E-Book, Deutsch, 320 Seiten
Plötner / Kemper Köstlich killt der Weihnachtsmann
2023
ISBN: 978-3-8392-7670-9
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Mörderischer Adventskalender
E-Book, Deutsch, 320 Seiten
Reihe: Kriminalromane im GMEINER-Verlag
ISBN: 978-3-8392-7670-9
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Vom Ruhrpott bis ins Sauerland wird gemordet, getrickst, betrogen und gelogen. In 24 Kurzkrimis entartet die besinnliche Zeit. Pfarrer Keule aus Freienohl wundert sich über eine Haschplantage in der Sankt Nikolauskirche. Kommissar Stein ermittelt im Dortmunder Binnenhafen, als am Weihnachtsmarkt schon die nächste Leiche auf ihn wartet. Und während in Schmallenberg ein Hexenhaus in Flammen aufgeht, beseitigen zwei Frauen in Unna ihre lästigen Ehemänner. Als Leckerbissen folgt auf jeden Krimi ein Rezept. Genießbar und vollkommen ungefährlich.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Das Zimtstern-Tattoo
Zimtsterne in Unna-Massen
Astrid Plötner
Draußen war es längst dunkel. Der Massener Hellweg, der den Verkehr mitten durch den Unnaer Ortsteil Massen führte, wurde von dekorativer Weihnachtsbeleuchtung überspannt. Alle Läden an der Verkaufsstraße hatten an diesem Freitagabend vor dem zweiten Sonntag im Advent bereits geschlossen. In einigen Schaufenstern sah man Weihnachtsgirlanden oder leuchtende Sterne. Ein Schaufenster in einer Seitenstraße wurde von einer Mediabox beleuchtet und verkündete Passanten in wechselnden Bildern die neuesten Lokal-Nachrichten des Hellweger Anzeigers. Obwohl dieser Laden ebenfalls geschlossen war, konnte man im hinteren Bereich noch Licht brennen sehen. Inhaber Robert Jablonski saß mit zwei weiteren Männern an einem kleinen Tisch. Heute würde er nicht pünktlich nach Hause kommen, denn etwas Unfassbares war passiert. Und darüber musste er dringend mit seinen Freunden, dem Journalisten Tom Sperling und dem Lokalpolitiker Oliver Rath, reden. »Ich hatte heute ein Gespräch mit einer Kundin. Sie ist am Vormittag von Dortmund mit der S-Bahn gekommen und auf unserem Bahnsteig ausgestiegen, als die Kriminalpolizei ebenfalls dort eintraf. Man hat einen Toten auf einer der Wartebänke gefunden.« Seine Freunde schauten ihn gebannt an. »Und?«, kam es wie aus einem Mund. »Angeblich hatte der eine Tätowierung am Bein. Die soll ganz frisch gewesen sein, also höchstens ein paar Stunden alt. Und einer der Polizisten hätte das Opfer erkannt.« »Wer ist er? Und was für eine Tätowierung?«, fragte Oliver Rath. »Ein Zimtstern-Tattoo«, erwiderte der Ladeninhaber und genoss dabei die überraschten Gesichter seiner Gäste. »Bei dem Toten soll es sich um Steffen handeln. Ich hoffe, ihr wisst, was das bedeutet?« Tom Sperling und Oliver Rath rissen überrascht die Augen auf. Ihre Mimik drückte Bestürzung aus. »Wir müssen herausfinden, ob es tatsächlich unser Steffen ist. Und sollte er einem Mord zum Opfer gefallen sein, müssen wir etwas unternehmen. Ich hoffe, da sind wir einer Meinung?« Seine Gäste nickten erneut. Journalist Tom nippte an seinem Wasserglas, dann lehnte er sich zurück. »Ich werde recherchieren, ob es sich um unseren ehemaligen Freund handelt, und wie er genau zu Tode gekommen ist. Ich habe Kontakte zur Polizei und auch zum Rechtsmedizinischen Institut in Dortmund, wo die Leiche gewiss obduziert wird. Ich melde mich bei euch, sobald ich etwas in Erfahrung gebracht habe.« Er stand auf. »Moment!«, hielt Robert Jablonski ihn zurück. »Setz dich wieder, wir sind hier noch nicht fertig.« Er zog ein geknicktes Papier aus der Gesäßtasche seiner Hose, faltete es auseinander und legte es auf den Tisch. »Habt ihr das auch bekommen?« Die Männer warfen einen flüchtigen Blick darauf und schüttelten den Kopf. »War das bei dir in der Post?«, fragte Oliver. Auf seiner Stirn bildeten sich kleine Schweißperlen. Er wischte sie mit dem Handrücken fort und fuhr sich dann nervös durch sein helles Haar. »Nee, jemand hat es unter der Ladentür durchgeschoben, als ich gerade Mittagspause gemacht habe.« Jablonski nahm das Papier wieder an sich. Er blickte auf den mit Bleistift gezeichneten Zimtstern, über den mit Filzstift ein Totenkopf gezeichnet war. Ob Steffen auch so eine Warnung erhalten hatte? Die schriftliche Drohung, bevor der Mörder zuschlug? Sollte er das nächste Opfer sein? Musste man die Polizei informieren? Aber dann würde diese alte Geschichte ans Tageslicht kommen. Das konnte niemand von ihnen gebrauchen. »Das muss nichts bedeuten«, versuchte Tom Sperling, ihn mit wenig Überzeugung zu beruhigen. Er hatte sich nicht noch einmal an den Tisch gesetzt und schaute nun auf ihn herab. »Hattest du seit damals noch Kontakt zu ihm oder zu Steffen?« Robert Jablonski schüttelte den Kopf. »Nein, zu beiden nicht. Er ist ja damals gleich am nächsten Tag nach Kanada geflogen, um sein Studium fortzusetzen. Und Steffen? Wollte der nicht auch studieren? In München, oder? War es nicht Jura?« Tom hob zaghaft die Schultern. »Ja, kann sein. Keine Ahnung. Ist ja schon über 20 Jahre her. Lässt sich aber gewiss herausfinden. Ich melde mich, sobald ich etwas in Erfahrung gebracht habe. Sollte ich so einen Wisch mit Zimtstern bekommen, sage ich euch auch Bescheid.« Er drehte sich um und ging schnellen Schrittes durch den Laden. Der elektrische Eingangsgong ertönte, und die Tür schlug zu. Oliver Rath stand ebenfalls auf. »Ich mach mich dann auch mal vom Acker, Robert. Halt die Ohren steif!« Jablonski nickte. »Mach ich. Pass du auf dich auf und sei vorsichtig!« Der Politiker hob grüßend die Hand und verließ den Laden. Jablonski sperrte die Tür hinter ihm zu, dann setzte er sich erneut an den Tisch. Seine Gedanken wanderten in die Vergangenheit. Es war am Tag vor Heiligabend gewesen. Ziemlich genau vor 25 Jahren. Sie hatten im Sommer ihr Abitur bestanden und sich zum Weihnachtsfest noch einmal treffen wollen, um über ihren jeweiligen Start ins neue Leben zu berichten. Zu siebt waren sie gewesen. Fünf Jungs und zwei Mädels. Außer Oliver, Tom, Robert und Steffen waren noch Kristin, Yvonne und René dabei gewesen. Letzterer war nach seinem ersten Auslandssemester extra aus Kanada angereist. Jeder der Clique hatte ein verpacktes Geschenk mitgebracht, das später einem der anderen zugelost werden sollte. Die Feier fand bei Oliver statt, dessen Eltern einen Partykeller in ihrem Haus im Winkelweg besaßen. Da die Raths zu einem Skiurlaub nach Österreich aufgebrochen waren, hieß es »sturmfrei«. Bald saßen sie an der Bar und ließen sich von Oliver hochprozentige Cocktails mixen. Kaum jemand sprach über sein »neues« Leben. Man lachte, alberte und tanzte. Als der Alkoholspiegel schon ziemlich gestiegen war, loste Yvonne die Geschenke zu. Und damit begann das Desaster, denn jeder sollte seine Errungenschaft vorführen. Robert wusste bis heute nicht, welcher seiner damaligen Freunde auf die Idee gekommen war, ein Tätowierungsset zu verschenken. Jedenfalls kam Steffen in den Genuss des Sets und wollte es ausprobieren. Er schwankte auf René zu und grinste. Beide hatten sich für das Auslandsstudium in Kanada beworben, aber nur René war erfolgreich gewesen. Das musste Steffen mehr zu schaffen machen, als er zugab. Er befahl Robert, Oliver und Tom, sein Opfer festzuhalten. René wehrte sich mit Händen und Füßen, hatte aber keine Chance gegen uns vier. Als Muster nutzte Steffen einen von den Zimtsternen, die Mutter Rath für die Clique gebacken hatte. René schrie vor Schmerz. So laut, dass sich Robert irgendwann von den Mädels wegziehen ließ. Aber die anderen machten weiter. Am Ende prangte über Renés Schienbein ein Tattoo, von dem man kaum etwas sehen konnte, weil das Bein mit Blut verschmiert war. René war kreidebleich im Gesicht, er zog sich wortlos das Hosenbein herunter und humpelte aus dem Keller. Die beiden Mädchen folgten ihm. Robert hatte nie wieder von ihnen gehört. Weder von René noch von Yvonne oder Kristin. Renés Eltern lebten schon damals nicht mehr in Massen, sie waren nach Köln gezogen. Zu den Mädchen hatte Robert nie engeren Kontakt gehabt. Er seufzte und stand auf. Ob René sich nach so langer Zeit plötzlich rächen wollte? Warum hatte er so lange gewartet? Fakt war, es gab einen Toten. Und irgendjemand hatte Steffen ein frisches Zimtstern-Tattoo auf sein Bein gestochen. René musste also zurückgekehrt sein. Robert zog seine Jacke an und griff nach dem Autoschlüssel. Er ging durch den Laden, schloss die Tür auf und trat ins Freie. In dem Moment wurde er von beiden Seiten angegriffen. Zwei mit Sturmhauben maskierte Kolosse stürzten sich auf ihn, schoben ihn durchs Geschäft bis ins Hinterzimmer, wo er auf einen Stuhl gedrückt wurde. »René?«, keuchte Robert, »bist du das? Was soll der Quatsch? Es tut mir leid, das mit dem Tattoo. Ich wollte das nicht. Ich … ich … ich wollte mich bei dir entschuldigen damals, aber du warst wie vom Erdboden verschluckt.« Robert zitterte am ganzen Körper. Einer der dunkel gekleideten Muskelprotze verschloss ihm den Mund mit Klebeband. Sein Oberkörper wurde samt der Arme an die Rückenlehne des Stuhls gebunden, wobei fast die ganze Rolle Panzerklebeband draufging. Das linke Bein fixierten die beiden am Stuhlbein. Sein rechtes Bein legte einer der Maskierten auf den Sitz eines Stuhls und schob ihm das Hosenbein bis zum Knie hoch. »Stillhalten!«, zischte der etwas Größere mit grollender Stimme. Der Kleinere nahm ein Gerät aus seinem Rucksack, das Robert sofort als Tätowier-Maschine erkannte. Ihm wurde übel. Das Summen des Geräts erinnerte ihn an seinen Zahnarzt, zu dem er längst wieder zur Kontrolle gemusst hätte. Robert schloss verzweifelt die Augen. Als er den ersten Stich im Bein spürte, zuckte er zusammen. Die Nadel wurde tief in die Haut getrieben. Er stöhnte, hätte gerne protestiert, aber das Klebeband hinderte ihn. Der Tätowierer arbeitete gewissenhaft. Robert schluckte und öffnete die Augen. Er versuchte, in einer der beiden Gestalten René zu erkennen, aber das war unmöglich. Beide trugen dunkle Jeans, schwarzes robustes Schuhwerk, wattierte Jacken und Sturmhauben, die nur schmale Schlitze für die Augen offenließen. Über die Augen hatten sie getönte Skibrillen gestülpt. Roberts Bein zuckte jedes Mal, wenn der Tätowierer neu ansetzte. »Stillhalten, habe ich gesagt!«, fluchte der jetzt. Die Stimme kam Robert nicht bekannt vor. Vielleicht hatte René jemanden geschickt, der die Drecksarbeit für ihn erledigte. Sein Bein schmerzte und brannte wie...