E-Book, Deutsch, 284 Seiten
Schmidt Buddha, Maus und Grinsekatze
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7578-2637-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine Entführungsgeschichte
E-Book, Deutsch, 284 Seiten
ISBN: 978-3-7578-2637-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Als der siebzehnjährige Philip nach einer durchtanzten Nacht in einem verdreckten Verlies zu sich kommt, glaubt er zunächst an einen Scherz seiner Freunde. Aber die schwere Stahltür ist verschlossen und er ist eingesperrt. Die Entführer sind als Buddha und Grinsekatze maskiert und meinen es ernst, auch wenn sie sich dabei ziemlich ungeschickt anstellen. Seine Mutter und die Polizei versuchen ihn zu finden und die Bank organisiert das Lösegeld. Aber der gewitzte Junge entwickelt einen eigenen Plan, um die tollpatschigen Entführer zu überlisten. Er muss nur schlauer sein als Buddha und die Grinsekatze.
Dagmar Schmidt, Jahrgang 1953, lebt mit ihrem Partner in Schleswig-Holstein. Sie schreibt heitere oder nachdenkliche Lyrik und Prosa, meist inspiriert durch persönliche Erlebnisse. Der intensive Umgang mit Sprache ist ihre Leidenschaft. Besonders das Spiel mit Situationskomik macht ihr Freude. Seit 2018 widmet sie sich ganz dem Schreiben. Dies ist ihr fünfter Roman, der die Charaktere des Sozialdramas 'Der gläserne Käfig' wieder lebendig werden lässt.
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 2 Eine Woche zuvor Wie hatte er nur so dämlich sein können, diese Dumpfbacke in seinen Plan einzuweihen? Natürlich brauchte er einen Partner, aber Sid war dumm wie Brot. Außerdem war er viel zu weich und er plapperte ohne Pause. Sein ständiges Geschwätz ging Louis gewaltig auf die Eier, sodass er kurz davor war, die Nerven zu verlieren und alles abzublasen. »Was, wenn wir erkannt werden? Was machen wir mit dem vielen Geld? Was, wenn wir erwischt werden? Was, wenn der Junge die SMS nicht liest?« Aber natürlich konnte er es nicht abblasen. Das würde seine Maus niemals erlauben. Er schüttelte den Kopf und ging in den hinteren Flur, öffnete den kleinen Metallschrank, der eigentlich als Medizinschrank gedacht war, und holte die SIG Sauer P226 heraus. Sie glänzte schwarz in seiner Hand und er strich zärtlich über den Lauf der Waffe. Er musste unbedingt üben, damit zu schießen. Ob er sie wirklich nutzen würde, wusste er nicht, aber er wollte vorbereitet sein. Seine Erfahrung in dieser Hinsicht beschränkte sich auf die lange zurückliegende Zeit beim Bund und auf gelegentliche Jahrmarktbesuche. Dort war es ihm fast immer gelungen, eine Plastikrose zu gewinnen. Einmal war es sogar eine Flasche Schampus. Ihr waren solche banalen Jahrmarktbesuche viel zu kindisch. »Dann könnten wir ja gleich eine Runde Kinderkarussell fahren.« Damit hatte sie sicherlich recht. Auf keinen Fall würde er zugeben, dass er recht gern Kettenkarussell fuhr. Mausi war ein Hauptgewinn, auch wenn es ihr an Humor fehlte. Aber sie war klug, ideenreich und kniete sich in alles hinein, was sie plante. Und sie war sexy. Ihre ständigen Ideen zu immer neuen Spielchen hielten Louis bei der Stange, auch wenn Mausis Wünsche manchmal absurd waren. Neulich hatte sie vorgeschlagen, gemeinsam in einen Swingerklub zu gehen. Das ging ihm dann allerdings doch zu weit. Er war ja für vieles offen. Aber zusehen, wie seine Maus jemand anderen vögelte, das würde er auf keinen Fall ertragen. Sie hatte nur mit den Achseln gezuckt und eine Weile hatte er befürchtet, sie würde ohne ihn gehen. Von ihr kam auch sein Spitzname King Louis. Sid hatte ihn sofort begeistert übernommen und dennoch war Louis keineswegs sicher, dass seine Maus ihn als Kompliment gemeint hatte. »Gib diesem kleinen Idioten bloß nicht die Waffe in die Hand.« Mausi war sehr skeptisch, was Sid anging. Sie hatte deswegen gezetert und ihn mit einem schweren Teller beworfen. Zum Glück konnte sie, wie die meisten Frauen, nicht gut werfen. Er grinste bei der Erinnerung an den Kartoffelbrei, der langsam von der Wand seiner Küche gerutscht war. Natürlich hatte sie ihm nicht geholfen, die Schweinerei wieder in Ordnung zu bringen. »Bin ich deine Putzfrau?« Anschließend jammerte sie über den kaputten Teller, obwohl es ja nicht ihrer gewesen war. Weibliche Logik! Sie hielt ihm außerdem einen Vortrag darüber, dass Frauen sehr wohl gut werfen konnten und dass er mal seinen Grips bemühen solle. Schließlich gebe es Profi-Handballerinnen. Ob er vielleicht glaube, die hätten alle einen Mann, der ihnen den Ball ins Tor trägt? Sid würde er die Waffe jedenfalls tatsächlich nicht in die Hand geben. Der war doch glatt in der Lage, sich selbst in den Fuß zu schießen. Oder, schlimmer noch: ihm. Im Vorratsschrank hatte er seit Wochen leere Konservendosen gesammelt. Nun warf er sie alle in einen großen blauen Sack und steckte die Pistole in seinen Hosenbund, nicht ohne sich vorher zu vergewissern, dass sie gesichert war. »Was hast du vor, Louis?« Er schrak zusammen. »Bist du ganz und gar bescheuert?« Sid war klein und stämmig. Fett konnte er nicht genannt werden, obwohl er mindestens fünfzehn Kilo Übergewicht hatte. »Wieso, was hab ich nun schon wieder falsch gemacht?« Sid sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an. »Du hast immer nur was zu meckern.« »Weil du mir pausenlos auf den Sack gehst. Was schleichst du dich hier so an? Wo kommst du her?« Hätte er ihm bloß keinen Schlüssel gegeben. Jetzt war er keine Sekunde mehr wirklich sicher vor ihm. »Ich sollte doch ein Prepaid-Handy kaufen. Bitte sehr, hier ist es.« Er hielt ihm ein schwarzes Handy entgegen, das irgendwann vor zehn Jahren mal modern gewesen war. Aber es würde seinen Zweck erfüllen. »Hast du auch eine anonyme SIM-Karte bestellt?« »Klar. Ist schon angekommen.« Das war ausnahmsweise mal eine gute Nachricht. Vielleicht hatte er doch irgendetwas richtig gemacht. »Gib her.« Sid reichte ihm ein durchsichtiges Plastikschächtelchen. »Da ist sie drin. Du musst sie aber noch freischalten.« »Für wie blöd hältst du mich?« Sid war immerhin klug genug, darauf nicht zu antworten. »Vielleicht hast du ja dieses Mal tatsächlich nichts Schlimmes angerichtet«, sagte Louis. Trotzdem, da war dieses seltsame Gefühl im Bauch. Es kam ihm wie eine Warnung vor. »Sagst du mir nun, was du in der Kammer gemacht hast und was da drin ist?« Sid tippte mit seinem Fuß gegen den blauen Sack und zuckte zusammen, als es darin schepperte. »Also gut, ich habe darin leere Konservendosen. Die brauche ich als Zielobjekte zum Üben.« Er nahm die SIG Sauer aus seinem Hosenbund und hielt sie in der ausgestreckten Hand. Sofort griff Sid danach, aber Louis zog sie schneller weg, als der sie ergattern konnte. »Finger weg.« »Wo hast du die Waffe her?« Sid stand mit offenem Mund vor ihm und die Enttäuschung darüber, dass er sie nicht anfassen durfte, war ihm ins Gesicht geschrieben. »Ich dachte, wir sind Partner.« »Was hatten wir abgemacht? Wer bin ich?« »Der Chef«, murmelte Sid. »Und warum bin ich der Chef?« »Ja, okay. Aber was hast du jetzt vor?« »Ich werde Schießen üben.« »Cool, ich will mit.« Louis zögerte einen Moment und entschied dann, ihn tatsächlich mitzunehmen. Er steckte in der ganzen Planung mit drin. Und was sollte schon bei einer Schießübung schiefgehen? Die Fahrt in das Stück Wald, das er für diese Aktion ausgewählt hatte, dauerte über die B432 nicht länger als eine Dreiviertelstunde. Sid plapperte pausenlos auf ihn ein. Schon nach der halben Strecke bereute Louis, ihn mitgenommen zu haben. »Und wenn wir dann reich sind, fahren wir in die Karibik, erster Klasse oder heißt das jetzt Business-Class und wir wohnen in einem Fünfsternehotel und lassen uns Champagner und Mädels bringen und ...« »Ruhe!«, donnerte Louis. »Mensch, halt endlich die Fresse oder ich setz dich hier raus und du kannst nach Hause laufen.« Aus den Augenwinkeln sah er, dass Sid zusammenzuckte. Gut so. Für den Rest der Fahrt sagte er tatsächlich nichts mehr. Und als er dann irgendwann anfing »Money, Money, Money«, zu singen, reichte ein kurzer Blick, um die helle Stimme wieder abzuschalten. Dafür begann er, seinen massigen Oberkörper im Rhythmus des Liedes von links nach rechts zu schaukeln. Seine Lippen bewegten sich lautlos. Louis lenkte den Wagen auf den Parkplatz, den er schon vor Tagen ausgespäht hatte, und sie stiegen aus. Er drückte Sid den blauen Sack in die Hand. »Den trägst du.« Sid tat, als würde er gleich zusammenbrechen, und grinste dabei gut gelaunt. Er stapfte vorneweg in einen kleinen Pfad hinein, der in den Wald führte. Die Konservendosen klapperten und schepperten pausenlos, als würde er sie wie eine Rumbarassel hin und her schütteln. Zu allem Überfluss begann er nun zu pfeifen. »Was pfeifst du denn da schon wieder? Du machst einen Lärm, dass es hier wahrscheinlich in der Umgebung von zehn Kilometern kein lebendes Wesen aushält.« »Mensch, du bist ein Kulturbanause. Das ist der ›Banana-Boat-Song‹. Harry Belafonte.« Wie um seine Worte zu bestätigen, begann er das Lied nun zu singen. Die Blechdosen klapperten den Takt dazu. Eine drohende Handbewegung brachte Sid schnell wieder zur Ruhe. Das Wetter spielte mit und sie hatten noch mindestens drei Stunden Tageslicht. Louis glaubte nicht, dass er lange brauchen würde, um das Schießen und besonders das Zielen zu erlernen, auch wenn seine Bundeswehrzeit und sogar der letzte Jahrmarktbesuch lange her war. Der Marsch dauerte ungefähr zwanzig Minuten. Dann öffnete sich der Wald und eine große Lichtung lag vor ihnen. In der Mitte standen einige Baumstümpfe, die Louis nutzen wollte, um die Dosen darauf zu drapieren. »Leg den Sack da neben die Stümpfe und dann stell auf jeden ein paar Dosen, hübsch nebeneinander.« Sid gehorchte fröhlich. Scheiße, seine gute Laune war wirklich nervtötend. »Jetzt gehts los.« Sid tanzte von einem Bein auf das andere und erinnerte an Rumpelstilzchen. Diesmal ließ Louis ihn gewähren. Er war selbst aufgeregt und freute sich auf die Schießübung. »Du solltest jetzt besser...