Schmahl | Von der "Vergegnung" zur Begegnung | Buch | 978-3-95948-366-7 | sack.de

Buch, Deutsch, Band 19, 139 Seiten, Format (B × H): 152 mm x 225 mm

Reihe: Jerusalemer Texte

Schmahl

Von der "Vergegnung" zur Begegnung

Die besondere Beziehung zwischen Christentum und Judentum und die Bedeutung des christlich-jüdischen Dialogs für den Frieden
Erscheinungsjahr 2018
ISBN: 978-3-95948-366-7
Verlag: Traugott Bautz

Die besondere Beziehung zwischen Christentum und Judentum und die Bedeutung des christlich-jüdischen Dialogs für den Frieden

Buch, Deutsch, Band 19, 139 Seiten, Format (B × H): 152 mm x 225 mm

Reihe: Jerusalemer Texte

ISBN: 978-3-95948-366-7
Verlag: Traugott Bautz


Die christlich-jüdischen Beziehungen nach 1945 sind nicht ohne ihre Vorgeschichte zu verstehen. Joanne Schmahl nimmt diese Beziehungen in den Blick. Sie tut dies vor dem Hintergrund der jahrhundertelangen kirchlichen Judenfeindschaft.

Sie untersucht ausgewählte Texte aus dem Neuen Testament, um zu prüfen, ob deren Wurzeln des Antijudaismus bereits im Neuen Testament selbst liegen. Dabei kommt sie zu dem Ergebnis, dass der nicht in den neutestamentlichen Texten selbst, sondern vielmehr in deren Wirkungsgeschichte zu verorten sei. Dann skizziert die Verfasserin die weitere Entwicklung der kirchlichen Judenfeindschaft bis zum 20. Jahrhundert und geht auf die theologischen Neuanfänge nach 1945 ein, indem sie christliche Ansätze einer „Theologie nach Auschwitz“ thematisiert.

Mit Blick auf die derzeitigen Entwicklungen stellt die Verfasserin die Frage, ob „überhaupt schon von einem Dialog“ gesprochen werden kann, und benennt bleibende Herausforderungen und Desiderata im christlich-jüdischen Dialog.

Abschließend arbeitet die Verfasserin die friedensstiftende Dimension des christlich-jüdischen Dialogs heraus. In diesem Zusammenhang beschränkt sie sich nicht auf den christlich-jüdischen Dialog, sondern bezieht den (sonstigen) interreligiösen Dialog mit ein.

Dieses Buch ist ein beeindruckendes Plädoyer für die Überwindung des Antijudaismus und die Vertiefung des christlich-jüdischen Dialogs.

Schmahl Von der "Vergegnung" zur Begegnung jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


1. Einleitung

2. Der Entstehungsprozess des Christentums vor dem zeit- und religionsgeschichtlichen Hintergrund der Lebenszeit Jesu

2.1. Neutestamentlicher Befund zur Verhältnisbestimmung von Christen und Juden anhand ausgewählter Beispiele

2.1.1. Die Wurzeln des christlichen Antijudaismus im Matthäusevangelium?

2.1.1.1. Mt über die Zukunft Israels

2.1.1.2 Der Blutruf in Mt 27,25

2.1.2. Die Juden als "Kinder des Teufels" im Johannesevangelium?

2.1.3. Die bleibende Erwählung Israels bei Paulus

2.2. Zwischenfazit: Die Verhältnisbestimmung von Juden und Christen im NT vor ihrem zeit- und religionsgeschichtlichen Hintergrund

3. Die Entwicklung der christlichen Judenfeindschaft bis zum Antisemitismus des 20. Jahrhunderts

4. Der Weg der Umkehr und Neuorientierung der christlichen Kirche nach 1945

4.1. Die Neugestaltung der christlich-jüdischen Beziehung von Seiten der katholischen Kirche

4.1.1. Die Intention des Zweiten Vatikanums

4.1.2. Die Erklärung Nostra aetate

4.1.2.1. Zum Inhalt der Erklärung Nostra aetate

4.1.3. Die Bedeutung und persönliche Bewertung von Nostra aetate für den christlich-jüdischen Dialog

4.2. Die Neugestaltung der christlich-jüdischen Beziehung von Seiten der evangelischen Kirche

4.2.1. Die "AG Juden und Christen" als Wegbereiter für einen christlich-jüdischen Dialog auf evangelischer Seite

4.2.2. Die Breitenwirkung der "AG Juden und Christen"

4.2.3. Die Bedeutung und persönliche Bewertung der Neuansätze innerhalb der evangelischen Kirche nach 1945

4.3. Die Maßnahmen zur Neugestaltung der christlich-jüdischen Beziehung und ihr Potenzial im Vergleich

5. Gegenwärtige Entwicklung des christlich-jüdischen Dialogs

5.1. Basis und Voraussetzung für einen interreligiösen Dialog

5.2. Bleibende Herausforderungen und Desiderata im christlichjüdischen Dialog

6. Fazit und Ausblick: Über die friedensstiftende Dimension des christlich-jüdischen Dialogs in der Perspektive hin zu einem interreligiösen Dialog

Abkürzungsverzeichnis

7. Literaturverzeichnis

7.1. Primärquellen

7.1.1. Antike lateinische und griechische Texte

7.1.2. Bibelausgaben

7.1.3. Kirchliche Dokumente und Verlautbarungen

7.1.4. Zum Thema Schule

7.2. Hilfsmittel

7.3. Lexikonartikel

7.4. Sekundärliteratur

7.5. Internetquellen


1. Einleitung

Im Laufe meines Bachelor- sowie meines Masterstudienganges hat mich
die Frage nach der christlichen Judenfeindschaft bzw. den Vorurteilen
gegenüber den Juden generell schon immer interessiert, in der Auffassung,
dass diese Thematik vielmehr der Vergangenheit angehört als dass
sie in unserer heutigen Gesellschaft noch salonfähig wäre, da ich in einer
Zeit aufgewachsen bin, in der man einen deutlichen Prozess der zumeist
positiven Veränderung in der Beziehung zwischen Christen und Juden in
Erinnerung an die Judenverfolgung und systematischen –ermordung zur
NS-Zeit wahrnehmen kann. Als aber nach einer Unterrichtsstunde einmal
ein Schüler zu mir kam und mich fragte, ob der Gott im AT immer
so strafend und rachsüchtig sei, weil die Juden ja auch Jesus getötet hätten,
wurde mir schlagartig klar, dass das Thema des christlichen Antijudaismus
und der sich mit diesem entwickelnden Vorurteile und Stereotypen
gegenüber dem Judentum aktueller zu sein scheint, als mir bewusst
war. Kurz darauf, zu Beginn diesen Jahres, häuften sich in den
Medien zudem Berichte, nach denen jüdische Schüler in Deutschland
Opfer von antisemitischen Beleidigungen und körperlichen Angriffen
geworden seien. Aus den USA wurde außerdem über Schändungen von
jüdischen Friedhöfen berichtet. Obgleich also zum einen eine deutliche
„Wende-Zeit“ und veränderte Haltung der Christen gegenüber den Juden
festzustellen ist, lässt sich anhand der oben dargestellten Vorfälle
schlussfolgern, dass zum anderen der Antisemitismus sowie eine negative
Haltung gegenüber Juden wieder aufzukeimen bzw. noch lange nicht
überwunden zu sein scheinen. Aber woher stammen diese negative, gar
feindliche Haltung gegenüber den Juden und die noch heute bekannten
antijüdischen Vorurteile über die Juden beispielsweise als Christusmörder
eigentlich? Wie konnte der Völkermord im Dritten Reich überhaupt
möglich sein und welche Folgen hat die Schoa für die christliche Theologie?
Wie reagierten die beiden großen christlichen Kirchen auf die
Schoa? Kann der christlich-jüdische Dialog dazu beitragen, diese Vorurteile
gegenüber dem Judentum zu bekämpfen, sodass wir in unserer modernen
Gesellschaft, in der religiöser Pluralismus selbstverständlich und
alltäglich erfahrbar ist, friedlich miteinander leben können, indem wir
Unwissenheit und Berührungsängste gegenüber unseren „älteren Brüdern“
gemeinsam und dialogisch miteinander abbauen?
Diesen Leitfragen folgend soll in dieser Untersuchung zum einen den
Ursachen für die Judenfeindschaft nachgegangen und vor dem historischen
Hintergrund der systematischen Judenverfolgung im Dritten Reich
und der beinahe 2000 Jahre von „Vergegnung“ geprägten Beziehung
zwischen Juden und Christen der Prozess der Neugestaltung der christlich-
jüdischen Beziehung und dessen historische Bedeutsamkeit aufgezeigt
werden, um die bisherigen Erfolge und Verdienste hervorzuheben
und diese neue Beziehung der Christen zum Judentum, wie wir sie heute
energisch verfolgen und leben, nachhaltig zu stärken. Exemplarisch für
diese Neugestaltung möchte ich jene Maßnahmen von Seiten der christlichen
Kirche nach 1945 vorstellen, die maßgeblich zum Umdenken und
zur Neuorientierung gegenüber den Juden beigetragen und den Weg für
eine neue Etappe der christlich-jüdischen Beziehung geebnet haben. Mit
Bezug auf die oben skizzierten Vorfälle soll diese Untersuchung aber
auch dafür sensibilisieren, dass der Prozess der Aufarbeitung der von
Feindschaft und Gewalt geprägten Geschichte von Juden und Christen
noch lange nicht abgeschlossen ist. Auf Grundlage meiner Erkenntnisse
werde ich den christlich-jüdischen Dialog abschließend auf etwaige For-
schungslücken und noch wünschenswerten oder gar notwendigen Handlungsbedarf
untersuchen und angesichts der oben angeführten Beispiele
für den wieder aufkeimenden Antisemitismus in Deutschland und auf
der Welt daraufhin überprüfen, inwieweit ihm eine friedensstiftende Bedeutung
zugemessen werden kann.

2. Der Entstehungsprozess des Christentums vor dem zeit- und religionsgeschichtlichen
Hintergrund der Lebenszeit Jesu

Die unheilvolle Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Europa und
auf der ganzen Welt ist heutzutage, vor allem nach der Schoa, jedem ein
Begriff. Doch wie konnte es überhaupt zu diesem Völkermord kommen?
Wo genau liegen die Ursachen für diese auch religiös motivierte Judenfeindschaft,
dem christlichen Antijudaismus? Um diesen Fragen nachzugehen
und besonders nach den Ursachen für die beinahe 2000 Jahre tradierte
Judenfeindschaft zu forschen, soll zu Beginn dieser Arbeit der
Blick zunächst auf die ältesten uns überlieferten Schriften gelegt werden,
die das Verhältnis zwischen Juden und Christen beschreiben, das NT.
Dazu soll zunächst der zeit- und religionsgeschichtliche Hintergrund der
Entstehungszeit der ntl Schriften und der in den einzelnen Schriften erzählten
Zeit, also das Leben und Wirken Jesu, im Fokus stehen. Da die
Entstehungszeit und die erzählte Zeit z. B. der Evangelien nicht übereinstimmen
und die ntl Schriften nie frei von subjektiven Färbungen des
jeweiligen Autors sind und daher sehr stark situativ und innerhalb der
Situation ihres historischen Entstehungskontextes zu bewerten sind, soll
der Blick auf den religiösen und politischen Kontext zur realhistorischen
Lebenszeit Jesu bis hin zur Verschriftlichung jener Schriften,
die von seinem Leben erzählen, den Evangelien, gelegt werden. Daher
werde ich weit in die Vergangenheit, nämlich in die Entstehungszeit
des Christentums zurückgreifen. Da sich die Entstehung des Christentums
mit Blick auf die Literatur jedoch sehr komplex gestaltete, kann es
an dieser Stelle nicht mein Anliegen sein, den gesamten historischen
Entstehungsprozess des Christentums mit all seinen Ursachen aufzuzei-
gen. Vielmehr können im Folgenden nur einige zentrale Aspekte des
Trennungsprozesses aufgeführt werden.
Dass es sich bei der Entstehung des Christentums um einen langwierigen
und konfliktreichen Prozess handelt, der nicht an einem einzigen Ereignis
festgemacht werden kann, darin stimmen alle modernen Exegeten
überein. Wann genau das Christentum als die uns heute bekannte, eigenständige
Religion entstanden ist, lässt sich nicht genau datieren. Sicher
bezeugt ist aber, dass es zur Entstehungszeit der ntl Schriften, der christlichen
Glaubensgrundlage, noch nicht das Christentum oder die Christen
gab, was vor allem dadurch gestützt wird, dass in den ntl Schriften selbst
der uns so geläufige Terminus Christen an nur drei Stellen im ganzen
NT überliefert ist. In zwei Erwähnungen der Apg, die die älteste Überlieferung
des Begriffs Christen darstellen, wird das Adjektiv ???st?a???
als nähere Bestimmung für die µa??ta? Jesu erwähnt und ein letztes Mal
im 1. Petrusbrief. Jedoch dient dieses Adjektiv immerzu als Fremdbezeichnung,
sie wird den Schülern und Anhängern Jesu von außen auferlegt.
Auch in außerchristlichen Quellen des ersten nachchristlichen
Jahrhunderts lässt sich erkennen, dass dieser Terminus keine Erwähnung
findet, woraus ich schließe, dass die Unterscheidung bzw. Trennung von
Juden und Christen noch nicht vollzogen wurde.9 Die älteste Überlieferung
für den Begriff Christen als eigenständige Bezeichnung einer
Gruppe sowie die zeitgleiche Einführung des Gegensatzpaares von Juden
und Christen erscheint um ca. 114 n. Chr. bei Ignatius von
Antiochia. Auch in anderen römischen Quellen, denen die Charakterisierung
der Christusgläubigen als superstitio gemeinsam ist, taucht der
Begriff Christiani ungefähr zur gleichen Zeit auf, wobei jedoch darauf
hingewiesen werden muss, dass durch die historiographischen Zeugnisse
von Sueton und Tacitus bekannt ist, dass die Christiani bereits unter
Kaiser Nero als eigenständige religiöse Gruppe wahrgenommen wurden,
aber auch diese Bezeichnung als Fremd- und nicht als Eigenbezeichnung
zu bewerten ist. Daher wird die endgültige Trennung von Juden und
Christen zumeist zu Beginn des 2. Jh. n. Chr. angesetzt, was es im Folgenden
noch genauer zu untersuchen gilt. Unsere heutige Assoziation,
wenn es um Juden und/ oder Christen geht, ist also eine gänzlich andere
und kann auf das erste nachchristliche Jahrhundert und die ntl Schriften
in unserem heutigen Verständnis nicht angewandt werden. Um es in dem
zeit- und religionsgeschichtlichen Rahmen der erzählten Zeit der Evangelien
korrekter auszudrücken, werde ich im weiteren Verlauf, dem
Konsens der modernen Exegeten folgend, von christusgläubigen Juden und Nichtjuden einerseits und nicht-christusgläubigen Juden andererseits sprechen.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.