E-Book, Deutsch, 418 Seiten
Scott The Fakeland Bestseller
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7431-6017-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 418 Seiten
ISBN: 978-3-7431-6017-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Der Beruf des Informatikers lässt die Sicht auf die Dinge aus einem anderen Blickwinkel erscheinen. Science-Fiction führt die Fantasie zu endlos vielen Möglichkeiten. Was heute noch die Gedanken beflügelt, könnte morgen Realität werden.
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Kapitel 2
Aus den Kopfhörern dröhnte Musik. Die kleine Abbaukrabbe schaufelte die letzten Gesteinsproben an Bord. Plötzlich durchschnitt ein hässlich kreischendes Geräusch das Kommandomodul. Eine monotone Computerstimme meldete eine Fehlfunktion … Fehlfunktion … Verdammt noch mal! Das Ding wollte wieder nicht. Ennie zog ungehalten am Steuerhebel für den Greifarm. Ich verliere gleich die Geduld, du Roboterbiest, dachte sie verärgert. Auf dem Bedienpult blinkte provokativ eine rote Sicherheitslampe. Ennie versuchte, vergeblich den Steuerhebel zu bewegen. Und wieder meldete diese nervige Computerstimme eine Fehlfunktion … Fehlfunktion … Fehlfunktion. Es hatte alles keinen Zweck. Der Bordcomputer überprüfte die Betriebsfunktion der Steuereinheit. Die Luft in der Kabine roch abgestanden.
Auch das noch, eine Sicherung war durchgebrannt. Ennie fühlte Wut in sich aufsteigen. Wo hatte George die Sicherungen versteckt? Nie konnte er Ordnung halten. Hastig durchwühlte sie die verglaste Kabine der Abbaukrabbe. Der Raumanzug schränkte die Beweglichkeit ein. Verärgert zog Ennie einen Handschuh des Raumanzuges aus, der bei der Suche behinderte. Langsam tastete ihre Hand unter der Sitzfläche entlang. Endlich berührten die Finger die gesuchte Reparaturbox. Aus der geöffneten Reparaturbox starrte ihr die gleiche Unordnung entgegen. Ennie kramte zwischen alten Kaugummis und Werkzeugen. Auf dem Grund befand sich endlich die gesuchte Sicherung. Noch mal Glück gehabt. Erleichtert baute sie die neue Sicherung ein. Okay, keine Panik aufkommen lassen. Auf der Checkliste stand … aha … und ... Reset-Taste für den Greifer drücken. Ihre Augen starrten gebannt auf das Systempanel mit der Fehlermeldung. Nach einem Moment der Spannung meldete sich die monotone Computerstimme. Das Reset wurde erfolgreich abgeschlossen. Erleichterung machte sich breit. Die Anzeige auf der Konsole wechselte von Rot zu Grün.
Ennie war mit Leib und Seele Spaceminerin. In dieser Einöde ging ihr so schnell keiner auf die Nerven. Na ja, abgesehen vom Funkkontakt mit der Basisstation. Aber Boris, ihr Commander, nahm es nicht so genau. Ab und zu erinnerte er sie, den Zeitplan einzuhalten. Ein schrilles Signal schreckte Ennie erneut aus ihren Gedanken. Das Protokoll der Abbaukrabbe meldete die erfolgreiche Beendigung des Abbauvorganges. Der Systemmodus zeigte Stand-by. Die Abbaukrabbe hatte die letzte Materialprobe in den Auffangbehälter verstaut. Auch das noch. Auf dem Display meldete sich die Basisstation.
››Hier Commander Boris. Ennie kommen. Over.‹‹
Ennie stoppte missmutig ihre Musik und schaute auf den Arbeitstimer.
››Ennie an Basisstation. Ich beende in fünf Minuten meine Schicht im Patch 4A. Over.‹‹
››Ist alles in Ordnung? Du bist spät dran. Over.‹‹
››Der Hebel für die Schürfvorrichtung klemmte wieder. Over.‹‹
››Basisstation an Ennie. Brauchst du Hilfe? Over.‹‹
››Nein. Ich komme klar. Danke! Ennie over.‹‹
Niemand konnte die unbekannten Gefahren vorhersagen, die beim Abbau der Rohstoffe auf die Spaceminer warteten. Der Asteroid JANUS erinnerte an einen großen unförmigen Klumpen aus Gestein. Auf der trostlosen Oberfläche verteilten sich unzählige Einschlagkrater unterschiedlichster Ausmaße. Auf den ersten Blick erschien JANUS leblos und dennoch barg er ungeahnte Rohstoffschätze. Das ferne Licht der Sonne erhellte einige Bereiche. Andere verschwanden im Dunkel der Nacht. Begeistert beobachtete Ennie die sich verändernden Schattenmuster, die manchmal Dämonen ähnelten.
Die anstrengende Schicht ging zu Ende. Ein prüfender Blick fiel auf das Display mit dem Sauerstoffvorrat. Okay, alles im grünen Bereich. Die nächste lokale Gravitationsanomalie befand sich dreißig Meter von der Abbaukrabbe entfernt. Ennie verfluchte die ständigen Schwankungen der Schwerkraft. Im Patch 4A gab es mehrere heimtückische Bereiche. Sie bereute den Tausch. Wie konnte sie sich von George und seinen bettelnden Hundeaugen überrumpeln lassen? Stopp! Keine Gefühle hochkommen lassen, dachte sie sich.
››Sonst mache ich einen Fehler und das kann mir teuer zu stehen kommen.‹‹
Sie musste sich beruhigen. Jetzt führte sie schon Selbstgespräche. Mein Helm beschlägt gleich wieder. Ennie gingen die absurdesten Gedanken durch den Kopf. Warum wollte George die Schicht tauschen? Was war so wichtig? Diese Geheimniskrämerei sah ihm nicht ähnlich. George wusste, dass er nichts vor ihr verbergen konnte.
Routiniert programmierte Ennie den Heimweg zur Basisstation ein. Die Enge ihres Raumanzuges behinderte jede Bewegung. Diese dünne Hülle trennte den Körper im Notfall von der todbringenden Umgebung des Asteroiden. Ein unangenehmes Gefühl schlich sich hinterhältig in ihr Gehirn. Niemand würde in der Stille des Weltalls ihre Schreie hören. Auf der Erde könnte sie ans Land schwimmen. Im All blieben ihr maximal zwanzig Sekunden, bevor sie der Tod ereilte. Schnell verwarf Ennie diese unangenehmen Überlegungen. Im Innern besaß die Abbaukrabbe eine schützende Atmosphäre. Die Vorschriften verlangten eine doppelte Absicherung. Verdammt! Einige ihrer langen blonden Haare verfingen sich immer vor dem Gesicht. Ennie öffnete den Helm, um sich die Haare aus dem Gesicht zu streichen. In diesem Moment fühlte sie, dass etwas Dunkles den Nacken emporkroch. Eine unerklärliche Angst fesselte ihre Gedankenwelt.
FAKELANDS Schatten betrat die Bühne. Schwarz wie die Nacht und echt dämonisch spiegelte sich seine Erscheinung in Ennies Helm. Gegen das schwarze Weltall war er kaum auszumachen. Lautlos stieg FAKELAND am Horizont auf. In der durchsichtigen Kabine bemerkte Ennie plötzlich ein Blinken. Täuschten die Sinne ihre Wahrnehmung? Ennie schloss den Helm und drehte die Abbaukrabbe in Richtung FAKELAND. Aber die Scheinwerfer erreichten den gesuchten Bereich nicht. Und da! Es blinkte erneut. Was konnte das sein? Ihre Augen starrten hypnotisiert auf … ja auf was? Dort gab es sonst nichts, nur Dunkelheit. Tauschte George die Schicht aus Angst?
FAKELAND, eine verbotene Zone, durfte nicht betreten werden. Und wenn schon, überlegte Ennie kurz. Sie hatte noch für eine Stunde Luft. Was blinkte da? Der Abstand von JANUS zu FAKELAND betrug nur wenige Meter. Die Entfernung würde sie mühelos im Sprung überwinden. Wo lag das Sicherheitskabel? Ach da! Unter der Abdeckung hatte sich das Ding versteckt. Das schwarze Objekt füllte inzwischen den gesamten Blickwinkel in ihrem Helm aus. Jetzt oder nie, überlegte Ennie. Ich brauche nur einige Minuten. Die Abbaukrabbe agierte im Notfall autark und könnte das Rettungskabel einholen. Ich muss es wissen, drängte die Neugier. Das Blinken intensivierte sich mit jeder Minute. Ennie starrte hypnotisiert auf das mysteriöse Signal. Irgendetwas zog sie magisch an. Wie von selbst, in den Händen die Kabeltrommel haltend, stieg Ennie aus. Ich muss das erkunden. Das Kabel reicht bestimmt, hämmerte es in ihrem Kopf. Ennie koppelte das Kabel an die Abbaukrabbe. Sie drückte auf den Startknopf der Kabeltrommel. Sie würde es schaffen und keiner bekäme etwas von dem kleinen Abenteuer mit. Ennies Verstand wurde von einer unbändigen Neugier überrollt.
Mit großen Sprüngen hüpfte sie auf FAKELAND zu. Nach dem Absprung von JANUS bot sich zwischen beiden Himmelskörpern eine unbeschreibliche Aussicht auf die Unendlichkeit mit ihren unzähligen Sternen. Im Flug über dem Abgrund, zwischen JANUS und FAKELAND, erkannte ihr Verstand den groben Leichtsinn. Plötzlich nahm die Geschwindigkeit unkontrolliert zu. Die zunehmende Schwerkraft von FAKELAND erfasste den hilflos ausgelieferten Körper. Der Irrwitz einer unbändigen Neugier forderte seinen Tribut. In der Aufregung vergaß Ennie, sich auf den Aufprall vorzubereiten. Ihr Körper stürzte unkontrolliert, mit voller Wucht, auf die instabile Oberfläche von FAKELAND. Der heftige Aufprall vergrößerte einen vorhandenen Spalt. Ennie konnte nicht schnell genug reagieren. Der Untergrund gab nach und sie rutsche metertief in einen dunklen Abgrund. Die scharfkantigen Ränder der Spalte boten keinen Halt, um sich festzuhalten. Plötzlich riss das bis Anschlag gespannte Kabel. Das Kabelende verwandelte sich in eine Peitsche, die in Zeitlupe auf sein Opfer einschlug. Makaber, kein Laut drang davon in Ennies Helmmikrofon. Hilflos schrammte Ennie, in ihrem Raumanzug gefangen, die glatten Wände in der Spalte hinunter. Die Wände verschoben sich langsam gegeneinander. Ihr Helm prallte heftig gegen einen Vorsprung und bekam einen Riss. Sofort meldete ihr Raumanzug Sauerstoffverlust. Sauerstoffniveau kritisch, noch vierzig Sekunden … noch dreißig Sekunden.
Unter Schock bemerkte Ennie die zunehmende Schwerkraft, die sie gnadenlos in die Tiefe zog. Alle verzweifelten Versuche, sich zu befreien, scheiterten. Ennie begriff jetzt die volle Tragweite ihres Leichtsinns. Das Funkgerät könnte sie retten. Aber sie bekam keine Verbindung. Ennie schrie verzweifelt in ihr Mikrofon.
››Basisstation kommen!‹‹
Aber es gab keine Antwort. Das Relais in der Abbaukrabbe musste den Notruf doch empfangen.
››Wieso hört mich keiner?‹‹
Ennie brüllte verzweifelt.
Der Spalt verjüngte sich nach unten hin und klemmte ihren linken Fuß ein. Der untere rechte Ärmel des Raumanzuges wurde aufgeschlitzt. Das Blut entwich durch die Öffnung ins Weltall. Unerträgliche Angst peinigte sie. Sie war in dieser tödlichen Einöde allein. Die Gedanken ergaben keinen Sinn mehr.
››Hört mich denn niemand?‹‹, röchelte Ennie mit letzter Kraft in das Mikrofon. ››Antwortet doch...




