Lin | Gute Laune | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 158 Seiten

Lin Gute Laune

Roman
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8321-8845-0
Verlag: DuMont Buchverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)

Roman

E-Book, Deutsch, 158 Seiten

ISBN: 978-3-8321-8845-0
Verlag: DuMont Buchverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Andrew im Wunderland - der erste Roman von New Yorks Szeneliebling Tao Lin Andrew ist Pizzabote bei Domino's Pizza, aber das ist er nicht gerne. Andrew lebt in Orlando, Florida, aber dort lebt er nicht gerne. Andrew träumt von Sara, einem Mädchen, mit dem er in New York ein einziges Date hatte. Seitdem hat er sie nicht wiedergesehen. Trotzdem ist Sara wohl die wichtigste Person in seinem Leben. Außer Steve vielleicht, seinem besten Freund, dessen Mutter bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Und dann sind da noch die Tiere, die Delfine, Bären, Hamster und Elche. Verwirrte intelligente Tiere, die versuchen, sich mit verwirrten intelligenten Menschen wie Andrew zu verständigen.

Tao Lin, geboren 1983, ist der It-Boy der New Yorker Literaturszene und die Galionsfigur der »New Sincerity«-Bewegung. Der Autor von sieben Büchern studierte Journalismus an der New York University und unterrichtete Literatur am New Yorker Sarah Lawrence College. Seine Texte erschienen unter anderem in The Believer, New York Observer und Vice. >Taipeh<, Tao Lins dritter Roman, verhalf ihm in den USA zum endgültigen Durchbruch und war eines der meistdiskutierten amerikanischen Bücher 2013. Bei DuMont erschien bisher >Gute Laune< (2009). www.taolin.info www.twitter.com/tao_lin www.facebook.com/kmartrealism Stephan Kleiner, geboren 1975, lebt als literarischer Übersetzer in München. Er übertrug u. a. Geoff Dyer, Chad Harbach, Tao Lin und Hanya Yanagihara ins Deutsche.

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Im Auto, beim Pizzaausfahren. Keine Sara. Keine Zukunft. An einer Ampel wird Andrew plötzlich ganz ruhig. Er hat das Gefühl, gefilmt zu werden. Er ist in Florida und wird gefilmt, für einen Independent-Film, in dem jemand anderes die Hauptrolle spielt. Wahrscheinlich Sara. Sein Leben muss sich ändern. Irgendetwas muss passieren, muss in die Luft fliegen, weil es ein Film ist. Andrew wird sich in eine hochgefährliche Situation hineinteleportieren und jemandem mit der Faust ins Gesicht schlagen, sich dann zu Sara teleportieren und sie umarmen. Er saß am Steuer. Sie kamen an ein Feld und sie meinte Wir sollten in diesen Baum hineinfahren wie in eine Garage. Er meinte Lass uns raufklettern und darin essen. Sie setzten sich auf die Äste und aßen Eis am Stiel. Die Ampel wird grün. Andrew will nicht losfahren. Er sollte in irgendetwas hineinfahren. Einen Berg. Der Berg würde explodieren. Es gibt nichts zum Hineinfahren. Wenn Sara hier wäre, gäbe es bestimmt auch Sachen zum Hineinfahren. Andrew fährt an dem Viertel vorbei, in das er hätte einbiegen sollen, macht einen U-Turn über den Mittelstreifen und fährt dabei einen kleinen Baum um. Eine Reihe Autos fährt hupend vorbei. Andrew lacht. Er hat keine Zukunft. Es ist ihm unangenehm, dass er einen Baum umgefahren hat. Das war falsch. Er repräsentiert doch Domino’s Pizza Corporation. Er sollte keine illegalen U-Turns machen. Er kommt sich schlecht vor. In dem Baum lebten Vögel. Eine riesige Familie mit Vogelkindern. Und Eichhörnchen. Die Vogelmutter wird zurückgeflogen kommen und ganz verstört sein. Als Andrew zu Hause ist, ruft er Steve an. 22.00 Uhr. Entweder Karten spielen bei Justin oder in die Spielhalle. Karten spielen bedeutet auch trinken; und dann sind am Ende alle deprimiert. Also die Spielhalle. Andrew fährt zu Steve. Als Steve zum Auto kommt, schmeißen seine zwei kleinen Schwestern Wasserbomben, die beide danebengehen und im Gras landen. Die Schwestern rennen hinterher, heben die Wasserbomben auf, schmeißen sie. Eine prallt von Steves Gesicht ab, die andere zerplatzt in der Einfahrt. Die Schwestern rennen in den Garten, klatschen die Hände zu High Fives zusammen und rennen weg. »Ich bringe sie um«, sagt Steve im Auto. »Hast du gesehen: High Fives«, sagt Andrew. »Wir sollten Amok laufen«, sagt Steve. »In unserem Vorgarten.« »Gute Idee.« Andrew wünscht, er wäre eine der kleinen Schwestern. Plötzlich ist er deprimiert und gelangweilt. Er müsste eine der Schwestern sein und Sara die andere. »Und jetzt? Spielhalle?« »Ich hasse die Spielhalle«, sagt Steve. »Sie ist deprimierend und reine Zeitverschwendung. Ich bin pleite.« »Das sage ich doch immer, dass Sachen deprimierend sind und reine Zeitverschwendung. Das ist meine Rolle, hör auf damit.« »Fick dich doch«, sagt Steve. »Mach ich. Heute Abend. In meinem riesigen Haus.« »Ja«, sagt Steve. »Ich habe dir eine wohlmeinende Anregung gegeben.« »Ja.« Amoklauf in der Spielhalle. »Ich sollte an einem Spielautomaten spielen, absichtlich totgehen und dann rumlaufen und allen sagen, dass ich mich umbringe.« »Bring nicht dich um«, sagt Steve. »Bring lieber meine Geschwister um.« »Wieso nennst du sie Geschwister?« »Ich bin bescheuert. Bring nicht meine Geschwister um. Bring lieber mich um.« »Ich habe heute einen Baum umgebracht. Ich bin mir schlecht vorgekommen. Ich sollte meinen Job umbringen. Aber durch Güte. Die Güte von Fremden.« »Zuerst musst du mich und meine Geschwister umbringen.« »Kann ich bei euch mal auf die Toilette gehen?« »Geh schon«, sagt Steve. Andrew geht ins Haus. Drinnen ist es sehr dunkel. Andrew hat Angst, dass ihn ein Alien packen wird. Das Alien würde sich einsam fühlen und umarmt werden wollen, aber Andrew würde einen Herzinfarkt und einen Schlaganfall zugleich kriegen. Steves dritte Schwester Ellen, die, die auf die High School geht, sitzt im Wohnzimmer auf dem Sofa. Sie sitzt dort im Dunkeln, ohne irgendetwas zu tun. Sie nimmt ein Buch in die Hand und schaut es an. »Ich muss mal auf die Toilette«, sagt Andrew. Im Wohnzimmer ist es sehr dunkel. Ellen steht auf und geht weg. Das Buch schlägt ihr gegens Bein und fällt herunter, und sie geht schneller. Andrew geht auf die Toilette und kommt wieder heraus. Ellen geht ganz langsam durchs Wohnzimmer. Sie sieht etwas verstört aus. Andrew folgt ihr in die Küche. Ellen macht den Kühlschrank auf und schaut hinein, ohne sich zu bücken. »Was hast du für ein Buch gelesen?«, sagt Andrew. »Hast du nicht eben ein Buch gelesen?«, sagt Andrew. »Keine Ahnung«, sagt Ellen. Sie lässt den Kühlschrank offen und geht weg. Sie kommt zurück und macht den Kühlschrank zu. Ohne das Licht aus dem Kühlschrank ist es sehr dunkel. Ellen stolpert über einen Stuhl und fällt hin und steht wieder auf und geht in ein anderes Zimmer. »Du hast lange gebraucht«, sagt Steve im Auto. »Ich habe versucht, mich mit deiner Schwester zu unterhalten.« »Verarsch mich nicht«, sagt Steve. »Nein, echt, ich habe versucht, mit ihr zu reden.« »Du Arschloch«, sagt Steve. »Sie saß im Dunkeln und starrte vor sich hin. Es war irgendwie gut.« »Sie hat keine Freunde«, sagt Steve. Sie fahren zu Wal-Mart. Sie suchen nach irgendetwas, was sie gegen die kleinen Schwestern einsetzen könnten. Finden aber nichts. Sie bleiben über zwei Stunden lang bei Wal-Mart. Als sie wieder im Auto sind, hat Andrew eine Videokassette, Gosford Park. »Du cleverer Dreckskerl«, sagt Steve. »Hast du den gesehen?« »Du cleverer Dreckskerl«, sagt Steve wieder. Steve als Amokläufer; Massengrab im Garten. »Der hat jeden Preis gewonnen, den es gibt«, sagt Andrew. »Weil der Regisseur hundert Jahre alt ist oder so. Das ist die Jhumpa Lahiri unter den Filmen.« Das ergibt keinen Sinn. Na ja. »Du bist die Jhumpa Lahiri unter denen, die Zeug bei Wal-Mart klauen«, sagt Steve. »Ich habe ihn gekauft.« »Du hast ihn dir mit Gerissenheit und Schnelligkeit erkauft«, sagt Steve. »Ja. Und einem Zehn-Dollar-Schein.« Andrew startet den Wagen. Sara. Die Musik ist laut und deprimierend. Andrew stellt sie leiser. »Bei Jhumpa Lahiri kriege ich Lust, einen Blauwal zu töten oder so. Ich habe dir von ihr erzählt, oder? Ja. Ich kapiere ihren … Namen nicht. Der Name wirkt wie ein Amoklauf.« »Wir sollten sie zur Strecke bringen«, sagt Steve. »Mit Gerissenheit und Schnelligkeit.« »Sie lebt wahrscheinlich zusammen mit ihrem Pulitzer-Preis auf einem diamantenen Schiff.« Sara lebt in New York City. Sie hatten ein paar Kurse zusammen. Sie malte einen Penis auf Jhumpa Lahiris Gesicht. Sie gingen in Buchhandlungen. Sie übersprang ein Jahr, machte ihren Abschluss, lernte jemand anderen kennen. Andrew lernte niemanden kennen, ging zurück nach Florida und hat keine Zukunft. Sie fahren zu Justin und werfen Gosford Park in den Vorgarten. Drinnen wahrscheinlich fünf Typen, die Karten spielen und trinken; alle deprimiert, aber keiner gibt es zu. Fünf Typen, die trinken und zugeben, dass sie deprimiert sind. Sie würden deprimiert Amok laufen, träge töten. Andrew hat eine Vogel-Großfamilie und Eichhörnchen getötet. Er kletterte mit Sara auf einen Baum. Ihr Eis war blau. Es war seltsam. Es war undurchsichtig oder so. Wieso ist dein Eis verstört? Sie fahren durch die Gegend; ohne einen Plan, ohne ein Ziel. Draußen ist es dunkel und still. Im Auto hören sie sehr deprimierende Musik. Andrew ist orientierungslos und gelangweilt, oder auch ganz klar und ruhig; er weiß es nicht genau. Die Anlage ist ziemlich gut. Honda Civics sind seltsam. Aus irgendeinem Grund mag Andrew Honda Civics. Sie sehen so aus, wie er sich fühlt; vielleicht deswegen? Er hätte auf ihren Ast hüpfen und sie küssen sollen. Zu gefährlich. Hätte vorschlagen sollen, ein Baumhaus zu bauen. Lass uns die Schule schmeißen und in einem Baumhaus leben. Wie in einer Garage. Ihr zuzwinkern. Die lachende Sara. Manchmal lachte sie wie wahnsinnig. Saras schönes Gesicht, das wie von Sinnen lacht. Dann ganz entspannt, hübsch. »Was, wenn einer von uns anfangen würde zu heulen?«, sagt Andrew laut. »Morgen fliege ich nach Seattle«, sagt Steve. Hat es nicht gehört. Die Musik ist zu laut. Oder hat er doch? Spielt keine Rolle. Steve wird nach Seattle fliegen und nie mehr wiederkommen. Sara in New York, Steve in Seattle. Andrew allein in einem Baumhaus, wie er sich selbst bemitleidet. Die Eichhörnchenmutter starrt desillusioniert eine Eichel an. Die kleinen Schwestern, erwachsen und unglücklich; sarkastische High Fives im Wohnzimmer. Die Wasserbombe klatscht Steve ins Gesicht. Die Wasserbombe. Sie fahren zu Denny’s. »Ich brauch eine Frau«, sagt Steve, als sie am Tisch sitzen. »Ich brauch … Keine Ahnung … Ich brauch was im Bauch.« »Erst würden wir zusammen shoppen gehen«, sagt Steve. »Und wenn sie mich verlassen hat, würde ich allein Amok laufen gehen.« Sara, verheiratet; inzwischen ist sie wahrscheinlich verheiratet. »Weißt du noch, wie dir die Wasserbombe ins Gesicht geklatscht ist?« »Ich bringe sie um«, sagt Steve. »Ich werde niemals jemanden umbringen.« Sara, die wie eine verheiratete Frau lacht. »Weißt du noch …« Sara Tealsden. Hör auf, an Sara zu denken. »… wie ich gesagt habe ›weißt du noch, wie dir die Wasserbombe ins Gesicht geklatscht ist?‹« »Ja«, sagt Steve. »Was, wenn deine Schwestern einander heiraten...


Tao Lin, geboren 1983, ist der It-Boy der New Yorker Literaturszene und die Galionsfigur der »New Sincerity«-Bewegung. Der Autor von sieben Büchern studierte Journalismus an der New York University und unterrichtete Literatur am New Yorker Sarah Lawrence College. Seine Texte erschienen unter anderem in The Believer, New York Observer und Vice. ›Taipeh‹, Tao Lins dritter Roman, verhalf ihm in den USA zum endgültigen Durchbruch und war eines der meistdiskutierten amerikanischen Bücher 2013. Bei DuMont erschien bisher ›Gute Laune‹ (2009).
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Stephan Kleiner, geboren 1975, lebt als literarischer Übersetzer in München. Er übertrug u. a. Geoff Dyer, Chad Harbach, Tao Lin und Hanya Yanagihara ins Deutsche.



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