Klöcker | Vaters Tochter | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 700 Seiten

Klöcker Vaters Tochter

Kati

E-Book, Deutsch, 700 Seiten

ISBN: 978-3-7407-3947-8
Verlag: Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



ls die Ehe auseinanderbrach, versuchte der Vater, wenigstens das Verhältnis und die Liebe zu seiner Tochter über die Erosion durch die Zeit, den Streit und die Missgunst hinüberzuretten und zu erhalten. Sein Gegenspieler war eine emotional geladene Phalanx aus Mutter, Großmutter und einem egoistischen Arzt, gegen die ein der Argumentation verpflichteter Ingenieur wenig ausrichten konnte. Das Buch beschreibt sowohl seine über ein Jahrzahnt währenden Versuche, als auch die dabei erlittenen, fast tödlichen Irrungen und Wirrungen, um die schicksalhafte Verstrickung zweier Menschen aus zwei Generationen aufzulösen. Er wollte seine Tochter in die Arme schließen. Um nicht selbst dabei zu Schaden zu kommen, musste er schließlich seine Segel streichen. Erst eine dramatische Grenzerfahrung anlässlich einer Operation ermöglichte ihm, Gewissheit über seinen Verlust zu erlangen.
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AUS EINS WIRD ZWEI
Während die Fee sich in die Absichten der Ameisen zu versetzten versuchte, spürte sie, dass er zu ihr herübersah. „Um das so zu beschreiben, das mit Fritzlar oder in der Nähe von Fritzlar, das mit dem Internat, dass du es verstehst, müsste ich weit in die Vergangenheit gehen.“ „Olle Kamellen?“ Als sie dabei seine Augen auf den ihrigen spürte, leicht zusammengekniffen und ein wenig blinzelnd, und er dabei über der Nase gleichzeitig zwei steile Falten grub, beeilte sie sich nachzuschieben: „Entschuldigung, ich wollte nicht … “ „Nein, du hast auch nicht. Es handelt sich ja tatsächlich um olle Kamellen. Ich bin mir nur nicht sicher, ob du das tatsächlich wissen möchtest. Ich könnte mir vorstellen, dass es in deinem Leben andere, interessantere, für dich interessantere, Dinge gibt oder auch gab als meine ollen Kamellen.“ „Schon.“ „Was schon?“ „Der Fü hat mich zu dir eingeteilt. Und dann bist du eben die interessanteren Dinge. Ich versuche, mich auf die Dinge, die ich mache, einzustellen und sie richtig zumachen. Also?“ „Also gut. Ich wollte immer eine richtige Fotokamera haben. Bis dahin hatte ich nur so ein kleines Knipsding, man nannte das eine Box. In die Box legte man den Film rein, und mehr ging nicht. Entsprech- end zufällig waren die Bilder. Ich wollte endlich was richtiges, keine große Kiste, wie eine Spiegelreflex, sondern klein und handlich sollte sie sein, wie eine Leica. Und sie musste eine Wechseloptik haben, Tele- und Weitwinkel und vielleicht noch extremer. Die, die mir da vorschwebte, war eine Contax. Ein Freund noch aus der Zeit des Gymnasiums hatte eine Lehre im feinsten Fotogeschäft der Stadt gemacht. Er verkaufte mir eine gebrauchte und wunderbar erhaltene Contax mit großer Ledertasche und drei verschiedene Optiken, Blitzlicht und was sonst noch dazugehörte. Dieser Freund rief ein paar Tage später wieder an und meinte, es bestehe Männermangel. Ich bräuchte nichts zu tun und nichts zu befürchten und nichts zu bezahlen, müsste mir allerdings einen dunklen Anzug und eine silberne Krawatte besorgen. Mit besorgen meinte er kaufen, ich müsste das kaufen, weil er wusste, dass ich so etwas bestimmt nicht besaß. Womit er Recht hatte. Das mit der silbernen Krawatte war damals so, die gehörte einfach dazu. Die hatten alle. Eine Krawatte binden, den richtigen Knoten mit der richtigen Falte in der Mitte und der richtigen Länge, das konnte ich noch von der Tanzstunde. Was er mit Männermangel meinte, wo ist der und warum? Im Schloss Solitude sollte ein Ball stattfinden, ein festliches Ereignis, eben ein Ball von oder für Sportlerinnen, ein Sportlerinnen-Ball. Es waren hauptsächlich Fechterinnen, also schon die obere Sahne der Sportlerinnen. Und da saß sie neben mir, keine Sportlerin, sondern mitgeschleppt von einer Freundin, und fremdelte ebenso wie ich ganz ungemein in diesem ungewohnt elitären Umfeld. So habe ich ihre Mutter und meine erste Frau auf einem Ball kennengelernt. Sie war ein bisschen mollig und überhaupt nicht so mein Typ. Irgendwie hatte ich damals keine ausgeprägte Affinität zu Molligen. Das hört sich komisch an und hat mich früher sogar geärgert. Sie war auch nur ein bisschen mollig und hat richtig gut ausgesehen, insofern war es eigentlich kein Thema und gehört nicht hierher.“ „Was hört sich komisch an?“ „Nun, wenn ich auf der einen Seite sage, dass mich die nicht ganz schlanken Frauen überhaupt nicht interessiert haben und gleich hinterherschiebe, damals gemeint zu haben, dass es die, die neben mir sitzt, nun wäre. Die Alternative war meine Nachbarin dort, wo ich wohnte. Die war schlank. Aber die interessierte sich nicht für mich. Wir hatten keine Funkverbindung, es ging nichts von ihr zu mir und von mir zu ihr. Ich hatte es zwar einmal geschafft, und ihre Mutter meinte auch, dass wir es doch einmal miteinander versuchen sollten, mit ihr ins Freibad zu gehen. Sie hatte einen Badeanzug an, einen blauen mit gerafften Falten, bei dem man sehen konnte, dass ihr Busen aus eingelegten Schaumstoffteilen bestand. Die bewegten sich anders und ein bisschen unabhängig von ihr selbst. Das sah merkwürdig aus. Ja, tatsächlich. Sie drehte sich etwas zur Seite, aber der Badeanzugbusen nicht. Mir war unbegreiflich, warum man so etwas nicht richtig machen kann. Später kam sie dann aus dem Urlaub mit einem Freund zurück, hat ihn mir vorgestellt, das sei Matthias, und ziemlich bald danach geheiratet, ein Kind mit ihm bekommen und noch eines, zwei Mädchen, und ist dann sehr früh gestorben.“ „Ich habe was zu trinken mitgebracht.“ „Oh, ich danke. Alte Männer trinken zu wenig, deshalb dehydrieren sie ... “ „… und sterben dann früher. Also, damit das nicht passiert: Hier ist eine Flasche mit Wasser.“ Die sie aus ihrem formlosen Beutel hervorkramte. „Wir müssen jetzt noch eine Strecke miteinander gehen.“ „Du machst deine Sache wirklich gut. Ich kann ja trotzdem weitererzählen. Wir gehen, und wenn du willst, erzähle ich weiter.“ „Klar.“ „Wir haben uns ein paar Mal getroffen, waren auch einmal bei ihren Eltern, die weit weg wohnten, und sind dann zu einer Freundin von ihr in den Urlaub nach Südtirol gefahren, nach Algund. Die hatte einen von dort, einen Südtiroler, geheiratet. Das sei nicht gut, wir sollten das besser lassen, meinte mein Freund aus dem Fotoladen, in Südtirol sei Krieg. Die Südtiroler kämpften gegen die italienische Regierung um ihre Autonomie. Es gab Terror auf den Straßen, und sie sprengten Hochspannungsmasten. Aber das störte uns nicht. Wir waren verliebt, fuhren mit der Eisenbahn und waren zu zweit alleine, außerhalb der Saison in einem warmen Land. Der Wirt unserer Pension hatte uns wie ein persönlicher Fremdenführer überall hingefahren … und kehrte dann auch gerne ein. Dem war langweilig. Er trug immer seine blaue Schürze, auch wenn er wegfuhr, das sei typisch für Südtiroler, hatte man uns erzählt, sodass ich mir einmal die Frage nicht verkneifen konnte, ob er damit auch ins Bett gehe. Auf diesen Fahrten lernte ich den tiefroten, schweren Blauburgunder mit Speck kennen. So einen dunklen, undurchsichtigen und sagenhaft mundenden Rotwein hatte ich zuvor noch nie getrunken. Anlässlich einer der vielen Einkehrungen tat sich am Nebentisch ein Pfarrer gütlich. Ich konnte ihn gut beobachten, wie er sich ein kräftiges Mahl gönnte, sich nach hier und dort über die Tische hinweg über alle Themen dieser Welt unterhielt und sich schlussendlich, statt zu bezahlen, mit einem Vergelt's Gott vom Wirt verabschiedete. Vergelten heißt, Gott sollte es bezahlen. Der hat sich mit diesem Spruch einfach davongemacht. Der Wirt grüßte freundlich zurück, wollte dann aber von uns mehr als nur ein Vergelt's Gott. Und noch etwas Neues hatten meine jungen und neugierigen Augen damals entdeckt: Wir fanden einen Kirchturm mitten in einem See, schön und ordentlich aus feinstem Naturstein gemauert, die große Scheibe, an der sich einstmals das Zifferblatt der Uhr befand, war noch zu sehen und darüber die steilen, gotisch anmutenden Öffnungen für das Geläut. Er hatte ein gerades, steil angespitztes Dach und erweckte den Anschein, als hätte ihn dort jemand vergessen. Den See hatten sie neu angelegt und erst vor Kurzem geflutet. Es war der Reschensee, in dem man den Kirchturm des ansonsten komplett verlegten Ortes stehen ließ. Bei dieser Reise habe ich noch viel mehr gesehen, erlebt und kennengelernt … so auch eine Eigenschaft der Südtiroler, die bis heute nicht nur einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen, sondern auch einen nachhaltigen Lernprozess ausgelöst hatte. Was das war und wie es dazu gekommen ist, ist eine separate und auch etwas längere Geschichte. Die würde ich gerne verschieben und, je nachdem, ein anderes Mal erzählen. Wie lange wird denn meine Betreuung durch dich, junge Frau, erfolgen, was hat Fü geplant? Steht das schon fest? Nur heute oder noch ein paar Tage mehr?“ „Wenn ich ihn richtig verstanden habe, bis Abschluss.“ „Meine ganze Zeit hier?“ „Ich denke, ja.“ „Ob wir das miteinander aushalten? Du dazu verdonnert, mit mir, einem als Egomane verschrienem Alten?“ „Was tut denn ein Egomane? Ist das was Schlimmes oder Böses? Muss ich aufpassen oder besser weglaufen?“ „Das ist eine Person mit krankhafter Selbstbezogenheit, ein Egoist schlimmster Couleur. Das wird mir nachgesagt, aber das bin ich nicht. Wenn wir so viel Zeit haben, wirst du schon selbst feststellen können, was an dieser Einordnung dran ist.“ „Ich bin neugierig.“ „Die Frau vom Fechterinnenball und ich wollten so viel wie möglich zusammen sein. Das war nicht immer ganz einfach und gelang erst nach dem Abschluss meines Studiums, und nachdem wir beide nach Frankfurt in eine gemeinsame Wohnung gezogen waren. Dort hatten wir Ruhe und konnten uns besser kennenlernen. Nach der Konsolidierung meiner Finanzen wollten wir heirateten. Dazu musste ich von...


Klöcker, Ingo
Prof. hon., Prof. Dr.-Ing. Ingo Klöcker wurde 1937 in Stuttgart geboren, studierte dort Maschinenbau und anschließend an der mittlerweile legendären Hochschule für Gestaltung Ulm Industrial Design. Es folgten zwanzig Jahre Industrie vom Konstrukteur und Entwicklungs-Ingenieur bis zum Geschäftsführer Technik. Die Schwerpunkte waren Feinwerktechnik, Haushaltstechnik und Home-Care, Pkw- und Lkw-Konstruktion und Industrial Design von Schwermaschinen. Es folgten über zwanzig Jahre als Professor für Konstruktionstechnik, Werkstofftechnik, Industrial Design, Kreatives Arbeiten und Darstellungstechniken an der Technischen Hochschule Nürnberg.
Sein, wie er sagt, zweites Leben ist die Kunst. Das umfangreiche Oeuvre seiner Materialbilder befindet sich in Museen, in Institutionen und bei Sammlern. Dafür erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. Er schrieb viele Aufsätze für die Süddeutsche Zeitung, schreibt Bücher, gibt Seminare und betreibt Coaching zu den Themen kreatives Arbeiten in der Technik, Skizzieren und Freihandzeichnen.


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