E-Book, Deutsch, Band 13, 100 Seiten
Reihe: Der neue Dr. Laurin
Maybach E-Book 121-130
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-98986-666-9
Verlag: Blattwerk Handel GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der neue Dr. Laurin Staffel 13 - Arztroman
E-Book, Deutsch, Band 13, 100 Seiten
Reihe: Der neue Dr. Laurin
ISBN: 978-3-98986-666-9
Verlag: Blattwerk Handel GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Viola Maybach hat sich mit der reizvollen Serie 'Der kleine Fürst' in die Herzen der Leserinnen und Leser geschrieben. Der zur Waise gewordene angehende Fürst Christian von Sternberg ist ein liebenswerter Junge, dessen mustergültige Entwicklung zu einer großen Persönlichkeit niemanden kalt lässt. Viola Maybach blickt auf eine stattliche Anzahl erfolgreicher Serien zurück, exemplarisch seien genannt 'Das Tagebuch der Christina von Rothenfels', 'Rosenweg Nr. 5', 'Das Ärztehaus' und eine feuilletonistische Biografie. 'Der kleine Fürst' ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
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»Wie weit bist du?«, fragte Harry Wehrle. »Du hast gesagt, du hast eine Spur und wirst demnächst ein Ergebnis liefern können.«
Robert Tengeler, der für seine guten Freunde nur Bobby hieß, fuhr sich nervös mit einer Hand durch die lockigen braunen Haare. »Ich weiß, dass ich das gesagt habe, aber ich fürchte, da war ich ein bisschen voreilig. Ich habe eine Spur, das stimmt, aber das Ergebnis wird, fürchte ich, noch eine Weile auf sich warten lassen.«
Ein grimmiger Blick traf ihn. Niemand konnte so grimmig blicken, wenn er ärgerlich oder, schlimmer noch, wütend war, wie Harry Wehrle, Feuilletonchef der angesehenen ›Münchener Tageszeitung‹, kurz MTZ. Dann schienen seine blauen Augen noch blauer zu werden, der ohnehin schmale Mund wurde zum Strich.
»Die Frau tarnt sich besser als jeder Spion, Harry!«, verteidigte sich Robert. »Und du kannst nicht wollen, dass ich ihren Klarnamen in die Zeitung setze, ohne hundertprozentig sicher zu sein.«
Robert war der Filmkritiker der MTZ und als solcher hoch angesehen. Er hatte auch schon Bücher veröffentlicht, die sehr stark gelobt worden waren: über den deutschen Film seit 1980, über zwei amerikanische Regisseure, über seine Lieblingsfilme. Er traf mit seinem eingängigen Stil einen Nerv beim Publikum, alle seine Bücher hatten sich bislang gut bis sehr gut verkauft.
Jetzt freilich hatte er Neuland betreten, mit einem Thema, das die Feinschmecker des Landes seit Längerem umtrieb: Für das ›Projekt‹, über das er gerade mit Harry redete, stellte Robert keine Nachforschungen im Bereich des deutschen oder internationalen Kinos an, sondern er war einer Frau auf der Spur, die gewissermaßen eine Kollegin von ihm war, denn auch sie schrieb Kritiken. Viviane L., so lautete ihr Pseudonym, war als Restaurantkritikerin eine Berühmtheit geworden, obwohl oder vielleicht auch weil niemand wusste, wer sich hinter ihrem ›Künstlernamen‹ verbarg.
Sie schrieb gelegentlich auch Besprechungen von Rezeptbüchern, vor allem aber Restaurantkritiken, die ihr eine riesige Fangemeinde eingebracht hatten, denn sie waren immer aufschlussreich und amüsant zu lesen, obwohl sie oft unerbittlich waren. Keine noch so kleine Fehlleistung entging ihr, alles wurde genauestens beschrieben, und fast immer endete sie mit einem Satz, der wie ein Augenzwinkern war und so dem Vorhergehenden etwas von seiner Schärfe nahm. Reine Lobeshymnen waren von ihr selten zu lesen, aber ungerecht war sie nie. Und wenn es ein Missgeschick beim Servieren gab, weil einer noch jungen Servicekraft vor lauter Aufregung die Hände zitterten, war sie regelmäßig verständnisvoll. Was sie jedoch ohne Nachsicht geißelte, waren neben unaufmerksamem oder uninteressiertem Service vor allem schlechte Qualität der Produkte und handwerkliche Schlampigkeit bei der Zubereitung der Gerichte.
Robert las ihre Kritiken schon länger mit großem Vergnügen, und dabei war irgendwann seine Neugier erwacht. Er hatte sich umgehört, aber niemand wusste, wer sich hinter ›Viviane L.‹ verbarg, die nicht für die MTZ schrieb, sondern für die Konkurrenz, die ›BA‹, die Bayrische Allgemeine. Einer seiner Freunde, Alex Caspar, arbeitete bei der BZ, er war dort Redakteur im Sport. Ihn hatte Robert zuerst nach Viviane L. gefragt, Alex hatte nur gelacht.
»Wir wüssten alle gern, wer sie ist, denn wie wir hören, ist sie eine Garantin für unsere Arbeitsplätze. Es geht das Gerücht um, dass wir ziemlich viele Abonnenten weniger hätten, wenn sie nicht für uns schreiben würde. Aber niemand weiß, wer sie ist, das schwöre ich dir. Jedenfalls niemand aus dem Kreis der Kolleginnen und Kollegen.«
»Aber irgendjemand muss es wissen, denn ihre Texte werden ja entgegengenommen und gedruckt.«
»Chefsache«, hatte Alex trocken gesagt. »Und unser Chef behält dieses Geheimnis für sich, glaub mir. Neulich wurde er mal mit einem attraktiven jungen Mann in einem teuren Restaurant gesehen. Niemand wusste, wer der Mann ist, und sofort kochte die Gerüchteküche über, es könnte sich um ›Viviane L.‹ handeln.«
»Du meinst, es muss nicht unbedingt eine Frau sein?«
»Die Tarnung wäre jedenfalls besser, wenn Viviane L. ein Mann wäre, oder?«
»Da ist was dran«, hatte Robert zugeben müssen. Bislang hatte er die Möglichkeit, Viviane L. könnte sich als Mann erweisen, eher ausgeschlossen, aber vielleicht war das voreilig gewesen?
Der Kontakt zu Alex hatte ihn also nicht weitergebracht, aber nun war sein Interesse an dem Menschen, der hinter den geschliffen formulierten Kritiken steckte, natürlich erst recht erwacht. Seitdem hatte Robert – unauffällig, wie er hoffte – seine Fühler in alle möglichen Richtungen ausgestreckt und alles gesammelt, was ein Hinweis auf die Identität der gesuchten Person hätte sein können. Er hatte ihre Sprache durchleuchtet, ihre Wortwahl analysiert, und er war in den Restaurants gewesen, die sie besucht und über die sie Kritiken geschrieben hatte.
In einem dieser Restaurants hatte er den Hinweis bekommen, sie hätten eine Dame in den Sechzigern im Verdacht, eine sehr elegante, etwas streng wirkende Frau, die ihnen an dem Abend, über den die Kritik ihrer Ansicht nach geschrieben worden sein musste, sofort aufgefallen sei. In einem anderen Restaurant hatte man hingegen einen ebenfalls älteren Herrn im Verdacht, der wie ein Künstler gewirkt habe mit seinen langen, etwas strähnigen Haaren und seiner ausgefallenen, aber sehr lässigen Kleidung. Niemand außer ihm könne es gewesen sein, denn sonst seien nur Stammgäste bei ihnen gewesen an jenem Abend.
Wobei sich die Befragten ganz offensichtlich nicht einmal sicher waren, von welchem Abend genau in der Kritik eigentlich die Rede gewesen war, denn Robert hatte nachgefragt, woher sie denn so genau wüssten, an welchem Abend Viviane L. das Restaurant besucht habe – und er war zu der Erkenntnis gelangt, dass die Kritikerin oder der Kritiker nicht so dumm war, die Kritik sehr bald nach dem Restaurantbesuch zu schreiben. Im Gegenteil: Viviane L. ließ offenbar jedes Mal eine gewisse Zeit verstreichen, sodass sich irgendwann niemand mehr genau an den Abend erinnerte und vor allem nicht daran, welcher Gast genau die Speisen zu sich genommen hatte, über die die Kritik geschrieben worden war.
Die Suche stand also unter keinem guten Stern, aber da Robert sie zunächst rein privat betrieben hatte, war das kein großes Problem gewesen – abgesehen von seinem Ärger darüber, dass er nicht weiterkam. Aber dann war er durch Zufall auf eine junge Auszubildende in dem sehr teuren und angesagten Restaurant des berühmten Kochs Viktor Prenzler in Münchens Innenstadt gestoßen. Michelle Müller, so hieß sie, hatte ihm gesagt, sie sei ziemlich sicher, Viviane L. erkannt zu haben.
»Ich war sehr aufgeregt, und dann hatte ich noch Pech: Als ich gerade die Suppe servierte, hat mich von hinten ein Gast angestoßen, und so habe ich etwas Suppe verschüttet. Mein Chef hat sich wahnsinnig aufgeregt – über mich, obwohl ich ja eigentlich nichts dafürkonnte. Aber die Frau war richtig lieb und freundlich zu mir und hat mich getröstet. Ich habe das nicht vergessen. Drei Monate später ist Viviane L.s Kritik über unser Restaurant erschienen. Ich hatte mir gemerkt, was sie gegessen hat, warum, weiß ich eigentlich gar nicht. Jedenfalls: Viviane L. hat alle Gerichte besprochen, die die Frau, deren Suppe ich verschüttet habe, gegessen hat. Und sie hat mein Missgeschick in ihrer Kritik erwähnt – dass es gar nicht so schlimm gewesen sei, wie der Chef es durch seinen Wutausbruch gemacht hat. Herr Prenzler hat sich wahnsinnig über die Kritik aufgeregt, auch, weil sie geschrieben hat, dass er keine eigenen Ideen entwickelt, sondern nur gut kopiert.«
»Wie alt war sie? Wie sah sie aus?«
»Sie hat eine riesige schwarze Hornbrille getragen, viel mehr habe ich nicht von ihrem Gesicht gesehen. Und ich habe auch nicht darauf geachtet. Ich glaube nicht, dass sie schon alt war, aber mehr kann ich nicht sagen. Ich war so fertig und so dankbar, dass sie mich nicht auch noch zur Schnecke gemacht hat, dass mir ihr Aussehen wirklich vollkommen egal war …«
Immerhin, hatte Robert gedacht, das konnte ein erster Hinweis sein. Er fand dann in einem weiteren Restaurant noch einen Auszubildenden, der Ähnliches zu berichten hatte. Allerdings konnte er sich nicht an eine schwarze, sondern an eine knallrote Hornbrille erinnern.
Wenn das stimmte, hatte Robert gedacht, dann tarnte sich Viviane L. offenbar und versuchte, bei jedem Restaurantbesuch anders auszusehen.
An diesem Punkt seiner Nachforschungen hatte er Harry eingeweiht und ihm vorgeschlagen, einen großen Artikel über Viviane L. zu verfassen.
»Im Feuilleton?« Harry war mehr als skeptisch gewesen.
»Die Frau, die diese Kritiken schreibt, interessiert die Leute, Harry. Sie wollen wissen, wer sie ist. Und sie ist ohne Zweifel eine Art Künstlerin. Eine Wortkünstlerin ist sie auf jeden Fall.«
»Aber du hast doch keine Ahnung, wer sie ist!«
»Ich bin aber schon näher dran als zu Beginn meiner Nachforschungen.«
»Diese beiden Auszubildenden können sich irren, das sind nichts als Vermutungen. Und diese Vermutungen führen dich leider auch nicht zu der gesuchten Person.«
»Ich forsche sowieso weiter nach, auch ohne Auftrag, Am Anfang war das nur ein Spaß, aber mittlerweile will ich wirklich wissen, wer sich hinter Viviane L. verbirgt. Ich könnte natürlich auch eine Reihe schreiben. ›Die große Unbekannte‹ könnte sie heißen. »Oder ›Auf der Suche nach Viviane L.‹ Oder so.«
»Ich soll dir also einen Auftrag erteilen, damit du jetzt auch noch einen Teil deiner Arbeitszeit für diese Nachforschungen aufwenden kannst.«
»Einen kleinen Teil,...




