Mommertz / Opitz-Belakhal | Das Geschlecht des Glaubens | Buch | 978-3-593-38450-4 | sack.de

Buch, Deutsch, 304 Seiten, Großformatiges Paperback. Klappenbroschur, Format (B × H): 144 mm x 216 mm, Gewicht: 427 g

Mommertz / Opitz-Belakhal

Das Geschlecht des Glaubens

Religiöse Kulturen Europas zwischen Mittelalter und Moderne

Buch, Deutsch, 304 Seiten, Großformatiges Paperback. Klappenbroschur, Format (B × H): 144 mm x 216 mm, Gewicht: 427 g

ISBN: 978-3-593-38450-4
Verlag: Campus Verlag GmbH


Wie ist 'europäische Geschichte' zu schreiben, wenn sowohl ethnisch-religiöse Vielfalt und Konflikte als auch die Kategorie Geschlecht berücksichtigt werden? Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes nehmen verschiedene religiöse Kulturen in den Blick: christliche Gruppierungen, Islam und Judentum. Sie untersuchen, wie diese durch Geschlechterdifferenzen geprägt waren und wie religiöse Konstrukte und Repräsentationen geschlechtsspezifisch vermittelt wurden. Die Beispiele reichen von (vor-)reformatorischen Lese-, Gesangs- und Beichtpraktiken bis hin zu konkurrierenden Deutungsmustern des Priesterzölibats und der jüdischen Alltagskultur.
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Inhalt»Religiöse Kulturen« und »Geschlecht«Einige konzeptionelle ÜberlegungenMonika Mommertz/Claudia Opitz-BelakhalTeil IGeschlecht als Moment der Konstituierung und AbgrenzungMulieres fortes, Sünderinnen und Bräute ChristiGeschlecht als Markierung in religiösen Symbolen und kulturellen Musterndes 12. JahrhundertsChristina LutterKlösterliches Liedgut und christliche HausmütterFrauen als Vermittlerinnen christlicher Lehre anhand des geistlichen LiedesLinda Maria KoldauGemeinsame GeschäfteSelbst- und Fremdwahrnehmung jüdischer Geschäftsfrauen inder Frühen NeuzeitBarbara StaudingerTeil IIGeschlecht als Moment der Kontrolle und DisziplinierungDissimulierende NetzwerkeGeschlecht und Kommunikation in den Handlungsstrategien religiöserMinderheiten des 16. und 17. JahrhundertsCaroline GritschkeTranskonfessionelle Sozialkontrolle unter Katholiken, Uniertenund OrthodoxenGeschlechterbeziehungen und Familienkonflikte vor dem PolockerRatsgericht im 17. JahrhundertStefan RohdewaldEhe, Konversion und Inquisition im frühneuzeitlichen ItalienKim SiebenhünerEine katholische Ordnung der Sexualität?Konkurrierende Deutungsmuster um den Priesterzölibatim 17. JahrhundertAntje FlüchterTeil IIIGeschlecht als Moment der Aneignung und TransformierungGeistliche Viten und BeichtpraktikenZur Produktion und Überlieferung spiritueller (Auto-)Biographienvon Frauen auf der Iberischen Halbinsel und in der Neuen WeltBlanca GaríDer Kleriker und die LeserinKontrollierte Lektüre im nachtridentinischen ItalienXenia von TippelskirchGelenkte SelbsterziehungDas Tagebuch eines zehnjährigen Mädchens aus dem pietistischenBürgertumUlrike GleixnerAutorinnen und Autoren


Wenn in diesen Tagen vom »christlichen Erbe« oder auch vom »jüdisch-christlichenErbe Europas« die (Fest-)Rede geht, so wird in der Regel auf Hochgestimmtes,Wünschenswertes, Zukunftstragendes angespielt. So wenig man demGemeinplatz einen wahren Kern absprechen mag, so unzutreffend wirkt er,wenn in europäischen Traditionen kaum anderes als Einigkeit, Toleranz undKonsens ausgemacht wird. Um andere Seiten dieses Erbes wachzurufen, mussman zeitlich gar nicht so weit zurückgehen, wie aktuelle Debatten um Monotheismusdies tun, in denen die Anfänge der Buchreligionen zur Diskussionstehen. In der Geschichte Europas wurden nicht selten durch religiöseÜberzeugungen tiefe Gräben und Bruchlinien aufgerissen; die Koexistenzverschiedener Religionen war lange problematisch und wurde oft erst nachandauernden Kämpfen erreicht. Häufig kam es zu Gewalt zwischen Christenund von Christen gegen Nicht-Christen, darunter insbesondere zu Verfolgungender jüdischen Minderheit. Der historische Kontinent Europa, der nichtwie der heute geographisch oder politisch fassbare scharf gezogene Grenzenkannte, war über Jahrhunderte hinweg tatsächlich von »Vielfalt« geprägt - dieindes anders aussah als die heute oft beschworene »Vielfalt in der Einheit«.Wie die neuere Forschung zunehmend in den Blick rückt, umfasste »Europa« zwischen Mittelalter und Moderne nicht nur die - heute oft allein angesprochenen- lateinisch-christlichen Großkonfessionen. Mit dem religiösen»Europa« meinen wir für die hier behandelten Epochen ebenso die eigenständigorganisierten und orientierten orthodoxen Kirchen des Ostens, dasJudentum und für manche Regionen den Islam; dazu die zahlreichen christlichenund nicht-christlichen Minderheiten und kleineren Gruppierungen.Nimmt man Europa also nicht nur über seine Zentren und Zentralregionen,sondern auch über die offenen »Ränder« des Kontinents in den Blick, so wer-den Zonen des religiösen Kontaktes und des Austauschs greifbar, in denen dieGlaubensinhalte, Diskurse und Praktiken einander beeinflussten, aber auchmiteinander konkurrierten. Ebenso lassen sich im »Innern« dieses »offenenKontinents« beständige Differenzierungs- und Transferprozesse entlang religiöserDefinitionen, Konzepte und Organisationsformen als ein Merkmal bereitsder mittelalterlichen Gesellschaften beschreiben. Die vormoderne europäischeGeschichte war geprägt von wechselseitigen, dabei nahezu durchgängig hierarchischenZuordnungs-, Eingrenzungs- und Abgrenzungsmechanismen. DieseMechanismen begründeten und perpetuierten sich zentral über »Religion«.Die oft konfliktreiche, bisweilen auch kooperative Pluralität unterschiedlicherreligiöser Wahrnehmungsweisen, Praktiken und Institutionen und derdarin vermittelten individuellen, gruppenbezogenen und gesellschaftlichenDeutungsmuster und Organisationsformen stellt ohne Zweifel einen konstitutivenAspekt der alteuropäischen Geschichte dar. Sie war u.a. eine Folge vonheftigen Auseinandersetzungen um religiöse Wahrheit und um die damit jeweilslegitimierten gesellschaftlichen und politischen Ordnungsmodelle. ReligiösePluralität mündete deshalb immer wieder in die Herausbildung unterschiedlicher»religiöser Kulturen«, die sich nicht selten erst in längerfristigenProzessen der Abgrenzung gegenüber und Ausgrenzung von konkurrierendenGruppierungen und Bedeutungswelten konstituierten. Auf welche Weise undin welchen Begriffen - nicht zuletzt auch von »Religion« bzw. »Kultur« selbst -sind solche Prozesse überhaupt angemessen zu beschreiben? Wie ist im Spannungsfeldreligiöser Differenzen und Konvergenzen mit Hilfe der KategorieGeschlecht zu arbeiten? Wie können Geschlechtergeschichte und andere Forschungsansätzeso miteinander verknüpft werden, dass wir der spezifisch europäischenGeschichte der Pluralität neue Aspekte und Einsichten abgewinnen?Im Horizont solcher Fragen sollen im Folgenden zunächst einige übergreifendesystematische Überlegungen angestellt werden.


Claudia Opitz-Belakhal ist Professorin für Geschichte der Frühen Neuzeit in Basel. Monika Mommertz, Dr. phil., ist Habilitandin an der HU Berlin und Forschungsstipendiatin der Herzog- August-Bibliothek Wolfenbüttel.


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