E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
Logan Plötzlich Vaterfreuden
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7337-7606-0
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7337-7606-0
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Was für ein unangenehmer Auftrag! Inkognito soll Charles Fraser zu Rose reisen, um ihr Lucas wegzunehmen, ihren über alles geliebten Sohn. Als Charles ihr aber zum ersten Mal gegenübersteht, merkt er: Er kann seine Aufgabe unmöglich erfüllen, denn Rose und ihr Kleiner sind einfach bezaubernd - mit ihnen ist alles Glück! Bis Rose von seinem unheilvollen Auftrag erfährt. Denn da wendet sich das Blatt ...
Schon in ihrer Kindheit hat Leandra geschrieben. Sie war überrascht, 1986 ihren ersten Jugendroman zu verkaufen. Seitdem hat sie viele Bücher veröffentlicht. Sowohl für Teenager als auch für Erwachsene. Ihre Bücher stehen regelmäßig auf den Bestsellerlisten von B.Dalton oder Waldenbooks und sie sind für mehrere Awards nominiert gewesen. Leandra Logan hat ihr Leben lang in Minnesota und viele Jahre davon in der historischen Stadt Stillwater gelebt.
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1. KAPITEL
Charles Fraser blieb verwundert im großen, dunklen Foyer der Familienvilla in Connecticut stehen, als er das Licht im Arbeitszimmer seines Vaters sah.
Es war seltsam, dass Hilton zu dieser späten Stunde noch wach war, denn an Wochentagen pflegte er sich bereits um elf Uhr zurückzuziehen.
Zweifellos wurde Charles zu einer Unterredung erwartet, der er sich nicht entziehen konnte. Er war gleich nach dem Collegeabschluss in den Familienbetrieb, eine Werbeagentur in Manhattan, eingetreten und hatte sich somit zu verantworten, bis sein Vater in den Ruhestand trat. Seufzend strich er sich über den zerknitterten Seidenanzug und durch das zerzauste Haar, bevor er die Höhle des Löwen betrat.
Hilton thronte an seinem Schreibtisch aus Mahagoniholz. Er war gepflegt, fit, breitschultrig und trotz seiner achtundfünfzig Jahre noch immer ein gut aussehender Mann mit dichtem, grau meliertem Haarschopf. Der sanfte Schein der Schreibtischlampe kaschierte die Spuren des Alters auf seinem Gesicht, nicht aber das Blitzen der stechenden braunen Augen.
Charles schlenderte lässig zum Schreibtisch und ließ dabei durchblicken, dass diese Unterredung seines Erachtens bis zum Frühstück hätte warten können. „Vater?“
„Mein Sohn …“ Hiltons Gesicht verkrampfte sich.
Charles’ Unbehagen wuchs. Seit dem Tod seines Bruders Dean hatte er nie wieder erlebt, dass sein stahlharter, nüchterner Vater mit derart heftigen Gefühlen kämpfte. In einer unbewusst abwehrenden Geste verschränkte er die Arme vor der Brust. Ganz der Sohn seines Vaters, hegte auch er wenig Interesse an Gefühlsausbrüchen.
Nach einem angespannten Schweigen räusperte Hilton sich und blickte geflissentlich auf seine gefalteten Hände. „Nun ist es mir doch noch vergönnt, Großvater zu sein“, sprudelte Hilton schroff hervor.
Wer? Wann? durchfuhr es Charles. Mit klopfendem Herzen rechnete er im Geiste nach. Es war Ende Mai. Suzette im vergangenen Herbst? Oder Trish zu Neujahr? Seit der Trennung von ihr hatte er keine intime Beziehung mehr unterhalten.
Hilton hielt den Blick gesenkt und blinzelte hastig Tränen fort.
Es war ein Déjà-vu-Erlebnis. Wie in jener Nacht, als Charles in dieses Zimmer beordert und über Deans Unfall aufgeklärt worden war. Hilton hatte sich mühsam beherrscht und seinen Kummer in Bourbon ertränkt. Doch in dieser Nacht gab es keinen Grund, Gefühle zu betäuben. Es handelte sich um eine gute Nachricht für den alten Herrn. Ein unmöglicher Traum war Wirklichkeit geworden.
Charles kochte vor Zorn. Wer hatte ihm diesen gemeinen Streich gespielt und sich in einer derart persönlichen Angelegenheit bei seinem Vater ausgeweint? Gewiss keine Person, die er wiederzusehen gedachte – geschweige denn zu heiraten, wie zweifellos von ihm erwartet wurde.
Ein Anflug von Belustigung ließ Hiltons feuchte Augen funkeln. „Es ist nicht so, wie du denkst. Es hat nichts mit dir zu tun.“
Erleichterung durchströmte Charles. „Aber worauf willst du dann hinaus? Ich bin schließlich dein einziges Kind.“
„Dean …“ Hilton fiel es immer noch schwer, den Namen auszusprechen. „Dean und dieses … Mädchen.“
„Seine Frau?“
„Ja, verdammt! Sie hat kurz vor Deans Unfall ein Kind zur Welt gebracht. Einen Sohn!“ Hilton schlug mit der Faust auf den Schreibtisch. „Wie kann sie es wagen, mich nicht zu unterrichten? Mich!“
Wie in der Tat? fragte Charles sich zynisch. Wusste diese Frau denn nicht, dass sie es mit Hilton Fraser zu tun hatte, dem Schöpfer von Fraser Advertising, der tagtäglich Tausende von Dollar mit seinen cleveren Werbekampagnen bewegte?
„Unsere nächste Generation ist bereits auf dieser Welt, atmet unsere Luft, hat Fraserblut in den Adern! Ich spüre förmlich seine Gegenwart.“
Gelassen blickte Charles sich in dem großen, von Antiquitäten gefüllten Raum um, so als erwartete er, das Kind würde hinter einem Sessel oder einem Bücherregal auftauchen.
„Ein echter männlicher Erbe!“ Hilton erschauerte in übermächtiger freudiger Erregung.
Charles atmete tief durch. Ein Erbe, der den Namen, den Besitz weiterführen konnte, entlastete ihn vielleicht von dem Druck, zu heiraten und Nachwuchs zu produzieren. Vielleicht. Denn Hiltons Beziehung zu seiner Schwiegertochter ging über Feindseligkeit hinaus, war praktisch nicht existent. „Bist du wirklich sicher, Dad? Wie hast du überhaupt davon erfahren?“
Er schob einen Zeitungsausschnitt über den Schreibtisch. „Das ist heute mit der Morgenpost gekommen. Ich habe es von den Anwälten überprüfen lassen. Es erscheint seit zwei Tagen in der New York Times.“
Charles nahm den Ausschnitt und las die rot umrandete Annonce.
Gesucht: Vaterfigur. Witwe braucht schwungvollen Mentor für fünfjährigen Sohn. Ferienjob. Student bevorzugt. Bezahlung bescheiden. Kost und Logis auf Wunsch. Rose verlangen unter 555-5276
Rose … Er hatte den Namen schon lange nicht mehr gehört und wusste nicht viel von ihr. Zum Glück war er nicht zu Hause, sondern im College gewesen, als sich der Skandal ereignet hatte. Sein großer Bruder Dean hatte bei einer Kunstausstellung in Soho eine fünf Jahre jüngere Verkäuferin kennengelernt und war mit ihr wenige Monate später nach Las Vegas durchgebrannt.
Hilton hatte getobt und gedroht, seinem Ältesten alles zu nehmen – die Vizepräsidentschaft in der Agentur, die Unterkunft in der Villa, den Anteil am Vermögen. All das, um ihn zur Vernunft zu bringen und die Ehe annullieren zu lassen. Seine spontane und heftige Missbilligung hatte Charles immer verwundert, aber bei einem mächtigen Mann wie ihm blieben viele Geheimnisse ungeklärt. Jedenfalls hatte Dean auf das Vermögen verzichtet und der Familie den Rücken gekehrt.
Hilton hatte ihn völlig ignoriert, bis er sechs Jahre später von dessen Tod bei einem Flugzeugunglück erfuhr. Ohne sich auch nur im Geringsten um Rose zu kümmern, hatte er seinen eigenen Gedenkgottesdienst abgehalten. Er hatte sich gegen einen Angriff von ihr auf sein Bankkonto gewappnet. Sie hatte jedoch keinerlei Anspruch erhoben und nicht einmal Kontakt aufgenommen. Zu seiner unbändigen Erleichterung waren seine Aktiva unversehrt geblieben.
Welche Ironie, dass sie seit fünf langen Jahren den wahren Schatz in Händen hielt: Hiltons Enkelsohn – das Einzige, das ihm in seinem üppigen Leben fehlte.
„Was meinst du, wer dir diesen Ausschnitt geschickt hat?“
Hilton strich mit nachdenklicher Miene über die seidenen Aufschläge seines smaragdgrünen Hausmantels. „Ein Freund der Familie hat die Annonce wahrscheinlich in der Zeitung gesehen und war der Meinung, dass ich davon erfahren sollte. Vielleicht ein alter Freund von Dean, der nicht persönlich auf der Bildfläche erscheinen wollte. Dean war immer sehr beliebt in der Schule.“
Charles lächelte vage. „Wahrscheinlich war es eher eine verflossene Freundin, die sich auf diese Weise an Rose rächen wollte.“
„Jedenfalls bin ich dankbar. Wichtig ist nur, dass ich Rose Weldon auf die Schliche gekommen bin.“ Hilton nahm einige Papiere aus einem Ordner. „Die Anwälte haben mir Informationen gefaxt. Rose und das Kind wohnen in White Plains bei ihren wilden Tanten, Daisy und Violet Weldon, bei denen sie aufgewachsen ist. Künstlertypen mit Blumennamen“, höhnte er verächtlich. „Sie haben Rose zu Freiheit und Empfindsamkeit erzogen – all dieser Unsinn der Hippies. Ich erinnere mich nur zu gut.“
„Offensichtlich hast du damals ziemlich gründliche Nachforschungen angestellt“, bemerkte Charles mit einer gewissen Überraschung.
„Natürlich. Aber letztendlich haben sie trotzdem gewonnen. Sie haben die wichtigste Person in meinem Leben zu einem Herumtreiber gemacht.“ Zorn vertiefte die Falten in Hiltons Gesicht. „Höchstwahrscheinlich sind sie bereits dabei, meinen Enkelsohn auch in einen Trottel zu verwandeln.“
Er hatte Dean stets bevorzugt und seinen zweiten Sohn lediglich als Trostpreis angesehen. Hätte Charles mit Rose über die Stränge geschlagen, hätte Hilton vermutlich ein bisschen gebrummelt und dem Himmel für seinen vernünftigen Ältesten gedankt. Dean zweimal zu verlieren, zuerst an eine unpassende Braut und dann an den Tod, hatte Hilton beinahe vernichtet. Doch nun gab sein Enkel ihm neue Hoffnung. Vermutlich war er bereit, ihm unbesehen alles zu überlassen, nur weil er ein Teil von Dean war.
Charles widmete sein ganzes Leben der Agentur und bemühte sich nach Kräften, der beste Geschäftsführer und Sohn zu sein. Hilton hatte so zufrieden, so stolz gewirkt. Bis zu dieser neuen Entdeckung. Er räusperte sich. „Ich finde, du solltest Rose nicht gleich verurteilen. Ich meine, sie sucht schließlich nach einem männlichen Rollenvorbild für den Jungen. Sie scheint bemüht zu sein, ihn maskulin zu erziehen.“
„Es ist eine Frechheit, außerhalb der Familie danach zu suchen. Was sind wir denn? Abschaum?“
Zu dieser späten Stunde und angesichts seines angekratzten Selbstwertgefühls kam Charles sich beinahe wie Abschaum vor. Er schloss die Augen und raffte seinen letzten Rest Kraft und Weisheit zusammen. „Dad, du hast diese Krise heraufbeschworen. Ihretwegen hast du Dean enterbt. Du weigerst dich sogar, sie als eine Fraser anzusehen. Was erwartest du denn von ihr? Dass sie dir gnädig ihren Sohn überlässt? Sie muss dich einfach hassen und befürchten, dass du einen sehr schlechten Einfluss auf das Kind hättest.“
Hilton umklammerte den Tintenlöscher, als würde er einen plötzlichen Muskelkrampf...




