E-Book, Deutsch, 228 Seiten
König Seele der Jagd
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-347-71019-1
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Rat der Fünf
E-Book, Deutsch, 228 Seiten
ISBN: 978-3-347-71019-1
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
1987 in Dresden geboren, studierte Kraftfahrzeugtechnik und Elektrotechnik. Nach einigen Jahren Arbeit in München und England lebt sie nun wieder in Deutschland und frönt neben ihrer Arbeit ihren Hobbys. So unterrichtet sie in der Freizeit Kampfsport, backt leidenschaftlich und liest alles, was ihr an Fantasy unter die Finger kommt. Immer wieder entwickelt sie dabei neue Ideen, welche sie in Geschichten festhält.
Autoren/Hrsg.
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1. Kapitel – Dezember, Jahr 2 nach der Menschheit
Ohne Kenntnis der Schwertkunst sich nur auf die Länge des Schwertes zu verlassen, um aus der Distanz zu siegen, offenbart nur die Schwäche des Kampfgeistes. – Miyamoto Musashi, Buch des Windes
Das Wasser des Indischen Ozeans brauste mit riesigen Wellen wütend an die Küste der kleinen Insel und der Wind drückte gegen die alten Bäume in den Ruinen des Tempels. Die bröckelnden Wände ächzten laut und gelegentlich fiel ein lockerer Stein, die nicht durch die Wurzeln der Bäume festgehalten wurde, auf die Erde. Dieser Taifun war stärker, als der Rat der Unsterblichen es erwartet hatten.
In der Mitte des Haupttempels standen sechs Gestalten in Mönchskutten. Diese verhüllten Lebewesen waren unterschiedlich groß und trugen jeweils eine pechschwarze Kutte mit einer tief ins Gesicht gezogenen Kapuze. Es waren blutrote Symbole aufgenäht. Unter einigen leuchteten die Augen in unnatürlichen Farbtönen wie kleine Taschenlampen: strahlend gelb, blutrot und gletscherweiß.
Sie standen in einem Kreis zueinander und raunten Wörter in unterschiedlichen Sprachen, bevor schließlich eine Kreatur, wahrscheinlich der Anführer, einen Schritt in die Mitte trat.
„Ich grüße euch. Wir sind hier nun das erste Mal seit der erfolgreichen Säuberung zusammengekommen. Nachdem sich alle zwei Jahre lang austoben konnten, muss der Rat sich um die neue Ordnung kümmern und den Verlauf zur Errichtung dieser Ordnung genauer besprechen. Schon jetzt konnten wir einige positive Entwicklungen sehen, welche unserem Bestreben entgegenkommen.“
Der Anführer schaute sich um, bevor der Größte schließlich das Wort ergriff: „Wie geplant sind fast alle Menschen gestorben, allerdings haben mindestens drei überlebt. Ich habe dieses Gerücht von einigen Informanten bestätigen lassen, dabei wurde auch erwähnt, dass angeblich sogar bis zu fünf Menschen überlebt haben könnten.“
Der Anführer zuckte zusammen, bevor er energisch ausrief: „Was soll das heißen? Es sollte kein Mensch, absolut niemand dieser minderwertigen Wesen überlebt haben! Wir haben unsere Aktion darauf ausgelegt. Die einzigen, die überlebt haben sollten, sind die Übernatürlichen mit reinem Blut.“
„Da gibt es noch ein anderes Problem: Die kleine Anzahl von Bastardhybriden hat auch überlebt. Sie sammeln sich mittlerweile in Nordamerika“, meldete sich der Große wieder zu Wort.
„Bitte, was?“, zischte der Anführer ihn an. „Das kann doch nicht wahr sein. Unser Ritual und die damit verbundenen Schritten waren sonnenklar beschrieben und durchgeführt wurden, absolut eindeutig, und jetzt so ein Fehlschlag.“
„Immerhin haben wir enorm an Macht gewonnen“, warf der Große beschwichtigend ein.
Die anderen nickten verstört. Sie wollten lieber nicht den Zorn ihres Anführers heraufbeschwören. Er würde dann plötzlich unberechenbar werden und es endete im Blutvergießen. Einer musste immer leiden.
„Gut, dann lösen wir als Erstes das Problem mit diesen fünf Menschen. Ich will sie von der Erde getilgt haben. Hat jemand einen Vorschlag?“
Jetzt trat ein Anwesender mit blutroten Augen nach vorn. „Es gibt leider auch da ein kleines Problem. Die drei, von den wir wissen, sind irgendeine seltsame Verbindung mit Übernatürlichen eingegangen und wurden in die entsprechenden Verbände aufgenommen. Wir kommen jetzt nicht mehr so einfach an diese Menschen ran. Sie werden von diesen Verrätern und Ketzern beschützt. Die eingegangene Bindung schützt sie auf irgendeine mystische Art und Weise vor einem Angriff aus der Ferne. Einmal wurde es probiert, aber es nichts passiert.“
„Scheiße! Das kann doch nicht wahr sein. Ich glaube, ich spinne. Wie können diese Schwächlinge, die viel stärkeren Übernatürlichen dazu bringen, ihnen zu helfen?“
Ratloses Schweigen antwortete ihm, bis der Anführer seufzte.
„Lasst uns erst mal die zwei Menschen aus dem Weg räumen, die noch keine von diesen sogenannten Bindungen eingegangen sind. Wir müssen herausbekommen, wie sie überlebt haben, ohne beschützt zu werden, und wie wir sie am besten töten können, ohne die anderen Menschen auf unsere Fährte zu führen. Ich will keinen einzigen verdammten Menschen mehr lebend sehen.“
Die anderen nickten erleichtert. Zum Glück galt der Zorn ihres Anführers den überlebenden Menschen und nicht ihnen.
„Weiß jemand in welchem Gebiet, die zwei anderen möglichen Überlebenden sich aufhalten könnten? Als Erstes müssen wir sie finden, bevor wir sie auslöschen können.“
Jetzt antwortete der Rotäugige wieder: „Die drei Menschen, die beschützt werden, befinden sich in Europa, Nordamerika und Südamerika. Es kann gut sein, dass die beiden Letzten also in auf den übrigen drei Kontinenten – Afrika, Asien oder Australien – leben.“
„Dann wird einer von euch sich dorthin begeben und sich des Abschaums annehmen. Ihr müsst herausbekommen, wie diese Kakerlaken überleben konnten. Jemand Freiwilliges?“, fragte der Anführer ungeduldig in die Gruppe.
Diesmal trat der Größte wieder einen Schritt nach vorn. „Lasst mich es tun. Ich werde die Lösung aus ihnen herausbekommen. Ich hoffe, es ist für euch kein Problem, wenn der Mensch dabei stirbt“, meinte dieser mit süffiger Note in seiner Stimme.
Alle Anderen lachten gehässig auf. Der Anführer sprach: „Natürlich nicht! Schließlich müssen alle fünf sterben und die verräterischen Übernatürlichen dazu. Wir können keinen ketzerischen Abschaum in unserer neuen Ordnung gebrauchen. Der Rest von uns wird einen Plan für diese unreinen Übernatürlichen ausarbeiten, eine Möglichkeit, wie wir sie am besten vernichten können. Sie haben nichts in dieser Welt zu suchen. Der Plan wird sein, dass wir uns einmal pro Monat hier treffen. Ich will in zwei Jahren keine Schwächlinge oder Unreinen mehr auf dieser Erde sehen. Habt ihr das verstanden?“
Alle riefen ihre Zustimmung aus und damit drehte sich der Anführer um und verschwand in einer Rauchwolke. Die anderen verließen nach und nach, bis der Größte allein in dem Tempel stand. Er schien kurzzeitig nachzudenken, doch erst nach ein paar Sekunden später begannen die Schultern wild zu zucken und einige Minuten später lachte er hysterisch los. Er freute sich auf die Aufgabe, freute sich darauf, endlich wieder jemanden foltern zu dürfen. Schon seit Langem brannte es ihm unter den Fingernägeln, jemandem wehzutun.
Die Sonne stieg langsam über den Rand des Horizonts und tauchte das Kalaharibecken in ihren feurigen Glanz. Der Himmel war eine einzige blaue Ebene, auf der langsam die Sterne verblassten. Die Tiere in dieser Trockensavanne erwachten und nach Wasser zu suchen. Ein neuer Tag begann.
Es war zwar Regenzeit, jedoch war schon seit mehreren Monaten kein Wasser mehr gefallen. Ein kleines Rinnsal versorgte das Becken nur noch unzureichend mit Wasser. So waren schon viele Herden weitergezogen. Nur die hart gesottenen und widerstandsfähigsten Tiere überlebten noch hier.
Auf einmal lief ein kleiner schwarzer Schatten geduckt durch das hohe Gras der Savanne. Es war Niara, eine zierliche Frau von dem Volk der Khoikhoi bekannt. Ihre Haut hatte einen gelblich-braunen Ton und ihre Haare waren wie kleine Kugeln auf ihren Schädeln gewachsen.
Der Blick von Niara glitt wachsam über die Savanne, während sie gespannt einen langen Speer in der Hand hielt. Sie war auf der Jagd. Plötzlich blieb ihr Blick an einer Herde von Kudu-Antilopen hängen. Die großen Tiere grasten friedlich, während ihre Köpfe mit den spitzen Hörnern hoch und runter wippten. Augenscheinlich zeigten die Antilopen keine Wachsamkeit. Das war jedoch nur der äußere Schein, denn das Alphatier schaute sich immer wieder aufmerksam um.
Die junge Frau schloss kurz die Augen und versuchte etwas zu fühlen und zu hören, so wie ihre Ahnen es gemacht hatten. Die unterschiedlichen Energien der Herde prasselten auf sie ein, sodass es schwerer war, die einzelnen herauszufiltern. Sie musste genau wählen, welches Tier sie für die Jagd nehmen würde. In dem Glauben ihres Volkes besaß jedes Lebewesen eine ganz eigene Energie. In ihr zeigte sich, ob es ein gesundes Tier oder kränkliches war. Allerdings war es eine schwierige Fähigkeit, die normalerweise jahrelang trainiert werden muss. Daher brauchte Niara eine ganze Weile, bis sie das passende Tier mit einer entsprechenden Energie herausfiltern konnte – regelrecht erfühlen, mit ihrer Haut und Haaren. Dann öffnete sie die Augen und schaute sich um. Schnell fand sie die eine Antilope, zu der diese Energie passte. Diese stand etwas abseits und graste vor sich hin. Sie würde das Opfer bringen...




