E-Book, Deutsch, 140 Seiten
Neubauer Ein bisschen mehr als Freundschaft
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-99048-605-4
Verlag: novum pro Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 140 Seiten
            ISBN: 978-3-99048-605-4 
            Verlag: novum pro Verlag
            
 Format: EPUB
    Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Andreas Neubauer wird 1982 in Graz, Österreich, geboren. Schon früh wird sein journalistisches und schriftstellerisches Talent von seinen Lehrern erkannt und gefördert. Über Vermittlung seines Lateinlehrers beginnt der damals 15-Jährige, an den Wochenenden in der Sportredaktion einer großen österreichischen Tageszeitung, der 'Krone', auszuhelfen. Bald wird ihm klar, dass seine Zukunft im Journalismus liegt. Auf Anraten seiner Eltern, beide engagierte Lehrer, entscheidet er sich aber zunächst für etwas 'Solides' und studiert Englisch und Religion auf Lehramt in Graz und den USA, ohne allerdings eine Laufbahn als Lehrer anzuvisieren. Seine Tätigkeit bei der Tageszeitung wird immer häufiger durch PR-Jobs ergänzt, zusammen mit seiner Leidenschaft für Sport wird daraus sein Karriereweg: Es folgen Engagements als Pressesprecher, Redakteur, TV-Reporter, Schauspieler, Fußballtrainer, Sportdirektor, PR-Berater und kurzfristig sogar als Lehrer in Österreich, Deutschland und England. Seit 2014 lebt der Steirer in Doha, Katar. Sein erstes Buch 'Unsere Kicker' erschien 2007 im egoth Verlag Wien.
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5 The normal one
Der Trip nach München kam genau zur rechten Zeit und würde mich auf andere Gedanken bringen. Und der Tag sollte auch gleich gut beginnen. Beim Check-in machte man mich darauf aufmerksam, dass ich bereits so viele Flugmeilen gesammelt hatte, dass ich ab sofort dem „First Priority Club“ angehörte. Was bedeutete, dass ich, wenn ich aus Abu Dhabi wegflog, von nun an die „Fast Lane“ beim Einchecken und Boarding benutzen durfte und, was mich noch viel mehr freute, ich durfte in die Business Lounge, was mir in Zukunft stundenlanges Warten und zielloses Herumspazieren im Abflugterminal ersparen würde.
Ich fragte mich, ob ich dort wohl viele Kollegen aus der Firma treffen würde, denn schließlich waren die meisten von ihnen sowieso auf Business gebucht. Das ärgerte mich manchmal, denn sie hatten besser verhandelt als ich. Nicht, dass ich mich beschweren wollte – schließlich verdiente ich in zwei Monaten so viel wie manche Kollegen in Europa in einem Jahr. Allerdings hatte ich bald feststellen müssen, dass es intern noch immer gewaltige Unterschiede gab. Und es hatte den Anschein, dass dies weniger mit der Qualifikation als vielmehr mit der Nationalität zusammenhing.
„Wollen Sie einen Kaffee?“, wurde ich in der Business Lounge freundlich begrüßt. Ich nickte dankend, versank in den bequemen Ledersessel und legte meine Beats-Kopfhörer auf den Tisch. Ich dachte, dass es vielleicht ein guter Zeitpunkt sei, mich auf die Movie & TV City Expo etwas genauer vorzubereiten, musste aber beim Scrollen durch den E-Mail-Verkehr feststellen, dass ich bisher nicht wirklich viele Informationen erhalten hatte. Unterm Strich war es der jährliche Event, bei dem sich unsere Firma der Weltöffentlichkeit präsentierte. Waren es in den letzten Jahren Cannes und Venedig gewesen, stand eben in diesem Jahr München auf der Einladung. Was mir sehr entgegenkam, denn die Vorfreude auf Weißwurst mit Bier und Brezn war schon sehr groß.
Mehr aus Langeweile öffnete ich Facebook und scrollte ein bisschen durch die Posts, wirklich ins Auge sprang mir aber nichts. Ich klickte lediglich einmal auf den Like-Button, als ein Freund von mir ein Urlaubsfoto mit seiner neuen Freundin gepostet hatte. Clemens war offensichtlich gerade am Grand Canyon. Und zwar mit Ana, einer ehemaligen Arbeitskollegin, auf die er schon lange ein Auge geworfen hatte. „Irgendwann werde ich sie heiraten“, hatte er mir oft zu nächtlicher Stunde nach einigen Runden Bier erzählt und es freute mich, dass er seinem Ziel offensichtlich näher gekommen war.
Apropos Arbeitskollegin. Ich klickte mich durch die Freundschaftsvorschläge und blieb bei einem Namen hängen. Tatsächlich war es weniger der Name, als vielmehr das Profilfoto, auf dem mich ein wunderschönes Gesicht anstrahlte. Der Name „Alice Fernandes“ sagte mir nichts, aber als ich ihr Profil öffnete, sah ich unter der Rubrik „Arbeitsplatz“ zu meiner Überraschung und insgeheimen Freude Movie & TV City Abu Dhabi. Gut, das konnte natürlich vieles bedeuten, denn dort gab es allein 3000 Fixangestellte, aber ihr Facebook-Profil, oder zumindest das, was ich davon uneingeschränkt sehen konnte, machte einen sehr professionellen Eindruck. Sie durfte also doch keine ganz unwichtige Rolle innehaben.
Welche genau, konnte ich aber nicht wirklich einschätzen und auch der eine gemeinsame Freund machte das Raten nicht einfacher. Egal, dachte ich mir und schickte ihr eine Freundschaftsanfrage, gefolgt von einer kurzen Nachricht. „Hi, ich komme aus Österreich und arbeite seit zwei Jahren als Senior Producer in der Movie & TV-City. Bin grad auf dem Weg zur Expo in München. Bist du da auch irgendwie involviert?“ Ich dachte, dass das ein guter Einstieg sei, denn selbst, wenn sie es nicht wäre, würde sie zumindest beeindruckt sein, dass ich dafür nach Deutschland musste.
Der Flug nach München verlief problemlos, und als ich aus dem Flughafen spazierte, atmete ich einmal tief durch. Die frische Luft hatte ich schon sehr vermisst. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich Abdelhamid, was gar nicht so einfach war, denn ohne seinen weißen Kaftan, den er normalerweise rund um die Uhr trug, sah er völlig anders aus. Nun steckte er in einem knallroten Armani-Anzug, hatte eine schwarze Sonnenbrille auf und blickte wichtig auf seine goldene Rolex, die etwas zu groß für sein Handgelenk zu sein schien. Diese Businesstrips waren bei den Einheimischen sehr beliebt und anscheinendbekamen sie diese problemlos bewilligt. Ich durfte mich allerdings auch nicht beschweren, denn schließlich hatte auch ich bisher keinen Plan, warum ich eigentlich in München war.
„Wollen wir uns ein Taxi zum Hotel teilen?“, fragte ich ihn. „Mein Freund Amir holt mich ab.“ Perfekt, dachte ich mir. „Kann ich vielleicht mitfahren?“ Er grinste hämisch. „Das wird leider nicht möglich sein. Sein Lamborghini hat nur zwei Sitze.“ So ging es eben per Taxi ins Hotel. Und dort angekommen, musste ich mich sofort bei meinem Manager zum Dienst melden. „Bitte bereite alle Talks mit den Stars vor, damit du die Moderatoren morgen früh briefen kannst.“ Nach dem siebenstündigen Flug war das zwar etwas hart, denn es bedeutete ein paar Stunden konzentrierte Internetrecherche, aber wenigstens wusste ich jetzt, was meine Aufgabe war. Und die Stargäste waren auch nicht irgendwer, sondern Tom Cruise, Til Schweiger und Steven Spielberg.
Zweifellos große Namen in der Filmindustrie und ich hatte im Laufe der Zeit auch den Eindruck gewonnen, dass große Namen im Mittleren Osten noch mehr Bedeutung hatten als sonst wo auf der Welt. Aber klar, am Anfang eines Projektes wie der Movie & TV City Abu Dhabi war es eben einfacher, der Weltpresse große Namen zu verkaufen, als die ambitionierte Vision einer Stadt in der Wüste zu promoten, um die Nummer 1 im internationalen Filmgeschäft zu werden.
Ich selbst war nicht so versessen auf Stars wie viele meiner Kollegen. Ich hatte keine Fotos mit Promis auf meinem Desktop-Hintergrund oder in meiner Facebook-Timeline. Ich sah darin keinen Sinn. Klar respektierte ich jemanden für das, was er geleistet hatte, aber ich war mir eben auch bewusst, dass manche in ihrem Job eben mehr im Vordergrund stehen als andere und nur aufgrund ihrer Medienpräsenz diese spezielle Aufmerksamkeit bekommen.
Eine Lektion, die ich vom früheren Borussia-Dortmund-Erfolgscoach Jürgen Klopp gelernt hatte. Vor vielen Jahren hatte ich als Regie-Assistent bei einem Sender in Mannheim gearbeitet und Klopp hatte sich zu dieser Zeit bereits als Coach von Mainz 05 einen Namen gemacht. Wie es der Zufall wollte, war er einmal Gast bei der Talkshow, bei der ich gerade mitarbeitete. Als meine damalige Freundin Susa davon erfuhr, war sie außer sich. „Der ist so cool, du musst für mich unbedingt ein Foto mit ihm machen!“ Gesagt, getan. Als Jürgen aus der Maske kam, nahm ich ihn schnell zur Seite.
„Dürfte ich schnell mit Ihnen ein Foto machen? Meine Freundin ist ein ganz großer Fan.“ Klopp klopfte mir auf die Schulter und grinste mich an. „Klar darfst du. Aber sag mal, was stimmt denn mit deiner Freundin nicht? Ich bin doch ein ganz normaler Typ.“ Jahre später sollte er bei seiner Antrittspressekonferenz beim FC Liverpool den Spitznamen „The Normal One“ verpasst bekommen. Meine englischen Kollegen in der Movie & TV City waren übrigens unglaublich neidisch auf meine Begegnung mit „Kloppo“.
Ich brauchte Ruhe. Und so ging ich nach dem Gespräch mit meinem Manager auf mein Zimmer, fuhr meinen Laptop hoch und studierte die Menükarte des Zimmerservices. Die Entscheidung fiel recht leicht. „Bitte bringen Sie mir ein Wiener Schnitzel aufs Zimmer.“ Dann startete ich mit dem Fragenkatalog. Dabei war es naturgemäß wichtig, eine Brücke zur Movie & TV City zu schlagen, was nicht immer ganz einfach war. Dass Tom Cruise einen Teil von „Mission Impossible“ in Dubai am Burj Khalifa gedreht hatte, war aber natürlich hilfreich.
Dieser Teil meiner Arbeit machte mir Spaß. Ich schrieb die Skripts immer, indem ich mich selbst fragte, was mich interessieren würde und mir war es wichtig, etwas Neues zu erfahren, etwas, das die Zuschauer nicht schon zum wiederholten Mal in anderen Talkshows gehört hatten. Darüber hatte ich bei meinem letzten New-York-Aufenthalt auch mit „Late Night“-Moderator Seth Meyers im Rahmen einer seiner Shows gesprochen. „Um beim Publikum gut anzukommen, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man blödelt mit den Gästen um die Wette. Aber dafür muss man auch der Typ sein. Oder man erreicht bei den Interviews eine Tiefe, die die Leute fesselt. Und das geht nur mit guter und detaillierter Vorbereitung.“
Es ist übrigens eine lustige Geschichte, wie ich zu Seth Meyers gekommen bin. Es hatte nichts mit meinem Job zu tun, sondern mit meiner Schwester Rebecca. In drei Jahren in New York hatte sie sich nicht nur ins Management eines Major League Soccer-Clubs hochgearbeitet, sie hatte sich auch mit sämtlichen Showgrößen von „30 Rock“ angefreundet und bekam Tickets für alle möglichen Shows, wofür sich andere stundenlang anstellen mussten. Sie war eben eine echte Überfliegerin.
Ich fragte mich, was Rebecca die Promis in München fragen würde. Schließlich war sie auch für ihre Schlagfertigkeit bekannt. Wäre es eine gute Idee, die aktuelle Flüchtlingsproblematik in Europa anzuschneiden? Ich wusste, dass Til Schweiger dazu eine profilierte Meinung hatte. Aber ich entschied mich dagegen. Es musste andere gute Themen geben, um in die internationalen Medien zu kommen. Mir würde schon etwas Passendes einfallen.
Als ich meine Notizen niederschrieb, poppte am unteren Rand meines Bildschirms ein kleines Facebook-Fenster auf. Es war Alice, die...





