Sensenbach / Hahmann / R. Altenstatter | Fantastisches Blattwerk | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 228 Seiten

Sensenbach / Hahmann / R. Altenstatter Fantastisches Blattwerk

Anthologie
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-347-23710-0
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Anthologie

E-Book, Deutsch, 228 Seiten

ISBN: 978-3-347-23710-0
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Das 'Fantastische Blattwerk' ist eine Anthologie voller Visionen und Wunder. Dreiundzwanzig Erzählungen von Elfen, Magiern, Vampiren und Zwergen sowie anderen mythischen Gestalten schmücken den Baum der Fantasie. Hier reihen sich dunkle Begebenheiten an heitere Abenteuer. Wer fantasievolle Kurzgeschichten und fremde, unentdeckte Welten liebt, wird dieses Buch nicht aus der Hand legen, bis das letzte Blatt gelesen ist.

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Asni R. Altenstatter ELFENBIER UND ZWERGENSANG Drafi, seines Zeichens einer der fünfzehn Tavernenwirte der zwergischen Gemeinde der Stadt der tausend Völker, gähnte herzhaft. Es war früh am Morgen und ein nicht enden wollendes Geklopfe an seiner Haustür hatte ihn dazu bewogen, aufzustehen und nachzusehen, wer ihn um diese Tageszeit störte. Der Riegel quietschte, als Drafi ihn mit Schwung zurückschob. Schnell setzte er ein besonders griesgrämiges Gesicht auf, dann riss er die Tür auf. Vor ihm stand ein Elf. Gut gekleidet, schlank und groß, das Haar seidig weich schimmernd und natürlich mit bartlosem, nacktem Gesicht. Der Anblick war so früh am Morgen einfach ekelerregend. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, lächelte ihn dieser Fatzke auch noch offen an. Und er hielt sogar Blickkontakt! Drafi war viel zu verblüfft, um sich aufzuregen. Normalerweise sahen Elfen nie jemandem direkt in die Augen. Immer blickten sie gen Horizont, in weite Ferne oder durch die Zeit in längst vergangene Vergangenheit, die nur sie in ihrer längst verlorenen und unvergleichlich holden Jugend erlebt hatten. »Guten Morgen, werter Herr Zwerg«, säuselte der Elf mit weicher, melodischer Stimme. »Schön, dass Ihr die Gunst der Stunde erkannt und mir geöffnet habt.« Er machte eine Kunstpause, die Drafi fast dazu brachte, sich zu übergeben. Doch in zwergischer Zähigkeit hielt er dem Drang stand. »Ich habe ein Angebot für Euch, das Ihr nicht ablehnen könnt. Hier …«, er zog eine schlanke, gläserne Flasche unter seinem Mantel hervor, »… habe ich eine kostenlose, aber kostbare Kostprobe des ersten Bieres aus der Brauerei Eldrith Langblatts. Goldene Farbe …« Drafi konnte nicht mehr an sich halten und begann schallend zu lachen. Der Elf blickte ihn ratlos und ob der Unhöflichkeit irritiert an. Es dauerte ein wenig, bis Drafi sich wieder beruhigt hatte. »Sagt das noch mal!«, forderte er den Elf auf. »Es ist das erste Bier aus der elfischen Brauerei …« Prustend und sich den Bauch haltend brach Drafi wieder in Gelächter aus. Immer wieder versuchte er, es zu unterdrücken, aber stets gewann es neue Kraft und trug ihn mit sich davon. Tränen stiegen ihm in die Augen. Schließlich lag er vor dem Elfen lachend auf dem Boden und schnappte nach Luft. Der Elf, anscheinend ein ganz hartnäckiger, wartete geduldig ab, bis sich Drafi etwas beruhigt hatte. Dann streckte er ihm die Flasche hin und sagte mit wesentlich rauerer Stimme nur: »Trinkt.« Mit Mühe gelang es Drafi, bei dem Gedanken an von Elfen gebrautes Bier nicht wieder zu lachen. Er ließ den Bügelverschluss der Flasche ploppen und nahm einen kräftigen Schluck. Wenn das Bier so dünn schmeckte wie diese blubbernden Schaumweinmischgetränke, die die Elfen sonst so arrogant schlürften, dann müsste er sowieso gleich die ganze Flasche trinken, um überhaupt etwas Geschmack auf seine Zunge zu bekommen. Das Bier war kühl und fühlte sich angenehm an. Zuerst schmeckte Drafi wirklich wenig. Höchstens eine malzige Note. Für einen kurzen Augenblick behielt er das Bier am Gaumen, dann schluckte er es hinunter. Im Abgang entfaltete sich ein dunkles, aber blumiges Hopfenaroma auf seiner Zunge und erfüllte schließlich seinen ganzen Mund. Zum zweiten Mal an diesem Morgen war Drafi sprachlos. Er wusste nicht, ob er überhaupt etwas von dem Gebräu erwartet hatte, aber er musste sich selbst eingestehen, dass er noch nie ein so gutes Bier getrunken hatte. »Ja«, sagte er zu dem Elfen deshalb. »Es ist nicht ganz schlecht. Es könnte etwas stärker sein. Vielleicht solltet Ihr einen zwergischen Braumeister einstellen.« Er versuchte gleichgültig zu wirken, während er unauffällig noch einen Schluck nahm. Aber er brannte darauf, den Rest der Flasche zu genießen. Doch die Hand des Elfen war schneller. Sie schloss sich um die Flasche und hielt Drafi mit erstaunlicher Kraft davon ab, sie an die Lippen zu setzen. »Ich könnte Euer Wirtshaus damit beliefern. Wie wäre das? Zum gleichen Preis, wie Ihr jetzt Euer Bier bezieht. Zudem bekommt Ihr ein Fass pro Woche für Euren persönlichen Genuss.« »Zwei!«, rief Drafi, ohne darüber nachzudenken. »Hand drauf und Zwergenehrenwort!«, erwiderte der Elf schnell und lächelte. Drafi lächelte zurück und schüttelte die Hand des Elfen. Der Abend kroch langsam näher. Bald würde Drafi sein Wirtshaus aufsperren und seine Gäste mit einem grummeligen Nicken willkommen heißen. Er war ein Wirt der eher stummen Sorte. Ein Fels in der Brandung, eine Konstante im Sturm der Zeit. Und seit heute Morgen war er auch der erste Zwerg, der in seinem Wirtshaus elfisches Bier anbieten musste. Damit hatte er alles verraten, wofür die Zwerge standen. In seinem Bauch rumorte es. Er hatte kaum etwas essen können. Seine Stammgäste würden ihn lynchen und ohne Prozess in einem Fass elfischen Biers ertränken. Gut, er konnte sich einen schlimmeren Tod vorstellen. Aber das Leben war auch schön. Und er mochte sein eigenes ganz besonders. Vielleicht würde es nicht so schlimm werden, versuchte er sich zu beruhigen. Als es Zeit war, schloss er die Tür auf. Es dauerte nicht lange, bis ein alter Zwergensang gedämpft an sein Ohr drang und die Ankunft Eduard Steinbrechers ankündigte. Eduard, den alle nur Eddi nannten, war Drafis Stammgast, außerdem ein heldenhafter Krieger und in seiner Freizeit Sänger von Zwergenschlagern. Seinen bekanntesten Hit – Marmor, Stein und Eisen bricht – , der bei allen zwergischen Handwerkern sehr beliebt war, hatte er in Drafis Gasthaus das erste Mal zum Besten gegeben. Eddi verstummte, bevor er die Tür aufstieß und hereinkam. Grußlos wie immer verlangte er mit einem Nicken nach einem Bier. Mit zitternden Händen zapfte Drafi ihm einen Humpen vom Elfischen, wie er es im Geiste schon nannte. »Hier, Eddi. Prost!« Eddi nickte ihm zu und setzte den Humpen an die Lippen. Schweiß sammelte sich so schnell auf Drafis Stirn, als wäre in seinem Kopf ein Feuer ausgebrochen und seine Stirn der einzige Ort, an dem man davor sicher war. Ein wahrer Sturzbach floss nun über sein Gesicht, während sein Blick an Eddi klebte. Dessen Nasenflügel bebten zweimal, bevor sie hinter dem Humpen verschwanden. Schnell setzte Eddi den Humpen wieder ab. »Was ist das für ein Bier? Es riecht ganz anders.« Eddi war misstrauisch geworden. Drafi hatte das Gefühl, am Abgrund zu stehen. Und seine nächsten Worte würden darüber entscheiden, ob Eddi ihn über den Rand schubste oder ihm nur ein Bein stellte, damit er selbst hineinstürzte. »Das … äh … mal ein anderes«, antwortete er mit leiser werdender Stimme. »Was. Ist. Das. Für. Ein. Bier?« Eddis Worte fielen langsam, schwer und so unverrückbar wie eine von Zwergen errichtete Mauer. Drafi murmelte etwas Unverständliches in seinen Bart. Eddi blickte mit einem so bösen und scharfen Blick, dass man damit auch jedes noch so feine Haar spalten konnte. »Trink einfach, bitte!«, flehte Drafi ihn an. Doch es war zu spät. Eddi hatte schon angefangen zu denken. »Das ist nicht etwa das von dem verrückten und dreimal verfluchten Elfen gepanschte Gesöff, Drafi? Wenn das so ist und du mir nichts davon sagen wolltest, dann wird hier bald mehr zerbrechen als nur Marmor, Stein und Eisen.« Er stellte den Humpen auf dem Tresen ab und ließ seine Fingerknöchelchen so laut knacken, dass sich Drafi fast in die Hosen machte. Drafi wusste, dass er lügen und irgendeine Geschichte erfinden sollte. Vielleicht dass er jetzt selbst Bier brauen wollte und das wäre der erste Versuch. Aber Drafi war dafür einfach zu sehr Zwerg. »Doch«, gab er kleinlaut zu. »Es ist das Elfische Bier.« Als Drafi wieder zu sich kam, lag er hinter dem Tresen. Sein Gesicht schmerzte, als hätten es alle Schmiede des Zwergenreiches so lange als Amboss benutzt, bis es so dünn wie ein Blatt Papier war. »Ah …«, stöhnte er. Erst jetzt fiel ihm auf, dass seine Ohren klingelten. Ein Schatten verdunkelte seine Sicht. Drafi blinzelte. Über ihm stand Eddi Steinbrecher und grinste ihn an. »Steh auf, du alter Halunke!« Mit kräftigen Händen packte Eddi ihn an den Schultern und zog ihn auf die Füße. Der Schankraum des Wirtshauses war voll. So voll, dass die Gäste sogar auf der Straße standen. Oder war die Straße nun auch im Wirtshaus? Drafi rieb sich die Augen. Doch, er hatte richtig gesehen. Dort, wo früher die lange Wand im Schankraum gewesen war, befand sich nun ein großes, mehr oder weniger rundes Loch. Wie die Bresche in der Stadtmauer einer belagerten Stadt. Überhaupt glich das Geschehen hier einer Schlacht. Es schien, als versuchte die eine Hälfte der Gäste die andere davon...



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