Janotta | Der alte Mann im Weinberg. | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 372 Seiten

Janotta Der alte Mann im Weinberg.


1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7557-2909-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 372 Seiten

ISBN: 978-3-7557-2909-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wir können nicht dauernd vor unsere Richter treten und um Gnade winseln, nur weil unsere Eltern Mist gemacht haben. Unsere Aufgabe ist es, den Mist zu erkennen und es besser zu machen. Das war es, was der alte Mann immer jedem gesagt hatte, solange er noch jung war. Aber hatte er es besser gemacht? Hatte er den Zustand der nicht vorhandenen Liebe aus seiner Herkunft hinter sich lassen können und seinen Kindern eine bessere Familie geboten? Der alte Mann sitzt jede freie Minute oben auf seiner Bank im Weinberg und denkt darüber nach. Manchmal möchte er einfach sterben und von vorne beginnen; manchmal peinigen ihn seine Erinnerungen an das Kind; manchmal ist er eine Sekunde lang glücklich, wenn diese neue, fremde Familie zeigt, wie sehr sie ihn braucht. Aber dann steht plötzlich der Besucher vor ihm, und alles kommt wieder hoch. Seine großen Lebens-Pläne; seine Sehnsucht nach Diamanten; sein unstillbares Verlangen nach Liebe; seine verzweifelten Bemühungen nach Erfolg. Hunderte mal hatte er die Chance, zufrieden zu sein, er musste aber glücklich sein wollen. Hunderte mal hätte er seine Familie haben können; er musste das perfekte Liebes-Nest haben wollen. Hatte er darüber nicht nur Maria, sondern auch seinen Jungen verloren? Und war es notwendig diese aufwendigen Jahre in Afrika mit Intrigen und Politik, mit Verletzungen und Krankheit, mit Liebe und Hass, mit Mord und Totschlag, und mit Maria zu durchleiden, nur um zu erkennen, dass Glücklichsein einfacher gehen könnte als mit größtem Aufwand? Wird er es wenigstens auf seine alten Tage schaffen, den Mist hinter sich zu lassen, oder ist unglücklich Sein das Schicksal das der Kosmos, mit dem er pausenlos diskutiert, für ihn bereit hält? Hat er, der als Achtundsechziger immer gewusst hat, wie man die Welt glücklich macht, gewusst, wie man sich selbst glücklich macht? Ist es das, was der Besucher will? Und warum muss es dann dieses unerwartete Ende sein?

Geboren 1950, Unternehmer seit 1975, 12 Sach-Bücher, 2 Koch-Bücher, 3 Online-Akademien, zahlreiche eBooks. ... Und 14 Jahre allein erziehender Vater.

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1 – Der Besucher - und alles kommt wieder hoch.
„Dort oben sitzt er“ sagte der junge Mann, „dort oben am Rand des Wein-Bergs. Dort sitzt er immer, schon seit vierzehn Jahren, stundenlang am Tag“. Der Besucher schaute hinauf und konnte nicht viel erkennen, nur einen weißen Punkt auf einer Bank. Ein weißer Punkt, den er später als die Haare des alten Mannes erkennen sollte. Weiße Haare, an die er sich nicht erinnern konnte. Einen reglosen weißen Punkt. Etwas unsicher schaute er den jungen Mann an. „Gehen Sie nur hinauf, der Weg ist öffentlich. Sie brauchen vielleicht zehn Minuten, und vielleicht tut ihm ja Ihr Anblick gut“. „Geht es ihm nicht gut?“ fragte der Besucher? „Wir wissen es nicht. Er ist seit vierzehn Jahren bei uns, aber wir wissen es nicht. Es gibt Tage, da spricht er gar nicht, außer „Danke“, wenn er vom Essen aufsteht, und es gibt Tage, da spricht und singt er mit den Kindern. Aber wirklich wissen tun wir´s nicht.“ Der junge Mann wirkte nachdenklich, wie so oft in den letzten Jahren. Er dachte nicht oft über den alten Mann nach, wie er sich damit abgefunden hatte, wie er war – nett, freundlich, kinderlieb, hilfsbereit – aber eben sehr, sehr still. Und heute früh schien er noch stiller zu sein als sonst, irgendwie in Gedanken. Gedanken, die wohl nur er verstehen konnte. Vielleicht traurig? Aber das konnte der junge Mann nicht beurteilen, weil er den alten Mann zu wenig kannte – nach vierzehn Jahren. Seine junge Frau schien ihn besser zu verstehen. Sie dachte nicht so viel nach, sondern nahm ihm, wie er war. Und das schien der alte Mann zu genießen. Immer wenn sie ihm über den Hand-Rücken streichelte, oder das kleinste Mädchen auf seinen Schoß setze, schien sich der Hauch eines Lächelns auszubreiten. Ein Lächeln, dessen Spuren er im Gesicht des alten Mannes immer vergeblich suchte. Aber es war eine unausgesprochene Regel zwischen den beiden jungen Leuten, dass sie zufrieden waren, wenn dieses Lächeln zu spüren war. Und sie spürten es. Ob es der alte Mann auch spürte, wussten sie nicht. Sie hatten in den letzten Jahren nie mehr versucht, darüber zu sprechen. Immer wenn sie es versucht hatten, war er auf seine Bank im Wein-Berg gegangen. So wie heute. Alles hatte normal begonnen. Der alte Mann war aus seiner kleinen Wohnung zum Frühstück gekommen und hatte die Kleinste auf den Schoß genommen. Aber irgendwie schien er abwesend. So als ob er etwas ahnte. Er hatte kaum etwas gegessen. Er aß ohnehin nie viel zum Frühstück. Der junge Mann und seine Frau liebten ausgedehnte Frühstücks-Feste mit den Kindern. Der alte Mann trank seinen schwarzen Tee und seinen Aloe-Saft. Sie wussten, dass er die Bauern-Brote mit der selbst gemachten Marmelade auch liebte, Marmelade, die er in den Jahren oft selbst gekocht hatte. Nachdem er stundenlang unterwegs war und Holunder und Äpfel mitgebracht hatte. Er schien es zu lieben, in der Küche zu stehen und daraus Marmelade zu kochen. Und es schien ihn manchmal doch ein bisschen zu freuen, wenn andere seine Marmelade lobten. Auch wenn die Kleinste sich das neue Kleid über und über mit dieser tiefroten Marmelade bekleckerte. Aber es schien ihm zu genügen, dass sich die Familie freute. Für ihn selbst war es wohl nur Ernährung, anders als früher. Und heute früh hatte die kleine Julie versucht, ihn von seinem Brot abbeißen zu lassen. Er war abwesend und hatte es kaum bemerkt. Erst als er einen ganz unabsichtlichen Bissen im Mund hatte, schien er zu bemerken, was geschah und begann mechanisch zu kauen. Er blickte kurz in das Kinder-Gesicht, und tat etwas, was er auch schon lange nicht mehr getan hatte. Er seufzte. Da wussten Sie, dass er heute wieder lange im Wein-Berg sitzen würde. Und dabei war alles ganz normal. Irgendwie schien er etwas zu ahnen. Der junge Mann wusste nicht, warum er das alles dem Besucher erzählte. Doch, natürlich wusste er es, aber es schien ihm so unwirklich. Seine Frau war mit den beiden großen Kindern zuerst in die Schule gefahren, und dann mit der Kleinen zur Oma. Sie wollen der Kleinen, die anscheinend nur noch wuchs, neue Schuhe kaufen. Und der junge Mann war froh darüber allein zu sein, denn er wollte das ganze Unkraut von der Einfahrt entfernen. Das war für ihn immer so etwas wie Erholung. Er konnte nachdenken, musste es aber auch nicht, er konnte singen und keiner hörte es, er konnte sich mit einer Flasche Bier in den Schatten setzen und über das Tal schauen. So wie es der alte Mann oben im Wein-Berg auch tat. Er konnte einen Moment bei sich sein. Anscheinend brauchte er weniger Momente, wo er nur bei sich sein wollte als der alte Mann. Also war er in den Schuppen gegangen und hatte einen großen Weiden-Korb, eine Hacke und die kleine Schaufel geholt, war die Auffahrt hinter gegangen und hatte begonnen, das wild wuchernde Unkraut aus den gepflasterten Abfluss-Rinnen links und rechts auszugraben. Er wusste, dass Unkraut nicht einfach Unkraut war, sondern einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Aber er hatte es aufgegeben, das mit andren zu diskutieren. Einmal waren nach einem Platz-Regen Unmengen von Wasser, die wegen des wuchernden Unkrautes den Weg in die Kanalisation nicht gefunden hatten, in den Vorgarten der alten Beunewitz gelaufen und hatten die frisch angepflanzten Rosen weggespült. Den Ärger wollte er wirklich nicht öfter haben. Seit dieser Zeit entfernte er das „Unkraut“, wie heute. Manchmal hatte es auch der alte Mann getan, aber immer schweigsam und am liebsten allein. Nur sein Rücken schien das immer öfter nicht mehr mitmachen zu wollen. Und sein Bein. Und dann war dieser Wagen die Auffahrt herauf gekommen. Hatte neben ihm angehalten und nach dem alten Mann gefragt. Der Besucher kannte dessen Namen. Von dieser Stelle aus konnte man die Bank im Wein-Berg nicht sehen, und es musste auch eine hölzerne Schranke geöffnet werden. Aber der Besucher wollte nicht hinauf fahren. Er stellte sein Cabrio vor dem Haus ab und nach einem Blick zum Himmel ließ er es offen. Er wollte hinauf gehen. Und dann sagte er etwas, was den jungen Mann völlig erschütterte. Er schaute den Besucher entgeistert an und konnte es kaum glauben. Er schaute in sein Gesicht und suchte nach Spuren, die er kennen würde. Aber dieses Gesicht war glatt und jung. Er sah keine Spuren. Aber er ahnte, dass dieser Tag für den Besucher und für den alten Mann etwas Besonderes sein würde. Er wies ihm den Weg, und das war der Moment, an den der Besucher zum ersten Mal diesen fremden weißen Punkt sehen konnte. Und er schien zu zögern. „Darf ich Sie etwas fragen?“ „Klar, bitte“. „Wie geht es ihm, und warum sitzt er so allein dort oben?“ „Wir wissen es nicht. Wir haben uns das schon hundertmal selbst gefragt, aber wir haben noch keine Antwort gefunden“. Der Besucher schaute bestürzt. Das hatte er nicht erwartet. „Und hat er schon mal etwas von seiner Familie erzählt?“. Bei jeder Frage suchte sein Blick den weißen Punkt dort oben, und der junge Mann hatte nicht den Eindruck als ob seine Antworten wirklich gehört wurden. Deshalb zögerte er etwas, bevor er antwortete: „Er erzählt überhaupt sehr wenig, nein von seiner Familie wissen wir nichts. Vielleicht meine Frau, sie weiß mehr von ihm“. Jetzt war er sich sicher, dass der Besucher nicht zugehört hatte. Zuerst wollte er sich ein bisschen ärgern, dann folgte er aber dem Blick nach oben und spürte, dass es eine ganz besondere Sache sein musste, die die beiden verband. Der Besucher schaute nur noch nach oben; und es schien als wollte er die Antworten am liebsten im Gehen hören. Aber der junge Mann wollte nicht mitgehen. Nicht nachdem er gehört hatte, was er gehört hatte. Als der Besucher los gegangen war schaute er ihm nach. Er wusste nicht, ob er sich freuen sollte, oder ob irgend etwas nicht stimmte. Er hatte ein komisches Gefühl. Der Besucher schien sich zu freuen und er schien es kaum erwarten zu können, oben zu sein, aber dann sah der junge Mann ganz deutlich die vierzehn Jahre Traurigkeit des alten Mannes. Er konnte es sich nicht vorstellen. Oder doch? Natürlich, es wäre eine Erklärung. Der junge Mann setzte sich kurz auf die Mauer neben der Schranke und schaute zu, wie der Besucher über eine der Versorgungs-Treppen des Wein-Berges hinauf stieg. Es war der kürzeste Weg, die Auffahrt war länger. Aber er hatte auch das Gefühl, hier nicht sitzen zu dürfen. Er hatte das Gefühl, zu stören. Also ging er wieder hinunter und machte er sich an sein Unkraut, aber er war nicht mehr bei der Sache. Er hatte das Gefühl, irgend etwas anderes tun zu müssen, irgend wie gebraucht zu werden. Dann sah er die frischen Rosen der Beunewitz, die ihm heute irgendwie bedrohlich schienen, und er machte weiter. Er konnte von der unteren Auffahrt die Bank im Wein-Berg nicht sehen. Der Besucher stieg Treppe für Treppe hinauf. Er konnte kaum auf den Weg schauen. Er musste immer wieder nach dem alten Mann sehen. Er stolperte ein paar Mal, aber sein Blick hing oben. Anfangs war der Blick immer wieder durch Wein-Stöcke verstellt, aber nach einer kleinen Biegung führte er gerade auf die Bank zu. Ob der alte Mann ihn gesehen hatte? Nichts deutete...



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