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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 288 Seiten

Reihe: HeXXen 1733

Schwenzl Totenhunger

HeXXen 1733
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-98732-261-7
Verlag: Ulisses Spiele
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

HeXXen 1733

E-Book, Deutsch, Band 1, 288 Seiten

Reihe: HeXXen 1733

ISBN: 978-3-98732-261-7
Verlag: Ulisses Spiele
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Im Jahr 1640 n. Chr. erhob sich der Dämonenfürst Asmodäus im Schwarzwald. Seitdem ist nichts mehr wie es einmal war, denn überall auf der Erde tauchen Schrecken aus Mythen und Märchen auf und bedrohen die Menschheit. Hexen, Werwölfe, Vampire und Dämonen sind nur die bekanntesten dieser Wesen. 93 Jahre später ist eine neue Generation mutiger Helden erwachsen, Jäger genannt, die sich der finsteren Bedrohung entgegenstellen. Mit Musketen und Degen bewaffnet sowie mit heiligem Eifer ausgestattet, dringen sie in finstere Burgen von Vampiren vor, räuchern Ritualkammern von Schwarzmagiern aus und durchkreuzen durchtriebene Rachepläne hinterlistiger Hexen. Doch in der Welt von HeXXen 1733 gibt es noch eine andere Art von Jägern. Sogenannte Parazoologen verlassen die Sicherheit ihrer Universitäten, um die weniger intelligenten Kreaturen einzufangen, sie zu studieren und in Menagerien auszustellen. Auch sie kämpfen gegen die Heerscharen der Hölle - jedoch nicht allein mit Mut und Entschlossenheit, sondern auch mit den Methoden der Wissenschaft. Der Roman Totenhunger erzählt die Geschichte dreier Parazoologen, die von der Universität Jena aus auf Monsterjagd ausziehen. Dabei stoßen sie auf ihre bislang größte Herausforderung: Ein kannibalistisches Monster geht im Hinterland von Jena um. Während die Parazoologen noch unter Hochdruck daran arbeiten, das Monster zu identifizieren, spitzen sich die Ereignisse auch in Jena zu. Die Parazoologen geraten ins Visier einer Mordermittlung und müssen nicht nur die Fährten wilder Kreaturen in den Wäldern verfolgen, sondern auch ganz und gar menschliche Feinde austricksen. Autorin Nina Schwenzl hat mit Totenhunger einen Roman verfasst, der alle Eigenschaften einer Geschichte in der Welt von HeXXen 1733 vereint: Action und Horror, gewürzt mit einer Prise Historie und einem guten Schuss Humor.

Nina Schwenzl wurde 1991 in Nürnberg geboren und lebt momentan wieder dort. Sie studierte Soziologie und Politikwissenschaft und hat neben einem Interesse an Geschichte und Sagen auch ein Faible für die Sitcoms der 90er Jahre, was hin und wieder in den Dialogen ihrer Geschichten durchschlägt. Seit 2020 schreibt sie für HeXXen 1733 und war an mehreren Publikationen beteiligt, darunter auch dem Handbuch der Parazoologie, auf dessen Inhalt dieser Roman beruht. Totenhunger ist ihr erster Roman in dem düsteren Setting des Barock.
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Kapitel 1

Ferdinand rannte durch die dunklen Straßen der Stadt. Das Getrappel seiner Stiefel auf dem Kopfsteinpflaster hallte laut von den Häuserwänden wider, doch das Geräusch wurde für ihn selbst vom schnellen Schlagen seines Herzens und von dem Blut, das ihm in den Ohren rauschte, übertönt. Der Jäger, der ihn verfolgte, bewegte sich hingegen vollkommen lautlos. Ferdinand konnte nicht sagen, ob er noch hundert Meter Vorsprung vor seinem Häscher hatte, oder ob er in wenigen Augenblicken von spitzen Klauen durchbohrt werden würde. Diese Unsicherheit war noch nervenzerreißender als das Rennen selbst. Doch Ferdinand widerstand dem Drang, hinter sich oder nach oben in den wolkenverhangenen Nachthimmel zu schauen. Das Wissen, wie weit sein Verfolger noch von ihm entfernt war, würde weder seine brennenden Muskeln zu noch größerer Leistung antreiben, noch würde es ihm helfen, wenn er auf den vom Regen glitschigen Steinen stolperte. Er hatte eine vage Vorstellung, was dann passieren würde: Er würde dort liegen, in einer kurzen, kalten Stille, gefolgt von einem kurzen, heißen Schmerz, gefolgt von einer langen, kalten Stille. Alles, was zwischen ihm und diesem Schicksal stand, waren seine Kondition, einige Sekunden Vorsprung und eine gute Portion Glück. Auf Letztere konnte er sich nicht verlassen, und nach seiner Erfahrung war Hoffnung selten genug. Also konzentrierte er sich aufs Rennen.

Er passierte eine weitere Straßenlaterne. Die fortschrittliche nächtliche Beleuchtung mit Seelenlicht hatte sich in dieser Stadt noch nicht durchgesetzt, und so reihten sich entlang der Hauptstraße Öllaternen aneinander, die im Umkreis von wenigen Metern warmes, goldenes Licht verströmten. Zwischen den kleinen Lichtkugeln jedoch lagen Abschnitte tiefer Dunkelheit. Ferdinand war nicht sicher, ob das spärliche Licht ihm mehr half, als es schadete, denn jedes Mal, wenn er erneut in die Schatten eintauchte, brauchten seine Augen ein paar Sekunden, um sich wieder an die Dunkelheit zu gewöhnen. Er hätte wesentlich besser sehen können, vermutete Ferdinand, wenn es gleichbleibend finster gewesen wäre. Doch an diesen Umständen konnte er nichts ändern.

Er rannte an einem Torbogen vorbei und warf einen hastigen Blick auf den Innenhof dahinter, erkannte die Umrisse eines Brunnens. Schweiß brach ihm aus. Er hätte die Bäckerei längst passieren müssen. Hatte er sie verpasst? Bei Tag war ihm die Stadt niedlich vorgekommen, mit ihren Fachwerkhäusern, kleinen Gärten und verwinkelten Gässchen. Er war die Fluchtroute in den zurückliegenden Tagen so oft abgelaufen, dass er sich zutraute, ihr selbst mit geschlossenen Augen zu folgen. Das knapp zweitausend Einwohner zählende Städtchen war ihm wahrlich nicht wie eine Herausforderung erschienen. Doch bei Nacht sah jedes Haus gleich aus; die dunklen Fenster waren nichts anderes als leere Augenhöhlen, die sein Vorbeihasten gleichgültig beobachteten. Einen schrecklichen, endgültigen Moment lang war Ferdinand sicher, sich verlaufen zu haben, ausgerechnet jetzt, wo sein Leben davon abhing. Doch dann sah er vor sich etwas aufblitzen, und sein Herz machte einen Sprung: Die verschlungenen Arme einer goldenen Brezel reflektierten das Licht einer Öllaterne. Sein Körper reagierte, noch bevor sein Verstand den Anblick vollkommen verarbeitet hatte. Er bremste abrupt und bog scharf rechts ab. Ein Lufthauch strich an seinem Hinterkopf vorbei, und Ferdinand hätte schwören können, aus den Augenwinkeln einen riesigen Schatten zu sehen, der rasch wieder an Höhe gewann, doch er drehte sich nicht danach um. Er raste die Gasse hinunter, die Augen stur geradeaus gerichtet, versuchte, den stechenden Schmerz zu ignorieren, der sich gerade in seiner rechten Seite einnistete, versuchte noch mehr, nicht daran zu denken, wie schnell das Ding wieder aufholen würde. Vor ihm erhob sich nun in einiger Entfernung die dunkle Silhouette der alten Stadtmauer. Ein Hund bellte ihn aus dem schmalen Durchgang zwischen zwei Häusern an, als er vorbeirannte.

Wie es der Plan vorsah, mieden die Einwohner heute Nacht die Straßen. Ferdinand war keinem Menschen begegnet, seit er aus dem Gasthaus getreten war, doch in diesem Moment begann er inständig zu hoffen, dass ihm kein verirrter Straßenköter vor die Füße lief. Fünfzig Meter. Das Brennen in seinen Beinmuskeln wurde von dem Gefühl abgelöst, jemand gieße ihm Blei in die Adern. Er biss die Zähne zusammen und zwang sich, der wachsenden Erschöpfung nicht nachzugeben. Dreißig Meter. Sein Verstand ließ ihn wissen, dass sein Jäger etwa doppelt so schnell war wie er, was bedeutete, dass es nun sehr eng werden würde, selbst wenn er beim Abbiegen fünf Sekunden gewonnen hatte. Ferdinand versuchte, die Stimme in seinem Kopf auszublenden. Fürs Denken konnte er jetzt keinen Sauerstoff erübrigen. Zehn Meter. Fünf.

Ferdinand hastete in den Schutz des dunklen Torbogens. Seine Augen suchten fieberhaft den Boden ab, fanden das große weiße Kreuz, und dort endlich hielt er an, stützte die Hände auf den Oberschenkeln ab, rang hörbar nach Atem: ein von der Hatz erschöpftes Beutetier am Ende seiner Kräfte. Es gehörte keine große schauspielerische Leistung dazu, die wehrlose Beute vorzugaukeln, denn genauso fühlte er sich. Seine Beine zitterten, ihm war ein wenig übel, und als er die Augen schloss, tanzten hinter seinen Lidern bunte Lichter zum schnellen Stakkato seines Herzens, das schmerzhaft gegen seine Rippen hämmerte. Doch es war noch nicht vorbei. Leicht schwindelig richtete er sich wieder auf und sah zum ersten Mal in dieser Nacht über die Schulter – gerade noch rechtzeitig, um einen dunklen Schemen vom Himmel herabstoßen zu sehen. Sie hatten alles genau ausgemessen. Wenn ihre Berechnungen stimmten, war der Durchgang ein wenig breiter als die Spannweite der mächtigen Schwingen. Gebannt beobachtete Ferdinand den Sinkflug. Die vogelartige Kreatur war scheinbar genau zu dem Schluss gekommen, den sie sich erhofft hatten: dass es reichen würde, um den Durchflug zu wagen. Trotz seines akuten Mangels an Luft hielt Ferdinand den Atem an. Das hier war der Teil des Vorhabens, bei dem am meisten schiefgehen konnte; der Teil, bei dem er lediglich schweigen und hoffen konnte, dass der Plan aufging. Wo er so darüber nachdachte, ließ ihr Plan etliche Möglichkeiten für ein grausiges und frühes Ableben seinerseits offen. Doch nach mehreren Wochen im Feld war es der beste, den sie hatten.

Er stand regungslos da und starrte der Kreatur entgegen. In Wirklichkeit vergingen wohl nicht mehr als ein paar Sekunden, doch Ferdinand hätte später schwören können, dass er eine Ewigkeit dort ausgeharrt hatte, während er jedes winzige Detail wahrnahm: den Duft süßer Blüten in der Nachtluft, das Geräusch seines eigenen Atems, das Mondlicht, wie es ab und zu zwischen den Wolken durchschien und auf den Federn der Kreatur glänzte. Und dann, als das Wesen fast bei ihm war, so nah, dass er meinte, das Blitzen bösartiger Augen gesehen zu haben, ertönte ein metallisches Rasseln, und etwas Großes fiel von der Decke des Durchgangs. Mit einem dumpfen Krachen schlug die Kreatur auf dem Boden auf. Gleichzeitig stürmten dunkle Schemen von allen Seiten in den Durchgang. Fackeln flammten auf und verwandelten die schattenhaften Gestalten in seine Kollegen. Doch Ferdinand hatte nur Augen für das Wesen, das, unter dem schweren Spezialnetz gefangen, wild mit Flügeln und Klauen um sich schlug und sich zu befreien versuchte. Es war tödlich und wunderschön.

Ferdinand bemerkte nicht, dass er auf die Knie gesunken war, bis ihn jemand am Kragen packte und unsanft in die Höhe zog.

»Ferdinand, beweg deinen Arsch!« Friederike gab ihm einen Schubs, und Ferdinand wankte, immer noch leicht benommen, zum hinteren Ende des Durchgangs. Dort presste er den Rücken an die kalte Steinmauer und versuchte, niemandem im Weg zu stehen. Das war für den Rest der Nacht seine einzige Aufgabe. Die Menschen, die sich nun um ihn herum bewegten und versuchten, die Kreatur in den Käfig zu verfrachten, der außer Sicht auf der anderen Seite der Stadtmauer wartete, trugen schwere Schutzkleidung und waren bewaffnet. Ferdinand hatte auf alles, das ihn langsamer hätte machen können, verzichtet. Zur letzten Notwehr trug er ein Messer in einer Lederhalterung am Arm, doch spätestens jetzt, wo er die Kreatur zum ersten Mal aus der Nähe gesehen hatte, war ihm klar, wie wenig er damit hätte ausrichten können – außer vielleicht, sich ein letztes Butterbrot zu schmieren, falls er unterwegs Hunger bekam. Er hätte sich umziehen und den anderen beistehen können, doch seine Gliedmaßen fühlten sich so schwer an, dass er mit Sicherheit niemandem eine Hilfe sein würde. Trotzdem brachte er es nicht über sich, dem Spektakel den Rücken zu kehren. Zum einen war da ein Rest Sorge um die Männer und Frauen, für die er die Verantwortung trug. Zum anderen war da die Kreatur selbst. Er war zuversichtlich gewesen, dass es ihnen gelingen würde, sie zu fangen. Ob es ihnen aber auch gelingen würde, sie so weit ruhigzustellen, dass es möglich war, sie ohne Gefahr für alle Beteiligten zu verladen und zurück nach Hause zu bringen, war eine andere Sache.

Er wusste, dass alle ihr Bestes gaben, doch manchmal lagen diese Dinge einfach nicht in ihrer Hand. Oft war es erst das zweite oder sogar das dritte Exemplar, das lebendig den Weg in ein Gehege schaffte und nicht als ausgestopftes Anschauungsobjekt auf einem Sockel oder als Präparat in einer Alkohollösung endete. Karl, ihr befreundeter Arzt, mochte letztere Variante lieber, doch Ferdinand war der Meinung, dass es Dinge...



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