E-Book, Deutsch, Band 173, 256 Seiten
Reihe: Historical
Navin Die schöne Helena
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-95446-044-1
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 173, 256 Seiten
Reihe: Historical
ISBN: 978-3-95446-044-1
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Auf der Suche nach der schönen Lady Helena, die reich und vereinsamt auf Rathford Manor leben soll, kommt der verarmte Adam Mannion ins raue Northumberland. Doch was ist aus der gefeierten Schönheit geworden! Ein dunkles Geheimnis scheint sie zu umgeben, das ihr jede Lust am Leben genommen hat. Dennoch hält Adam bei ihrem Vater um ihre Hand an, und so ist Helenas Hochzeit eine beschlossene Sache. Tatsächlich bringt die Ehe mit Adam, der zärtlich Helenas Nähe sucht, ihr Lachen zurück, und sie erblüht zu ihrem einstigen Liebreiz - da beginnt eine Serie unheimlicher Anschläge auf Rathford Manor, die Adam das Schlimmste befürchten lassen...
Wie bei vielen Autoren lag der Ursprung meines Schaffens darin begründet, dass ich eine leidenschaftliche Leserin bin. Dadurch entwickelte ich eine innige Liebe zu Büchern und zum Geschichtenerzählen. Ich habe Schriftsteller immer bewundert, aber der Gedanke, selbst einer zu werden, lag mir so fern wie der Gedanke, ein berühmter Schauspieler zu sein. Doch bei mir ist es wirklich passiert. Ich fing an zu schreiben und schreibe immer noch. Seit der 7. Klasse schrieb ich zu meinem eigenen Vergnügen und hütete dies als mein kleines Geheimnis. Bei all den Geschichten in meinem Kopf hätten sie mich für verrückt erklärt. Ich erinnere mich noch daran, wie mein Psychologielehrer an der Highschool sagte, das Tagträumen sei ein Verdrängungsmechanismus. Seitdem wusste ich, ich bin in Schwierigkeiten und hütetet dieses Geheimnis wie meinen Augapfel. Später fand ich im Verlauf meines Psychologiestudiums und anschließend auch als praktizierende Psychologin heraus, dass mein Lehrer falsch lag. Manche Menschen sind einfach so gestrickt, und in meinem Fall, waren meine vielen Tagträume die Quelle für meine Geschichten. Erst nach der Geburt meines zweiten Kindes ging ich an die Öffentlichkeit. Ich hatte ein erfülltes Leben und war glücklich, doch ich spürte eine innere Unruhe und Unzufriedenheit. Schließlich fand ich heraus, dass ich diese Ruhelosigkeit nur besänftigen konnte, indem ich mich ernsthaft dem Schreiben widmen würde. So fing ich mit 40 Jahren an, mein erstes Buch zu verfassen, das nach zahlreichen Überarbeitungen in der Reihe Harlequin Historicals erschien. An zwei Tagen die Woche empfange ich immer noch Patienten in meiner Praxis in Maryland, wo ich mit meinem Mann, drei Kindern und mehreren Haustieren lebe. Ich bin entschlossen, weiter zu schreiben, denn wie Sie wissen, schwirren mir immer noch unzählige Geschichten durch den Kopf.
Autoren/Hrsg.
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1. KAPITEL
Northumberland, England 1852
Adam Mannion zügelte sein Pferd, sobald es um eine Kurve der festgestampften Sandstraße gebogen war. Verwundert musterte er das weitläufige Gebäude.
Das sollte Rathford Manor sein?
Der Wallach, eben erst erworben und eher lebhaft als fügsam, begann unruhig zu tänzeln. Spürte auch er die unheimliche Aura des Hauses? „Brrr, alter Junge!“ murmelte Adam, umfasste die Zügel etwas fester und brachte das Pferd unter Kontrolle. Nervös spitzte das Tier die Ohren.
Als besonnener, praktisch veranlagter Mann, hatte Adam Mannion in seinen zweiunddreißig Jahren nichts gesehen, was ihn veranlassen mochte, an irgendetwas außerhalb der greifbaren gegenständlichen Welt zu glauben. Nur beim Kartenspiel vertraute er hin und wieder auf gewisse Ahnungen. Doch in diesem Fall teilte er das sonderbare Unbehagen seines Pferdes.
Das Haus wirkte … tot, zumindest verlassen. Im Garten bückte sich keine Menschenseele, um Gemüse oder Kräuter zu ernten. Niemand kam aus dem Gebäude oder den Stallungen, um ihn zu begrüßen. Ungehindert wucherten die Büsche und Rankgewächse, die der majestätischen Fassade vielleicht einmal heitere Anmut verliehen hatten. Aus den Steinmauern quollen Flechten und gediehen prächtig in der Atmosphäre der Vernachlässigung, die wie ein Leichentuch über dem Anwesen lag. Trotz des milden Wetters waren die meisten Fensterläden geschlossen. Also wurden die Räume dahinter nicht benutzt.
„Das Dornröschen von Northumberland“, flüsterte Adam belustigt. Nun, er war wohl kaum der Prinz, der sich durch das Dornengestrüpp kämpfen würde, um die Prinzessin zu wecken.
Nur das Geld hatte ihn in diesen gottverlassenen Winkel von England gelockt, wo der Nordwind über unbelebtes Moorgebiet fegte. Viel lieber würde er den Sommer mit seinen Gefährten in Cornwall verbringen – oder in Südfrankreich oder Italien, wie einige seiner wohlhabenden Freunde. Bedauerlicherweise war er nicht reich. Und deshalb war er hier. Wegen des Geldes. Weil er heiraten wollte.
Keine Geringere als das Dornröschen von Northumberland.
Das Pferd wieherte, was etwas spöttisch klang, als könnte es die Gedanken seines Herrn erraten. Seufzend nickte Adam. „Ganz meine Meinung. Welch ein Unsinn!“ Er schüttelte den Kopf, dann drückte er seine Fersen in die Flanken des Wallachs. „Jedenfalls müssen wir dieses gespenstische Bauwerk erforschen.“
Widerstrebend ritt er durch das hohe Unkraut, das den Rasen vor dem Haus bedeckte, und gewann den Eindruck, um Mitternacht einen nebelverhangenen Friedhof zu durchqueren. Eine Gänsehaut überzog seine Arme. Beinahe erwartete er, einem Gespenst zu begegnen.
Nachdem er sich aus dem Sattel geschwungen hatte, wischte er den Staub von seinen Breeches und rückte die Krawatte zurecht. Dann lachte er über seine uncharakteristische Pedanterie. Offenbar war er genauso nervös wie sein Pferd.
Er ging zur Tür, hob einen mit Grünspan überzogenen Klopfer, der aus dem Maul eines grotesken eisernen Fabeltiers ragte, und ließ ihn gegen das Holz fallen. Wie leiser Donner hallte das Geräusch durch das Haus.
Eine Zeit lang geschah gar nichts. Er klopfte noch einmal und wartete. Die Stirn gerunzelt, starrte er den hässlichen Wachtposten an, der seine Metallzähne fletschte. Hatte man ihn falsch informiert? Oder war er dem schwarzen Humor seiner „Busenfreunde“ zum Opfer gefallen? Diesen liederlichen Schurken würde er einen so üblen Scherz durchaus zutrauen. Womöglich saßen sie jetzt im White’s Club und lachten sich krank über Adam, der in diese Einöde geritten war, um einem Märchen nachzujagen.
Dornröschen? Er hatte fantastische Geschichten über ihre Schönheit gehört, ihren Charme, ihre unvergleichlichen Liebreiz und – am allerwichtigsten – ihr Vermögen, das er so dringend brauchte.
Geld, Schönheit, eine Landpomeranze, die ein zurückgezogenes Leben führte und seine Amüsements in der Stadt nicht behindern würde. Zweifellos eine perfekte Ehefrau …
Welch ein alberner Gedanke! Ich bin doch kein Grünschnabel mehr, überlegte er ärgerlich. Auf dieser Welt war nichts perfekt. Das müsste er mittlerweile wissen.
Allmählich gestand er sich seine Niederlage ein. Man hatte ihn hereingelegt. Wenn er jetzt zurückritt, würde er bei Einbruch der Dunkelheit den Gasthof im nahen Dorf Strathmere erreichen.
Aber als er die Marmorstufen hinabstieg, schwang die Tür hinter ihm auf. Erstaunt drehte er sich um und blinzelte. Finstere Schatten umgaben die Gestalt auf der Schwelle, und er sah nur, dass es eine Frau war. Wahrscheinlich eine Dienerin.
„Was wollen Sie?“
Diese Unverschämtheit, die seine ohnehin schon düstere Laune noch verschlechterte, irritierte ihn. In gebieterischem Ton verkündete er: „Ich wünsche die Herrin des Hauses zu sprechen, Lady Helena Rathford, wenn Sie so freundlich wären.“
Nun entstand ein kurzes Schweigen. „Wer sind Sie?“ Hastig unterbrach sie sich und fügte in etwas höflicherem Ton hinzu: „Ich meine … wen darf ich melden?“
Die Stimme klang kultiviert und passte nicht zu einer Dienerin. Aber er kannte diese Gegend nicht. Vielleicht war der hiesige Dialekt weniger ausgeprägt als in anderen Regionen. „Adam Mannion, Esquire.“ Die Arme vor der Brust verschränkt, nahm er an, die Frau würde ihn endlich ins Haus bitten. Doch darauf hoffte er vergeblich. „Holen Sie Ihre Ladyschaft!“ befahl er. War sie schwachsinnig? „Lassen Sie mich nicht länger warten!“
„Was wollen Sie von Ihrer Ladyschaft?“ erkundigte sie sich herausfordernd.
„Das braucht Sie wohl kaum zu kümmern.“
„Im Augenblick möchte sie nicht gestört werden. Gehen Sie!“
Zu seiner Verblüffung begann sie die Tür zu schließen. Zweierlei bewog ihn, blitzschnell die Initiative zu ergreifen – einerseits seine Empörung über diese dreiste Person, andererseits die Mitteilung, dass hier tatsächlich eine Lady Helena Rathford anzutreffen war. Daran hatte er angesichts des beklagenswerten Zustands, in dem sich das Haus befand, gezweifelt. Er sprang die Stufen hinauf und schob einen polierten Reitstiefel in den Türspalt. Eine Sekunde später wäre das massive Eichenportal ins Schloss gefallen.
„Großer Gott, Mädchen!“ rief er und unterdrückte einen Fluch, als ein heftiger Schmerz durch seinen Unterschenkel fuhr. „Wollen Sie einen Krüppel aus mir machen?“
„Entfernen Sie Ihr Bein!“
„Impertinentes kleines Ding! Verständigen Sie sofort Ihre Herrin! Ich habe etwas Wichtiges mit ihr zu besprechen, das keinen Aufschub duldet und …“ Abrupt verstummte er. Das qualvolle Pochen in seinem Fuß schürte seinen Zorn. Mit einer seiner breiten Schultern warf er sich gegen das Eichenholz, das Mädchen taumelte zurück, und die Tür prallte krachend gegen die Innenwand. Sichtlich verwirrt starrte ihn die unbotmäßige Dienerin an. In ihren blauen Augen lag ein grüner Glanz, der sie fast türkis wirken ließ. Adam schenkte ihr sein charmantestes Lächeln. „Sicher verstehen Sie, dass ich lieber drinnen warte.“
Sie war gertenschlank und größer, als er vermutet hatte. Hoch aufgerichtet stand sie vor ihm und straffte empört die Schultern. Aus dem nachlässig hochgesteckten Haar hingen einige blonde Strähnen herab und verdeckten teilweise ihr Gesicht. Nur eine schmale Nase und ein wohlgeformtes Kinn waren deutlich zu sehen. Unwillig stellte er fest, dass sie attraktiv war, wenn sie auch nicht so volle Brüste besaß wie seine bevorzugten Bettgenossinnen.
„Verschwinden Sie sofort!“ fauchte sie und wich in die Schatten der Eingangshalle zurück. „Bevor ich meinen … meinen Herrn rufe!“
„Tun Sie das“, erwiderte Adam und folgte ihr ins Dunkel. „Dafür wäre ich Ihnen sogar dankbar. Wo sind Sie? Warum verstecken Sie sich?“
„Ich verstecke mich nicht, Sie Laffe! Gehen Sie endlich!“
„Wie können Sie es wagen, so mit mir zu reden? Ihr Benehmen ist unentschuldbar.“
Statt zu antworten, seufzte sie verächtlich.
Wie ein ungeduldiges Raubtier drang er weiter in den Raum vor. Was er mit der frechen Dienerin machen würde, wenn er sie aufstöberte, wusste er noch nicht. Jedenfalls hatte er noch nie eine Frau geschlagen. „Wo sind Sie?“ Tiefe Stille. Vielleicht hatte sie erkannt, wie schändlich sie sich verhalten hatte, und war angstvoll geflohen. Nun, dann würde er ihren Herrn eben selbst aufsuchen.
Inzwischen hatten sich seine Augen an das Halbdunkel gewöhnt. Er blieb stehen, sah sich in der Rundhalle mit der Kuppel um und pfiff anerkennend. Reliefs im neoklassizistischen Stil, neuerdings sehr beliebt, schmückten die Wände. Dazwischen hingen kostbare Gemälde, edle Teppiche bedeckten den Marmorboden. Lächelnd rieb sich Adam die Hände. Der Reichtum, der hier zur Schau gestellt wurde, entzückte ihn. Offensichtlich war er am richtigen Ort.
„Sind Sie immer noch da?“
„Das sollte ich Sie fragen!“ entgegnete er und spähte erfolglos in den düsteren Hintergrund des Raums.
Jetzt erklang eine andere Stimme. „Mylady? Was ist los? Wer ist denn gekommen?“
Mylady?
„Lady Helena!“ rief Adam. „Sind Sie hier?“ Lebhaftes Getuschel lenkte seine Aufmerksamkeit auf zwei weibliche Gestalten, die in den Schatten beisammen standen. „Lady Helena?“
Plötzlich flammte Licht auf und erschreckte alle drei. Ein hoch gewachsener Mann, bärenstark gebaut, trat neben...




