Lascaux | Der Tote vom Zibelemärit | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 11, 251 Seiten

Reihe: Detektive Müller und Himmel

Lascaux Der Tote vom Zibelemärit

Ein Fall für Müller & Himmel
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-8392-5966-5
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Ein Fall für Müller & Himmel

E-Book, Deutsch, Band 11, 251 Seiten

Reihe: Detektive Müller und Himmel

ISBN: 978-3-8392-5966-5
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Ein Mann stirbt an Silvester 2017 durch einen manipulierten Feuerwerkskörper und führt die Detektei Müller & Himmel zurück in die Vergangenheit. Denn der Verstorbene war nicht nur ein fürsorglicher Vater, sondern einst auch in der Punkszene aktiv. Als Weggefährten von damals in der Detektei von Heinrich Müller auftauchen, wird er mit Punk und Rebellion der 80er-Jahre konfrontiert und bewegt sich plötzlich in einem Bern zwischen Anarchie und Tod.

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Freitag, 23. Februar 2018
Es war eine Premiere für die Detektei Müller & Himmel, dass Heinrich und Nicole einen Auftraggeber nicht im Büro empfingen, sondern ihn an seinem Wohnort besuchten. Familie Wölfli hatte um Hilfe gebeten. Sie bewohnte ein Eckhaus zwischen Fichten- und Eschenweg in der hinteren Länggasse, einem Quartier, das außerdem aus einem Buchen-, Tannen- und einem Forstweg bestand. Und da es im Wald nicht nur ruhig zuging, hatte man noch einen Drossel-, Amsel-, Distel-, Schwalben- und Wachtelweg hinzugefügt. Mittendurch führte die Fabrikstrasse. Ein wenig Realismus musste sein. Die Detektive betrachteten das Haus mit Wohlgefallen. Es war weiß verputzt. Zwischen den Geschossen, unter dem Dach und an der Ecke wechselten sich gelbe und lila Backsteine ab. An der Frontseite des Dachgiebels prangten hölzerne weiße Rosetten, und in einer Aussparung saß ein lesender, geflügelter Putto auf einer Weltkugel. Ein geräumiger Garten war auf der Südseite angelegt, im Winter kahl, aber im Sommer bestimmt ein Paradies – »Falls man von Dauergrillierern nicht geräuchert wird«, warf Nicole ein. Heinrich wollte eben die Klingel drücken, als die Haustür auch schon aufschwang. Ein junger Mann begrüßte sie, stellte sich als Oliver Wölfli vor und bat sie in die Stube im Erdgeschoss, die sich auf den Garten hin öffnete. Der Dreitagebart war das Auffälligste am sonst adretten Kerl mit der Föhnfrisur, der auch als Model einer Modezeitschrift durchgegangen wäre. Links und rechts an der Wand des geräumigen Zimmers standen Sofas, über denen je eine Katzenlithografie von Rosina Wachtmeister hing. Ein Clubtisch auf Rollen war in die Ecke geschoben, damit der Weg zur Balkontüre frei blieb. Vor dem Fenster befand sich ein Fernsehsessel, in dem Oliver Wölfli sich breitmachte. Die Detektive wurden links platziert und erblickten den an der Wand aufgehängten Flachbildschirm – neueste Technologie, wie Heinrich anerkennend bemerkte, als sie wieder draußen standen. Im oberen Stockwerk lief eine Reggae-Platte, die Müller gerade nicht zuordnen konnte, aber deren Melodie in seinem Gehirn hängen blieb und ihn noch lange beschäftigte. Ihm gegenüber saßen zwei Frauen stocksteif, als ob das Sofa sie gefangen hielt. »Meine Mutter, Susanne Wölfli, sie hat angerufen«, stellte der Sohn sie vor. Die Frau machte einen entschieden unglücklichen, wenn nicht gar depressiven Eindruck. Sie war wohl um die 50, aber ihr ungepflegter Teint ließ sie heute älter erscheinen, verstärkt durch die verheulten Augen und die leicht strähnigen braunen Haare. Neben ihr machte eine junge Frau mit langen Stirnfransen und über den Hals fallendem schwarzen Haar fahrige Handbewegungen, was im Kontrast zu den klaren Gesichtszügen und den tief blickenden braunen Augen sowie den schwarz geschminkten Lippen stand. Ein Ebenbild ihrer Mutter, beide mit graziler Figur. »Florence Wölfli, meine Schwester«, sagte Oliver. »Sie ist letztes Jahr von der Schreinerei, in der sie ihre Ausbildung absolvierte und wo sie anschließend gearbeitet hat, entlassen worden. Sie hat ihren Chef als altes Arschloch bezeichnet – dabei war er noch gar nicht so alt.« »Ich kann für mich selbst reden«, gab sie unwirsch zurück. »Sag bloß …«, meinte Oliver. »Was tun Sie jetzt?«, fragte Nicole. Wiederum sprach der Bruder für die ältere Schwester: »Meinen Sie, womit sie ihre Zeit verbringt oder womit sie ihr Geld verdient?« Nach einer kurzen Pause sagte er: »Sie ist Sargtischlerin.« »Das Geschäft läuft schlecht«, brummte Florence. »Und sie spielt Drehleier in einer Mittelalter-Folk-Rock-Band. Das ist das Business, das wirklich schlecht läuft.« Heinrich Müller räusperte sich und sagte: »Wir sind nicht für eine Familienaufstellung hergekommen. Am Telefon hatten Sie ein anderes Anliegen.« »Entschuldigen Sie«, begann Oliver. »Meine Mutter und meine Schwester glauben nicht, dass eine Detektei eine große Hilfe ist. Dennoch konnte ich Mutter überreden, Sie anzurufen und Sie hierherzubitten, denn Ihr Büro hätten die nicht aufgesucht. Aber ohne Einverständnis der ganzen Familie werden wir kaum zusammenfinden.« Nicole intervenierte: »Wir sind aber keine TV-Detektei, die Fälle akquiriert, indem sie Menschen zum Abschluss eines Vertrags überredet. Im Gegenteil: Sie müssen uns davon überzeugen, dass es ohne unseren Einsatz nicht geht.« »Ich habe ja gesagt, dass es sinnlos ist«, reklamierte die Mutter mit brüchiger Stimme. »Die Polizei hat uns schon nicht geglaubt, und jetzt sollen wir auch noch Detektive überzeugen. Ein unlösbarer Fall!« »Ein Fall ist es noch nicht«, erwiderte Nicole. »Aber unlösbar tönt gut. Das ist sozusagen unsere Spezialität.« »Wie kommen Sie auf uns?«, wollte der Detektiv wissen. Oliver erklärte: »Ein Beamter hat uns auf der Zentrale der Police Bern auf Sie aufmerksam gemacht. Sie haben vom tödlichen Unfall auf der Großen Schanze an Silvester gehört?« Müller nickte. »Wir sind der Ansicht, dass es kein Unfall gewesen ist«, sagte Oliver Wölfli. »Wir?«, fragte Nicole Himmel. »Ja, wir drei«, bekräftigte der junge Mann. »Aber ich bin derjenige, der die Sache aufklären will. Ich studiere Jus«, fügte er noch an. »Gerechtigkeit ist ein bedeutungsschwerer Begriff, aber ich möchte Gerechtigkeit. Das sind wir unserem Vater schuldig.« »Wir kennen das Ereignis nur aus der Zeitung«, sagte der Detektiv. »Können Sie uns aufdatieren?« Die Mutter hatte sich gefasst und begann: »Roman Wölfli, geboren 1955 in Bern. In mein Leben getreten ist er 1990, er 35, ich 21 und naiv, habe mich von seiner Weltgewandtheit beeindrucken lassen, er hat damals im diplomatischen Dienst gearbeitet, war viel auf Reisen. Zwei Jahre später kam Florence zur Welt. Roman befand sich im Nahen Osten. Dann habe ich ihn zur Hochzeit gedrängt. Kurz bevor Oliver 1995 geboren wurde, hat sich mein Mann selbstständig gemacht und unter Ausnutzung seiner weltweiten Kontakte ein eigenes Unternehmen gegründet, die ImportexCH, wenig überraschend ein Handelsunternehmen für alles, was sich verkaufen ließ, mein Mann der ›Mister 10 %‹. Hat sich gut gelebt. In den letzten Jahren sind die Umsätze allerdings stetig zurückgegangen. Am letzten Silvester hat er sich kurz nach Mitternacht mit einem großen Restposten Feuerwerk in die Luft gesprengt.« »Mutter!«, unterbrach Florence den Redeschwall. »Er hat sich nicht in die Luft gesprengt. Er konnte mit Feuerwerk umgehen. Es war auch kein Unfall. Jemand muss diese Batterie manipuliert haben.« »Moment mal«, bremste Nicole. »Ihr Mann hat das Feuerwerk selbst importiert?« »Ja«, antwortete der Sohn. »Ein lukratives Geschäft. Die lautesten Knallbomben aus Fernost, nach Schweizer Norm deklariert …« Die Treppen herunter hallte der letzte Reggae-Herzschlag nach. Die Stille war unangenehm. »Eines verstehe ich noch nicht«, erklärte Müller. »Ihr Mann hat das Feuerwerk auf der Großen Schanze abgebrannt. Wieso nicht in seinem Garten?« Susanne Wölfli lachte auf. »Haben Sie irgendeine Ahnung, wie viel Krach eine geballte Feuerwerkladung von diesem Kaliber macht? Wir hätten uns im Quartier nicht mehr sehen lassen können …« »Mama!« »Ist doch wahr. Ein bisschen Größenwahn war auch dabei. Er wollte die ganze Stadt teilhaben lassen.« Müller reagierte: »Moment. Verstehe ich das richtig? Roman Wölfli war mit seinen Raketen allein auf der Großen Schanze? Von Ihnen war niemand dabei?« »Ja, das verstehen Sie richtig«, antwortete Florence und schaute betreten zu Boden. »Unser Vater hatte ein paar Hobbys, die wir nicht mit ihm teilten«, erklärte Oliver. »Was erwarten Sie von uns?«, wollte Nicole wissen. »Die Polizei geht von einem Unfall aus. Bisher ist deswegen kein Verfahren eröffnet worden. Es gibt keine Zeugen. Alle andern Wahnsinnigen hatten sich bereits aus dem Staub gemacht, als die Polizei auftauchte«, erklärte Oliver. »Ein unlösbarer Fall, wie meine Mutter schon sagte. Suchen Sie Beweise dafür, dass der Tod meines Vaters kein Zufall gewesen ist!« »Irgendwelche Anhaltspunkte von Ihrer Seite her?«, fragte Nicole. Oliver antwortete: »Vorerst nicht.« Florence ergänzte: »Wir sichten in den nächsten Tagen den Nachlass unseres Vaters. Wenn wir etwas finden, geben wir Ihnen Bescheid.« »Mir ist immer noch nicht klar, weshalb Sie an eine Fremdeinwirkung glauben«, sagte der Detektiv. »Gibt es denn jemanden, der vom Tod Ihres Vaters profitieren würde?« Susanne meinte: »Wohl kaum. Das Erbe geht an die Familie. Geschäftspartner hatte er keine.« »Und Feinde?«, fragte Nicole. »Bei seinen Geschäften – so habe ich es herausgehört – könnte es das eine oder andere Problem gegeben haben.« Florence sagte sarkastisch: »Bei seinen Geschäften gab es eigentlich nur Probleme. Deshalb hat er die Deals ja abgewickelt, deshalb waren sie so profitabel.« »Namen?« »Kaum«, fuhr sie fort, »und wohl auch die falsche Spur. Denn alle Beteiligten waren um die guten Dienste meines Vaters besorgt. Nun müssen sie neue Netzwerke aufbauen. Und Sie können sich sicher vorstellen, dass diese Leute und Organisationen andere Mittel gefunden hätten als ein unverhofft explodierendes Feuerwerk.« »Ich weiß nicht, ob das weiterhilft«, unterbrach die Mutter. »Aber Roman hat immer gesagt: ›Wenn mir...


Lascaux, Paul
Paul Lascaux ist das Pseudonym des Schweizer Autors Paul Ott. Der 1955 geborene studierte Germanist und Kunsthistoriker ist am Bodensee aufgewachsen und lebt in Bern. In den letzten 30 Jahren hat er neben zahllosen journalistischen Arbeiten mehrere literarische Veröffentlichungen realisiert, vor allem Kriminalromane und kriminelle Geschichten. Als Herausgeber von Krimi-Anthologien und Initiator des Schweizer Krimifestivals Mordstage hat er sich einen Namen gemacht. »Der Tote vom Zibelemärit« ist bereits der elfte Krimi um die Detektei Müller & Himmel.



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