E-Book, Deutsch, 315 Seiten
Pichler Allegorese und Ethik bei Proklos
1. Auflage 2006
ISBN: 978-3-86596-027-6
Verlag: Frank & Timme
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Untersuchungen zum Kommentar zu Platons Politeia
E-Book, Deutsch, 315 Seiten
ISBN: 978-3-86596-027-6
Verlag: Frank & Timme
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Proklos (412-485) war einer der einflußreichsten Leiter der neuplatonischen Akademie in Athen. Mit seinen zahlreichen Werken hat er die Philosophie des Mittelalters und der Renaissance entscheidend mitgeprägt. Im Kommentar zu Politeia setzt Proklos sich mit Platons Kritik an Homer und an den als unmoralisch empfundenen Stellen aus den homerischen Epen auseinander. Mit der allegorischen Interpretation gelingt es ihm, auch hinter den für Uneingeweihte seltsam anmutenden Erzählungen von Göttern und Helden eine tiefere Wahrheit aufzudecken. Homer und Platon werden so zu den beiden wichtigsten Vertretern ein und derselben Weisheit, die der eine phantasievoll in seinen Epen verborgen, der andere in seinen Dialogen philosophisch-diskursiv gestaltet hat.
Welche Strategien Proklos bei diesem Vorhaben entwickelt, welche Methoden der Deutung er anwendet und welche ethischen Zielsetzungen er damit verfolgt, wird in der vorliegenden Untersuchung dargestellt.
Der Autor
Reinhard Pichler, Mag. und Dr. phil., Jahrgang 1964, hat ins Innsbruck Klassische Philologie, Germanistik und indogermanische Sprachwissenschaft studiert. Seit 1990 unterrichtet er Latein und Griechisch am Franziskanergymnasium in Bozen.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;INHALTSVERZEICHNIS;6
2;VORWORT;8
3;I. EINLEITUNG;12
3.1;1. Die antike Homerallegorese;12
3.2;2. Proklos' Kommentar zur;47
3.3;3. Proklos' neuplatonische Allegorese;67
4;II. DIE ETHIK DES NEUPLATONISMUS;97
4.1;1. Platon und die Grundzüge seiner Ethik;106
4.2;2. Die neuplatonische Ethik bei Plotin und Proklos;130
5;III. ALLEGORESE UND ETHIK;162
5.1;1. Einleitung;162
5.2;2. Proklos' Gottesbild;170
5.3;3. Theorie und Praxis einer ethischen Unterweisung: der Mythos von Er und sein Einflu auf die Homerallegorese der sechsten Unter- suchung;187
6;IV. MYTHENDEUTUNG UND THEURGIE;242
6.1;Mythologie und Theurgie im Politeiakommentar;249
7;VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN;256
8;LITERATURVERZEICHNIS;258
9;STELLENREGISTER;291
10;Mehr eBooks bei www.ciando.com;0
2. Proklos' Kommentar zur Politeia (S. 46-48)
Proklos lebt ungefähr 800 Jahre nach Platon, von 412–485. In den acht Jahrhunderten hatte die Philosophie insgesamt entscheidende Veränderungen erfahren. Im ersten Jahrhundert v. Chr. hören drei der vier klassischen Schulen, die in Athen entstanden waren, auf, als Institutionen zu existieren: die platonische, aristotelische und stoische Philosophie leben zwar als Richtungen fort und werden in der Kaiserzeit in privaten Einrichtungen fortgeführt, die Akademie und das Lykeion gibt es jedoch nicht mehr als Orte der philosophischen Forschung und Ausbildung.
Es ergibt sich nun aber auch ein entscheidender Wandel im Lehr- und Unterrichtsbetrieb in den nachfolgenden Schulen. Die Texte der Schulgründer treten in den Mittelpunkt des philosophischen Interes ses. Für die Lernenden gehören nun die Lektüre und die Interpretation der kanonisierten Werke zum wesentlichen Ausbildungsprogramm, und es wird im Laufe der ersten Jahrhunderte n. Chr. ein mehr oder weniger starres Curriculum entworfen, das den schrittweisen Fortgang der Lektüre und die Reihenfolge regelt, nach der die Werke der großen Philosophen gelesen werden sollen.
Auch auf der Seite der Lehrenden läßt sich eine nicht unwesentliche Änderung feststellen. Neben die überlieferten Texte treten die Kommentare, die ebenfalls nach durchaus festgelegten Mustern verfaßt werden. Sie sollen in erster Linie den Schülern dessen, der einen philosophischen Kommentar verfaßt hat, verschiedene Zugänge zu den Texten der wie Götter verehrten Schulgründer eröffnen, ihre Inhalte verständlich machen, sie zugleich aber auch auf die Sichtweise und den philosophischen Hintergrund des Kommentierenden einschwören.
Ab dem dritten Jahrhundert dringen schließlich Elemente der Theurgie, religiöse Riten und Vorstellungen in die Schulen ein. Die philosophische Tradition nimmt nach modernen Begriffen "irrationale" Züge an.
Proklos' Kommentare und literarische Werke spiegeln deutlich diese zweifache Bindung: sie sind einerseits ganz der Tradition verpflichtet, in ihnen finden sich aber auch alle neuen, nicht-platonischen Elemente, die jetzt als Teil einer umfassenden Wahrheit gesehen werden und zu denen eben auch die Mythologie gezählt werden muß.