E-Book, Deutsch, 134 Seiten
Keats Gedichte
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8496-2906-9
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 134 Seiten
ISBN: 978-3-8496-2906-9
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
John Keats war neben Lord Byron und Percy Bysshe Shelley einer der wichtigsten Dichter der englischen Romantik. Dieser Sammelband beinhaltet seine wichtigsten Werke, u.a. seine Epen 'Lamia' und 'Hyperion.'
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Niemals ist tot der Erde Poesie:
Wenn Vögel müde sind von heißen Sonnen,
Dann nimmt die Führung in den Sommerwonnen
Grashüpfers Stimme, und sie rastet nie.
Von Heck zu Hecke rennt die Melodie
Und hält die frischgemähte Trift umsponnen;
Macht Lust ihn matt, so ruht er süß versonnen
Bei grünstem Halme, der für ihn gedieh.
Nie endet sie, die Poesie der Erde.
Am stillen Winterabend, wenn der grimme
Nachtfrost ein Schweigen breitet, schrillt vom Herde
Des Heimchens Sang dem Träumer in die Ohren,
Als habe sich Grashüpfers Sommerstimme
Aus grüner Trift in seinen Traum verloren.
Glücklich ist England! Sollt' ich nicht zufrieden
Bei seiner Wiesen frischem Grün verweilen,
Mein Leid in seinen hohen Wäldern heilen,
Die grüne Panzer um die Seele schmieden?
Doch manchmal träumt mein Herz vom blauen Frieden
Italischer Himmel und verlangt bisweilen
Nach erdenfernen kahlen Felsensteilen,
Nach einem Thron auf Alpenpyramiden.
Glücklich ist England! Seine Töchter haben
Ein arglos Herz und schlichte Lieblichkeit.
Genügen sollten mir so schöne Gaben!
Doch oft erfaßt mich tiefe Bangigkeit
Nach heißern Frauen, deren süße Stimmen
Hell neben mir auf Sommerwassern schwimmen.
Wie lieb ich das: wenn still aus goldnen Krügen
Der Sommerabend fließt und die gelinden
Weißwölkchen ruhn auf duftgeschwellten Winden,
Von trübem Denken mich hinwegzulügen;
Befreit vom Kleinlichen, in vollen Zügen
Den Glanz zu trinken, ein Versteck zu finden,
Wo Schönheit und Natur sich Kränze winden,
Und dort mein Herz zur Freude zu betrügen;
Ans heimatlich Erhabne mich zu drängen,
Dem Schicksal Milton's, Sidney's nachzuhängen,
Bis beide ernst vor meiner Seele leuchten –
Vielleicht im Liede mich hinaufzuschwingen,
Bis Melodieen mir die Augen feuchten
Und Lust und Leid in Tränen sanft verklingen.
Die Glocken läuten Trübsinn in die Welt.
Laut mahnt ihr Ruf zu anderen Gebeten;
Mit wilden Zungen, fürchterlich beredten,
Von Grauen, Schmerz und Schreck ihr Toben gellt.
Und machtvoll ist ihr Ruf, der zürnend bellt,
Denn Menschen folgen ihm, fliehn angstbetreten
Vom stillen Herd, wo edelste Poeten
Mit Wort und Werken ihren Geist erhellt.
Noch – noch ihr Läuten! Und wie Grabesschauer
Würd' mich Verzweiflung fassen, wüßt' ich nicht,
Daß dieses Heulen nicht von langer Dauer.
Ich aber weiß, wie einer Lampe Licht
Einmal erlischt, so stirbt auch dieser Schrei, –
Und edle Freudigkeiten blühen neu.
Nach langer Zeit, da dichte Nebeldecken
Das Land bedrückten, wacht mit sanfter Schwüle
Ein Tag auf von des Südens sonnigem Pfühle
Und fegt vom kranken Himmel alle Flecken.
Fröhlich erlöst aus trübem Winterschrecken
Frohlockt die Zeit in mailichem Gefühle;
Die Lider spielen mit der sanften Kühle,
Wie Rosenblätter Sonnentropfen lecken;
Uns überkommen friedliche Gedanken:
Von Knospenkraft – Fruchtreife – Herbstessonnen,
Die still auf Halme lächeln und auf Ranken –
Von Sapphos Wange – Schlummerkindleins Rot –
Von Sand, der sanft durchs Stundenglas geronnen –
Vom Bach im Wald – von eines Dichters Tod.
Auf ein Bild des Leander
Ihr sittsam süßen Mädchen, kommt gegangen,
Senkt unter Wimpern blasser Augenlider
Demütig keuschen Blick zur Erde nieder
Und haltet milde Hand von Hand umfangen,
Als könntet ihr bestürzt nur und mit Bangen
Ein Opfer eurer Schönheit sehn, das nieder
In nasse Nacht sinkt: niemals löst ihn wieder
Die junge Liebe aus den Wogenschlangen.
Leander ist's, der sich zu Tode müht.
Ohnmächtig lächeln noch die matten Lippen
Den letzten Kuß, den Sturm zu Hero trug.
O schrecklich! Seht, wie seine Kraft versprüht.
Sein Leib löscht aus wie Leuchten zwischen Klippen,
Aufperlt der Liebe letzter Atemzug.
Auf das Meer
Es flüstert rings zum Strand in Ewigkeit,
Füllt flutend zwanzigtausend Grotten an,
Bis ihnen Hekate mit Zauberbann
Wieder den alten dunklen Klang verleiht.
Oft ist es von so sanfter Heiterkeit,
Daß allerkleinste Muschel ruhen kann,
Wo sie dem lauten Wogenbraus entrann
Nach letztem wildentbranntem Wetterstreit.
Ihr, deren Augen brennend oder matt,
Ergötzt sie wieder auf der weiten Flut!
Ihr, deren Ohren taub vom rohen Spotte
Oder von Melodieen übersatt,
Sitzt nah dem Meer und hört in Traumesglut
Den Sang des Nymphenchors aus aller Grotte!
Wenn Furcht mich faßt, mein Dasein könne enden,
Noch eh' die Feder, was mein Hirn erdachte,
In Schrift, in Büchern wußte zu vollenden,
Das reife Korn in volle Speicher brachte –
Wenn wolkengleich tief seltsame Legenden
Der Nacht besterntes Antlitz überfließen,
Und ich es weiß, daß nie mit Zufallshänden
Das Glück mir hilft, ihr Bild in Form zu gießen –
Und wenn ich fühle, Schönste du von allen,
Daß nur die flüchtige Stunde uns umfängt,
Daß nie mein Herz in jenen Zauberfallen
Gedankenloser Liebe träumend hängt –
Dann steh ich einsam vor den Ewigkeiten,
Bis Ruhm und Liebe in ein Nichts entgleiten.
An eine Dame
(flüchtig gesehen in Vauxhall)
Fünf Jahre ebbt das träge Meer der Zeit,
Und langsam rann der feine Stundensand,
Seit du den Handschuh zogst von weißer Hand
Und ich mich fing in deiner Lieblichkeit.
Und dennoch: schau ich auf zum Sternenlicht,
So zeigt Erinnrung deiner Augen Glanz,
Und seh ich rosiger Rosen zarten Kranz,
Denkt meine Seele nur an dein Gesicht.
Kein Knospenschwellen kann mein Auge sehen,
Ohn' daß mein töricht Ohr sich neigt und lauscht,
Um deines Mundes Worte zu verstehen.
So wird in jedes Glück dies Deingedenken
– Wie tiefre Lust; die inniger berauscht –
Den süßen Stachel seiner Schmerzen senken.
Ich lachte heut – warum? Wer sagt es mir?
Kein Gott, kein Dämon ist, der Antwort sagt,
Der mir aus Himmel, Hölle Antwort wagt!
Nur Schweigen, – Herz, so wend ich mich zu dir:
Herz! Du und ich sind traurig und allein;
Ich frage: weshalb lachte ich? – Nun? Nun? –
O Dunkel, Dunkel! Und ich kann nicht ruhn,
Und Himmel, Hölle, Herz höhnt meine Pein!
Ich lachte heut – warum? – Kurz ist das Leben,
Sein Seligstes genoß beschwingt mein Geist –
Doch würd' ich heute gern dem Tod mich geben,
Der unsre bunten Fahnen schrill zerreißt:
Lied, Ruhm und Schönheit türmen nur den Thron
Für König Tod – des Lebens höchsten Lohn.
An den Schlaf
O sanfter Duft der stillen Mitternacht,
Der zart und sorgsam unsre Augen schließt
Und schattend vor dem Lichte sie bewacht,
In Seelen göttliches Vergessen gießt.
O sanfter Schlaf! Schließ mir die willigen Lider,
Eh dieses Hymnus' letztes Wort verklingt,
Nein, hör das Amen erst, eh schläfernd nieder
Dein Mohn die süßen Gnadengaben bringt.
Dann hüte mich, sonst gießt der Tag sein Licht,
Vielfachen Jammer brütend, auf mein Kissen,
Behüte mich, denn ach, es schlummert nicht
Das wie ein Maulwurf wühlende Gewissen;
Dreh flink den Schlüssel in geölten Riegeln,
Die meiner Seele Springbrunn sanft versiegeln.
An Fanny
Ich schreie: hab Erbarmen! – Mitleid! – Liebe!
Liebe, die sich erbarmt und die nicht quält,
Beständige, arglose, offene Liebe,
Die, makellos, sich keine Maske wählt.
O gib dich ganz! Sei mein – sei meinem Flehen!
Gestalt und Antlitz – süßer kleiner Mund –
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