E-Book, Deutsch, 110 Seiten, E-Book
Quinten / Wehn SSM, SREP und Säule I+
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7910-4044-8
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die neue regulatorische Denkweise
E-Book, Deutsch, 110 Seiten, E-Book
ISBN: 978-3-7910-4044-8
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Daniel A. Quinten, Partner der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Co-Leiter des ECB Offices der KPMG, Frankfurt.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
Die Entstehungsgeschichte im Baseler Ausschuss und die Umsetzung in Europa
Der Supervisory Review and Evaluation Process im Überblick
Die vier Elemente des SREP
Der SREP für bedeutende Banken
Der SREP für weniger bedeutende Institute
Vorwärtsgerichtete Elemente des SREP
Zusammenwirken mit anderen Regulierungsvorhaben
Risikotaxonomie sowie Auswirkungen auf Risiko- und Kapitalplanung
2 Der Supervisory Review and Evaluation Process im Überblick
Die Leitlinie der EBA (EBA 2014) zum SREP gruppiert Banken zunächst in vier Kategorien. Von der Einstufung, die sich im Wesentlichen an Größe und Komplexität der Bank orientiert, hängt die Regelfrequenz des SREP durch den Aufseher ab. Bei großen und komplexen Banken (Kategorie 1) soll der Prozess jährlich durchlaufen werden. Bei kleinen und wenig komplexen Häusern der Kategorie 4 reduziert sich die Frequenz auf alle drei Jahre.
Unabhängig von der Einstufung in die Kategorien beurteilt der Aufseher für alle Banken regelmäßig eine Menge sogenannter Schlüsselindikatoren. Diese Kennzahlen dienen dem Aufseher als Frühwarnindikatoren, um zeitnah Schieflagen zu erkennen und gegebenfalls in dem entsprechenden Feld vertieft nachfragen zu können. Die Indikatoren können dem aufsichtlichen Meldewesen entstammen, können Marktindikatoren sein oder auch auf dem internen Management Reporting fußen – der Aufseher ist hier durch die EBA-Leitlinie zum SREP nicht beschränkt.
Der eigentliche SREP-Kernprozess beinhaltet vier wesentliche Teilprozesse, auf die insbesondere im Kapitel 3 im Detail eingegangen wird:
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Analyse des Geschäftsmodells
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Beurteilung der Governance und Kontrollumgebung
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Beurteilung der Adäquanz des ökonomischen Kapitals und der internen Risikosteuerung für kapitalwirksame Risiken
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Beurteilung der Adäquanz der ökonomischen Liquidität und der internen Risikosteuerung für Liquiditäts- und Refinanzierungsrisiken (Fundingrisiken).
Jeder dieser Teilprozesse schließt mit einer eigenen Beurteilung ab. Diese wiederum werden verdichtet zu einer Gesamtbeurteilung, aus der sich aufsichtliche Maßnahmen verschiedenen Schweregrades ableiten. Die Abbildung 2.1 verdeutlicht diese Struktur.
Abb. 2.1: Der Supervisory Review and Evaluation Prozess (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an EBA 2014)
Zu der Einstufung der Banken in vier Kategorien zur Ableitung der Frequenz des Regelprozesses des SREP gibt EBA (2014) verschiedene Kriterien vor, die in der Abbildung 2.2 dargestellt werden.
Gerade global systemrelevante Banken (G-SIB) und sogenannte anderweitig systemrelevanten Banken (O-SIB, Other-SIB) liegen in der ersten Kategorie. Bei ihnen wird der SREP nicht nur einmal pro Jahr durchlaufen, sondern auch die Bewertung als solches findet in dieser Frequenz statt. Alle anderen direkt von der EZB beaufsichtigten Banken in Deutschland, dies sind hierzulande alle Banken bzw. Bankgruppen, deren Bilanzsumme größer als 30 Mrd. Euro ist, sind ebenfalls in diese Kategorie eingestuft. Bei anderen, eher kleineren Häusern, genügt es der EBA, wenn die nationalen Aufseher den Prozess alle zwei oder nur alle drei Jahre durchlaufen.
Man kann diese Abstufung als Versuch der Operationalisierung des Proportionalitätsprinzips in der Aufsicht auffassen. Allerdings liegt die Herausforderung der oben genannten Iterationsschleifen eben nicht auf Seiten der großen Banken der Kategorie 1. Solche Häuser sind den dauerhaften und kontinuierlichen Kontakt und die dauerhafte Interaktion mit der Aufsicht, z. B. im Rahmen bankgeschäftlicher Prüfungen, von Aufsichtsgesprächen oder Auskunftsersuchen, gewohnt und darauf eingestellt. Eher bei den (sehr) kleinen Häusern der Kategorie 4 bedeutet ein SREP alle drei Jahre eine deutliche Erhöhung der Aufsichtsintensität. Dort sind deutliche längere, bis zu sieben Jahre dauernde Zyklen in Deutschland bislang nicht unüblich.
Abb. 2.2: Kategorisierung von Banken (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an EBA 2014)
Das zweite Element des SREP – die quartalsweise Beobachtung von Schlüsselindikatoren – kann man als Frühwarnsystem der Aufseher begreifen. Im Wesentlichen geht es hier darum, möglichst zeitnah und kontinuierlich Hinweise zu bekommen, ob und falls sich ein Umstand andeutet, bei dem eine Aufsicht reagieren müsste. Entsprechend breit ist das Spektrum von Indikatoren, das die EBA im Blick hat. Einen Überblick gibt die Abbildung 2.3.
Neben den ›Standardindikatoren‹ wie Kennzahlen der Märkte (z. B. Credit Spreads, Aktienkurse etc.) und Daten des Meldewesens (insbesondere aus COREP und FINREP) haben EZB und deutsche Aufsicht im Kontext des SREP zwei unabhängige Meldekreise etabliert.
Abb. 2.3: Quartalsweise Beobachtung von Schlüsselindikatoren (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an EBA 2014)
Die EZB fragt von den von ihr beaufsichtigten Banken quartalsweise im Rahmen der sogenannten Short Term Exercise5 (STE) standardisiert Informationen ab. Diese beinhalten Risiko- und Finanzinformationen in den Kategorien Kredit-, Markt- und operationelle Risiken, Zinsänderungsrisiko im Bankbuch, Liquidität, Refinanzierung, Kredite an Staaten oder Konzentrationen – insgesamt rund 40.000 Einzelinformationen.
Die deutsche Aufsicht greift für die Banken, die nicht nach FINREP meldepflichtig sind, im Wesentlichen also solche Häuser, die als Einzelbanken nicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses nach IFRS verpflichtet sind, zum einen auf das in Deutschland gesetzlich kodifizierte Basismeldewesen zurück, das insbesondere Bilanz- und Erfolgsinformationen der Gewinn- und Verlustrechnung enthält. Zum anderen hat die BaFin die seit 2014 bestehende Rechtsgrundlage des § 25 KWG genutzt und fragt periodisch und standardisiert Informationen zur Risikotragfähigkeit ab (sogenanntes ›RTF-Meldewesen‹). Ergebnisse aus der Niedrigzinsumfrage (NZU) runden das Indikatorenbild der deutschen Aufsicht ab. Bei der Niedrigzinsumfrage handelt es sich um eine Stresstestübung, die die deutsche Aufsicht im Jahr 2015 zum ersten Mal in dieser Form durchgeführt hat. Es ist zu erwarten, dass diese Übung in Abständen wiederholt werden wird. Für das Jahr 2017 ist bereits eine neue Abfrage angekündigt.
Allein ein reines Zählen der Informationsquellen, die die EBA in ihrer SREP Leitlinie (EBA 2014) auflistet, führt zu über 500 Quellen, aus denen eine Aufsicht sich bedienen soll. Es ist gleichwohl wichtig zu betonen, dass die erwähnten bankaufsichtlichen Datenabfragen sowohl bei der EZB als auch bei der deutschen Aufsicht lediglich den Startpunkt für die SREP-Analyse darstellen. Das ›am Schreibtisch‹ gewonnene Indikatorenbild kann Hinweise geben, die die im SREP der EBA angedachte holistische Sichtweise auf Risiken und Chancen einer Bank aber nicht zur Gänze ausleuchten. Bankgeschäftliche Vor-Ort-Prüfungen, Sonderauskunftsersuchen im Querschnitt über alle Banken und Aufsichtsgespräche bilden daher weitere wichtige Quellen, aus denen sich das SREP-Ergebnis speist.
Die vier konstituierenden Kern-Elemente des SREP, die Analyse des Geschäftsmodells, Beurteilung der Governance und Kontrollumgebung, Beurteilung der Adäquanz des ökonomischen Kapitals und der internen Risikosteuerung für kapitalwirksame Risiken sowie die Beurteilung der Adäquanz der ökonomischen Liquidität und der internen Risikosteuerung für Liquiditäts- und Refinanzierungsrisiken, werden im nächsten Kapitel ausführlich dargestellt. Bereits an dieser Stelle lohnt jedoch der Hinweis, dass sich das Vorgehen von dem bislang in Deutschland bekannten unterscheidet.
So ist die formale Analyse und Beurteilung des Geschäftsmodells einer Bank ein Novum, das aus der Finanzkrise abgeleitet werden kann. In dieser Zeit zeigte sich, dass manche Geschäftsmodelle nicht ertragsstark und risikoresistent genug waren, eine schwere Krise zu verkraften und Banken mit öffentlichen Mitteln gestützt werden mussten. Dies sollte in einer Marktwirtschaft eher eine ultima ratio zur Abwendung schwerer volkswirtschaftlicher Schäden, denn ein normales Vorgehen sein. Aus diesem Grund entschlossen sich Gesetzgeber und Aufseher, dem Geschäftsmodell einer Bank, seiner Tragfähigkeit und Nachhaltigkeit zukünftig mehr Aufmerksamkeit zu widmen.
Die Beurteilung der Adäquanz des ökonomischen Kapitals und der ökonomischen Liquidität sowie der jeweiligen internen Risikosteuerung hierfür ist in EBA (2014) wesentlich formaler und quantitativer angelegt als in der MaRisk, BaFin (2012). Während in letztgenanntem Rundschreiben den Banken eine weitgehende Freiheit in der Methodik zugestanden wird, kennt die EBA SREP Leitlinie quantitative Prüfkriterien und hat auch ein quantitatives Zielbild vor Augen, das Banken erreichen sollten. Dies wird besonders deutlich, wenn man sich die Ergebnisse des SREP – hier liegen insbesondere aus der EZB Aufsicht erste Erfahrungen6 vor – verdeutlicht.
Das finale SREP-Ergebnis kann nach EBA (2014) fünf verschiedene Ausprägungen annehmen:
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›Eins‹ bedeutet keine erkennbaren Risiken
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›Zwei‹ ein geringes Maß an Risiken
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›Drei‹ ein mittleres Maß
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›Vier‹ ein hohes
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›f‹ ist der Sprache der Bankabwicklung und -sanierung entlehnt und steht für ›failing or likely to fail‹: Der Aufseher kommt im Rahmen des SREP zu dem Schluss, dass eine Bank in naher Zukunft ausfallen wird.
Die Abbildung 2.4 verdeutlicht dies grafisch.
Abb. 2.4: Noten des SREP (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an EBA 2014)
Während bei der Einstufungsnote ›eins‹ keine nennenswerten aufsichtlichen Maßnahmen zu erwarten sind, verschärfen sich diese in der Folge bei steigendem SREP-Score. Die Erfahrungen der Jahre 2015 und 2016 zeigen, dass sowohl EZB als auch die...




