bringen bereit ist, lässt sich von den Zaubermüttern in eine Hermexe versetzen. Dieses Zaubergefäß, in dessen Innern neben Mythor und der Tochter des Kometen auch ganze Scharen von Dämonen eingesperrt sind, soll in versiegeltem Zustand in der Schattenzone deponiert werden. Doch Burra, die noch kürzlich in Mythor ihren Todfeind sah, gibt Fronja und dem Sohn des Kometen eine Überlebenschance, indem sie die Hermexe öffnen lässt. Damit beschwört die Amazone jedoch gleichzeitig eine tödliche Gefahr für sich und ihre Gefährten von der Luscuma herauf, denn es erscheinen DIE HORDEN DER SCHATTENZONE ...
Autoren/Hrsg.
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1.
Ihr Antlitz erstrahlte in vollkommener Schönheit, war anziehender als das Gesicht eines jeden anderen weiblichen Wesens, dem er jemals begegnet war.
Das lange, geflochtene Haar, das dieses wunderbare Antlitz wie ein Schein aus hellem Licht umrahmte, war einmal wie fließendes Silber, dann golden und gleich darauf wieder hellblond oder braun. Ganz gleich, welche Farbe es hatte – es war Teil dieser überweltlichen Schönheit, wie die großen, hellen Augen und die so sinnlichen Lippen.
Die Gestalt rundete das Bild der Vollkommenheit harmonisch ab. Schlank war sie, die festen Brüste und runden Hüften bedeckt von Schleiern aus feinster Seide und zu Juwelen erstarrten Tautropfen ... oder Tränen?
Fronja!
Der lautlose Schrei füllte sein Bewusstsein aus. O ja, es waren Tränen, die über die Wangen der Tochter des Kometen liefen und auf ihren Schleiern zu funkelnden Edelsteinen wurden.
Aber sie sollte nicht weinen, nicht leiden und ihn nicht mit diesem unerträglichen stummen Flehen anblicken!
Die über ihn hereinbrechende Qual, als er die Hände nach Fronja ausstreckte und sie doch nicht zu erreichen vermochte, riss ihn aus seinem Traum – aus dem Schlaf.
Er hatte ihn übermannt, nach den langen und erschöpfenden Stunden einer Flucht fort von jenem unseligen Ort, an dem er sich nach dem Bersten der Hermexe wiedergefunden hatte – zusammen mit Robbin, dem Pfader, und Fronja.
Er schlug die Augen auf und sah sie vor sich, sah sie, wie sie wirklich war.
Hinter dem Schleier, der von einem Stirnband fiel und von ihm in der Asylnische der Hermexe gehoben worden war, in der Fronja Schutz vor den Dämonen und dem Deddeth gefunden hatte, verbarg sich eine grässliche Fratze mit einer aufgeblähten Nase und einem gespaltenen, aufgeschwollenen Mund.
Das war das, was der Deddeth von der einstigen Schönheit Fronjas übriggelassen hatte – eine Grimasse der Qual und des Grauens.
Mythor prallte nicht mehr vor Entsetzen schreiend davor zurück, wie er es in der Hermexe getan hatte. Der Schleier spiegelte jene ursprüngliche Schönheit in seinem phantastischen Gespinst wider, die Fronja gewesen war, bevor sie der Deddeth befiel, jener furchtbare Schatten, der aus den erlöschenden Seelen der Toten von Dhuannin geboren war.
Es war diese Schönheit, die Mythor gefesselt hatte, seitdem er von Nottr das Pergament mit Fronjas Bildnis erhalten hatte. Fronja zu finden, dies war seither sein Trachten gewesen. Fronja vor Augen, hatte er eine um die andere Gefahr gemeistert. Fronja war es gewesen, die in ihm jene Sehnsucht entfachen konnte, die ihn unermüdlich vorantrieb auf seinem langen, steinigen Weg.
Sie stand vor ihm, ihre Hässlichkeit hinter dem Schleier aus Schönheit verborgen.
Ihre Gestalt war vollkommen verhüllt. Zu den Schleiern des weißen, bodenlangen Kleides, das sie trug, kamen jene aus Düsternis und wirbelnden Schatten, die allgegenwärtig waren und den Blick auf wenige Schritte weit begrenzten.
Mythor konnte keinen Abscheu empfinden. Im Gegenteil fühlte er sich noch stärker als zuvor zu Fronja hingezogen – wissend, dass letztendlich er an ihrem grausamen Schicksal die Schuld trug. Denn nur das auf seine Brust tätowierte Bildnis der Angebeteten hatte es dem Deddeth ermöglicht, auf sie überzuwechseln.
Er war in der Nähe, nicht sichtbar, aber da. Er mochte in den Schatten lauern, zusammen mit den Dämonen ohne Zahl, die Vanga erobern wollten und stattdessen in der Hermexe gelandet waren.
Fronja wandte sich ab. Mythor wollte sie stützen, als sich die Gestalt des Pfaders aus den Staubschleiern schälte.
Robbin zeigte noch die geringsten Spuren der Erschöpfung. Er, der hier zu Hause war, vermochte sich ungleich besser und schneller auf die Gegebenheiten dieser Welt einzustellen. Nur fünf Fuß und eine Handspanne groß, blieb er vor Mythor stehen und bog einen seiner langen, spindeldürren Arme über die Schulter.
»Ich habe ein Versteck gefunden«, erklärte er knapp. »Es ist besser, wenn ihr mir jetzt schnell dorthin folgt.«
»Ein Versteck – hier? Und weshalb sollen wir uns beeilen? Ist nicht ein Ort so sicher wie der andere?«
Robbin ging auf den Spott, der nichts anderes war als abgrundtiefe Verzweiflung, nicht ein.
»Eine dumme Frage, Mythor. Wir werden ein Versteck brauchen, wenn sie kommen.«
»Wer?«, klang Fronjas helle Stimme auf.
»Wenn ihr mir folgen wollt, dann eilt euch jetzt!«, schimpfte Robbin und drehte sich um. Jede seiner Bewegungen war wie die einer Schlange – ungeheuer geschmeidig, flink und schnell. Sein Körper war der eines Zwerges, mit Armen und Beinen und dem für ihn viel zu großen, kahlen Kopf mit den beiden großen Spitzohren, der langen schmalen Nase, dem vorspringenden breiten Mund und den großen roten Augen, die keine Lider besaßen und daher nie geschlossen werden konnten.
Mythor ertappte sich immer wieder bei der Frage, ob Robbin überhaupt einen einzigen Knochen im Leib hatte, wenn er sich drehte und bog. Dieser ganze dürre Körper war mit dünnen Banden umwickelt, die nur den Kopf, die Hände und die Füße freiließen. Inzwischen wusste der Sohn des Kometen, dass sich unter der grauen Haut hochempfindliche Tastsinne befanden. Robbin besaß die Gabe des besonderen Sehens, Hörens, Riechens und Erspürens der Umgebung. Er war in der Lage, Dinge wahrzunehmen, die anderen verschlossen blieben.
Und doch wirkte er hier wie ein Blinder – in seiner Welt.
Er hatte lange gebraucht, bis er sich selbst völlig darüber im Klaren war, wohin sie die Wucht der berstenden Hermexe geschleudert hatte.
Noch länger hatte sich Mythor dagegen gesträubt, Robbins Aussage anzuerkennen, die nur in einem kurzen Satz bestand.
Sie befanden sich weder auf dem Hexenstern, wo Mythor in die Hermexe gelangt war, noch an irgendeinem anderen Ort auf Vanga oder Gorgan – nicht einmal in der Dämmer- oder Düsterzone.
Mythor biss die Zähne zusammen und hob Fronjas geschwächten Körper auf seine Arme. Ihre Hände klammerten sich dankbar um seinen Hals, als er dem entschwindenden Pfader eilig durch die finsteren Nebel folgte.
»Dies«, hatte Robbin verkündet, »ist die Schattenzone.«
Das Reich der Dämonen. Ein Brodem aus Pestgestank und Finsternis, Staubschleiern, Irrlichtern und dahinziehenden Himmelssteinen. Der dunkle Nabel der Welt, von dem aus die Finstermächte sich anschickten, Gorgan und Vanga mit Kälte und Tod zu überziehen.
Und sie steckten mittendrin, wehrlos den Fratzen und Klauen ausgeliefert, die sich aus den Nebeln bildeten und ihr höhnisches Gelächter über das lichtlose, tote Land schickten, in dem Menschen nichts verloren hatten.
*
Das Versteck, in das Robbin sie brachte, glich einem Felsspalt, wenngleich Mythor beinahe eher geneigt war, es als eine Mauerspalte anzusehen. Denn hier, in dieser sich ständig verändernden Umwelt, schien eines Bestand zu haben: Alles war riesig, ins Gigantische verzerrt.
Es gab keine kleinen Geröllsteine, sondern nur turmhohe Felsen, die auf einer unbewachsenen, endlosen Ebene lagen. Es gab keine Risse in dieser Ebene, sondern nur tief klaffende Schluchten und unüberwindliche, schroffe Erhebungen, die sich im düsteren Wallen verloren.
»Wir sind in der Schattenzone gelandet«, hatte Robbin erklärt. »Aber fragt mich nicht, wo. Ich kenne die Schattenzone wie meine Bandagen, aber noch nie hörte ich von einem Land des Riesenhaften wie hier.«
Mythor hatte sich bislang dagegen gesträubt, sich die Bewohner dieses Landes vorzustellen. Nun aber, nach Robbins geheimnisvollen Andeutungen, schien die erste Begegnung mit ihnen unmittelbar bevorzustehen.
Noch war nichts zu hören außer dem Jaulen und Heulen von Winden oder Dämonen. Die Klänge waren zu fremd und zu grässlich, um sagen zu können, wer oder was sie nun wirklich verursachte.
Die Spalte war tief genug, um allen dreien Unterschlupf zu bieten. Mehr als zehn Fuß tief reichte sie in das Gestein hinein, dessen Poren so groß wie Männerfäuste waren.
Mythor drückte Fronja sanft an sich und strich ihr voller Zärtlichkeit über das schulterlange, goldgelbe Haar.
Sie wird ihre Schönheit zurückerlangen!, sagte sich der Sohn des Kometen. Gewisse Anzeichen für diese Hoffnung glaubte er bereits entdeckt zu haben, als er ihren Schleier zum letzten Mal hob.
Mythor wünschte sich, dass sie an seiner Schulter wenigstens für eine Weile Schlaf finden würde. Nicht nur körperlich war sie noch ausgezehrt. Die Wunden in ihrem Geist bedurften ebenso Zeit, um zu heilen.
Sie hatten sich ganz in den Spalt zurückgezogen. Allein Robbin stand an einer der beiden scharfen Felskanten und schien nach etwas Ausschau zu halten.
»Willst du uns jetzt nicht sagen, auf wen wir hier warten?«, fragte der Gorganer.
Robbin winkte mit einem Arm ab.
Konnte er aus dem Heulen, Jaulen, Brausen und all den anderen unentwirrbaren Geräuschen schlau werden? Wusste er doch mehr, als er preiszugeben bereit war?
»Ich kann sie nicht deuten«, sagte der Pfader, als hätte er Mythors Gedanken gelesen. »Weder die Laute noch die anderen Zeichen. Aber das ist jetzt alles ohne Belang. Eine der Grundregeln für jeden Pfader, der sich in unbekannte Gefilde der Schattenzone verirrt hat, lautet: Sieh zu, dass du die ersten Stunden überlebst – dann stelle dir Fragen!«
Mythor drängte es weiter, in der Hoffnung, irgendwo einen Anhaltspunkt zu finden, ohne dass er sich vorstellen konnte, wie dieser beschaffen sein sollte. Wie weit waren sie eigentlich gekommen – in einer Welt, in der alles ins Riesenhafte zu wachsen schien?
Er...




