Kaaberbøl | Wildhexe - Das Labyrinth der Vergangenheit | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 5, 176 Seiten

Reihe: Wildhexe

Kaaberbøl Wildhexe - Das Labyrinth der Vergangenheit


1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-446-24840-3
Verlag: Carl Hanser
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 5, 176 Seiten

Reihe: Wildhexe

ISBN: 978-3-446-24840-3
Verlag: Carl Hanser
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Tante Isa ist bei dem Versuch, Clara zu helfen, einem geheimnisvollen Zauber zum Opfer gefallen. Claras Vater liegt verletzt im Krankenhaus und ihre Mutter kämpft mit Erinnerungen an alte Hexen-Prüfungen, bei denen sie ihre beste Freundin verlor. Clara und ihr Freund Oscar müssen allein versuchen, den Rätseln der wilden Welt auf die Spur zu kommen. Doch erst als Claras Mutter ihren Widerstand gegen die Wildhexerei aufgibt, durchdringen sie das Labyrinth der Vergangenheit - und können so der wilden Welt, den Tieren und Claras Freunden helfen. Der fünfte Band der preisgekrönten Abenteuerserie für alle Tier- und Naturfreunde.

Lene Kaaberbøl, 1960 in Kopenhagen geboren, ist eine der bekanntesten und umsatzstärksten dänischen Kinderbuchautorinnen. Sie wird von der Presse und vom Publikum gleichermaßen geschätzt. Ihr erstes Buch veröffentlichte sie mit 15, seitdem hat sie über 30 Bücher für Kinder- und Jugendliche geschrieben. Ihre Fantasy-Serien werden in 25 Sprachen übersetzt. Mit vielen Preisen ausgezeichnet, war sie zuletzt für den Hans-Christian-Andersen Preis 2014 sowie für den Astrid Lindgren Memorial Award nominiert. Ihre Serie über die Wildhexe Clara wurde 2012 in einer großen Gala mit dem wichtigsten und größten Kinderbuchpreis Dänemarks ausgezeichnet, dem Orla-Preis des staatlichen dänischen Fernsehens DR. Im Hanser Kinderbuch erschienen 2014 die ersten drei Bände der Reihe Wildhexe - Die Feuerprobe, Wildhexe - Die Botschaft des Falken sowie Wildhexe - Chimäras Rache. Im Frühjahr 2015 folgten Band 4 und 5 ( Wildhexe - Blutsschwester und Wildhexe - Das Labyrinth der Vergangenheit), im Herbst 2015 wurde die Reihe mit dem sechsten Band Wildhexe - Das Versprechen abgeschlossen.
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1 EINE ERSTARRTE SEKUNDE


»Was hast du mit meinem Vater gemacht?«

Kahla stand in der Tür. Ich hatte sie nicht kommen hören, aber das war vielleicht gar nicht so überraschend – ich hatte auf dem Sofa geschlafen wie ein Bär im Winterschlaf, auf dem Bauch das leise schnarchende Katerchen, halb versteckt unter Tante Isas alter Wolldecke. Draußen war es stockfinster, und ich hatte das verwirrende Gefühl, es wäre mitten in der Nacht.

Wirklich überraschend war dagegen, dass Tumpe keinen Mucks von sich gegeben hatte. Normalerweise drehte er völlig durch, wenn sich einer seiner Lieblingsmenschen dem Haus näherte, aber dieses Mal stand er einfach mitten im Zimmer und sah verwirrt aus. Es schien, als wäre er genauso überrumpelt wie ich.

Mama war immer noch nicht wieder da, stellte ich fest. Aber nachdem sie den ganzen Weg zurück in die Merkurgade fahren, Oscar abliefern und alles zusammenpacken musste, was sie für die eine Woche in Tante Isas Haus brauchen würde, die sie mir versprochen hatte … Und dann sollte ja auch noch Papa aus dem Krankenhaus entlassen werden. So was konnte dauern, das wusste ich aus eigener Erfahrung.

Kahla war triefnass, aber noch etwas an ihr war ungewöhnlich. Sie war nicht wie sonst in drei Mäntel, vier leuchtend bunte Schals und mindestens zwei Wollmützen eingepackt. Sie hatte nur einen ganz gewöhnlichen schwarzen Regenmantel an und nichts auf dem Kopf – außer Haaren natürlich.

Kahlas Haare sind pechschwarz, glänzend und dick – und in diesem Moment waren sie außerdem noch nass.

»Regnet es?«, fragte ich dumm. Ich war wohl immer noch nicht ganz wach.

»Mein Vater«, wiederholte sie, und ihre Stimme klang wütend und kalt. »Wo ist er? Was ist mit ihm passiert?«

Schlagartig war alles wieder da. Wie um alles in der Welt sollte ich Kahla erklären, dass Meister Millaconda steif wie eine Statue in einem Bett in der großen Eingangshalle von Vestmark lag, ganz genauso wie Tante Isa, Frau Pomeranze, Shanaia und Herr Malkin? Tante Isas gesamter Hexenkreis. Sie alle lagen dort, und ich konnte nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob sie tot oder lebendig waren.

»Es … es ist etwas passiert«, sagte ich.

Kahla war trotz ihrer sonnengebräunten Haut ohnehin schon blass gewesen. Jetzt wurde sie noch blasser.

»Was?«, fragte sie. »Jetzt sag schon!«

Also musste ich wohl damit herausrücken. Der ganze schreckliche Kampf in der Grotte, bei dem Bravita Blutsschwester aus ihrem vierhundert Jahre alten Gefängnis entkommen war und versuchte hatte, durch mich ins Leben zurückzukehren.

»Sie wollte mich verschlingen«, sagte ich leise. »Dann wäre in mir keine Clara mehr gewesen, sondern nur noch Blutsschwester. Kater und Tante Isa haben versucht, sie aufzuhalten, aber sie waren nicht stark genug. Und dann … dann habe ich gerufen. So, wie Herr Malkin es mir beigebracht hat: Adiuvate. Und sie sind gekommen. Alle. Der ganze Kreis. Gemeinsam haben sie die Blutsschwester abwehren können, doch … doch … danach waren sie … nicht tot, zumindest glaube ich das nicht, aber wie erstarrt. Und … und … das sind sie immer noch.«

»Wo?«, fragte Kahla nur.

»In Vestmark.«

Sie stellte sich ganz dicht vor mich.

»Zeig es mir«, sagte sie.

Ich bekam fast Angst vor ihr. Ich wusste zwar, dass sie manchmal ziemlich verschlossen und feindselig wirken konnte, auch wenn sie gar nicht unbedingt in der Stimmung war, einen in irgendetwas Warziges, Ekliges, Krötenartiges zu verwandeln, aber … also, wenn sie einen so ansah, war das doch wirklich kein Wunder.

Du hast ihr eben erzählt, dass ihr Vater mehr tot als lebendig ist, ermahnte ich mich. Hast du erwartet, dass sie einfach lächeln und das ganz in Ordnung finden würde?

»Jetzt?«, fragte ich und hörte selbst, dass meine Frage genauso dumm und unüberlegt klang wie die mit dem Regen.

»Ja. Jetzt!«

Sie streckte mir ihre Hand entgegen, als wollte sie mich mit Gewalt auf die Beine ziehen. Plötzlich war das Katerchen nicht mehr die kleine, schlafende und nahezu unsichtbare Beule unter der Decke. Er richtete sich zu voller Größe auf – es waren so circa zwanzig Zentimeter – und fauchte Kahla böse an.

Kahla zog die Hand zurück.

»Was ist das?«, fragte sie.

»Katerchen«, sagte ich.

»Ja, danke, ich sehe sehr wohl, dass das ein Kater ist, aber was macht er –«, sie unterbrach sich selbst und musterte Katerchen und mich genauer.

»Wo ist Kater?«, fragte sie dann.

Meine Sehnsucht nach ihm wurde so groß, dass ich kaum einen Ton herausbrachte.

»Er … kommt nicht mehr«, flüsterte ich.

»Und stattdessen hast du diese halbe Portion bekommen?«

»Er ist keine … Ich weiß selbst, dass er noch nicht besonders groß ist, aber …« Sie schüttelte den Kopf. »Ist mir egal, solange der Zwerg uns nicht aufhält. Jetzt komm!«

Katerchen riss die Schnauze wieder weit auf und fauchte, dieses Mal ziemlich leise. Ganz eindeutig war das zwischen ihm und Kahla nicht gerade Liebe auf den ersten Faucher.

Ich drückte ihn an mich, als ich aufstand. Ich wollte nicht, dass er Kahla tatsächlich angriff – das wäre ihm mit Sicherheit nicht gut bekommen.

»Wo geht ihr hin?«, fragte Nichts verschlafen auf ihrer Schlafstange neben dem Holzofen.

»Nach Vestmark«, sagte Kahla. »Ich will meinen Vater sehen!«

Meister Millaconda lag auf dem Rücken und starrte in die Luft. Er sah ziemlich grimmig aus, denn seine Stirn war so stark gerunzelt, dass sich seine schwarzen Augenbrauen beinahe in der Mitte berührten. Es war exakt derselbe Gesichtsausdruck, den er unten in der Grotte gehabt hatte. Es hatte sich nichts verändert. Keiner von ihnen, auch nicht Tante Isa, hatte sich auch nur einen Millimeter bewegt, seit Oscar und ich sie am Vortag zurückgelassen hatten.

Nachdem jetzt fünf Matratzen darin lagen, kam mir die große Halle gar nicht mehr so groß vor wie sonst. Sieht aus wie ein Krankenhauszimmer, dachte ich. Und konnte mich selbst nicht daran hindern weiterzudenken: oder eine Grabkammer.

Kahla stieß einen Laut zwischen Japsen und Schluchzen aus. Sie stürzte zu ihrem Vater, sank neben seine Matratze und nahm seine Hand. Aber sie ließ sie sofort wieder los.

»Er ist ja ganz kalt!«, sagte sie. »Wieso habt ihr nicht dafür gesorgt, dass er ordentlich warm ist?«

Ich versuchte ihr zu erklären, dass wir uns ja bemüht hatten, mit Decken und Kaminfeuer und Wärmflasche und allem.

»Es macht keinen Unterschied«, sagte ich. »Es ist einfach so.«

Sie hörte nicht zu. Sie hielt die Hand ihres Vaters wieder fest, und der Wildgesang strömte aus ihr heraus, hoch, scharf und brennend, fast wie eine Ohrfeige. Mein Herz machte einen hoffnungsvollen Satz, und ich spähte nach einer Reaktion, einem Lebenszeichen, nach irgendetwas anderem als dieser schrecklichen Reglosigkeit. Soweit ich es sehen konnte, tat sich nichts, außer dass Kahla sichtbar müder wurde, je länger sie sang. Trotzdem machte sie weiter und weiter, fast eine Stunde lang, glaube ich, bis ihre Stimme brüchig wurde und sie selbst so erschöpft war, dass ich ihr auf die Beine helfen musste, als sie schließlich aufgab.

»Es wirkt nicht«, sagte sie heiser. »Wieso wirkt es nicht?«

»Ich weiß es nicht«, antwortete ich.

»Ich verstehe nicht, wieso es nicht wirkt …« Sie konnte sich kaum auf den Beinen halten, und ich musste ihr in die Küche helfen, damit sie sich hinsetzen konnte. Nichts flatterte bekümmert hinter uns her und stieß dabei einen Schwall kleiner »Oh nein, oh nein, oh nein«-Ausrufe aus.

Über dem Küchentisch hing ein Haken. Nichts schaute unvermittelt hoch, und ich konnte sehen, wie sich ihr Gefieder aufstellte. An dem Haken hatte damals ein Käfig gehangen, und in diesem Käfig hatte ich Nichts das erste Mal gesehen. Ein kümmerliches, schniefendes und verdrecktes kleines Wesen, das die Erwartungen seiner Schöpferin nicht erfüllen konnte und nur in diesen Käfig gesteckt worden war, weil es Chimära auf die Nerven ging, dass Nichts ihr überallhin folgte. Sie hatte nicht gewusst, was die Worte »Freund« und »Freiheit« bedeuteten. Das lernte sie erst jetzt nach und nach, und es war bestimmt nicht schön für sie, wieder hier zu sein. Auch als sich ihr Gefieder nach ein paar Minuten wieder glättete, sah sie ängstlicher aus als sonst. Und nicht nur wegen ihrer Erinnerungen, wie sich zeigte.

»Wieso sind sie so still?«, fragte sie. »Isa … sie … ihre Augen sind ganz starr. Glaubst du, es tut ihr weh?«

»Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Hast du eine Ahnung, was ihnen fehlt?« Ich hoffte so sehr, dass Kahla eine Antwort hatte. Sie war eine wirklich gute Wildhexe, viel besser als ich.

Aber Kahla schüttelte den Kopf.

»Ich habe so etwas noch nie gesehen«, antwortete sie. »Es sieht so aus, als … als wären sie erstarrt. Vielleicht hängt das irgendwie mit der Zeit zusammen.«

»Was meinst du?«

»Mein Vater hat mal gesagt, wenn man etwas wirklich Heftiges, Großes ausführt – also etwas Magisches –, dann macht das etwas mit der Zeit. So, als würde sie langsamer vergehen oder sogar für ein paar Sekunden anhalten.«

Ich dachte an die Male zurück, in denen ich »etwas wirklich Heftiges, Großes« miterlebt hatte. Ich konnte mich gut an das Gefühl erinnern, als würde die Zeit stehen bleiben – als würde alles in Zeitlupe ablaufen.

Wenn Kahla recht hatte – hieß das dann, dass die fünf...


Kaaberbøl, Lene
Lene Kaaberbøl, 1960 in Kopenhagen geboren, ist eine der bekanntesten und umsatzstärksten dänischen Kinderbuchautorinnen. Sie wird von der Presse und vom Publikum gleichermaßen geschätzt. Ihr erstes Buch veröffentlichte sie mit 15, seitdem hat sie über 30 Bücher für Kinder- und Jugendliche geschrieben. Ihre Fantasy-Serien werden in 25 Sprachen übersetzt. Mit vielen Preisen ausgezeichnet, war sie zuletzt für den Hans-Christian-Andersen Preis 2014 sowie für den Astrid Lindgren Memorial Award nominiert. Ihre Serie über die Wildhexe Clara wurde 2012 in einer großen Gala mit dem wichtigsten und größten Kinderbuchpreis Dänemarks ausgezeichnet, dem Orla-Preis des staatlichen dänischen Fernsehens DR. Im Hanser Kinderbuch erschienen 2014 die ersten drei Bände der Reihe Wildhexe - Die Feuerprobe, Wildhexe - Die Botschaft des Falken sowie Wildhexe - Chimäras Rache. Im Frühjahr 2015 folgten Band 4 und 5 ( Wildhexe - Blutsschwester und Wildhexe - Das Labyrinth der Vergangenheit), im Herbst 2015 wurde die Reihe mit dem sechsten Band Wildhexe - Das Versprechen abgeschlossen.

Buchinger, Friederike
Friederike Buchinger, geboren 1973, studierte Germanistik und Skandinavistik und übersetzt sowohl Kinder- und Jugendbücher als auch Romane und Thriller aus dem Dänischen, Norwegischen und Schwedischen. Mit ihrer Familie lebt sie in der Pfalz.

Lene Kaaberbøl, 1960 in Kopenhagen geboren, ist eine der bekanntesten und umsatzstärksten dänischen Kinderbuchautorinnen. Sie wird von der Presse und vom Publikum gleichermaßen geschätzt. Ihr erstes Buch veröffentlichte sie mit 15, seitdem hat sie über 30 Bücher für Kinder- und Jugendliche geschrieben. Ihre Fantasy-Serien werden in 25 Sprachen übersetzt. Mit vielen Preisen ausgezeichnet, war sie zuletzt für den Hans-Christian-Andersen Preis 2014 sowie für den Astrid Lindgren Memorial Award nominiert. Ihre Serie über die Wildhexe Clara wurde 2012 in einer großen Gala mit dem wichtigsten und größten Kinderbuchpreis Dänemarks ausgezeichnet, dem Orla-Preis des staatlichen dänischen Fernsehens DR. Im Hanser Kinderbuch erschienen 2014 die ersten drei Bände der Wildhexe-Reihe „Die Feuerprobe“, „Die Botschaft des Falken“ sowie „Chimäras Rache“. Im Frühjahr 2015 folgten Band 4 und 5 („Blutsschwester“ und „Das Labyrinth der Vergangenheit“), im Herbst 2015 wird die Reihe mit dem sechsten Band „Das Versprechen“ abgeschlossen.



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