Kaaberbøl | Wildhexe - Die Botschaft des Falken | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 176 Seiten

Reihe: Wildhexe

Kaaberbøl Wildhexe - Die Botschaft des Falken


1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-446-24564-8
Verlag: Carl Hanser
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 2, 176 Seiten

Reihe: Wildhexe

ISBN: 978-3-446-24564-8
Verlag: Carl Hanser
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Clara hat eine ganz besondere Verbindung zur Natur, denn sie verfügt über den Wildsinn und kann mit Tieren sprechen. Sie ist eine Wildhexe. Bei den anderen Hexen ist sie, seit sie bei der Feuerprobe ihre Magie unter Beweis gestellt hat, akzeptiert, aber in der Schule wird sie rücksichtslos gemobbt. Nur ihr Wildfreund, der schwarze Kater Kat, und ihr Mitschüler Oscar halten zu ihr. Gemeinsam werden die drei von einem geheimnisvollen Turmfalken in ein Haus gelockt. Dort hält die alte Hexe Chimära seltsame Geschöpfe gefangen ... Das zweite spannende Abenteuer der sympathischen Wildhexe.

Lene Kaaberbøl, 1960 in Kopenhagen geboren, ist eine der bekanntesten und umsatzstärksten dänischen Kinderbuchautorinnen. Sie wird von der Presse und vom Publikum gleichermaßen geschätzt. Ihr erstes Buch veröffentlichte sie mit 15, seitdem hat sie über 30 Bücher für Kinder- und Jugendliche geschrieben. Ihre Fantasy-Serien werden in 25 Sprachen übersetzt. Mit vielen Preisen ausgezeichnet, war sie zuletzt für den Hans-Christian-Andersen Preis 2014 sowie für den Astrid Lindgren Memorial Award nominiert. Ihre Serie über die Wildhexe Clara wurde 2012 in einer großen Gala mit dem wichtigsten und größten Kinderbuchpreis Dänemarks ausgezeichnet, dem Orla-Preis des staatlichen dänischen Fernsehens DR. Im Hanser Kinderbuch erschienen 2014 die ersten drei Bände der Reihe Wildhexe - Die Feuerprobe, Wildhexe - Die Botschaft des Falken sowie Wildhexe - Chimäras Rache. Im Frühjahr 2015 folgten Band 4 und 5 ( Wildhexe - Blutsschwester und Wildhexe - Das Labyrinth der Vergangenheit), im Herbst 2015 wurde die Reihe mit dem sechsten Band Wildhexe - Das Versprechen abgeschlossen.
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5  SHANAIAS GESCHICHTE


Der Holzofen knisterte, und Tumpe hatte seinen Kopf und ein ganzes Stück seines Vorderteils auf meinen Schoß gelegt. Er war so schwer, dass meine Beine langsam taub wurden, aber ich schob ihn nicht weg, denn es war schön warm und irgendwie beruhigend, dass er da war. Luffe hatte sich neben Oscars Füßen zusammengerollt und schnarchte laut.

Aber das war’s dann auch schon mit Gemütlichkeit.

»Als sie mir Vestmark weggenommen haben«, sagte Shanaia, »wollten viele mich trösten, indem sie mir sagten, dass es doch so viele schöne Orte gebe, an denen man wohnen kann. Sie haben gar nichts kapiert. Ich bin in Vestmark geboren. Aber es ist mehr als nur das. Ich gehöre dort hin – auf eine Weise, die ich nicht richtig erklären kann. Es gibt etwas in mir … das dort festsitzt. Wie Tang auf einem Stein. Ich kann herumreisen, ich kann an anderen Orten sein – aber ich kann nirgends sonst wohnen. Versteht ihr das?«

Sie sah so blass und mitgenommen aus, dass ich nickte, obwohl ich nicht sicher war, dass ich wirklich begriffen hatte, was sie meinte. Redete sie von einer Art Heimweh? Heimweh konnte ich gut nachvollziehen. Ich vermisste die Merkurgade auch oft, wenn ich bei Tante Isa oder im Kastanjevej bei meinem Vater war.

Wobei … mit dem Kastanjevej war es jetzt ja auch vorbei. Ich erinnerte mich plötzlich an den Stich, den es mir versetzt hatte, als Papa mir erzählte, dass er das Haus verkauft hatte. Vielleicht empfand Shanaia etwas Ähnliches? Nur schlimmer?

»Ich war so klein, als meine Eltern starben, dass ich mich kaum an sie erinnern kann. Aber an Vestmark erinnere ich mich genau.«

Ich hatte zwar gewusst, dass Chimära Shanaia auf irgendeine Weise das Elternhaus gestohlen hatte, aber nicht dass Shanaia ein Waisenkind war. Allein der Gedanke, beides zu verlieren, die Eltern und das Zuhause … Ich verspürte eine Welle des Mitgefühls.

»Dein Lebensstrang ist ungewöhnlich«, sagte Tante Isa plötzlich. »Er verbindet dich nicht nur mit allem Lebendigen, so wie die Lebensstränge anderer Menschen, sondern hat, wenn man so will, eine zusätzliche Wurzel.«

Shanaia nickte. »Das ist Vestmark. Du verstehst es!« Ihre angespannten Gesichtszüge wurden weicher, die Hand, mit der sie herumgefuchtelt hatte, während sie versuchte, sich zu erklären, sank auf die Häkeldecke und blieb liegen.

Ich betrachtete Shanaia, aber ich konnte nichts anderes erkennen als eine erschöpfte, schrecklich blasse junge Wildhexe mit viel zu vielen Schrammen und blauen Flecken. Es war offenbar noch ein weiter Weg, bis ich auch nur halb so geschickt in diesen Dingen werden würde wie Tante Isa.

»Als die Rabenmütter Chimära ächteten, war Vestmark das Erste, woran ich dachte. Dass sie es ihr jetzt wieder wegnehmen und mir zurückgeben mussten.«

»Ja, aber das haben sie doch auch getan?«, sagte ich. Ich meinte mich zu erinnern, dass Tante Isa in ihrem Weihnachtsbrief an mich etwas in dieser Richtung erwähnt hatte.

»Ja und nein. Sie gaben mir das Recht an Vestmark zurück – aber sie wollten mir nicht helfen, Chimära von dort zu vertreiben.«

»Viele Raben sind gestorben«, sagte Tante Isa. »Es wird noch mindestens ein Jahr dauern, bis die Rabenmütter wieder so mächtig sind, wie sie es vorher waren.«

»Ja. Sie haben gesagt, ich müsse warten. Aber … das konnte ich nicht.« Sie tastete nach ihrer Lederjacke, die auf der Rückenlehne des Sofas lag. Dann reichte sie mir ein zerschlissenes Portemonnaie. »Schau.«

Ich nahm das Portemonnaie, ohne so ganz zu kapieren, wieso ausgerechnet ich es nehmen sollte. Es waren weder Geld noch Kreditkarten darin. Das Portemonnaie war vollkommen leer, bis auf eine zerknitterte Fotografie, die in der Plastiktasche steckte, in der die meisten Erwachsenen ein Bild ihrer Kinder oder Ehepartner haben. Aber auf Shanaias Foto waren keine Menschen. Nur ein Strand, eine windstille Bucht und hoch oben eine grasbewachsene Ebene, die schroff zum Meer hin abfiel. Im Hintergrund konnte man die Umrisse eines alten Hauses mit vielen Schornsteinen erahnen. So wie es dort stand, schien es auf irgendeine Art und Weise das letzte Haus am Ende der Welt zu sein, kurz davor, in die Tiefe zu stürzen. Im Aufwind entlang der Steilküste glitt ein riesiger Möwenschwarm auf scharf umrissenen weißen Flügeln durch die Luft. Ich musste an den Möwenschwarm im Park denken, und unwillkürlich durchfuhr mich ein Schauer.

Ich hatte das Gefühl, irgendetwas Nettes über das Haus sagen zu müssen, wo es Shanaia doch so viel bedeutete, aber jetzt, in diesem Augenblick, konnte ich die Erinnerung an Möwenschnäbel und rote Augen einfach nicht aus dem Kopf bekommen. Wortlos gab ich ihr das Portemonnaie zurück.

Oscar schaute von einer zur anderen und versuchte, dem Gespräch zu folgen, auch wenn er bestimmt vieles nicht verstand.

»Warum sind die Raben so wichtig?«, fragte er. »Also die, die gestorben sind?«

»Ohne sie können die Rabenmütter nichts sehen«, sagte Tante Isa. »Und wenn man nichts sehen kann, ist es schwer zu kämpfen.«

»Was hast du denn dann gemacht?«, fragte er Shanaia. »Hast du ein Heer um dich versammelt?«

Sie starrte ihn mit gerunzelter Stirn an. »Ein Heer?«

»Ja. Um dir dein Schloss zurückzuholen.«

»Vestmark ist kein Schloss«, sagte sie. »Es ist nur … ein Ort. Und was soll ich mit einem Heer?«

»Ging es nicht darum, dass du Chimära und ihre Horden besiegen wolltest?«

Shanaia schaute mich mit diesem Was-faselt-der-da-Blick an.

»Also das ist ein bisschen anders als in einem Computerspiel«, sagte ich vorsichtig. »Chimära hat bestimmt keine Horden. Und Shanaia hat ganz sicher kein Heer.«

»Vielleicht wäre es hilfreich gewesen, eins zu haben«, sagte Shanaia. »Denn so gesehen hat Chimära eine Art Horde.«

»Was meinst du damit?«, fragte Tante Isa scharf. »Es gibt doch wohl hoffentlich keine Wildhexe, die Chimära unterstützen würde? Immerhin ist sie geächtet.«

»Keine Wildhexe. Nein«, sagte Shanaia. »Aber sie hat irgendetwas mit den Tieren von Vestmark gemacht. Sie … sie sind nicht mehr frei.«

»Sklaventiere?« Tante Isas Stimme klang jetzt so scharf, dass Tumpe den Kopf hob. »Hat sie Sklaventiere aus ihnen gemacht?«

»Was sind Sklaventiere?«, fragte Oscar.

»Ein abscheuliches Verbrechen«, antwortete Tante Isa düster.

»Einem Tier den freien Willen zu nehmen … es nicht zu rufen oder es zu bitten stillzuhalten, wenn man ihm hilft, sondern ein Tier zu unterwerfen und zu versklaven … das ist einer Wildhexe unwürdig. Ich wusste zwar, dass Chimära ihr Wildhexenversprechen oft und in vielerlei Hinsicht missachtet hat, aber dass sie so verkommen ist … das hätte ich trotzdem nicht gedacht.«

»Die Möwen«, sagte ich. »Und die Fledermäuse letztes Jahr …«

»Wovon sprichst du, Clara?«

Ich erzählte von den Fledermäusen, die mich während der Feuerprobe in dem Prozess gegen Chimära auf der Strickleiter angegriffen hatten, sodass ich abgestürzt war. Und ich erzählte von den Möwen im Park.

»Kann es wirklich sein, dass sie den ganzen Weg von Vestmark gekommen sind?«, fragte ich.

»Vielleicht«, sagte Shanaia. »Wenn Chimära sie über die wilden Wege geschickt hat.« Sie betrachtete Oscars Schrammen und Prellungen und sah mich an.

»Haben sie dich nicht angegriffen?«, fragte sie.

»Nicht richtig. Sie hatten es vor allem auf dich und Oscar abgesehen. Und den armen Luffe.«

Luffes Schwanz klopfte ein paarmal schläfrig auf den Boden, dann schlief er wieder ein.

Tante Isa nickte langsam.

»Das klingt nach Versklavung.«

Shanaia seufzte tief.

»Ich wollte mir ein Bild davon machen, wie schwer es wird, Chimära von Vestmark zu vertreiben, für den Fall, dass sie nicht freiwillig gehen würde. Aber ich war noch keine Stunde da, als sie mich entdeckten. Erst die Vögel. Dann ein Rudel Wildhunde. Oder besser gesagt – ein Rudel Sklavenhunde. Sie umzingelten mich und Elfrida …« Sie streichelte ihrem Frettchen über den Rücken. »… ich konnte mich nicht befreien. Und dann kam Chimära.«

Plötzlich war Shanaias Gesicht vollkommen ausdruckslos, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass es daran lag, dass sie nichts empfand. Eher im Gegenteil.

»Sie fesselte mich mit kaltem Eisen«, sagte sie tonlos. »Und ich konnte nichts dagegen tun. Dann fing sie an … mir Fragen zu stellen.«

Tante Isa verzog das Gesicht, und man musste kein Hellseher sein, um zu erraten, dass das Verhör sowohl schmerzhaft als auch demütigend gewesen war. Shanaia schaffte es in diesem Moment nicht mal, uns auch nur anzusehen.

»Was wollte sie wissen?«, fragte Tante Isa sanft.

»Eine Menge über Vestmark. Und über Clara.«

»Über Clara? Was hat sie dich gefragt?«

»Was sie kann. Also als Wildhexe.«

Nicht viel, dachte ich düster.

»Wer ihre Eltern sind. Und dann noch irgendwas über kaltes Eisen«, fuhr Shanaia fort.

»Sie hat mir damals eine Eisenkette umgelegt«, sagte ich und fasste mir unwillkürlich an den Hals. Ich bildete mir ein, den kalten, scharfen Druck des Metalls immer noch spüren zu können.

»Aber du konntest deine Kräfte trotzdem einsetzen«, sagte Tante Isa. »Du hast sie dazu gebracht zu verschwinden. Das ist sicher das, was sie gewundert hat. Wollte sie sonst noch etwas wissen?«

»Nein.«

Plötzlich sprang Kater zu Shanaia auf das Sofa. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er mit uns ins Haus gekommen war. Er hielt seine Schnauze dicht vor ihr Gesicht, so dicht, dass das Frettchen ihn anfauchte, und stieß selbst einen Laut zwischen Schnurren und Knurren aus. Shanaia blinzelte.

»Warte mal«,...


Buchinger, Friederike
Friederike Buchinger, geboren 1973, studierte Germanistik und Skandinavistik und übersetzt sowohl Kinder- und Jugendbücher als auch Romane und Thriller aus dem Dänischen, Norwegischen und Schwedischen. Mit ihrer Familie lebt sie in der Pfalz.

Kaaberbøl, Lene
Lene Kaaberbøl, 1960 in Kopenhagen geboren, ist eine der bekanntesten und umsatzstärksten dänischen Kinderbuchautorinnen. Sie wird von der Presse und vom Publikum gleichermaßen geschätzt. Ihr erstes Buch veröffentlichte sie mit 15, seitdem hat sie über 30 Bücher für Kinder- und Jugendliche geschrieben. Ihre Fantasy-Serien werden in 25 Sprachen übersetzt. Mit vielen Preisen ausgezeichnet, war sie zuletzt für den Hans-Christian-Andersen Preis 2014 sowie für den Astrid Lindgren Memorial Award nominiert. Ihre Serie über die Wildhexe Clara wurde 2012 in einer großen Gala mit dem wichtigsten und größten Kinderbuchpreis Dänemarks ausgezeichnet, dem Orla-Preis des staatlichen dänischen Fernsehens DR. Im Hanser Kinderbuch erschienen 2014 die ersten drei Bände der Reihe Wildhexe - Die Feuerprobe, Wildhexe - Die Botschaft des Falken sowie Wildhexe - Chimäras Rache. Im Frühjahr 2015 folgten Band 4 und 5 ( Wildhexe - Blutsschwester und Wildhexe - Das Labyrinth der Vergangenheit), im Herbst 2015 wurde die Reihe mit dem sechsten Band Wildhexe - Das Versprechen abgeschlossen.

Lene Kaaberbøl, 1960 in Kopenhagen geboren, ist eine der bekanntesten und umsatzstärksten dänischen Kinderbuchautorinnen. Sie wird von der Presse und vom Publikum gleichermaßen geschätzt. Ihr erstes Buch veröffentlichte sie mit 15, seitdem hat sie über 30 Bücher für Kinder- und Jugendliche geschrieben. Ihre Fantasy-Serien werden in 25 Sprachen übersetzt. Mit vielen Preisen ausgezeichnet, war sie zuletzt für den Hans-Christian-Andersen Preis 2014 sowie für den Astrid Lindgren Memorial Award nominiert. Ihre Serie über die Wildhexe Clara wurde 2012 in einer großen Gala mit dem wichtigsten und größten Kinderbuchpreis Dänemarks ausgezeichnet, dem Orla-Preis des staatlichen dänischen Fernsehens DR. Im Hanser Kinderbuch erschienen 2014 die ersten drei Bände der Wildhexe-Reihe „Die Feuerprobe“, „Die Botschaft des Falken“ sowie „Chimäras Rache“. Im Frühjahr 2015 folgten Band 4 und 5 („Blutsschwester“ und „Das Labyrinth der Vergangenheit“), im Herbst 2015 wird die Reihe mit dem sechsten Band „Das Versprechen“ abgeschlossen.



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