Knoll | Luckiest Girl Alive | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 416 Seiten

Knoll Luckiest Girl Alive


1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-86396-579-2
Verlag: INK
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 416 Seiten

ISBN: 978-3-86396-579-2
Verlag: INK
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



IHR PERFEKTES LEBEN

IST EINE PERFEKTE LÜGE

Ani FaNelli müsste die glücklichste Frau der Welt sein: Sie hat einen glamourösen Job, trägt die neueste Designerkleidung und wird in wenigen Wochen ihrem gut aussehenden, adeligen Verlobten auf einer sündhaft teuren Hochzeit das Jawort geben.

Anis Leben ist perfekt. Fast.

Denn Ani hat ein Geheimnis. Ein dunkles, brutales Geheimnis, das sie seit ihrer Jugend verfolgt. Jetzt hat es sie eingeholt. Und es droht, ihre perfekte Bilderbuchwelt für immer zu zerstören.



Der Bestseller aus den USA!



Jessica Knoll war Redakteurin bei der Cosmopolitan und arbeitet nun bei dem Frauenmagazin Self. Sie ist in einem kleinen Vorort von Philadelphia aufgewachsen und lebt inzwischen mit ihrem Mann in New York.

Knoll Luckiest Girl Alive jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


1


Ich betrachtete das Messer in meiner Hand.

»Das ist das Shun. Liegt viel leichter in der Hand als das Wüsthof, nicht wahr?«

Prüfend fuhr ich mit dem Finger über die Schneide. Der Griff war angeblich schweißabweisend, fühlte sich jedoch rasch feucht an in meiner Hand.

»Ich denke, dieses Modell passt besser zu jemandem mit Ihrer Statur.«

Ich sah zu dem Verkäufer hoch und wappnete mich gegen das Wort, das Leute immer benutzen, wenn sie kleine Frauen beschreiben, die lieber als dünn gelten würden.

»Zierlich.« Er lächelte, als hätte er mir ein Kompliment gemacht. Hätte er mir wirklich schmeicheln wollen, hätte er mich schlank, elegant, anmutig genannt.

Eine im Hautton etwas hellere Hand als meine erschien in meinem Blickfeld und wollte nach dem Messer greifen.

»Darf ich?«

Ich blickte zu dem dazugehörigen Mann auf – meinem Verlobten. Verlobung. Das Wort machte mich nervös, wenn auch nicht ganz so nervös wie Hochzeit. Dieses Wort zwängte mich in ein Korsett, das mir die Luft aus den Lungen trieb und die Kehle zuschnürte. Ich könnte einfach beschließen, nicht loszulassen, und die aus Nickel und Edelstahl geschmiedete Klinge (das Shun, weil es mir besser gefiel) geräuschlos in seinen Bauch treiben. Der Verkäufer würde vermutlich nur ein würdevolles »Oh!« von sich geben. Schreien würde die Mutter, die hinter ihm stand. Auf dem Arm trug sie ein Baby mit verkrusteter Nase. Man sah ihr förmlich an, dass Langeweile und Drama in ihr eine explosive Mischung bildeten. Sie würde den Reportern, die alsbald den Tatort stürmen würden, in tränenreicher Hysterie die Attacke schildern. Ich übergab das Messer, ehe mein Körper, der ohnehin ständig in Alarmbereitschaft war, auf Autopilot umschaltete und mich blind zustechen ließ.

»Ich freue mich riesig«, sagte Luke, als wir in einem Schwall eiskalter Klimaanlageluft aus dem Williams-Sonoma-Kaufhaus auf die 59th Street hinaustraten. »Und du?«

»Diese Rotweingläser sind toll.« Ich verschränkte meine Finger mit seinen, um ihm zu zeigen, dass ich es ernst meinte. Was mich allerdings störte, war das Konzept der »Sets«. Wir würden unweigerlich mit sechs Brottellern, vier Salatschüsseln und acht Esstellern enden, und ich käme nie dazu, sie zu einer richtigen kleinen Porzellanfamilie zu ergänzen. Sie würden auf der Küchentheke einstauben, während Luke immer wieder anbot, sie wegzuräumen, woraufhin ich »Noch nicht« fauchte, bis ich eines Tages, lange nach der Hochzeit, unvermittelt den manischen Drang verspüren würde, mit dem unvollständigen Ensemble in die Stadt zu fahren, bei Williams-Sonoma einzufallen wie Martha Stewart auf Kriegspfad, nur um festzustellen, dass sie das Design »Louvre«, das wir uns vor Jahren ausgesucht hatten, nicht mehr führen.

»Wollen wir Pizza essen gehen?«

Luke drückte lachend meine Hand. »Wo steckst du das nur alles hin?«

Meine Hand verkrampfte sich in seiner. »Wahrscheinlich liegt’s an dem vielen Work-out. Ich komme um vor Hunger.« Mir war noch schlecht von dem turmhoch mit Cornedbeef und Käse belegten Reuben-Sandwich, das ich zu Mittag gegessen hatte.

»Wie wär’s mit Patsy’s?« Ich tat, als sei ich in diesem Moment erst auf die Idee gekommen. Dabei träumte ich schon lange von einem Stück Pizza von Patsy’s, von weißen Käsefäden, die lang und länger wurden, ohne abzureißen, sodass ich sie zwischen die Finger nehmen und abziehen musste und mir auf diese Weise eine Extraportion Mozzarella vom Nachbarstück stibitzen konnte. Seit letztem Donnerstag schwebte dieses Bild vor meinem inneren Auge. Da hatten wir beschlossen, uns am Sonntag endlich um unsere Hochzeitsliste zu kümmern. (»Die Leute fangen an zu fragen, Tif.« – »Ich weiß, Mom, wir machen das schon.« – »Es sind nur noch fünf Monate bis zur Hochzeit!«)

»Ich hab keinen Hunger«, sagte Luke achselzuckend. »Aber wenn du unbedingt möchtest.«

Der allzeit gutmütige Luke.

Hand in Hand überquerten wir die Lexington Avenue und wichen einem Grüppchen Frauen mit starken Beinen in weißen Läufershorts und festem Schuhwerk aus, deren Tüten all die Schätze enthielten, die Victoria’s Secret in der Fifth Avenue führte, in Minnesota aber nicht; ebenso eine Truppe von Long-Island-Girls, um deren honigfarbene Waden sich die Riemchen ihrer Gladiatorsandalen rankten wie Lianen um einen Ast. Sie sahen Luke an, dann mich, ohne den geringsten Ausdruck von Zweifel. Ich hatte alles darangesetzt, eine ebenbürtige Rivalin zu werden, eine Carolyn Bessette für John F. Kennedy Junior. Wir bogen links in die 60th Street ein, um uns dann nach rechts zu wenden. Es war noch vor siebzehn Uhr, als wir am Restaurant ankamen. Die Tische waren gedeckt, aber unbesetzt. Die New Yorker Hipster saßen um diese Tageszeit noch beim Brunch. Früher gehörte ich da auch dazu.

»Draußen?«, erkundigte sich die Empfangskellnerin. Als wir nickten, nahm sie zwei Speisekarten von einem Tisch und bedeutete uns, ihr zu folgen.

»Für mich bitte ein Glas Montepulciano.«

Die junge Frau hob indigniert die Augenbrauen. Mir war klar, was sie dachte – es ist nicht mein Job, Bestellungen anzunehmen –, doch ich lächelte sie nur liebenswürdig an. Bin ich etwa nicht supernett? Ist Ihr Verhalten nicht total albern? Sie sollten sich wirklich was schämen.

Sie wandte sich an Luke. »Und für Sie?«

»Nur Wasser.«

Als sie sich zum Gehen wandte, sagte er zu mir: »Ich verstehe nicht, wie du bei dieser Hitze Rotwein trinken kannst.«

Ich zuckte die Schultern. »Weißwein passt einfach nicht zu Pizza.«

Weißwein gönnte ich mir nur an Abenden, wenn ich mich leicht und hübsch fühlte. Wenn ich in der Lage war, den Abschnitt »Pasta« auf der Karte zu übergehen. Im Women’s Magazine hatte ich einmal Tipps dazu gegeben: »Laut einer Studie ist man mit seiner Menüauswahl eher zufrieden, wenn man die Speisekarte sofort nach dem Auswählen zuklappt. Also wählen Sie die gegrillte Seezunge und schließen Sie sofort die Karte, ehe Sie mit den Penne à la Wodka zu flirten beginnen.« LoLo, meine Chefin, hatte das Wort »flirten« unterkringelt und dazugeschrieben: »Sehr witzig.« Ich hasse gegrillte Seezunge.

»Was müssen wir denn noch erledigen?« Luke lehnte sich zurück und verschränkte die Hände am Hinterkopf, als wolle er Sit-ups machen. Er hatte keine Ahnung, dass er mit dieser Frage vermintes Terrain betrat. In meinen braunen Augen gerann Gift, das ich jedoch rasch wegzwinkerte.

»Alles Mögliche.« Ich zählte an den Fingern auf: »Alles, was mit Papier zu tun hat – Einladung, Speisekarte, Programmheft, Tischkarten und so weiter. Ich muss jemanden finden, der mir Haare und Make-up machen kann, und die Brautjungfernkleider aussuchen. Außerdem müssen wir noch mal ins Reisebüro – ich will wirklich nicht nach Dubai. Ich weiß …« Ich hob die Hände, bevor Luke etwas erwidern konnte. »Wir können nicht die ganze Zeit auf den Malediven verbringen. Man kann nicht endlos am Strand herumliegen, ohne durchzudrehen. Aber könnten wir nicht ein paar Tage in London oder Paris dranhängen?«

Luke nickte mit konzentrierter Miene. Er hatte das ganze Jahr über Sommersprossen, doch Mitte Mai erreichten sie seine Schläfen, wo sie bis Thanksgiving blieben. Es war mein vierter Sommer mit Luke, und jedes Jahr aufs Neue beobachtete ich, wie sich die Goldpünktchen auf seiner Nase durch all die guten, gesunden Freiluftaktivitäten – Laufen, Surfen, Golf, Kiteboarding – vervielfachten wie Krebszellen. Eine Zeit lang hatte er mich mitgeschleppt. Seine Begeisterung für Bewegung und Endorphine war der reinste Terror. Nicht einmal der schlimmste Kater konnte ihn davon abbringen. Früher hatte ich mir meinen Wecker samstags auf 13 Uhr gestellt. Luke fand das süß. »So klein, und so ein Schlafbedürfnis«, sagte er immer, wenn er mich am Nachmittag wachkuschelte. Klein. Auch so eine Beschreibung, die ich hasste. Was musste ich denn noch alles tun, um »dünn« genannt zu werden?

Irgendwann bekannte ich Farbe. Es ist gar nicht so, dass ich mehr Schlaf brauche als andere, ich schlafe nur nicht, wenn andere Leute schlafen. Ich kann mir nicht vorstellen, zur gleichen Zeit in Bewusstlosigkeit zu versinken wie alle anderen. Richtigen Schlaf – nicht diese verkniffene Form von Ruhe, an die ich mich während der Woche gewöhnt habe – finde ich nur, wenn die Sonne sich im One World Center spiegelt, sodass ich mich im Bett umdrehen muss, wenn ich Luke höre, wie er in der Küche herumhantiert und Omelettes aus Eiweiß macht, oder wenn die Nachbarn darüber zanken, wer zuletzt den Müll rausgebracht hat. Banaler Alltag, so öde, dass er unmöglich stören kann. Erst dann kann ich richtig schlafen.

»Wir sollten uns vornehmen, jeden Tag eine Sache zu erledigen«, beschloss Luke.

»Luke, ich erledige drei Sachen am Tag.« Da war eine Schärfe in meiner Stimme, die ich mir eigentlich abgewöhnen wollte. Außerdem hatte ich kein Recht dazu, schnippisch zu sein. Ich hätte eigentlich drei Dinge am Tag erledigen müssen, stattdessen saß ich wie gelähmt vor meinem Computer und machte mir Vorwürfe, weil ich nicht drei Dinge am Tag erledigte, wie ich mir vorgenommen hatte. Doch weil das viel anstrengender und zeitintensiver war, als drei verdammte Dinge zu erledigen, hatte ich Anspruch darauf, wütend zu sein.

Mir fiel eine Sache ein, mit der ich tatsächlich gut in der Zeit lag. »Hast du überhaupt eine Ahnung,...


Knoll, Jessica
Jessica Knoll war Redakteurin bei der Cosmopolitan und arbeitet nun bei dem Frauenmagazin Self. Sie ist in einem kleinen Vorort von Philadelphia aufgewachsen und lebt inzwischen mit ihrem Mann in New York.

Jessica Knoll war Redakteurin bei der Cosmopolitan und arbeitet nun bei dem Frauenmagazin Self. Sie ist in einem kleinen Vorort von Philadelphia aufgewachsen und lebt inzwischen mit ihrem Mann in New York.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.