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E-Book, Deutsch, Band 2, 348 Seiten
Reihe: Die Edens
Perry Juniper Hill
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-69076-134-5
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman | Die Edens 2 | Grumpy meets Sunshine - Die packende Small-Town-Romance des BookTok-Stars!
E-Book, Deutsch, Band 2, 348 Seiten
Reihe: Die Edens
ISBN: 978-3-69076-134-5
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Devney Perry ist USA-TODAY- und SPIEGEL-Bestsellerautorin. Ihr weltweiter BookTok-Erfolg, die Edens-Serie, erscheint nun erstmals auch auf Deutsch bei SAGA Egmont.
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1. KAPITEL
Memphis
»Juniper Hill. Juniper Hill.« Ich zupfte den Post-it vom Getränkehalter, um zu checken, dass ich den richtigen Straßennamen hatte. Juniper Hill. »Es gibt hier kein Juniper Hill!«
Bei jedem Wort schlug ich mit den flachen Händen auf das Lenkrad. Der Frust sickerte mir aus allen Poren, als ich erneut nach einem Straßenschild Ausschau hielt.
Drake schrie in seinem Autositz – es war dieses rotgesichtige Weinen, das einem das Herz zerriss. Wie konnte eine so kleine Person ein so lautes Geräusch von sich geben?
»Es tut mir leid, Baby. Wir sind fast da.«
Wir mussten schon ganz in der Nähe sein, oder? Diese elendige Reise musste doch endlich ein Ende finden.
Drake weinte und weinte und gab einen Scheiß auf meine Entschuldigung. Er war erst acht Wochen alt, und so hart dieser Trip für mich auch gewesen war, für ihn musste er einer Folter gleichgekommen sein.
»Ich vermassle das hier ganz schön, oder?«
Vielleicht hätte ich mit der Reise warten sollen, bis er älter war. Oder vielleicht hätte ich in New York bleiben und mich meinen Problemen stellen sollen. Vielleicht hätte ich hundert andere Entscheidungen treffen sollen. Tausend.
Nach der tagelangen Tour im Auto hatte ich angefangen, alles infrage zu stellen. Vor allem diese Entscheidung hier.
Der Stadt zu entfliehen hatte wie die beste Option gewirkt. Doch jetzt …
Drakes Weinen sagte etwas anderes.
Es kam mir vor, als wären zehn Jahre vergangen, seit ich mein Leben – unser Leben – eingepackt und ins Auto geladen hatte. Einst war ich ein Mädchen gewesen, das in einer Villa lebte. Ein Mädchen, dem ein Privatjet zur Verfügung stand. Die Erkenntnis, dass die einzigen Dinge, die wirklich mir gehörten, in einen Volvo passten, machte mich … demütig.
Aber ich hatte meine Entscheidung getroffen. Und jetzt war es zu spät, um umzukehren.
Nach Tausenden von Meilen waren wir endlich in Quincy angekommen. Dem Ort unseres Neuanfangs. Also, das würde er zumindest sein, wenn ich endlich Juniper Hill fand.
In meinen Ohren klingelte es. Mein Herz schmerzte. »Psst, Baby. Wir sind beinahe da.«
Doch Drake verstand mich nicht, und es war ihm auch egal. Er hatte Hunger und eine volle Windel. Ich hatte vorgehabt, ihn zu wickeln und zu füttern, sobald wir in unserer neuen Wohnung waren. Aber inzwischen fuhr ich schon zum dritten Mal dieses Stück der Straße entlang.
Wir hatten uns verirrt. Verirrt in Montana.
Wir waren den ganzen Weg hierhergekommen, nur um uns zu verfahren. Vielleicht waren wir schon seit dem Morgen, an dem wir die Stadt hinter uns gelassen hatten, auf dem falschen Weg. Vielleicht war ich schon seit Jahren auf dem falschen Weg.
Ich nahm mein Handy und schaute auf das Navi. Meine neue Chefin hatte mich gewarnt, dass die Straße noch nicht auf einer Landkarte verzeichnet war, deshalb hatte sie mir eine Wegbeschreibung gegeben. Vielleicht hatte ich sie mir falsch notiert.
Drakes kleine Stimme brach. Für den Bruchteil einer Sekunde hörte das Weinen auf, damit er seine Lungen erneut füllen konnte, und dann schrie er weiter. Über den Rückspiegel und den über seinem Sitz angebrachten Spiegel konnte ich sehen, dass sein kleines Gesicht ganz zerknautscht und seine Hände zu winzigen Fäustchen geballt waren.
»Es tut mir so leid«, flüsterte ich, während mir Tränen den Blick verschleierten. Ich konnte sie gar nicht so schnell wegwischen, wie sie mir über die Wangen rollten.
Gib nicht auf.
Mir entfuhr ein Schluchzer, der sich mit dem meines Sohnes vermischte, bevor ich den Wagen langsam auf den Standstreifen lenkte.
Mein Gott, wie sehr ich aufgeben wollte. Wie lange konnte sich ein Mensch an seinem Ende des Seils festklammern, bevor es ihm aus den Fingern glitt? Wie lange konnte eine Frau sich zusammenreißen, bevor sie zusammenbrach? Offensichtlich lautete die Antwort: von New York bis nach Montana. Wir waren vermutlich nur eine Meile von unserem Ziel entfernt, und die Mauern, die ich um mich herum aufgebaut hatte, bröckelten.
Ein mit Schluckauf gemischter Schluchzer, der von weiteren Tränen begleitet wurde, schüttelte mich, dann stand der Wagen, und ich legte die Arme um das Lenkrad und wünschte mir, es könnte die Umarmung erwidern.
Gib nicht auf.
Wenn ich allein wäre, hätte ich schon vor Monaten aufgegeben. Aber Drake zählte darauf, dass ich durchhielt. Er würde das hier überleben, oder? Er würde niemals wissen, dass wir ein paar quälende Tage im Auto verbracht hatten. Er würde nie wissen, dass ich in den ersten zwei Monaten seines Lebens beinahe jeden Tag geweint hatte. Er würde nie erfahren, dass der heutige Tag kein fröhlicher Neuanfang, sondern der fünftschlimmste Tag im Leben seiner Mutter gewesen war.
Gib nicht auf.
Ich kniff die Augen zusammen und überließ mich eine Minute lang meinen Schluchzern. Blind tastete ich an der Tür entlang, bis ich den Knopf fand, um das Fenster herunterzulassen. Vielleicht würde ein wenig frische Luft den Geruch von zu vielen Tagen im Auto vertreiben.
»Es tut mir so leid, Drake«, murmelte ich, während er weiter weinte. Während wir beide weinten. »Es tut mir so leid.«
Eine bessere Mutter würde ihn vermutlich aus dem Auto nehmen. Eine bessere Mutter würde ihn füttern und wickeln. Aber dann würde ich ihn erneut in seinen Autositz schnallen müssen, und er würde wieder weinen, wie heute auf der ersten Stunde unserer Fahrt.
Vielleicht wäre er mit einer anderen Mutter besser dran. Einer Mutter, die ihn nicht quer durchs Land karrte.
Er hatte eine bessere Mutter verdient. Und einen besseren Vater.
Das hatten wir gemeinsam.
»Miss?«
Ich keuchte auf und wäre beinahe aus dem Sitz gesprungen, als die Frauenstimme durch meinen inneren Lärm drang.
»Sorry.« Die Polizistin, eine hübsche Frau mit dunklem Haar, hob abwehrend die Hände.
»Oh mein Gott.« Ich schlug mir eine Hand aufs Herz und schob mir mit der anderen eine Strähne aus dem Gesicht. Im Rückspiegel sah ich das vertraute blau-rote Licht eines Streifenwagens. Mist. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte, war ein Strafzettel.
»Es tut mir leid, Officer. Ich kann weiterfahren.«
»Ist schon gut.« Sie beugte sich vor und schaute ins Wageninnere. »Ist alles in Ordnung?«
Hektisch wischte ich mir übers Gesicht. Hör auf zu heulen. Hör auf zu heulen. »Ach, nur ein schlechter Tag. Ehrlich gesagt, ein wirklich schlechter Tag. Vielleicht der fünftschlimmste Tag meines Lebens. Der sechste. Nein, der fünfte. Wir sind seit Tagen im Auto unterwegs, und mein Sohn hört einfach nicht auf zu schreien. Er hat Hunger. Ich habe Hunger. Wir brauchen ein Nickerchen und eine Dusche, aber ich habe mich verfahren. Seit dreißig Minuten fahre ich hier herum und versuche, das Haus zu finden, in dem wir unterkommen sollen.«
Jetzt brabbelte ich vor mich hin. Gegenüber einer Polizistin. Na super.
Das hatte ich als Kind immer getan, wenn meine Nanny mich bei etwas erwischt hatte, das ich nicht hatte tun sollen. Ich bekam nicht gern Probleme, und meine Lösung war stets, zu versuchen, mich rauszureden.
Dad hatte es immer »Ausreden suchen« genannt. Aber egal, wie oft er mich gescholten hat, das Plappern war zur Gewohnheit geworden. Eine Gewohnheit, die ich demnächst loswerden würde; an einem Tag, der nicht zur Top Ten der schlimmsten Tage gehörte.
»Wo wollen Sie denn hin?«, fragte die Polizistin und schaute zu Drake, der immer noch schrie.
Ihm war es egal, dass wir von der Polizei angehalten worden waren. Er war zu sehr damit beschäftigt, der Welt zu verkünden, was für eine schreckliche Mutter ich war.
Ich suchte nach dem Post-it, den ich fallen gelassen hatte, und zeigte ihn ihr durch das offene Fenster. »Juniper Hill.«
»Juniper Hill?« Sie runzelte die Stirn und blinzelte, während sie den Zettel las.
Mein Magen zog sich zusammen. War das schlecht? Befand die Straße sich in einem gefährlichen Viertel oder so?
Als ich nach einer Mietwohnung in Quincy gesucht hatte, war die Auswahl nicht sehr groß gewesen. Die einzigen Optionen waren Häuser mit drei oder vier Schlafzimmern. Aber ich brauchte nicht so viel Platz. Und zudem lagen sie nicht annähernd in der Nähe meines Budgets. Nachdem ich jetzt zum ersten Mal in meinem Leben ein Budget hatte, wollte ich mich nämlich auch daran halten.
Also hatte ich Eloise Eden angerufen, die Frau, die mir einen Job in ihrem Hotel gegeben hatte, und ihr gesagt, dass ich leider doch nicht nach Quincy kommen könne.
Als sie versprach, eine Wohnung für mich zu finden, hatte ich geglaubt, ein Schutzengel würde über mich wachen. Nur möglicherweise handelte es sich bei diesem Einzimmerapartment in Juniper Hill um irgendeine Hütte in den Bergen, und meine Nachbarn wären Meth-Dealer und Kriminelle.
Egal. Heute würde ich Crackheads und Mörder in Kauf nehmen, wenn ich dafür einmal vierundzwanzig Stunden nicht in diesem Auto verbringen könnte.
»Ja. Wissen Sie, wo das ist?« Ich...




