Wer Gerti Michaelis Rahr heute fragt, wie sie ihren Lebensweg beschreiben würde, dem antwortet die 97-jährige: "Bunt!"
Was zweifellos stimmt, aber auch wie eine Untertreibung klingt. Denn die Farb- palette ihres Lebens, um im Bild zu blei- ben, war so facettenreich wie die so vieler Menschen, die im Zweiten Weltkrieg und davor heranwuchsen. Gleichfalls war auch bei ihr die Kolorierung oft grau und pechschwarz. Dazu kamen die Klänge ihres Lebens. Der Applaus auf der Bühne als Tänzerin, die Detonationen der Fliegerbomben oder auch die berührende Stille der ungarischen Puszta im späteren Kommunismus.
"Ja, mein Leben war bunt", wiederholt Gerti Michaelis Rahr, die heute im Allgäu lebt.
Auch in ihrem hohen Alter bewohnt sie selbständig eine Wohnung, wo sie dem Gast von ihrem ungewöhnlichen Werde- gang erzählt, der sie durch drei Diktaturen führte. Und über den sie heute sagt: "Der Kriegsausbruch am 1. September 1939 war die Ursache, dass sich mein ganzes Leben völlig anders entwickelt hat, als ich es wollte."
Die vielen Jahre haben aus ihr einen nach- denklichen Menschen gemacht:
"Wer Hass sät, darf nicht in der auf- keimenden Saat Liebe erwarten."
"Keine Schuld ist auslöschbar, aber das Verzeihen ist manchmal leichter als das Vergessen, denn Wunden heilen lang- samer, als sie geschlagen werden."
Schwäbische Zeitung,
aus "Sehnsucht nach Freiheit.
Wie die 97-jährige Gerti Michaelis Rahr aus Leutkirch drei Diktaturen überlebte", von Dirk Grupe.
Dies ist ein äußerst spannendes Buch von einer Frau, die sich aufgrund von politischen Unwägbarkeiten nicht unterkriegen ließ, sich selbst treu blieb, ihre Mitmenschlichkeit nicht verleugnete und sich nicht an Unrechts- regime anpasste, jedoch durch sie erfahren hat, wie inhuman Menschen sein können, wenn man ihnen Macht gibt.
Sehr empfehlenswert.
Helga König, Journalistin
Diese Lebenserinnerungen sind ein
authentisches Dokument der Zeitge- schichte, sie beinhalten historische Fakten und zutiefst persönliche Betrachtungen.
Rückblick auf ein langes Leben seit 1921, das auch und gerade gegenwärtig eindringlich bewusst macht, wie unmenschlich diktatorische Regime zu allen Zeiten sind.
Viel Trost und Mut spenden die gelebte Kunst, der Tanz und die Empathie, mit der eine lebensbejahende Frau selbst in düstersten Jahren ihren Mitmenschen begegnet, um Freude und Schönheit zu vermitteln.
Der aus künstlerischer Haltung ge- nährte Widerstandsgeist wird trotz des erlittenen Schicksals in drei verschiedenen Diktaturen zum prägenden, ermutigenden Lebensinhalt.
Imre Török, Schriftsteller
(Sohn von Gerti Michaelis Rahr)