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Klein | Leon Draisaitl | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

Klein Leon Draisaitl

Die Biografie
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7453-2630-7
Verlag: riva
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die Biografie

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

ISBN: 978-3-7453-2630-7
Verlag: riva
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Leon Draisaitl zählt zu den besten Eishockeyspielern der Welt. Seit über einem Jahrzehnt läuft der Deutsche nun schon für die kanadischen Edmonton Oilers in der stärksten Liga der Welt auf und wird in Nordamerika längst als Superstar gefeiert. Und das nicht ohne Grund: Der »Dirk Nowitzki des Eishockeys« erzielt eine Höchstleistung nach der anderen. Als erster deutscher Eishockeyprofi setzt er 2020 als erfolgreichster Scorer eine Bestmarke und wird zum wertvollsten Spieler der NHL gewählt, in Deutschland im selben Jahr zum Sportler des Jahres. Sechsmal schon hat der gebürtige Kölner mehr als 100 Scorerpunkte erreicht, viermal mehr als 50 Tore pro Saison geschossen. Der erfahrene Sportjournalist und Eishockeykenner Günter Klein beleuchtet die größten Momente des Ausnahmesportlers - von den Anfängen beim Kölner EC bis zum Topverdiener der NHL. Und er gibt einen Ausblick auf Draisaitls größtes Ziel: den Stanley Cup nach Edmonton zurückzuholen.

Günter Klein, geboren in Augsburg, ist seit 1998 Redakteur beim »Münchner Merkur«, wo er als Chefreporter für den Sport zuständig ist. Zuvor war er beim »Sport-Kurier« und leitete die Redaktion des »Eishockey-Magazins«. Er ist Autor zahlreicher Eishockeybücher, unter anderem hat er mit Rick Goldmann den SPIEGEL-Bestseller »Eiszeit!« geschrieben. Im riva Verlag veröffentlichte er bereits erfolgreiche Biografien über Hansi Flick und Uli Hoeneß.
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Kapitel 1


Peter und der Penalty

»Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau.« Das war der Satz, den alle erwarteten, die am Abend des 18. Februar 1992 ihren Fernseher einschalteten. 20 Uhr, die unumstößliche Zeit für die Lage der Welt. Bonn, Berlin, Washington, Moskau, Peking.

Doch um 20 Uhr ertönte im Ersten nicht die vertraute Fanfare, es kam kein Nachrichtensprecher ins Bild. Es lief: ein Eishockeyspiel.

Es waren Olympische Winterspiele im französischen Albertville. In der Eishalle von Méribel hatte um 17 Uhr das Viertelfinale zwischen Kanada und Deutschland begonnen. Bei normalem Verlauf hätte es um 19:30 Uhr zu Ende sein müssen. Eindeutiger konnte die Verteilung der Rollen nicht sein. Kanada als Mutterland des Eishockeys war der Favorit.

Doch das Spiel verlief nicht so, wie die seit Jahrzehnten festgefügte Hierarchie es vorsah. Die Deutschen lagen sogar einmal mit 2 : 1 in Führung, und nach 60 Minuten, der regulären Spielzeit, stand es 3 : 3. Bei einem Unentschieden gibt es eine Verlängerung von maximal zehn Minuten. Fällt ein Tor, ist das Match entschieden. Für den Sieger ist es der Sudden Victory, für den Verlierer der Sudden Death.

Es fiel kein Tor. Die Partie war netto 70 Minuten alt und brutto mit all den Pausen zur Eisaufbereitung und den Unterbrechungen bei drei Stunden angelangt. Zum ersten Mal in der Geschichte olympischer Eishockeyturniere ging es in ein Penaltyschießen. Es wurde 20 Uhr, und hier war das Erste Deutsche Fernsehen mit Eishockey live, weil die Sportfans es dem Sender nicht verziehen hätten, hätte er die Übertragung abgebrochen. Zudem musste das, was sich gerade an Dramatik auf dem Eis abspielte, doch auch für das vorrangig politisch interessierte Tagesschau-Publikum von Interesse sein. Eine sich anbahnende Sporthistorie ist ebenfalls relevantes Tagesgeschehen.

In einem Penaltyschießen werden fünf Akteure pro Team benannt. Haben sie alle aufs Tor geschossen und steht auf der Ergebnistafel immer noch ein Remis, entscheidet der nächste Schuss. Nach fünf Durchgängen stand es 2 : 2.

Franz Reindl, früherer Nationalspieler, später im Deutschen Eishockey-Bund in verschiedenen Funktionen bis zum Präsidenten tätig, stand 1992 als Co-Trainer an der Bande. Chefcoach Dr. Ludek Bukac hatte ihm den Auftrag erteilt: »Teile die Schützen für das Penaltyschießen ein, wenn es dazu kommt.« Reindl erinnert sich: »Mit Peter hatte ich nur Blickkontakt. In seinen Augen leuchtete Selbstsicherheit. Es war keine Frage, dass wir ihn nominieren.«

Kanada gegen Deutschland, Penaltyschießen, die sechste Runde. Für Kanada trat an: Eric Lindros, 18 Jahre alt, er war schon als Teenager eine Berühmtheit. Lindros überwand den deutschen Goalie Helmut de Raaf. Das bedeutete: Deutschland musste nun treffen, der Peter musste treffen, Peter Draisaitl. Der mit seinen Augen gesprochen hatte: Ich will es, ich kann es.

Peter Draisaitl lief in hohem Tempo auf den kanadischen Keeper Sean Burke zu. Er wollte sich nicht verzocken, sondern zog ab. »Ich wollte ihm durch die Beine schießen«, sagte er später. Das glückte ihm auch. Doch Burke machte eine Bewegung zur Seite, riss die mächtigen Beinschienen nach oben, für einen Augenblick war der Puck nicht zu sehen. Doch dann kam er zwischen den Beinen hervor, sprang hochkant dem Tor entgegen. Die Scheibe hoppelte, legte sich zur Seite, verlor an Schwung, folgte den Gesetzen der Physik und blieb auf der Torlinie liegen. Der Puck – Material schwarzes Hartgummi, Durchmesser 3 Zoll oder 7,62 Zentimeter, Gewicht zwischen 156 und 170 Gramm – hatte gegen die deutsche Mannschaft entschieden. Kanada war im Halbfinale, Deutschland ausgeschieden.

Für Franz Reindl ist der Moment »unvergesslich bis heute«. Da kriechen die Gedanken wieder in den Kopf: Was wäre noch möglich gewesen in Albertville auf Basis einer Sensation gegen Kanada? Dann hätte man nicht bis Pyeongchang warten müssen, denn 26 Jahre nach Albertville gewannen die Deutschen in Südkorea die Silbermedaille.

Doch schon am nächsten Tag wusste man mit Blick auf das deutsche Eishockey, dass es in den französischen Alpen zwar kein Edelmetall gewonnen hatte, aber Aufmerksamkeit. Das Spiel wirkte weit über die üblichen Fankreise hinaus. Das Penaltyschießen hatten 9,99 Millionen Menschen in Deutschland gesehen. Eine gigantische Zahl, natürlich bedingt dadurch, dass die Laufkundschaft der Tagesschau mit dabei war. Millionen verfolgten das Drama im Radio. Eddie Körper, der legendäre WDR-Reporter, kommentierte so mitreißend, dass Autofahrer nicht mehr in der Lage waren, sich auf den Straßenverkehr zu konzentrieren, sie suchten den nächsten Parkplatz auf. Der Puck, der auf der Linie verhungert war, das Ausmaß an Unglückseligkeit – diese Geschichte nahm das ganze Land mit. Und wer es nicht gesehen hatte, dem wurde es erzählt.

»Auch wenn der Puck nicht drin war – diese Szene hat das deutsche Eishockey in seiner Entwicklung beeinflusst«, ist sich Franz Reindl sicher. »Es ist selten, dass man durch ein Nichttor eine solche Bekanntheit erlangt wie er«, sagt er und meint Peter Draisaitl.

Denn das war ab sofort seine Geschichte. Für die Eishockey-Interessierten war Peter Draisaitl schon lange eine feste Größe, nun klang sein Name weit über die Blase hinaus. Dreiseidel, Draisaitl – egal: der mit dem Penalty, der eine Umdrehung davon entfernt war, eine Nation zu beglücken.

Der Name geriet nie in Vergessenheit. »Immer wenn Olympische Spiele anstehen, werde ich darauf angesprochen«, sagt Peter Draisaitl. 20 Jahre nach Albertville wurde der Name Draisaitl wieder öfter genannt und nicht nur zu nahenden olympischen Anlässen. Aber jetzt ging es um Leon Draisaitl, Peters Sohn, geboren 1995. Und Leons Geschichte wurde in einem noch frühen Stadium so groß, dass Peter 2016 über seinen 20-jährigen Junior sagte: »Er hat, was ich niemals hatte.«

Aber klar: Die Geschichte von Leon Draisaitl gäbe es nicht ohne Vater Peter.

Peter wurde 1965 in Karviná in der Tschechoslowakei geboren, seine Familie gehörte der deutschen Minderheit an. So wie Erich Kühnhackl, der der bekannteste deutsche Eishockeyspieler des 20. Jahrhunderts war und mit seiner Statur, den langen Haaren und seiner spektakulären Spielweise weit über die Karriere hinaus zu einer Marke wurde. Kühnhackl siedelte Ende der 1960er-Jahre mit seinen Eltern nach Landshut über. Die Draisaitls wollten ebenfalls auf die andere Seite des Eisernen Vorhangs. In der Prager Zeitung erzählte Peter fast 40 Jahre später von den gewaltigen Veränderungen in seinem Leben als 13-Jähriger, nachdem die Eltern (»Sie wollten raus aus dem System«) sich zur Flucht über Jugoslawien und Österreich entschieden hatten: »Das Leben, das wir bis dahin kannten, war abrupt beendet und wir mussten uns komplett neu ausrichten. Wir haben anfangs überhaupt nicht kapiert, wo wir gelandet sind. Wir hatten gar nichts.«

Peter hatte seinen Sport, das Eishockey. Er war unübersehbar ein Talent. Und landete in der Nähe von Mannheim.

Harold Kreis, der 2023 deutscher Bundestrainer wurde, war Spieler in Mannheim, als Peter Draisaitl zu der Mannschaft stieß, die zu den besten in Deutschland gehörte. 1980 war der Mannheimer ERC Deutscher Meister geworden, das Team hatte ein Gerüst an Deutschkanadiern, die der Verein per Zeitungsannoncen in Nordamerika ausfindig gemacht hatte – Harold Kreis war einer von ihnen. Man möchte meinen, Peter Draisaitl könnte es mit seinem tschechischen Hintergrund schwer gehabt haben in einer kanadisch geprägten Community, doch dem war nicht so, versichert Harold Kreis: »Er war ein ruhiger Zeitgenosse, es war einfach, Kontakt zu ihm zu knüpfen. In Peter Obresa und Marcus Kuhl, Stürmer wie er, fand er gleich zwei Kumpels. Peter war nicht vorlaut, sondern auf unaufdringliche Art selbstbewusst, und auf dem Eis hatte er eine stabile Ausstrahlung in seiner Spielweise.« Franz Reindl spielte mit Peter Draisaitl in der Nationalmannschaft und befand: »Er war ein besonderer Spieler, technisch versiert und ein bisschen anders als die anderen. Er war wahnsinnig geschickt darin, seine Mitspieler einzusetzen.«

Sein Förderer war Ladislav Olejník, Trainer in Mannheim. Auch er kam aus der C?SSR, die gemeinsame Eishockeyschule schuf eine spezielle Verbindung zum Center (Mittelstürmer) Peter Draisaitl. »Olejník war sein größter Fan, er konnte das nicht verbergen«, wusste Franz Reindl, »das war für die anderen nicht so lustig.« Harold Kreis schätzte das Element, das Draisaitl unter Olejníks Obhut in Mannheim einbrachte: »Technisch stark, mehr Scheibenkontrolle und Positionswechsel – wir waren teilweise sehr geradlinig.«

In die National Hockey League, die NHL, zog es Draisaitl nicht. In seiner Welt kam diese mythische Profiliga gar nicht vor. Nur vereinzelt wagten deutsche Spieler einen Wechsel in die knallharte Liga, meist blieb es bei bewundernder Distanz. Franz Reindl bekam regelmäßig Videokassetten mit Highlights aus Übersee und reichte sie in der Nationalmannschaft herum, und als die deutsche Nationalmannschaft zum Canada Cup 1984 eingeladen wurde, befürchtete er, »dass die Kanadier rückwärts schneller laufen werden als wir vorwärts«. Die deutsche Bundesliga, in der ein Star besser verdienen konnte als ein Mitläufer in der NHL, war ein Wohlfühl-Resort, das man nicht leichtfertig verließ. Peter Draisaitl hatte ein gutes und geregeltes Leben. Er hatte sich darin...


Günter Klein, geboren in Augsburg, ist seit 1998 Redakteur beim »Münchner Merkur«, wo er als Chefreporter für den Sport zuständig ist. Zuvor war er beim »Sport-Kurier« und leitete die Redaktion des »Eishockey-Magazins«. Er ist Autor zahlreicher Eishockeybücher, unter anderem hat er mit Rick Goldmann den SPIEGEL-Bestseller »Eiszeit!« geschrieben. Im riva Verlag veröffentlichte er bereits erfolgreiche Biografien über Hansi Flick und Uli Hoeneß.



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